Einleitung
Unter physiologischen Bedingungen befindet sich zwischen den Pleurablättern eines
Erwachsenen eine geringe Menge Flüssigkeit, die einen ca. 10 µm dicken Film bildet,
um der Lunge ihre Atemexkursion zu ermöglichen [1]. Diese Pleuraflüssigkeit wird zum überwiegenden Anteil von der parietalen Pleura
gebildet und von dieser auch vorrangig reabsorbiert, um über die Lymphgefäße der Zirkulation
zugeführt zu werden. Sie erfüllt die Kriterien eines Transsudates und enthält 10 -
20 g/l Protein, einen pH-Wert ≥ dem Plasmawert, einen LDH-Level bis ca. 50 % des Plasmawertes
und 1000 - 5000 Zellen/ml, bevorzugt Lymphozyten, Monozyten und Mesothelzellen [2].
Dieses Gleichgewicht kann durch eine Reihe von Erkrankungen auf den Ebenen der Filtration
und Reabsorption gestört werden, was letztlich zur Akkumulation pleuraler Flüssigkeit
führt. Erhöhter hydrostatischer oder erniedrigter onkotischer Druck bei (links-)kardialen,
hepatischen, renalen oder metabolischen Erkrankungen begünstigt die Entstehung eines
Transsudates. Alterationen der pleuralen Permeabilität durch infektiologische und
inflammatorische Erkrankungen oder Traumata, toxische Schädigung und maligne Tumorerkrankungen
führen typischerweise zur Ausbildung eines Exsudates, welches vorliegt, wenn mindestens
eines der in Tab. [1] genannten Kriterien zutrifft.
Tab. 1 Kriterien zur Diagnostik eines exsudativen Pleuraergusses mit Angabe von Sensitivität
und Spezifität (nach Referenz [3])
Test |
Sensitivität (für Exsudat) |
Spezifität (für Exsudat) |
Ratio Proteinkonzentration Pleuraflüssigkeit/Serum > 0,5
|
86 % |
84 % |
Ratio LDH-Konzentration Pleuraflüssigkeit/Serum > 0,6
|
90 % |
82 % |
LDH in Pleuraflüssigkeit > 2/3 des oberen Normwertes für LDH im Serum
|
82 % |
89 % |
Eines oder mehr der o. g. Kriterien
|
98 % |
83 % |
Zu den häufigsten exsudativen Pleuraergüssen gehört der parapneumonische Erguss, welcher
in 36 - 57 % der Fälle einer Pneumonie nachgewiesen werden kann und in ca. 5 % zu
einem Empyem fortschreitet [4]. Die Letalität des Empyems bzw. fortgeschrittenen parapneumonischen Ergusses wird
mit 1 - 20 % angegeben [1]
[2], kann aber bei Patienten > 65 Jahren mit Begleiterkrankungen bis auf 40 - 70 % ansteigen
[5]. Die Mehrzahl aller bakteriellen, nichttuberkulösen Pleuraempyeme ist nach einer
pulmonalen Infektion entstanden (56 %), gefolgt von operativen Komplikationen nach
thorax- oder mediastinalchirurgischen Eingriffen (22 %); andere Ursachen wie Trauma
oder Ösophagusperforation spielen eine nachgeordnete Rolle [5].
Die Pleuraflüssigkeit stellt aufgrund ihrer Zusammensetzung einen guten Nährboden
für bakterielles Wachstum dar. Dieses wird zusätzlich begünstigt durch eine lokal
eingeschränkte Immunfunktion, u. a. wegen der relativen Armut pleuraler Flüssigkeit
an opsonierenden Faktoren und Komplement sowie der verminderten Phagozytosefähigkeit
neutrophiler Granulozyten in freier Flüssigkeit [5]. Aus einer einfachen parapneumonischen, exsudativen Flüssigkeitsansammlung entwickelt
sich daher rasch ein superinfizierter und damit „komplizierter” Erguss. Im Rahmen
dieses Progresses fallen pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Glukosekonzentration der Ergussflüssigkeit,
während die Konzentration der LDH steigt [4]. Zunehmende Deposition von Fibrin an der pleuralen Oberfläche kann schließlich lokale
Verklebungen und eine Kammerung des Ergusses zur Folge haben. In diesem Fall spricht
man vom „komplex komplizierten” parapneumonischen Erguss. Die Einwanderung von Fibroblasten
bewirkt die Entstehung einer verdickten, unelastischen Pleura und führt zu fibröser
Septierung des Ergusses.
