manuelletherapie 2004; 8(2): 45-46
DOI: 10.1055/s-2004-813146
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
19 May 2004 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wissenschaftliches Denken ist auch und vor allem in unserer Berufsgruppe gefragt. Wir sind keine Gurus oder Menschen mit Zauberhänden, die auf nicht nachvollziehbare Weise heilen können. Eine profunde Basisausbildung, kombiniert mit soliden Zusatzausbildungen auf fachlich hohem Niveau und stetem Lesen, Lernen und Diskutieren macht die berufliche Qualifikation der Physiotherapeuten aus.

Wenn ich die Entwicklung der Physiotherapeutenausbildung in Österreich während der vergangenen 10 Jahre betrachte, so hat sich wirklich viel zum Positiven verändert. Nicht nur, dass unsere Ausbildung, die übrigens das Abitur voraussetzt, mittlerweile 3 Jahre dauert, sondern sie schließt auch obligatorisch mit einer Diplomarbeit ab. Damit lernen die Studenten schon während ihrer Grundausbildung die Materie des wissenschaftlichen Arbeitens kennen.

Ich selbst habe meine 1. Diplomarbeit erst im Rahmen der OMT-Ausbildung nach dem Kaltenborn-Evjenth-Konzept geschrieben. Meinen Kollegen/Kolleginnen und mir ist es wahrlich nicht leicht gefallen, das zu bearbeitende Thema in Form zu bringen, vom systematischen Recherchieren angefangen bis hin zum mehrmaligen Korrekturlesen anhand der wissenschaftlichen Kriterien. Dennoch haben mittlerweile 14 Physiotherapeuten in Österreich auch diese Hürde überwunden und sind OMT nach dem Kaltenborn-Evjenth-Konzept. Allerdings gehen nach wie vor sehr wenige Therapeuten diesen Weg und schließen ihre Fortbildungen mit den entsprechenden Prüfungen ab, noch seltener, wenn sich diese über einen so langen Zeitraum wie die OMT-Ausbildung hinzieht.

Im Gegensatz zu Deutschland oder der Schweiz gibt es in Österreich diesbezüglich vonseiten der Sozialversicherungsträger keinen eigenen höheren Abrechnungsposten, außer für neurophysiologische Therapien bei ausnahmslos neurologischen Diagnosen nach Abschluss einer entsprechenden Ausbildung. So fällt auch dieser Anreiz weg, und viele Kollegen begründen ihre Scheu vor einer vertiefenden Fortbildung damit, das dort erworbene Wissen sei für ihren Berufsalltag nicht notwendig und relevant.

So hoch unser Ausbildungsniveau in den 16 Akademien derzeit ist, die Kursteilnehmerzahlen sinken leider. Das liegt sicher nicht daran, dass die Kurse nicht entsprechend ausgeschrieben werden.

Andererseits stelle ich im Gespräch mit Kollegen sehr oft fest, dass der Wunsch nach sowohl praxisorientierter als auch wissenschaftlich erforschter und überprüfter Information sehr wohl vorhanden ist. Die Hemmung vor dem wissenschaftlichen Arbeiten liegt meiner Ansicht nach unter anderem darin, dass zwischen Wissenschaft und Berufsalltag nach wie vor ein Niemandsland namens Integration des Ersteren in das Letztere klafft, von dem der Einzelne nicht weiß, wie er es überwinden kann.

Als neue Mitherausgeberin betrachte ich dies als Ansporn, Physiotherapie auf hohem Niveau für Sie lesbar zu machen, die Zeitschrift als Hintergrund und Anlass für fachspezifische Diskussionen zu nutzen sowie bisherige Therapiegrundlagen zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen.

Jeder, der bereits einmal wissenschaftlich gearbeitet hat, weiß, dass die aktuellsten Informationen in den Fachzeitschriften zu finden sind! Andererseits möchte ich an Sie appellieren, uns Ihre Meinung zu einzelnen Artikeln oder der Zeitschrift insgesamt wissen zu lassen. Mit Ihrem Feedback als Leser können wir nicht nur unser Niveau halten, sondern die Zeitschrift für Sie auch weiterhin interessant und informativ gestalten.

Allen Abonnenten unter Ihnen, deren Wissensdurst auch mit nunmehr 5 Ausgaben der Manuelle Therapie nicht gestillt ist, kann ich empfehlen. Nutzen Sie diese Möglichkeit, über das Internet einzusteigen. Lassen Sie sich mit Ihrer Abo-Nummer registrieren und holen Sie sich einfach die Wissenschaft nach Hause!

In diesem Sinne viel Vergnügen und weiterhin Neugier und Forschungsdrang wünscht Ihnen

Corina Udvardi

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