Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2004; 30(4): B 177
DOI: 10.1055/s-2004-829626
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Primär gilt es, daran zu denken

Arzneimittelinteraktionen
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Publication Date:
17 June 2004 (online)

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Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind in der täglichen Praxis häufig. In etwa einem Fünftel aller Fälle beruhen sie auf der Wechselwirkung verschiedener Arzneistoffe, die laut Prof. Bernd Drewelow, Rostock, durch eine gezielte Auswahl nicht interagierender Arzneimittel vermeidbar wären. Zusätzlich zu dem unmittelbaren Schaden für den Patienten entstehen durch UAW in Deutschland jährlich direkte Kosten von etwa 400 Millionen Euro. Über 20 % davon, also 80-90 Millionen Euro, beruhen auf Arzneimittelinteraktionen, schätzt Drewelow. Da die Interaktionen mit der Zahl gleichzeitig eingenommener Arzneimittel zunehmen, sind sie bei der ständig steigenden Zahl älterer Patienten von Bedeutung.

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Engpass Biotransformation

Wechselwirkungen können entweder pharmakodynamisch direkt die Wirkung beeinflussen oder pharmakokinetisch die Absorption, Verteilung, Metabolisierung oder Ausscheidung der Arzneimittel betreffen. Induktionen oder Hemmungen hepatischer Enzyme stellen dabei sicher die wichtigsten Interaktionen dar, so Drewelow. Die Biotransformation in der Leber läuft in zwei Phasen ab, wobei sich die sättigbare und kapazitäts-limitierte Phase I über Isoenzyme des Cytochrom-P450-Systems als kritischer Engpass erwiesen hat. Sowohl synthetische Arzneistoffe - wie verschiedene Antibiotika, Carbamazepin oder Omeprazol - als auch natürlich vorkommende Substanzen wie Johanniskrautpräparate oder Grapefruitsaft können solche Isoenzyme hemmen oder aktivieren und dadurch die Wirkspiegel anderer Medikamente verändern.

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Risikoarme Alternative wählen

Da bereits bei mehr als zwei interagierenden Substanzen Wechselwirkungen kaum noch kalkulierbar sind, sollten möglichst Medikamente mit geringem Interaktionspotential bevorzugt werden. Die Chance hierfür sieht Drewelow etwa bei den häufig verordneten Protonenpumpenhemmern (PPI). Mit Pantoprazol stehe hier eine Substanz zur Verfügung, die sich in Kombination mit anderen Medikamenten besonders eigne. „Bislang konnten mit Pantoprazol keine klinisch relevanten metabolischen Interaktionen beobachtet werden. Das ist ein Vorteil dieses Medikamentes”, erläutert Drewelow. Dagegen sei beispielsweise für Omeprazol sowohl eine hemmende (auf CYP2C19) als auch eine induzierende Wirkung (auf CYP1A2) der Cytochrom-P450-Isoenzyme bekannt.

Grundsätzlich kann die Gefahr kritischer Arzneimittelinteraktionen minimiert werden, indem daran gedacht wird. Stehen risikoarme Alternativen zur Verfügung, sind diese in jedem Fall vorzuziehen, fordert Drewelow. Fehlt diese Möglichkeit, helfe oft auch die zeitversetzte Einnahme konkurrierender Substanzen. Lässt sich die gleichzeitige Einnahme von Substanzen mit Wechselwirkungen nicht vermeiden, hält der Pharmakologe allerdings ein Monitoring der Plasmaspiegel für erforderlich.

Quelle: Presseinformation „Arzneimittelinteraktionen - ökonomisch und klinisch bedeutsam”, herausgegeben von Altana Pharma Deutschland GmbH, Konstanz.