Auf dieser pathophysiologischen Progression basiert die Einteilung der parapneumonischen
Ergüsse in eine exsudative, eine fibropurulente und eine organisierende Phase [6]. Ein Empyem liegt vor bei Nachweis von Pus im Pleuraraum; es ist mit einer ungünstigeren
Prognose assoziiert [7].
Diagnostik
Klinisch imponieren beim parapneumonischen Erguss die physikalischen Parameter eines
Pleuraergusses. Das Vorliegen eines komplizierten Pleuraergusses oder eines Empyems
sollte bei jeder klinisch schlecht auf eine antimikrobielle Therapie ansprechenden
Pneumonie erwogen werden. Weitere diagnostische Hilfsmittel zur Evaluation eines parapneumonischen
Ergusses sind röntgenologische und sonographische bildgebende Verfahren und die makroskopischen,
chemischen und bakteriologischen Parameter des punktierten Ergusses.
Für den behandelnden Arzt ist daher neben der deskriptiven und der pathophysiologisch
basierten Einteilung von parapneumonischen Ergüssen vorrangig eine klinisch orientierte
Klassifikation anhand konkreter diagnostischer Kriterien von Interesse. Der optimale
analytische Zugang zur Diagnose ist jedoch nach wie vor Gegenstand kontroverser Diskussionen,
da keine prospektiven Daten zur Validierung diagnostischer Kriterien vorliegen.
Light [8] erstellte 1995 anhand der Parameter röntgenologische Ausdehnung, Vorliegen von Septierungen,
Nachweis von Bakterien in der Kultur oder im Gram-Präparat sowie Glukose-, LDH-Konzentration
und pH-Wert des Ergusses eine Einteilung in 7 Kategorien mit assoziiertem therapeutischen
Stufenschema, welche als klinische Richtlinie zum therapeutischen Prozedere, insbesondere
zur Entscheidung über die Benutzung invasiver Drainageformen, dienen kann. Dabei gewinnen
biochemische Kriterien des Ergusses als wichtige Indikatoren für ein fortgeschrittenes
Krankheitsstadium vor allem dann an Wert, wenn auf den ersten Blick keine ausgeprägte
Purulenz der punktierten Flüssigkeit erkennbar ist.
Eine Metaanalyse mehrerer kleinerer Studien stellte die Bedeutung des pH-Wertes im
Erguss als besten Vorhersagewert für das Vorliegen eines „komplizierten Ergusses”
hervor, welcher die Anlage einer Thoraxdrainage erforderlich macht [9]. Die Autoren dieser Studie fanden einen pH < 7,21 - 7,29 als Grenzwert, unterhalb
dessen eine Drainageanlage für den therapeutischen Erfolg notwendig erscheint, während
die Bestimmung von Glukose und LDH die Aussagekraft diesbezüglich nicht weiter verbessern
konnte. Einschränkend sei darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegenden Daten alle
ohne Blindung der jeweiligen Untersucher bezüglich der Testergebnisse und therapeutischen
Entscheidungen sowie des Krankheitsverlaufes gewonnen wurden.
Eine Expertengruppe des „American College of Chest Physicians” (ACCP) [10] publizierte im Jahr 2000 auf der Grundlage des Expertenkonsensus eine revidierte
Einteilung des parapneumonischen Ergusses in 4 Risikogruppen für einen nachteiligen
klinischen Verlauf (Tab. [2]) und leitete daraus die Notwendigkeit einer Drainagebehandlung für die Risikogruppen
3 und 4 ab. Dabei erfolgte die Risikostratifizierung nach der klinischen Erfahrung,
dass ein Fortschreiten der Erkrankung ohne adäquate Drainage zunehmend mit verlängerter
Hospitalisierung, vermehrter systemischer Toxizität, erhöhter Morbidität im Zusammenhang
mit Drainageprozeduren, vermehrtem Risiko für bleibende respiratorische Einschränkungen,
Ausbreitung der lokalen inflammatorischen Reaktion sowie erhöhter Letalität assoziiert
ist. Allerdings bleibt die prospektive Evaluierung dieser Risikogruppierung eine wichtige
Aufgabe der zukünftigen Forschung.
