Fortschr Neurol Psychiatr 2004; 72(1): 7-13
DOI: 10.1055/s-2003-812450
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stigmatisierungserfahrungen von Patienten mit Zwangserkrankungen

Stigma Experiences of Patients with Obsessive Compulsive DisordersK.  Stengler-Wenzke1 , M.  Beck1 , A.  Holzinger1 , M.  C.  Angermeyer1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig
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Publication Date:
27 January 2004 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Erst in jüngster Zeit interessiert sich die Forschung für die Stigmatisierungserfahrungen von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Es gibt jedoch bislang keine publizierten Studien über Patienten mit Zwangserkrankungen. Methode: 51 Patienten, die sich mit einer Zwangserkrankung in der Verhaltenstherapeutischen Ambulanz unserer Klinik vorgestellt hatten, wurden mithilfe eines speziell für die Untersuchung entwickelten Fragebogens zu den von ihnen antizipierten und konkret erfahrenen Stigmatisierungen sowie zu den von ihnen gewählten Strategien zur Stigmabewältigung befragt. Zum Vergleich dienten die Ergebnisse einer Untersuchung von depressiv und schizophren Erkrankten. Ergebnisse: Der überwiegende Teil der Zwangserkrankten rechnete mit negativen Reaktionen ihrer Umwelt. So waren 80 % der befragten Patienten der Meinung, dass bei Bekanntwerden ihrer Erkrankung ihre Bewerbung um einen Arbeitsplatz abgelehnt werden würde. ⅔ der Befragten glaubten, dass sie aufgrund ihrer psychischen Erkrankung keinen Partner finden würden. Über konkret erlebte Stigmatisierungen wurde von den Zwangserkrankten insgesamt wenig berichtet. Es ergeben sich nennenswerte Unterschiede zwischen antizipierter und konkret erfahrener Stigmatisierung - auch im Vergleich mit depressiv und schizophren Erkrankten. Auffallend sind die von Zwangserkrankten angegebenen Copingstrategien: Ÿ der Befragten geben Geheimhaltung der Erkrankung an; offen über die Krankheit zu reden empfiehlt nur Œ der Zwangserkrankten. Diskussion: Es werden Möglichkeiten diskutiert, wie die Stigmatisierung von Zwangserkrankten reduziert werden kann.

Abstract

Background: Only in recent years has research shown interest in stigma experiences of patients with mental disorders. However, subjective experiences of patients with OCD have not been published until now. Method: Fifty-one patients with OCD were questioned about anticipated and actual stigmatization experiences as well as their stigma coping strategies, using a questionnaire especially developed for this study. Results: Most of the patients expected negative reactions from their environment. Eighty per cent of the respondents were convinced that they would be rejected at work when it became known that they are mentally ill. Two thirds of the respondents feared that they would be rejected in a partnership. Concrete stigmatization was rarely reported by patients with OCD. Contrary to patients with depression and schizophrenia, the group of patients with OCD showed some differences between anticipated and actually experienced stigmatization. Concealing is a relevant strategy for dealing with the illness for three quarters of the respondents. Conclusion: Possibilities of reducing stigmatization and discrimination because of mental illness in general and OCD in particular are discussed.

Literatur

Dr. Katarina Stengler-Wenzke

Universität Leipzig · Klinik und Poliklinik für Psychiatrie

Johannisallee 20

04317 Leipzig

Email: stenglk@medizin.uni-leipzig.de