Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2004; 30(11): B 551
DOI: 10.1055/s-2004-860968
Praxismanagement

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Die neue KV ist anders

SelbstverwaltungKlaus Schmidt
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Publication Date:
22 December 2004 (online)

Bis auf wenige Ausnahmen sind die Wahlen zu den Vertreterversammlungen sowie der Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen ab Januar 2005 gelaufen. Der Gesetzgeber hat die Strukturen der vertragsärztlichen Selbstverwaltung gravierend verändert.

Vertreterversammlung ist einziges Organ der KV

Einziges Organ der KV ist künftig die Vertreterversammlung. Hier fallen die politischen Beschlüsse, hier werden Verträge vorbereitet und hier wird die Aufsicht über den Vorstand ausgeübt. Der Vorstand ist nicht mehr wie früher die politische Spitze der Selbstverwaltung, sondern besteht aus zwei bis drei hauptamtlich angestellten Personen, die nicht einmal unbedingt Ärzte sein müssen. Die Politik hat diese Konstruktion eingeführt, um der immer wieder geforderten Professionalisierung der vertragsärztlichen Selbstverwaltung den Weg zu ebnen. Vor gut 20 Jahren haben ärztliche Berufspolitiker gemeint, ein Mann wie der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler an der Spitze der KBV wäre ein Garant dafür, dass die ärztliche Interessenvertretung ebenso erfolgreich sein könnte wie der harte Kurs der Gewerkschaften.

Standesvertreter: Ohne „Stallgeruch” geht es nicht

Aber Franz Steinkühler hätte nur in wenigen KVen eine Chance. Die meisten der neu gewählten Standesvertreter waren der Ansicht, dass es ohne „Stallgeruch” nicht gehe und Ärzte immer noch am besten die Sache der Ärzteschaft betreiben könnten. Deshalb haben einige KVen, aber auch die KBV in ihren neuen Satzungen darauf verzichtet, einen dritten Vorstandsposten zu etablieren und diesen mit einem Verwaltungsexperten oder Juristen zu besetzen. In der KBV hatte dies zur Folge, dass der langjährige erfahrene Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Köhler - der Arzt und Betriebswirt ist und seine Meriten vor allem in der Honorarabteilung verdient hat - aus Frust mit dem Gedanken an einen Seitenwechsel gespielt hat. Da die KBV-Vertreterversammlung beschlossen hatte, den Vorstand künftig mit einem Hausarzt und einem Facharzt zu besetzen, war beziehungsweise ist für den Experten Köhler kein Platz mehr an der Spitze. Als seine Absicht, ab 2005 stellvertretender Vorsitzender des AOK-Bundesverbandes zu werden, bekannt wurde, war die Bestürzung groß. Über Nacht gelang es dem alten KBV-Vorstand aber, den amtsmüden Hauptgeschäftsführer zum Bleiben zu überreden.

KV Hamburg: Wahl der Geschäftsführung zum Vorstand

Die einzige KV, die die Chancen des Reformgesetzes entschlossen ergriffen hat, ist die in Hamburg. Hier herrschte über alle Gruppierungen hinweg breiter Konsens, die jetzige Geschäftsführung zum Vorstand zu wählen. Der amtierende Hauptgeschäftsführer Dieter Bollmann wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt, der ehemalige Journalist und Jurist Walter Plassmann zum 2. Vorsitzenden. Der Einfluss der Ärzteschaft bleibt dadurch erhalten, dass der alte KV-Vorsitzende Dr. Michael Späth zum Vorsitzenden der Vertreterversammlung, also des Aufsichtsrats, gewählt wurde. Ein ärztlicher Beirat sowie die beratenden Fachausschüsse der Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten sorgen dafür, dass die beiden Spitzen-Angestellten im Sinne der Hamburger Ärzteschaft handeln. Tun sie das nicht oder schlecht, können ihre Verträge gekündigt werden.

KV Baden-Württemberg: Erfahrung und Sachverstand bleiben erhalten

Auch in der neuen KV Baden-Württemberg hat man dafür gesorgt, dass der Sachverstand und die Erfahrung aus der Verwaltung nicht verloren gehen. Der amtierende Hauptgeschäftsführer der KV Nordwürttemberg, der Betriebswirt Dr. Thomas Zalewski, konnte bei der Wahl des fünfköpfigen Vorstands die meisten Stimmen (48 von 50) auf sich vereinen. Die anderen vier Vorstandsmitglieder werden für die erste Amtsperiode aus den vier regionalen KVen des Landes gestellt, die zu der neuen KV zusammengefügt worden sind.

In Baden-Württemberg hat die Wahl jedoch ein überraschendes Ergebnis gebracht, das den Keim einer Spaltung der Interessenvertretung birgt: Die stärkste Fraktion in der Vertreterversammlung, der Medi-Verbund, konnte keinen Vertreter bei der Vorstandswahl durchsetzen. Dr. Werner Baumgärtner, Vorsitzender der KV Nordwürttemberg und des Medi-Verbundes, trat gar nicht erst als aussichtsloser Kandidat an. Er will sich künftig ganz auf die Weiterentwicklung von Medi als Komplementär-Organisation zur KV konzentrieren.

KV Bayern: Spaltung zwischen Hausärzten und Fachärzten

In Bayern führte die KV-Vorstandswahl zu einer Spaltung zwischen Hausärzten auf der einen und Fachärzten sowie Psychotherapeuten auf der anderen Seite. Nachdem der Hausarzt-Vertreter Dr. Wolfgang Hoppenthaller, bisher Vize-Chef der KVB, es in sieben Wahlgängen nicht schaffte, die notwendige Stimmenmehrheit zu bekommen, blieb die Facharzt-Seite unter sich und kürte einen Psychologen zum Zweiten KV-Vorsitzenden. Erster bleibt der Fach-Internist Dr. Axel Munte, der sich gleich im ersten Wahlgang unangefochten durchsetzen konnte.

Für die Selbstverwaltung hat das unerfreuliche Folgen. Der Hausärzteverband hat angekündigt, künftig Vertragspolitik ohne die KV zu betreiben. Von dem Vorstand in der gewählten Besetzung fühlten sich die Hausärzte nicht vertreten.

Klaus Schmidt

Planegg

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