Tab. 2 Risikoklassifizierung für Patienten mit parapneumonischem Erguss mit Empfehlung zur
Drainagebehandlung (nach Referenz [10])
Risikoklasse |
Anatomie des Pleuraraumes |
|
Bakteriologie der Pleuraflüssigkeit |
|
Biochemie der Pleuraflüssigkeit |
Drainage |
1
|
minimaler Erguss (< 10 mm des lateralen Dekubitus) |
und
|
Kultur oder Gramfärbung unbekannt |
und
|
pH-Wert unbekannt |
nein |
2
|
kleiner bis mittlerer, nicht gekammerter Erguss (> 10 mm und < œ Hemithorax) |
und
|
Kultur und Gramfärbung negativ |
und
|
pH-Wert ≥ 7,20 |
nein* |
3
|
großer (≥ œ Hemithorax) oder gekammerter Erguss oder verdickte Pleura im CT (mit KM) |
oder
|
Kultur oder Gramfärbung positiv |
oder
|
pH-Wert < 7,20 |
ja |
4
|
|
|
Pus |
|
|
ja |
* Bei symptomatischem Erguss oder progredienter Klinik wiederholte Pleurapunktion
und erneute Klassifizierung |
Auch die aktuelle Leitlinie zur Behandlung pleuraler Infektionen der „British Thoracic
Society” [1] nennt die diagnostischen Kriterien Purulenz, pH-Wert < 7,2 und positiver Keimnachweis
zur Indikationsstellung für eine Drainageanlage. Bei klar sichtbarer Purulenz ist
jedoch eine pH-Bestimmung nicht mehr notwendig [1].
Dem Kliniker ist damit ein leicht umsetzbares Prozedere zur zeitnahen Planung des
weiteren therapeutischen Vorgehens im direkten Anschluss an die primäre diagnostische
Punktion in die Hand gegeben. Eine schnelle und genaue Bestimmung des pH-Wertes unmittelbar
nach der Probengewinnung erfolgt dabei am sichersten nach Zusatz von Heparin in einem
Blutgas-Analysegerät [1]
[11], eine längere ungekühlte Lagerung der Proben führt zur pH-Erhöhung [5]. Zum Nachweis von Septierungen und fibrinöser Organisation des Ergusses ist die
Sonographie das Verfahren mit der höchsten Fähigkeit zur Feindifferenzierung bei einfacher
Handhabbarkeit, sie ist darüber hinaus problemlos auch beim liegenden Patienten durchführbar
[12]. Unter optimalen Bedingungen kann so auch bei nichteitrigem Erguss die Indikation
zur Drainageanlage in einer Sitzung gestellt werden.
Weitere im Punktat bestimmbare Marker dienen vor allem differenzialdiagnostischen
Fragestellungen des infektiösen Ergusses: So weisen z. B. neutrophile Granulozyten
von > 50 % auf eine akute Pleuritis und Lymphozyten von > 90 % auf eine Tuberkulose
oder Tumorerkrankung hin, während eosinophile Granulozyten von > 10 % beim länger
bestehenden Pneumothorax vorkommen oder mit dem Abklingen der Infektion assoziiert
sein können [2]
[3]. Bei Verdacht auf eine Tuberkulose sind Interferon-γ [13] und Adenosindeaminase [14] im Punktat richtungweisende Marker, deren diagnostischer Nutzen in einer kürzlich
erschienen Metaanalyse [15] bestätigt wurde. Hohe Amylase- oder Lipasewerte deuten auf eine Ösophagusruptur
oder Pankreatitis [16].
In letzter Zeit wurden weitere Marker zur Diagnostik und Differenzialdiagnostik des
infektiösen Pleuraergusses beschrieben: Der CRP-Wert im Punktat zeigte in einer Studie
zur diagnostischen Abgrenzung parapneumonischer Ergüsse gegen Exsudate anderer Genese
ab einem Wert von > 30 mg/l eine hohe Sensitivität von 93,7 % bei einer Spezifität
von 76,5 % und einem positiven Vorhersagewert von 98,4 % [17]. Die Fähigkeit zur Differenzierung von Exsudaten infektiöser Genese ist auch für
das mit Apoptoseprozessen assoziierte Molekül Fas-Ligand beschrieben [18]. Ein weiterer Indikator für die Differenzierung des Schweregrades parapneumonischer
Ergüsse ist das Aktivierungsprodukt der Komplementkaskade SC5b-9 [19]. Gemessen mit einem kommerziellen ELISA zeigte es eine hohe diagnostische Genauigkeit
von 90 % bei der Identifikation komplizierter Ergüsse, die Testung an größeren Patientenkollektiven
steht aus.
Die weitere Differenzialdiagnostik des exsudativen Pleuraergusses ist umfangreich
[3]
[16] und sprengt den Rahmen dieser Übersicht, es wird auf die einschlägige Literatur
verwiesen.
