Ätiologie und Pathophysiologie
In den westlichen Industrienationen sind die häufigsten Ursachen der Herzinsuffizienz
die ischämische Herzerkrankung und die arterielle Hypertonie, die jeweils für etwa
40 % der Fälle verantwortlich sind. Seltenere Ursachen sind idiopathische Kardiomyopathien,
Vitien, Myokarditiden, Endo- und Perikarditiden, metabolische Erkrankungen, Noxen,
Pharmaka und Tumoren [9].
Unterschieden wird die diastolische von der systolischen Myokardinsuffizienz. Die
diastolische Herzinsuffizienz beruht auf einer Versteifung des Myokards, meist durch
Hypertrophie und Fibrosierung, ist mit zunehmendem Lebensalter häufiger und hat die
bessere Prognose. Die häufigste Ursache ist die arterielle Hypertonie. Die systolische
Herzinsuffizienz geht mit einer Kontraktionsstörung und meist Dilatation des linken
Ventrikels einher und hat die schlechtere Prognose. Die häufigste Ursache ist die
ischämische Herzerkrankung. In den meisten Fällen liegen allerdings Kombinationen
diastolischer und systolischer Herzinsuffizienz vor.
Relaxations- und Kontraktionsstörungen des Myokards führen zu einem Anstieg der myokardialen
Wandspannung und damit zur Myokardhypertrophie, konsekutiv erhöhtem Sauerstoffverbrauch
und vermehrter Kollageneinlagerung. Die Minderperfusion der Organe stimuliert - als
Kompensationsmechanismus zur kurzfristigen Stabilisierung des Kreislaufes - eine neuroadrenerge
Aktivierung mit Anstieg des Sympathikotonus, vermehrter Vasopressinausschüttung und
Aktivierung des Renin-Angiotensin-
Aldosteronsystems mit Stimulation der AT1-Rezeptorexpression und gesteigerter Angiotensin-II-Bildung [18]. Die Folgen sind eine Vasokonstriktion mit Erhöhung der Nachlast, Flüssigkeitsretention,
Reduktion der myokardialen Katecholaminrezeptordichte und Förderung des myokardialen
Zelltods (Apoptose) [16]. All diese Prozesse erhöhen längerfristig die Belastung des Myokards und fördern
in einem Circulus vitiosus das pathologische Remodeling, die Dilatation und den morphologischen
Umbau des linken Ventrikels durch Myozytenreduktion und bindegewebige Umwandlung des
Myokards [Abb. 2].
Diagnostik
Bei typischer Symptomatik (Dyspnoe, Müdigkeit, Ödeme) sichert die körperliche Untersuchung
die Diagnose (Ödeme, Jugularvenenstauung, Tachykardie, pulmonale Rasselgeräusche,
3. Herzton) und induziert die Suche nach der zugrunde liegenden kardialen Erkrankung.
Bei oligosymptomatischen Patienten (NYHA I und II) kann die Erfassung einer Herzinsuffizienz
klinisch schwierig sein [17].
In der Labordiagnostik [Tab. 3] sinnvoll ist ein Blutbild, da eine Anämie eine Herzinsuffizienz auslösen oder verstärken
kann. Eine Schilddrüsenfunktionsstörung als Ursache muss ausgeschlossen werden. Serumelektrolyte
und Blutzucker weisen auf zugrunde liegende Erkrankungen hin, der Nachweis einer
Hyponatriämie deutet auf eine ungünstige Prognose. Eine Proteinurie im Urinstatus
zeigt eine endotheliale Membranstörung an und ist ebenfalls ein Indikator einer ungünstigen
Prognose. Von besonderer Wichtigkeit ist die Erfassung der Nierenfunktion anhand des
Serumkreatinins oder, besser, der Bestimmung der Kreatininclearence mit der Formel
von Cockroft und Gault [Abb. 3]. Die glomeruläre Filtrationsrate korreliert sogar besser mit der Prognose einer
Herzinsuffizienz als die linksventrikulären Funktionsparameter [Abb. 4], da die Niere bei der Herzinsuffizienz sowohl Opfer (Verschlechterung der Nierenfunktion
durch Reduktion des Herzzeitvolumens) als auch Täter (Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteronsystems
durch renale Perfusionsminderung) ist [7].
