Geburtshilfe Frauenheilkd 2003; 63(7): R137-R160
DOI: 10.1055/s-2004-817989
GebFra-Refresher

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Supportivtherapie in der gynäkologischen Onkologie - Teil 2

Andreas Löhr1 , Andreas du Bois1
  • 1Klinik für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken GmbH, Wiesbaden
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. August 2003 (online)

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Enteritis - Diarrhö

Grundlagen

Zytostatikainduzierte Enteritiden manifestieren sich meistens symptomatisch durch Diarrhö. Häufig werden sie mit der Stomatitis als Mukositis zusammengefasst, wobei beide Entitäten nicht kombiniert auftreten müssen. Diarrhöen treten oft nach Gabe von Antimetaboliten (5-FU, Capecitabine), Anthrazyklinen und Topoisomerase-1-Hemmern (v. a. Irinotekan, geringer auch Topotekan) auf. Die zytostatikainduzierte Enteritis kommt durch eine intestinale Hypersekretion bei gleichzeitig verminderter Reabsorption zu Stande. Problematisch sind die möglicherweise bedrohlichen Verluste an Flüssigkeit und Elektrolyten.

Die Beurteilung des Schweregrads

Der Schweregrad der Enteritis richtet sich nach Stuhlfrequenz und Notwendigkeit der parenteralen Flüssigkeitssubstitution.

einer Diarrhö schließt daher neben der Erhöhung der Stuhlfrequenz (NCI-CTC Grad I < 4 ×/d, Grad II 4 - 6 ×/d, Grad III > 7 ×/d) unter Berücksichtigung der prätherapeutischen Stuhlgewohnheiten vor allem die Notwendigkeit einer parenteralen Flüssigkeitssubstitution (Grad III) und Intensivbehandlung (Grad IV) ein. Opiate verlangsamen die Darmmotilität und verlängern die Transitzeit. Somatostatinanaloga (Octreotid) fördern die Reabsorption von Wasser und Elektrolyten und hemmen die gastrointestinale Motilität, die Freisetzung u. a. von Magensäure und Pankreasenzymen.

Prophylaxe

Eine Prophylaxe im engeren Sinn ist nicht etabliert, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr

Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist die einzige prophylaktische Maßnahme.

sollte während der gesamten Dauer einer Chemotherapie geachtet werden, ggf. können Nahrungsmittel vermieden werden, die die Darmtätigkeit anregen. Die Patientin sollte dahingehend beraten werden, bei über 24 h anhaltenden bzw. massiven oder blutigen Diarrhöen in jedem Fall unverzüglich ärztlichen Rat zu suchen. Im Einzelfall (z. B. bei Irinotekantherapie) kann ein Arztkontakt schon früher, d. h. bei erstmaligem Auftreten von Durchfall, notwendig sein. Hierzu müssen die Patientinnen instruiert werden.

Therapie

Orale und bei Bedarf parenterale Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution sind essenzielle Maßnahmen.

Differenzialdiagnostisch sollten andere Ursachen einer Diarrhö einbezogen und ggf. abgeklärt werden (klinische Untersuchung, Stuhlkulturen, Labor). Essenziell ist die enterale Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution. Hier sind isotonische Lösungen (Sportlergetränke, WHO-Lösung) ideal. Die Patientin sollte mindestens 3 l/d trinken. Reicht dies nicht aus, muss parenteral substituiert werden, wobei übliche Infusionsschemata mit nach aktueller Elekrolytbilanz indizierten Infusionszusätzen zum Einsatz kommen. Es werden häufige kleine kohlehydrat- und proteinreiche, leicht verdauliche Mahlzeiten (Bananen, Weißbrot, Reis, Zwieback usw.) empfohlen. Milchprodukte, Alkohol, Kaffee sowie fetthaltige und stark gewürzte Speisen sollten vermieden werden.

Die medikamentöse Standardbehandlung

Die medikamentöse Standardbehandlung ist Loperamid.

besteht bei fehlenden Hinweisen auf eine infektiöse Genese in der Gabe von Loperamid (initial 4 mg p. o., dann 2 mg bei jedem diarrhöischen Stuhl, bzw. 2 mg alle 2 h bis max. 16 mg/d). Tinctura opii wird aufgrund des Papaveringehalts empirisch auch in einigen Fällen loperamidresistenter Diarrhö mit Erfolg eingesetzt. Bei anhaltend schwerer Diarrhö kann Octreotid (z. B. 3 × 50 - 150 µg s.c.) verordnet werden [[1], [2]] (Abb. [1]). Begleitende krampfartige Bauchschmerzen sprechen oft auf N-Butylscopolamin an.

Abb. 1 Stufenschema zur Therapie der zytostatikainduzierten Diarrhö.

Bei nicht neutropenischen Patientinnen ist eine antibiotische Behandlung nur selten indiziert, allerdings ist bei Neutropenie und Diarrhö oder Diarrhö mit Fieber eine antibiotische Behandlung und stationäre Überwachung erforderlich. Auf die Möglichkeit einer pseudomembranösen Kolitis durch C. difficile ist zu achten und ggf. Vancomycin zu verabreichen.

Literatur