Therapie
Die Therapie des parapneumonischen Ergusses verfolgt die zentralen Ziele der Kontrolle
der Infektion, der Drainage des infizierten Ergusses, der (Re-)Expansion der Lunge
und der Vermeidung der Ausbildung von Pleuraschwarten [20].
Antimikrobielle Chemotherapie
Die therapeutische Basis ist die suffiziente, erregergerechte antimikrobielle Chemotherapie
mit dem Ziel, die zugrunde liegende Infektion zu kontrollieren. Beim einfachen parapneumonischen
Erguss ist die antibiotische Therapie der ursächlichen Pneumonie meist ausreichend
und in der Lage, durch Sterilisation des parenchymalen Infektionsfokus kleine Ergüsse
zu eradizieren und deren Progression in komplizierte, infizierte Ergüsse zu verhindern
[4]. Dabei ist eine Eskalation von Dauer und Spektrum der Medikamente meist nicht notwendig.
Bei der antibiotischen Therapie des infizierten, drainagebedürftigen Ergussstadiums
sind zunehmend weitere Einflussfaktoren wie das veränderte Erregerspektrum und die
Penetrationsfähigkeit der Substanzen in den pleuralen Raum sowie Begleiterkrankungen
und Immunstatus des Patienten zu berücksichtigen. Hier ist eine primäre kalkulierte
Chemotherapie angezeigt, die sich in Spektrum und Dauer von den Empfehlungen zur Therapie
der unkomplizierten Pneumonie unterscheidet. Ziel bleibt dabei immer die resistenzgerechte
Deeskalation der Therapie nach Eingang des Ergebnisses der kulturellen Erregerisolation.
Einschränkend muss erwähnt werden, dass evidenzbasierte Empfehlungen zur optimalen
Auswahl und Dauer sowie zu Dosierung und Monitoring der antibiotischen Behandlung
aufgrund fehlender prospektiver, vergleichender Studien nicht existieren und die therapeutischen
Entscheidungen daher auf retrospektiven Daten, epidemiologischen Erhebungen oder theoretischen
Überlegungen basieren.
Wichtig für die initiale kalkulierte Chemotherapie ist die Kenntnis des bakteriologischen
Spektrums infizierter Pleuraergüsse. Eine Übersicht über die häufigsten kulturell
identifizierten Erreger zeigt Tab. [3].
Tab. 3 Bakteriologie des primären Pleuraempyems und parapneumonischen Ergusses
Referenz |
Bartlett 74 [21]
|
Mandal 98 [22]
|
Chen 00 [23]
|
Lim 99 [24]
|
Davies 97 + 99 [25]
[7]
|
Bouros 97 + 99 + 02 [26]
[27]
[28]
|
Zeitraum Patientenkollektiv |
70er primäres Pleuraempyem |
1973 - 1997 primäres Pleuraempyem |
1989 - 1998 primäres Pleuraempyem |
1990 - 1997 parapneum. Erguss/Empyem |
90er parapneum. Erguss/Empyem |
90er parapneum. Erguss/Empyem |
kulturpositive Fälle (Prozent)
|
83 |
114/157 (73) (ohne Tbc) |
139/171 (81) |
39/82 (48) |
34/109 (31) |
34/101 (34) |
Erreger
|
in % aller kulturpositiven Fälle |
gram-positive Aerobier gesamt
|
53 |
? |
41 |
46 |
94 |
41 |
S. pneumoniae
|
6 |
10,5 |
8 |
5 |
56 |
18 |
andere Streptokokken
|
20,5 |
6 11 Mischkultur |
10 |
38 |
23,5 |
9 |
S. aureus
|
20,5 |
18 |
28 |
6 |
12 |
15 |
gram-negative Aerobier gesamt
|
36 |
15 |
50 |
33 |
6 |
38 |
Klebsiella pneumoniae
|
7 |
? |
24 |
23 |
0 |
0 |
E. coli
|
13 |
? |
6 |
5 |
3 |
6 |
Pseudomonas spp.
|
12 |
? |
2 |
2,5 |
0 |
21 |
H. influenzae
|
1 |
? |
4 |
0 |
3 |
6 |
Anaerobier
|
76 |
37 |
27 |
33 |
6 |
29 |
Mischkulturen
|
72 |
? |
14 |
12 |
3 |
9 |
Bei sonst gesunden Patienten dominieren gram-positive Kokken; es finden sich überwiegend
Pneumokokken und weitere Streptokokken, insbesondere aus der Viridans-Gruppe, sowie
Staphylokokkus aureus [1]
[5]
[6]. Dabei ist eine Pneumokokken-Pneumonie in etwa 40 % der Fälle mit einem unkomplizierten
Erguss assoziiert, schreitet aber nur in < 5 % zu einem Empyem fort [5].