Neue Laborparameter zur Diagnostik der Herzinsuffizienz sind die Neuropeptide, insbesondere
das BNP (brain natriuretic peptide). Diese leider noch sehr teuren Marker zeigen eine
ausgezeichnete Trennschärfe und sind daher besonders geeignet zur Detektion leichter
Fälle von Herzinsuffizienz sowie zur Verlaufsbeurteilung und Qualitätskontrolle einer
medikamentösen Therapie (23). Aufgrund der Kosten können aber zurzeit nur schwierige
Einzelfälle so untersucht werden.
Bei der apparativen Diagnostik hat die Farbdoppler-Echokardiographie [Abb. 5] den höchsten Stellenwert, da hiermit morphologische und funktionelle Parameter rasch
erfasst werden. Sie gibt Auskunft über Größe und lokale wie globale Funktion der Herzhöhlen
und des Myokards, Wanddicken, Klappenfunktion und Pulmonalarteriendruck [14]. Eine Röntgenaufnahme der Thoraxorgane in zwei Ebenen ist sinnvoll zum Nachweis
einer Herzvergrößerung, Lungenstauung oder eines Pleuraergusses. Das Elektrokardiogramm
dient in erster Linie der Aufdeckung ischämischer Herzerkrankungen, Myokardhypertrophie
und Erregungsleitungsstörungen, zusätzlich können auch weiterführende Untersuchungen
(Belastungs-EKG, Stressechokardiographie, Belastungs-Myokardszintigraphie, gegebenenfalls
Koronarangiographie) sinnvoll sein, da bei ischämischem, vitalen Myokard die Perfusionsverbesserung
(Bypassoperation) die Prognose günstig beeinflussen kann [15].
Therapie
Ziel jeder Behandlungsmaßnahme ist die Verbesserung der Prognose, der Belastbarkeit
und Lebensqualität sowie Reduktion der Hospitalisierungsnotwendigkeit. Gerade Patienten
mit chronischer Herzinsuffizienz bedürfen aufgrund ihres Krankheitsempfindens und
der oft notwendigen umfassenden Therapie einer sorgfältigen ärztlichen Langzeitbetreuung
und psychologischen Führung.
Kausale Therapie
Ziel der Diagnostik ist unter anderem die Aufdeckung der der Herzinsuffizienz zugrunde
liegenden kardialen Erkrankung, die selbstverständlich behandelt werden muss, zum
Beispiel in Form einer optimalen Blutdruckeinstellung, einer Bypassoperation bei ischämischer
Herzerkrankung oder eines Klappenersatzes bei Herzklappenvitium. Auch die Herztransplantation
bei terminaler Herzinsuffizienz stellt eine kausale Therapie dar.
Nichtmedikamentöse Therapie
Die nichtmedikamentöse Therapie ist bei chronischer Herzinsuffizienz unverzichtbar
und sollte immer sorgfältig mit Patienten und Angehörigen besprochen werden [Tab. 4]. Eine Kochsalz- und Flüssigkeitsrestriktion ist essentiell, und die Patienten sollten
zur täglichen Gewichtskontrolle angehalten werden, um bei rascher Gewichtszunahme
(> 2 kg in 3 Tagen) den Arzt aufzusuchen. Die Normalisierung des Körpergewichtes verbessert
die Belastbarkeit, Untergewicht ist zu vermeiden. Nikotinverzicht ist selbstverständlich,
moderater Alkoholgenuss erlaubt. Sexuelle Betätigung ist im Stadium NYHA I und II
unproblematisch, im Stadium NYHA III und IV kann eine akute kardiale Dekompensation
ausgelöst werden, hier ist zur Zurückhaltung zu raten. Moderater Ausdauersport ist
bei leichterer Herzinsuffizienz (NYHA I und II) zu empfehlen, ab NYHA III ist hiervon
abzuraten [24].
Medikamentöse Therapie
Die Pharmakotherapie richtet sich in Form einer Stufentherapie nach dem klinischen
Stadium der Herzinsuffizienz, nach der zugrunde liegenden Erkrankung und Begleiterkrankungen.
Detaillierte Empfehlungen sind den [Tabellen 5] und [10] zu entnehmen.
