Gesundheitswesen 2004; 66(4): 213-221
DOI: 10.1055/s-2004-813044
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitsökonomie und Gesundheitsförderung - Eigenverantwortung für Gesundheit?

Health Economy and Health Promotion - Self-Responsibility for Health?D. Ahrens1
  • 1Universität für Gesundheitswissenschaften und Medizinische Informatik Tirol, Innsbruck
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Publication Date:
21 April 2004 (online)

Zusammenfassung

Die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland stehen vor tief greifenden Veränderungen, dies vorwiegend aufgrund der demografischen Entwicklung. Als Lösungsweg für die Finanzprobleme wird zunehmend auf ein Mehr an Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger verwiesen. Für die Krankenversicherung soll die Tauglichkeit dieses gesundheitspolitischen Konzepts überprüft werden. Ausgangspunkt der gesundheitswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Eigenverantwortung ist die Beschreibung des Problemgegenstands, somit der Gesundheit von Bevölkerungen und der für die Gesunderhaltung bzw. Erkrankung wesentlichen Determinanten. Im Anschluss folgt eine theoretische gesundheitsökonomische Diskussion der Frage, ob Versicherte und Patienten geeignete Marktpartner sind, um die ihnen übertragene Selbstverantwortung zielführend zu übernehmen. Eine Darstellung der empirischen Befunde der Auswirkungen von Selbstbeteiligungen bzw. Zuzahlungen stellt das Konzept „Eigenverantwortung” infrage und leitet zu einer abschließenden Diskussion der individuellen versus sozialen Verantwortung für Gesundheit und Krankheit über.

Abstract

The social insurance systems in Germany are about to face radical changes, predominantly due to demographic developments. The solution might be an increasing self-responsibility of the population. The suitability of this health economical concept is to be verified for health insurance. The starting point of the health economic debate, discussing the issue of responsibility, is its description, and therefore the health of populations and the fundamental determinants for the maintenance of health and for illness. This is followed by a theoretical health economic discussion on the question whether insurants and patients are suitable market partners shoulder the responsibility transferred to them. The description of empiric evidence of the effects of co-payment questions the concept of self-responsibility and finally leads to discussing the individual versus social responsibility for health and illness.

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Dr. Dieter Ahrens MPH

Universität für Gesundheitswissenschaften und Medizinische Informatik Tirol

Innrhain 98

A-6020 Innsbruck

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