Ältere Patienten mit Begleiterkrankungen wie COPD oder Diabetes mellitus weisen öfter
pleurale Infektionen durch gram-negative Erreger auf, die bis zu > 10 % durch Pseudomonas
aeruginosa verursacht sein können [5]. Bei Alkoholabusus und Diabetikern wurden Klebsiellen als häufige Erreger identifiziert
[2]
[23]
[29]. Bei Immunsuppression und Tumorleiden ist zusätzlich an Infektionen durch Pilze
oder Mykobakterien zu denken.
Eine möglicherweise oft unterschätzte Rolle kommt den Anaerobiern zu: In der Serie
von Bartlett u. Mitarb. [21] an 83 kulturpositiven Patienten mit Pleuraempyem wurden in 76 % der Fälle anaerobe
Bakterien isoliert, wobei 41 % Mischinfektionen aufwiesen. Andere Autoren fanden jedoch
geringere Zahlen (Tab. [3], [1]). Nicht selten - in einer Erhebung sogar in 75 % der Fälle [7] - gelingt kein kultureller Erregernachweis aus dem Empyem.
Eine kalkulierte Chemotherapie sollte gram-positive Kokken, gram-negative Keime (ggf.
inkl. Pseudomonas) und Anaerobier einschließen. Um sicher eine ausreichend hohe Serumkonzentration
zu erreichen, wird initial eine parenterale Applikation bevorzugt [6]. Außerdem muss eine ausreichende Penetration in die Pleuraflüssigkeit gewährleistet
sein. Eine Auswahl von Substanzen, deren Konzentration in Pleuraflüssigkeit gemessen
wurde, gibt Tab. [4] wieder; insbesondere Daten aus infizierten Pleuraergüssen sind jedoch spärlich.
Tab. 4 Antibiotikapenetration in Pleuraflüssigkeit (Auswahl)
Antibiotika mit nachgewiesener guter bis sehr guter Penetration:
|
[Referenz] |
Ciprofloxacin* Clindamycin Meropenem Moxifloxacin** Cefotaxim Ceftriaxon Ceftazidim Ampicillin/Sulbactam*
|
[30]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39]
|
Antibiotika mit unzureichender Penetration:
|
|
Aminoglykoside*
|
[40]
|
** Untersuchung an Empyemflüssigkeit ** Untersuchung am experimentellen Empyem bei Versuchstieren |
Antibiotika mit sehr guter Penetration sind Clindamycin und Ciprofloxacin [41], sie erscheinen in dieser Kombination auch nach ihrem Erregerspektrum für die Initialtherapie
des komplizierten Ergusses geeignet. Die Präparate sind außerdem relativ kostengünstig
und in oraler Form verfügbar. Daten einer Studie, die bei 179 Patienten mit Pleuraempyem
für ein Clindamycin-haltiges Regime eine gute Erfolgsrate ermittelte, unterstützen
diese Option [22]. Die Kombination aus einem Cephalosporin der Gruppe III und Clindamycin, Carbapeneme
und Acylaminopenicilline mit Betalactamasehemmer (±Clindamycin) sind alternative Regime
zur kalkulierten Initialtherapie. Eine potenzielle Rolle kommt auch den Fluorchinolonen
der Gruppe IV (Moxifloxacin, Gatifloxacin) zu: Bei sehr guter Penetration ins Lungengewebe
[42] und nachgewiesener Wirksamkeit beim experimentellen Pneumokokkenempyem im Tiermodell
[34] umfasst das Spektrum die relevanten Erreger (mit Ausnahme von Pseudomonas ssp.)
bei einmaltäglicher Dosierung und der Möglichkeit oraler Sequenztherapie mit dem gleichen
Präparat.
Ebenso wenig wie zur Auswahl der antibiotischen Therapie existieren klinische Daten
zur optimalen Dauer der antimikrobiellen Medikation. Unter Berücksichtigung von Faktoren
wie der lokal erheblich eingeschränkten Immunfunktion und der verlängerten Generationszeit
von Bakterien in Abszesshöhlen mit verminderter Antibiotikaempfindlichkeit [5] ist eine konsequente Therapie in ausreichender Dosierung und Dauer angezeigt. Viele
Autoren empfehlen für die antibiotische Behandlung komplizierter Pleuraergüsse eine
Dauer analog zur Therapie des Lungenabszesses von mindestens 4 Wochen [4]
[6]
[41], andere geben eine Therapie von 2 - 4 Wochen an [1]
[5]
[43]. Allerdings kann auch eine deutlich kürzere, resistenzgerechte antiinfektiöse Therapie
von nur 7 Tagen bei optimaler Drainage mit einem guten Ergebnis assoziiert sein [44].