ACE-Hemmer
Die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteronsystems ist einer der entscheidenden
Pathomechanismen für die Entwicklung einer chronischen Herzinsuffizienz. Demzufolge
kommt dem pharmakologischen Eingriff in dieses System eine zentrale Rolle zu. Die
Hemmer des Angiotensin-Converting-Enzyms, das die Umwandlung von Angiotensin I in
Angiotensin II katalysiert, haben in zahlreichen großen Studien ihren hohen Wert zur
Verbesserung von Prognose und Symptomatik der Herzinsuffizienz in allen klinischen
Stadien unter Beweis gestellt [Tab. 6]. ACE-Hemmer wirken der linksventrikulären Hypertrophie und Relaxationsstörung entgegen
und sind so auch bei der diastolischen Herzinsuffizienz wirksam [4]. Die Auswahl der Substanz scheint keine große Rolle zu spielen, wobei aber Substanzen
mit langer Halbwertszeit aufgrund der geringeren Tagestablettenzahl die Compliance
verbessern helfen, zumal Patienten mit Herzinsuffizienz oft eine Fülle von Pharmaka
einnehmen müssen. Diese Überlegung gilt für jede medikamentöse Therapie.
Wenn auch in einigen Studien im Plazebovergleich bereits mit geringen ACE-Hemmerdosen
positive Effekte auf Befindlichkeit und Prognose nachweisbar waren, sind die optimalen
Effekte nur mit hohen Dosen zu erreichen (ATLAS-Studie), die auch von den meisten
Patienten bei langsamer Auftitration gut toleriert werden. Auch günstige Effekte auf
die Progression der Atheromatose scheinen nur mit hohen Dosen lipophiler ACE-Hemmer
zu erzielen sein (HOPE-Studie, EUROPA-Studie).
Bei hydropischen Patienten sollten die ACE-Hemmer mit Diuretika kombiniert werden,
eine zu starke Dehydratation ist aber zu vermeiden, da dann symptomatische Blutdruckabfälle
drohen, die beim euhydrierten normotensiven Patienten ansonsten nur selten zu beobachten
sind. Ein besonderes Augenmerk in der Initialphase der Therapie gilt der Nierenfunktion,
da ACE-Hemmer zu einer Erweiterung des Vas afferens und efferens im Glomerulum führen
und so den Filtrationsdruck senken. Zwar wird die Niere hierdurch längerfristig geschützt,
bei entsprechender Prädisposition, zum Beispiel beidseitiger Nierenarterienstenose,
kann aber ein akutes Nierenversagen drohen. Ein Anstieg des Serum-Kreatinins um bis
zu 50 % des Ausgangswertes kann toleriert werden.
ACE-Hemmer reduzieren auch den Abbau von Bradykinin (Kininase-II-Wirkung), was zur
Vasodilatation führt und eine Endothelprotektion bewirkt. Diese Fähigkeit ist aber
wahrscheinlich auch für die Hauptnebenwirkungen der ACE-Hemmer, den bei 10-20 % der
Patienten auftretenden Husten und das seltene angioneurotische Ödem, verantwortlich.
Chronischer Husten unter ACE-Hemmern zwingt meistens zum Absetzen, gelegentlich kann
ein Wechsel auf einen anderen ACE-Hemmer den Husten stoppen.
Kontraindiziert sind ACE-Hemmer bei anamnestischem Angioödem, höhergradiger Obstruktion
des linksventrikulären Ausflusstraktes und beidseitiger Nierenarterienstenose.
AT1-Rezeptorblocker
ACE-Hemmer können die Bildung von Angiotensin II nur unvollständig hemmen, da dessen
Synthese zum Teil über andere Enzyme, zum Beispiel die im Herzmuskel in hoher Konzentration
vorhandenen Chymasen, katalysiert wird [8]. Daher versprach man sich von Substanzen, die den für die negativen Auswirkungen
des Angiotensin II hauptverantwortlichen Rezeptor, den AT1-Rezeptor, hemmen, noch bessere Auswirkungen auf Symptomatik und Progression der Herzinsuffizienz.
Dies hat sich in der ersten Studie (ELITE II), in der Losartan mit Captopril verglichen
wurde, nicht bestätigt. Die Beeinflussung von Symptomatik und Prognose war bei ACE-Hemmer
und AT1-Blocker vergleichbar, jedoch traten unter Losartan weniger Nebenwirkungen (insbesondere
Husten) auf. Allerdings leidet die Interpretation der Studie darunter, dass eine relativ
niedrige AT1-Blockerdosis (50 mg Losartan) mit einer hohen ACE-Hemmerdosis (150 mg Captopril)
verglichen wurde. In der Val-Hefft Studie und in der jüngst publizierten CHARM-
Studie konnten AT1-Blocker in hoher Dosis (320 mg Valsartan bzw. 32 mg Candesartan) als Alternative
zu ACE-Hemmern einen vergleichbar günstigen Effekt, in Addition zu ACE-Hemmern eine
weitere Verbesserung von Mortalität und Hospitalisierung um 16 % (CHARM) demonstrieren.
