Viszeralchirurgie 2004; 39(6): 465-472
DOI: 10.1055/s-2004-832396
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lebendnierentransplantation - die bessere Alternative?

Kidney Transplantation from Life Donor - the Better Way of TreatmentG. Kirste1
  • 1Chirurgisches Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg i. Br.
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Publication Date:
01 December 2004 (online)

Die ersten Erfolge der Transplantationsmedizin sind unabdingbar verknüpft mit dem Thema der Lebendspende. Bekanntlich wurde die erste erfolgreiche Transplantation beim Menschen durch eine Lebendspende zwischen zwei Brüdern 1954 in Boston möglich. Auch in der Folgezeit gab es keine Alternative zur Lebendspende (LD), da keine immunsuppressiven Therapiemöglichkeiten zur Verfügung standen um irgendeine Form der Fremdnierentransplantation durchzuführen. Erst nach Entdeckung von Mercaptopurin als Immunsuppressivum wurde in unterschiedlichem Maße in verschiedenen Ländern auf eine aktive und weitere Förderung der Lebendnierentransplantation verzichtet, da man offensichtlich glaubte, durch entsprechende Förderung der Organspende nach dem Tode, das Problem des Mangels an Organen lösen zu können. Die besser werdenden Möglichkeiten immunsuppressiver Therapie erlaubten die Übertragung von Organen nicht direkt genetisch Verwandter. Damit erschien für viele Transplantationsmediziner eine aktive Unterstützung eines weiter bestehenden Programmes zur Lebendtransplantation ethisch nicht vertretbar.

Auch heute sind die Zahlen der durchgeführten Lebendspenden in verschiedenen Ländern der westlichen Welt uneinheitlich. Bekanntlich ist in Japan die Transplantation mit Organen von Verstorbenen aus religiösen Gründen erheblich eingeschränkt. Deshalb werden mehr als 80 % aller Nierentransplantation von Lebendspendern durchgeführt. Aber auch in den skandinavischen Ländern und seit 2 Jahren in den USA übersteigt der Anteil der Lebendnierenspenden den Anteil der postmortalen Organspenden (CD), dies hat dazu geführt, dass die Wartezeit in diesen Ländern auf eine Transplantation erheblich unter den Wartezeiten liegt, die in Deutschland und im Eurotransplantbereich bekannt sind. Derzeitig ist die durchschnittliche Wartezeit eines Patienten für eine Nierentransplantation in Deutschland zwischen 5 und 6 Jahren mit weiterhin steigender Tendenz. Die Zahl der Patienten, die während der Dialysezeit schwerwiegende Komplikationen erleiden, so dass sie nicht mehr als transplantabel erscheinen bzw. auf der Warteliste versterben steigt. Darüber hinaus belegen Analysen von Meier-Kriesche aus den USA, dass die Funktionsaussicht einer Niere aufgrund der Comorbidität des Empfängers nach nur 2 Jahren Wartezeit statistisch signifikant niedriger ist als bei einer präemptiven Transplantation oder Transplantation innerhalb der ersten 6 Monate ab Dialysepflichtigkeit [1] (Abb. [1]).

Abb. 1 Unterschiedliche Funktionsraten von 2 405 Empfängern mit Nierentransplantation von jeweils gleichen Spendern in Abhängigkeit von der Dialysezeit vor Transplantation.

Aufgrund dieser Beweise einer erheblich besseren Funktionsaussicht einer Transplantation bei sofortiger Transplantation, muss daher heute die Frage gestellt werden, ob es denn ethisch überhaupt noch vertretbar ist, ein aktives Lebendspendeprogramm nicht zu unterstützen, nicht zu fördern und nicht voran zu treiben. Untersuchungen zur Einstellung in der Bevölkerung aus dem Freiburger Transplantationszentrum belegen die hohe Bereitschaft von Angehörigen zur Lebendspende [2]. Durch Untersuchungen aus den USA ist bekannt, dass formalisierte Aufklärungsprogramme bei Familienangehörigen von Patienten, die zur Dialyse anstehen, die Rate an freiwilligen Organspendern deutlich steigert [3]. Es ist also notwendig, Transplantationsmediziner, Patienten sowie deren Angehörige gleichermaßen über die Möglichkeiten, Erfolgsaussichten und Komplikationsraten einer Lebendspende aufzuklären.

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Prof. Dr. med. Günter Kirste

Chirurgisches Universitätsklinikum Freiburg

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