Drainagetherapie
Die zweite zentrale Säule der Therapie des komplizierten parapneumonischen Ergusses
ist die effektive und weitgehend vollständige Drainage der infizierten Flüssigkeit.
Dabei ist der optimale Zeitpunkt der Anlage einer Thoraxdrainage im Verlauf der fortschreitenden
Erkrankung nicht klar definiert, zumal diese Intervention für den Patienten mit zusätzlichen
Schmerzen und Morbidität verbunden ist.
Die Autoren des ACCP-Konsensus [10] schlagen im Rahmen ihrer bereits zitierten Stadieneinteilung auf der Basis einer
gepoolten Datenanalyse mit einer erhöhten Mortalität und vermehrten Notwendigkeit
sekundärer Interventionen in der Gruppe ohne Drainage die Anlage einer Drainage für
Patienten mit einem großen (> 1/2 Hemithorax) oder gekammerten Erguss, einer verdickten
parietalen Pleura im CT, einem Bakteriennachweis oder einem pH < 7,2 aus dem Punktat
sowie beim Auftreten eines Empyems vor (vgl. Tab. [2]). Ähnlich lauten die Empfehlungen der „British Thoracic Society” [1]. Einschränkend muss angeführt werden, dass diese Empfehlungen zumeist auf historisch
kontrollierten Daten beruhen. Auf die Notwendigkeit individualisierter Entscheidungsprozesse
wird von den Autoren ausdrücklich verwiesen.
Auch zur bevorzugten Art der Drainageprozedur kann aufgrund fehlender vergleichender
Studien keine Aussage getroffen werden [1]. Es sind mehrere Verfahren etabliert und mit guten Ergebnissen publiziert. Die Verwendung
großer Katheter (28 - 36 F) wird häufig favorisiert [2]
[20]. Zunehmend gelangt aber die CT- oder Ultraschall-gesteuerte Anlage kleinerer Katheter
(z. B. 16 F) in den Blickpunkt, nachdem dieser Zugang zum Teil selbst nach Versagen
einer primären Drainageanlage gute Ergebnisse zeigte [45] und damit zweifellos eine komfortable und weniger traumatische Alternative darstellt.
Auch mit der Anlage doppellumiger Spüldrainagen wurden selbst bei fortgeschrittenen,
gekammerten Ergüssen sehr günstige Resultate erreicht [20]
[44].
Wichtigstes Ziel dieser Maßnahme ist eine sonographisch oder röntgenologisch kontrollierte
effektive Drainage der infizierten Ergussflüssigkeit innerhalb weniger Tage. Bei ausbleibender
Besserung ist stets eine kritische Prüfung der verwendeten Methode angezeigt, wobei
die ungenügende Drainage zumeist durch eine fortgeschrittene Organisation und Kammerung
des Ergusses verursacht ist und weitere Verfahren wie lokale Fibrinolysetherapie,
Katheteranlage unter Sicht oder chirurgische Intervention notwendig werden.
Intrapleurale Fibrinolyse
Bei zunehmender fibrinöser Septierung des Ergusses im fibropurulenten Stadium der
Erkrankung ist die alleinige Drainagetherapie häufig nicht in der Lage, alle Ergussanteile
suffizient abzuleiten. In solchen Fällen erlangt die lokale chemische Lyse der Fibrinsepten
mit publizierten Erfolgsraten zwischen 44 % und 100 % eine zunehmende Bedeutung [46].
Mehrere prospektiv randomisierte, doppelblinde klinische Studien an kleinen Patientenzahlen
legen in der Zusammenschau eine Überlegenheit der Fibrinolysetherapie gegenüber der
alleinigen Drainage nahe.