Allerdings waren bei der Kombinationstherapie in der CHARM-Studie die ACE-Hemmer nicht
ausgereizt und nur wenige Patienten (17 %) zusätzlich mit Spironolacton behandelt.
Weitere Studien zum Vergleich beider Wirkstoffgruppen (VALIANT, ONTARGET) sind noch
nicht abgeschlossen, derzeit können die AT1-Blocker hochdosiert als gute Behandlungsalternative bei ACE-Hemmer-Nebenwirkungen
gelten. Die Auswirkung auf die Nierenfunktion ist den ACE-Hemmern vergleichbar.
Digitalis
Herzglykoside (Digoxin, Digitoxin) gehören zu den ältesten Waffen im Kampf gegen die
Herzinsuffizienz, eine Plazebo-kontrollierte Studie zur Wirksamkeit wurde allerdings
erst in jüngerer Zeit durchgeführt (DIG-Studie). Hier zeigte sich keine Verbesserung
des Mortalitätsrisikos, allerdings eine Verbesserung der Befindlichkeit und Reduktion
der Hospitalisierungsnotwendigkeit, sodass Digitalis bei jeder symptomatischen systolischen
Herzinsuffizienz indiziert ist. Bei der rein diastolischen Herzinsuffizienz ist es
eher schädlich, da es die myokardiale Steifigkeit und den Sauerstoffverbrauch erhöht.
Unabhängig von der Art der Herzinsuffizienz ist es beim Vorhofflimmern zur Verhinderung
der schnellen AV-Überleitung indiziert. Die Auswahl des Glykosids ist für die Wirkung
unerheblich, bei intakter Nierenfunktion haben Digoxin und seine Derivate die größere
therapeutische Breite, bei eingeschränkter Nierenfunktion ist mit Digitoxin die Kumulationsgefahr
geringer. Kontraindiziert sind Herzglykoside bei Bradykardie, AV-Block II. und III.
Grades, WPW-Syndrom, Hypo/Hyperkaliämie, Hyperkalziämie, Obstruktion des linksventrikulären
Ausflusstraktes (Aortenstenose, HOCM) und Carotissinussyndrom.
Diuretika
Diuretika sind bei jedem hydropischen Patienten mit Herzinsuffizienz aus symptomatischen
Gründen indiziert. Sie verbessern die Befindlichkeit und reduzieren die Hospitalisationshäufigkeit
[1]. Eine Senkung der Mortalität ist nicht belegt. Wo immer möglich, sollten sie mit
ACE-Hemmern kombiniert werden. Eine zu starke Dehydratation ist zu vermeiden, da eine
ausgeprägte Senkung der Vorlast das Herzzeitvolumen senkt und damit zu symptomatischer
Hypotension und Verschlechterung der Nierenfunktion führen kann. Plötzliches Absetzen
kann aber zur akuten kardialen Dekompensation führen.
Bei leichter Hydropie und erhaltener Nierenfunktion (GFR > 30 ml/min.) sind Thiaziddiuretika
ausreichend, bei stärkerer Flüssigkeitsretention oder schlechter Nierenfunktion müssen
Schleifendiuretika eingesetzt werden. Bei erhaltener Nierenfunktion muss Furosemid
aufgrund der kurzen Halbwertszeit zweizeitig gegeben werden. Bei therapierefraktärer
Überwässerung kann die Kombination aus Thiaziden und Schleifendiuretika deren Wirkung
potenzieren (sequentielle Nephronblockade) [1]. Ein Monitoring der Nierenfunktion und Serumelektrolyte ist zumindest in der Initialphase
notwendig.
Kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren) können in Kombination mit ACE-Hemmern
zur Hyperkaliämie führen und sollten vermieden werden, zumal sie bei eingeschränkter
Nierenfunktion kumulieren.
