In verschiedenen Studien hat sich gezeigt, dass der neue Wirkstoff Pregabalin nicht
nur bei peripheren neuropathischen Schmerzen lindernd, sondern auch bei partiellen
Epilepsien anfallsreduzierend wirkt.
Zehn Studien mit insgesamt 1750 Patienten mit schmerzhafter, peripherer diabetischer
Polyneuropathie und Neuralgien nach Herpes zoster haben gezeigt, dass es unter der
Substanz Pregabalin zu einer signifikanten Abnahme der Schmerzintensität kam, sagte
Prof. Ralf Baron, Kiel, in Berlin[1].
Von neuropathischen Schmerzen spricht man bekanntlich, wenn eine Läsion oder Dysfunktion
des zentralen oder peripheren Nervensystems vorliegt. Patienten beschreiben neuropathische
Schmerzen als brennende Spontanschmerzen, einschießende Schmerzattacken oder evozierte
Schmerzen.
Zur Behandlung neuropathischer Schmerzen stehen folgende Medikamente mit nachgewiesener
Wirksamkeit nach EbM-Kriterien zur Verfügung: insbesondere Antidepressiva, Ionenkanalblocker,
Gabapentin, NMDA Antagonisten, Baclofen, Opiate und Capsaicin, und neuerdings auch
Pregabalin, wie Prof. Dr. Thomas Tölle aus München betonte.
Heute ist es sinnvoll, sich bei der Behandlung nicht nur auf die Grunderkrankung zu
konzentrieren, sondern jede einzelne Schmerzform und damit jeden einzelnen Schmerzmechanismus
isoliert mit geeigneten Medikamenten anzugehen. Diese neue Idee wird als "mechanismen-orientierte
Therapie" bezeichnet und ist international als bahnbrechende Innovation der Schmerzforschung
anerkannt.
Pregabalin verfüge über eine lineare Dosis-Plasmaspiegel-Beziehung und ist damit gut
steuerbar, so Baron. Es wirke auf die neuronalen Kalziumkanäle im ZNS. Das Nebenwirkungsprofil
sei sehr günstig und es seien keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Interaktionen
mit anderen Medikamenten bekannt, ein Vorteil, der sich insbesondere bei älteren multimorbiden
Patienten auszeichne.
Bei der Therapie von Patienten mit schwer behandelbaren fokalen Epilepsien zeigen
Studienergebnisse ebenfalls eine gute Verträglichkeit und eine Reduktion der Anfallsfrequenz
von bis zu 50% bei Höchstdosen. Diese Ergebnisse, so Prof. Dr. Christian Elger aus
Bonn, seien im Vergleich zu anderen Untersuchungen bei ebenfalls modernen Antikonvulsiva
außerordentlich positiv.
Da etwa 30% der Epileptiker trotz medikamentöser Behandlung regelmäßig unter Anfällen
litten, sei eine Zusatztherapie mit Pregabalin (unter dem Handelsnamen Lyrica® seit
Anfang September zugelassen) für viele dieser Patienten hilfreich.
Besonders günstig erwies sich, dass das mit dem in der Praxis bestens bewährten Gabapentin
strukturverwandte Pregabalin rasch durch die Niere absorbiert werde, eine Halbwertszeit
von über sechs Stunden sowie einen schnellen Wirkeintritt habe.