Davies u. Mitarb. [25] publizierten 1997 die Ergebnisse der Behandlung komplizierter parapneumonischer
Ergüsse von 24 Patienten mit entweder 250 000 IU intrapleuraler Streptokinase oder
NaCl-Lösung und zeigten eine signifikante Erhöhung der Drainagemenge sowie eine bessere
radiologische Ergussrückbildung nach drei Tagen in der Verumgruppe. In den klinischen
Endpunkten ergab sich bei der kleinen Fallzahl kein signifikanter Unterschied. Zu
einem ähnlichen Ergebnis gelangte eine weitere prospektive, allerdings nicht verblindet
und randomisiert durchgeführte Studie an 52 Patienten [47]. Die Bedeutung der Drainagemenge als Kriterium für den Therapieerfolg ist jedoch
letztlich unklar, da eine vermehrte Sekretion auch als Folge des Lokalreizes der Fibrinolytika
vorstellbar ist.
Bouros u. Mitarb. [26] konnten dagegen in ihrer plazebokontrollierten Studie an 31 Patienten mit gekammerten
Ergüssen bei der fibrinolytisch mit 100 000 IE Urokinase behandelten Gruppe anhand
stringent definierter Kriterien (24-h-Drainagemenge < 50 ml nach drei Tagen ohne Nachweis
eines radiologischen Restergusses) eine signifikant höhere Therapieerfolgsrate von
86,5 versus 25 % in der Plazebogruppe feststellen. Darüber hinaus fanden sich auch
Vorteile bei den klinischen Parametern Zeit zur Entfieberung und Dauer der Hospitalisierung
in der mit Urokinase behandelten Gruppe. Ähnliche Ergebnisse anhand klinischer Endpunkte
demonstrierte eine türkische Untersuchung an 49 Patienten, hier konnte als weiterer
Unterschied eine signifikant niedrigere chirurgische Dekortikationsrate in der Urokinasegruppe
gezeigt werden [48].
Beide existierende Leitlinien aus Großbritannien und den USA empfehlen eine lokale
Fibrinolysetherapie insbesondere bei Vorliegen von fortgeschrittenen, septierten Ergüssen
oder unzureichender Drainage und fehlender klinischer Besserung [1]
[10]. Die Autoren des ACCP [10] gelangten nach Auswertung der vorliegenden Literatur zu dem Schluss, dass für Patienten
in den Risikoklassen 3 und 4 eine lokale Fibrinolyse neben primär chirurgischen Verfahren
der alleinigen Drainagetherapie vorzuziehen ist, da die gepoolte Datenanalyse eine
tendenziell günstigere Mortalität von 4,3 % der Fälle mit Fibrinolyse versus 8,8 %
bei alleiniger Drainagetherapie sowie eine signifikant niedrigere Notwendigkeit von
Sekundärinterventionen von 14,9 versus 40,3 % aufzeigte.
In der klinischen Wirksamkeit scheinen zwischen den Fibrinolytika Streptokinase (250
000 IE) und Urokinase (100 000 IE) keine relevanten Unterschiede zu existieren [26]. Insgesamt favorisieren die günstigeren Kosten den Einsatz von Streptokinase; die
systemische Antigenität auch von lokal angewandter Streptokinase mit möglichen febrilen
Reaktionen [26]
[49] spricht dagegen für die Anwendung von Urokinase.
Ein Einsatz von Streptodornase oder DNase mit dieser Indikation ist bisher weniger
etabliert. Bei günstigem Wirkprofil in vitro [50]
[51] und nachgewiesenem Therapieerfolg der Einzelsubstanzen in Fallbeschreibungen [46]
[51] und der Kombination von Streptodornase mit Streptokinase (Varidase®) auch an größeren
Patientengruppen [44] bleibt eine weitere Evaluierung im Rahmen von Studien abzuwarten.
Das Nebenwirkungsprofil der intrapleuralen Fibrinolysetherapie ist insgesamt günstig
[46]. Eine systemische Koagulopathie war in einer Untersuchung auch bei 2 ×-täglicher
lokaler Anwendung von Streptokinase nicht nachweisbar [52]; nur sehr vereinzelt sind Fälle mit Hämorrhagien beschrieben [46]. Die Standard-Kontraindikationen einer systemischen Lysetherapie wie bekannte Überempfindlichkeit
gegenüber Fibrinolytika, hämorrhagische Diathese, Zustand nach Hirnblutung, intrakranielles
Tumorleiden oder vorausgegangene Operationen und Traumata sind jedoch auch bei der
lokalen Anwendung zu beachten, als lokale Kontraindikation gelten bronchopleurale
Fisteln.
Die genannten Studien benutzten eine einmaltägliche Gabe der Fibrinolytika. Die kurze
Halbwertszeit der Substanzen von < 30 min lässt jedoch eine häufigere Anwendung z.