Spironolacton
Bei starker Hypokaliämie unter Diuretika trotz ACE-Hemmer kann die additive Gabe kleiner
Dosen Spironolacton (25-50 mg/die) hilfreich sein, erfordert aber zumindest initial
ein sorgfältiges Monitoring der Nierenfunktion und Serumelektrolyte.
In der RALES-Studie hat die niedrigdosierte Gabe von Spironolacton (12,5-50 mg/die)
zusätzlich zu ACE-Hemmern und Diuretika bei Patienten im NYHA-Stadium III und IV die
Mortalität signifikant um 27 % senken können. Als Grund wird angesehen, dass die durch
Diuretikagabe erhöhte Aldosteronproduktion durch die ACE-Hemmer nur unvollständig
supprimiert wird, da durch enzymatische Bypässe die Angiotensin II-Synthese zu maximal
40 % gehemmt wird. Indiziert ist Spironolacton bei allen schwer herzinsuffizienten
Patienten mit eingeschränkter systolischer Funktion (EF < 35 %) [22]. Die Hauptnebenwirkung, die schmerzhafte Gynäkomastie, zwingt bei etwa 10 % zum
Absetzen und kann vielleicht in Zukunft durch neue Aldosteronantagonisten (Eplerenon)
vermieden werden.
Betarezeptorenblocker
In den letzten zehn Jahren hat die Einführung der Betablocker in die Therapie der
Herzinsuffizienz einen enormen Fortschritt für die Prognose erbracht. Bereits in den
70er Jahren konnte gezeigt werden, dass die myokardiale Katecholaminrezeptorverarmung
durch Betablocker antagonisiert und damit eine verbesserte systolische Funktion erreicht
werden kann. Der klinische Benefit ist ebenfalls bereits 1980 gezeigt worden [19], allerdings wurde initial viel zu hoch dosiert. Erst zu Beginn der 90er Jahre lernte
man mit Betablockern bei der Herzinsuffizienz umzugehen. Basis des Erfolges ist die
initiale Euhydratation des Patienten und die vorsichtige, langsame Auftitration des
Betablockers über Wochen bis Monate. Der Effekt scheint dosisabhängig zu sein, so
dass - ebenso wie bei den ACE-Hemmern - die maximal tolerierte Dosis erreicht werden
sollte.
Inzwischen ist in mehreren großen Studien der prognostische Nutzen der Betablockertherapie
bei der Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II bis IV eindrucksvoll belegt [Tab. 7]. Im Stadium NYHA I sind lediglich hämodynamische Verbesserungen belegt. Neben der
Dosis scheint die Substanzwahl entscheidend für den Erfolg, da in einer Studie (BEST)
das Bucindolol, ein unselektiver Betablocker mit ISA (intrinsic sympathicomimetic
activity) die Prognose verschlechterte. Derzeit muss die Empfehlung gelten, nur die
in den großen Studien geprüften Substanzen Bisoprolol, Carvedilol und Metoprololsuccinat
bei der Herzinsuffizienz einzusetzen. Ob es eine Überlegenheit einzelner Substanzen
gibt, wird derzeit geprüft (COMET-Studie, Carvedilol vs. Metoprololtartrat). Auch
Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis profitierten von der Therapie, bei
Asthma bronchiale sind Betablocker allerdings kontraindiziert.
Nachlastsenker
Für die Kombination Dihydralazin/Isosorbitdinitrat auf dem Boden einer Diuretika-
und Digitalistherapie ist eine Verbesserung der Symptomatik und Letalität bei Herzinsuffizienz
belegt. Da diese aber deutlich schlechter ist als unter ACE-Hemmern [6], und da bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit mit den AT1-Blockern gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht, kann diese Kombination nicht
mehr empfohlen werden, zumal Dihydralazin einen Medikamentenlupus induzieren kann
und Langzeitnitrate im Verdacht stehen, über eine Förderung der Superoxidproduktion
im Endothel die Atheromatose zu begünstigen.
Für andere Nachlastsenker, zum Beispiel Alpha-1-Rezeptorblocker, ist bei der Herzinsuffizienz
kein Nutzen belegt.
Kalziumantagonisten
Verapamil, Gallopamil und Diltiazem wirken negativ inotrop und können eine Herzinsuffizienz
verschlechtern. Sie sind allenfalls bei Betablockerunverträglichkeit zur Behandlung
einer schnellen AV-Überleitung beim Vorhofflimmern indiziert. Die älteren Dihydropyridine
(z.B. Nifedipin) können unter Umständen die Prognose verschlechtern. Lediglich Amlodipin
und Felodipin führen nachweislich zwar nicht zu einer Besserung, aber auch nicht zu
einer Verschlechterung der Prognose der Herzinsuffizienz und können bei gegebener
Indikation (Bluthochdruck, Angina pectoris) eingesetzt werden [21].
