Geburtshilfe Frauenheilkd 2004; 64(6): 589-599
DOI: 10.1055/s-2004-820892
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Diagnostik und Therapie des Schwangerschaftshochdruckes in Deutschland: Ergebnisse einer Umfrage an deutschen Frauenkliniken

Diagnosis and Treatment of Hypertensive Disorders During Pregnancy in Germany: Results of a Survey in German Obstetric ClinicsL. Heilmann1 , J. Wacker2 , W. Rath3
  • 1Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Stadtkrankenhaus Rüsselsheim
  • 2Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Fürst-Stirum-Klinik, Bruchsal
  • 3Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Aachen
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Publikationsverlauf

Eingang Manuskript: 18. Dezember 2003 Eingang revidiertes Manuskript: 8. März 2004

Akzeptiert: 27. März 2004

Publikationsdatum:
04. Juni 2004 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung: Wie ist der Standard von Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen an deutschen Frauenkliniken?

Material und Methoden: Als Grundlage der Untersuchung dient eine Umfrage der AG Schwangerschaftshochdruck/Gestose der DGGG mittels Fragebogen an 717 deutschen Entbindungskliniken.

Ergebnisse: Bei einer Rücklaufquote von 34 % (n = 244) zeigen sich zum Teil erhebliche Unterschiede in der Definition und Behandlung der Präeklampsie. Die mittelschwere und schwere Präeklampsie wird weitgehend nach den vorliegenden Empfehlungen behandelt. Probleme gibt es bei den schweren Komplikationen, wie HELLP-Syndrom und Eklampsie. Obwohl 84,5 % der Befragten eine Verlängerung der Tragzeit anstreben, geben nur 25 % der Kliniken Glukokortikoide in therapeutischer Dosierung bzw. als Prophylaxe bei der schweren Präeklampsie, um eine Progression der Thrombozytopenie zu verhindern. Bei 50 % der Kliniken spielt die intravenöse Volumentherapie eine entscheidende Rolle. In der Therapie der Eklampsie dagegen gibt es bei ca. 38 % der Kliniken Unsicherheiten im therapeutischen Vorgehen. Bei der Einschätzung der Laborwerte im Diagnostikschema der hypertensiven Erkrankungen zeigt sich, dass nur wenige, leicht zu bestimmende Parameter Anwendung finden. Neuere Methoden (D-Dimere, Antithrombin, Aktivierungsparameter der Hämostase, Haptoglobin) zur Einschätzung der Prognose spielen eine untergeordnete Rolle. Der Präventionsgedanke wird zwar in das klinische Konzept eingebracht, aber zumeist nicht effektiv genug genutzt.

Schlussfolgerungen: Die Therapie der hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen ist aufgrund der Unterschiede bei der Definition der Erkrankung uneinheitlich. Diagnostik, prognostische Einschätzung der Erkrankung und präventives Gedankengut muss verstärkt in die Empfehlungen einfließen. Vor allem die Therapie des eklamptischen Anfalles sollte aufgrund der Schwere der Erkrankung bei Fortbildungen verbreitet werden.

Abstract

Aim: To study the management and treatment of hypertensive disorders during pregnancy in Germany and compare the results with similar surveys.

Methods: A multiple choice questionnaire was sent to 717 Departments of Obstetrics/Gynaecology in Germany, of which 34% responded.

Results: Most German obstetricians treat women with moderate hypertension of more than 140/95 mmHg in the second trimester with anti-hypertensive drugs based on national protocols in outpatient clinics. First choice drug was methyldopa (46.7 %). Thirty-seven percent of obstetricians use beta-blockers and 19.2 % dihydralazine per os. 36.8 % of obstetricians gave dihydralazine i.v. if blood pressure was 170/110 mmHg or higher. 38.1 % of obstetricians prescribed aspirin to patients with moderate or severe hypertension. Many different views existed with respect to severe complications of hypertension such as HELLP syndrome or the treatment of eclamptic convulsions. Thirty-eight percent of obstetricians did not answer the question on how they would treat eclampsia.

Conclusions: The management of anti-hypertensive disorders and preeclampsia varies greatly among German obstetricians. This survey indicates that information on individual experiences with treatment regimes together with educational programmes and new treatment modalities for preeclampsia and severe hypertensive complications should be more widely disseminated.

Literatur

L. Heilmann

Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Stadtkrankenhaus Rüsselsheim

August-Bebel-Straße 59

65428 Rüsselsheim

eMail: dr_lothar_heilmann@yahoo.de