B. alle 12 Stunden sinnvoll erscheinen. Dabei wird das Medikament in 100 ml NaCl gelöst,
nach Applikation über die Drainage wird diese für 2 - 3 Stunden abgeklemmt und der
Patient zum häufigen Lagewechsel angehalten, bevor die kontinuierliche Saugung fortgesetzt
wird. Mit diesem Vorgehen können auch mehrfach gekammerte, fortgeschrittene Ergüsse
ohne chirurgische Intervention mit gutem Ergebnis zur Ausheilung gebracht werden (siehe
Abb. [1]). Eine Drainagemenge von < 50 - 100 ml/d bei nur minimalem radiologischen Resterguss
gilt als Indikation zur Drainageentfernung [4].
Abb. 1 Gekammertes Pleuraempyem im konventionellen Röntgen (Abb. [1a] u. [b]) und im CT (Abb. [1c] u. [d]) des Thorax vor Beginn der Behandlung und nach lokaler fibrinolytischer Therapie
mit Urokinase (2 × 100 000 IE/d) über 10 Tage.
Chirurgische Therapie
Als minimalinvasives chirurgisches Behandlungsverfahren des fortgeschrittenen parapneumonischen
Ergusses hat in den letzten Jahren die videoassistierte Thorakoskopie (VATS) mit guten
Ergebnissen an Bedeutung gewonnen [46]
[53]. Daher bleibt die offene chirurgische Exploration mit Dekortikation zunehmend komplizierten
Einzelfällen vorbehalten. Bei chronischem Verlauf kann ferner eine chirurgische Fensterung
erforderlich werden.
Über den optimalen Zeitpunkt einer chirurgischen Intervention existieren allerdings
kontroverse Ansichten: Einige Autoren favorisieren im komplizierten Ergussstadium
ein primär chirurgisches Vorgehen, andere sehen die invasiveren Verfahren als Alternativen
bei Versagen der konservativen Drainagetherapie mit lokaler Fibrinolyse.
Zur Frage der optimalen Primärtherapie bei drainagepflichtigem parapneumonischem Erguss,
definiert durch das Vorliegen von Septierungen oder eines pH-Wertes im Erguss von
< 7,2, existiert eine vergleichende, prospektiv kontrollierte klinische Studie an
20 Patienten, die für die chirurgische Behandlungsstrategie im Vergleich zur Thoraxdrainage
mit lokaler Fibrinolysetherapie einen signifikanten Vorteil in der Behandlungsdauer
und Therapieeffektivität feststellte [54]. Das Design dieser Erhebung an einer sehr kleinen Patientenzahl fand jedoch auch
Kritiker [44]
[55], die in der sehr eng gefassten Definition des Erfolges beim primär konservativen
Vorgehen und der kurzen Dauer der Streptokinasetherapie eine Verzerrung der Ergebnisse
zugunsten der VATS-Gruppe sehen. Dies wird durch die im Vergleich mit anderen Studien
deutlich schlechtere Therapieeffektivität von 44 % in der konservativ behandelten
Gruppe unterstrichen [54].
Auf der Grundlage der vorhandenen Daten ist daher eine abschließende Beurteilung der
optimalen Primärintervention zur Zeit nicht möglich [10]. Bei größerer Invasivität und Narkosepflichtigkeit der chirurgischen Option erscheint
ein primär konservativer Therapieversuch mit lokaler Fibrinolyse zunächst gerechtfertigt,
zumal mit der VATS ein Verfahren zur Verfügung steht, welches auch bei Therapieversagen
dieser Strategie noch zu guten Ergebnissen führt [28]
[56]. Der optimale Zeitpunkt einer chirurgischen Sekundärintervention ist dabei ebenfalls
offen. Untersuchungen sprechen dafür, nach 3 bis 7 Tagen erfolgloser Drainagetherapie
auf ein invasiveres Verfahren umzusteigen [1]
[24]
[28], aber auch eine längere konsequente konservative Behandlung ist nach unseren und
anderen [44] Erfahrungen durchaus Erfolg versprechend. Ferner existiert bis heute keine klare
Definition eines Therapieerfolges anhand messbarer Kriterien [46].
In erfahrenen Zentren ist die internistische Thorakoskopie ein alternatives Verfahren
zu Fibrinolyse oder VATS [57]
[58]. Bei gegenüber chirurgischen Verfahren geringerer Invasivität bietet sie ebenfalls
die Möglichkeit des Ausschlusses einer malignen oder tuberkulösen Ursache der Ergussbildung
mit hoher Sicherheit.