Antiarrhythmika
Antiarrhythmika beeinflussen die Herzinsuffizienz nicht, können aber beim Vorhofflimmern
eingesetzt werden und die Inzidenz des plötzlichen Herztods reduzieren. Wegen proarrhythmogener
Potenz und schlechter Verträglichkeit bei Herzinsuffizienz sollten Klasse-I-Antiarrhythmika
und Sotalol vermieden werden. Amiodaron wirkt nicht negativ inotrop, besitzt die höchste
Potenz zur Konversion und Rezidivprophylaxe eines Vorhofflimmerns [12] und kann, insbesondere in Kombination mit Betablockern, bei höhergradigen ventrikulären
Rhythmusstörungen die Inzidenz des plötzlichen Herztods senken (EMIAT-, CAMIAT-Studien).
Hierin sind allerdings die implantierbaren Defibrillatoren überlegen. Kontraindikationen
und Nebenwirkungen des Amiodarons (Hypo-, Hyperthyreose, Lungenfibrose, Corneaeinlagerungen)
sind zu beachten.
Antikoagulantien
Bei Vorhofflimmern, großem Herzwandaneurysma und nach Kunstklappenimplantation besteht
eine klare Indikation zur oralen Antikoagulation, da hiermit die Inzidenz thromboembolischer
Komplikationen drastisch gesenkt werden kann. Bei Kontraindikationen können niedermolekulare
Heparine subcutan langfristig eingesetzt werden. Bei globaler schlechter linksventrikulärer
Funktion ist der prognostische Nutzen einer Antikoagulation nicht gesichert, zu erwägen
ist sie bei vorausgegangenen Thromboembolien, Nachweis intracavitärer Thromben und
sehr niedriger Ejektionsfraktion (EF < 25 %). Die Indikation zur Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern
besteht bei der ischämischen Herzerkrankung.
Phytopharmaka
Crataegus-Extrakt wirkt leicht vasodilatierend und positiv inotrop. Er konnte in klinischen
Studien bei systolischer Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II eine subjektive Beschwerdebesserung
erzielen [11]. Objektive Daten zur Prognose und Hämodynamik liegen nicht vor, sodass Crataegus
bei der symptomatischen Herzinsuffizienz nicht empfohlen werden kann.
Pharmaka, die vermieden werden sollten
Einige Pharmaka können eine Herzinsuffizienz ungünstig beeinflussen [Tab. 8], sodass sie gemieden werden sollten. Insbesondere die Kombination von ACE-Hemmern
und NSAR (nichtsteroidalen Antirheumatika) ist zu vermeiden, da die NSAR die ACE-Hemmer-bedingte
Dilatation des glomerulären Vas afferens aufheben und damit den glomerulären Filtrationsdruck
so weit senken können, dass ein akutes Nierenversagen die Folge ist (so genannte „chemische
Nephrektomie”).
Schrittmachertherapie
Ein- und Zweikammerschrittmacher können bei bradykarden Rhythmusstörungen indiziert
sein, bei erhaltenem Sinusrhythmus ist die AV-sequentielle Stimulation vorzuziehen,
da eine erhaltene Vorhof-Kammer-Synchronisation das Herzzeitvolumen um bis zu 20 %
steigern kann. Eine biventrikuläre Schrittmacherstimulation kann bei Patienten mit
Schenkelblock (QRS > 0,15 sec.) die Symptomatik verbessern, Daten zur Prognoseverbesserung
liegen noch nicht vor.
Operative Verfahren
Eine koronare Revaskularisation kann bei Nachweis vitalen, ischämischen (hibernating)
Myokards zur symptomatischen Verbesserung führen und die Prognose günstig beeinflussen.
Größere, kontrollierte Studien hierzu liegen allerdings nicht vor. Der prognostische
Nutzen einer Ventrikelresektion (Batista-Operation) bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz
ist nicht belegt. Diese Methode ist keine Alternative zur Herztransplantation bei
terminaler Insuffizienz, deren symptomatischer und prognostischer Nutzen klar belegt
ist.