Gesundheitswesen 2003; 65(8/09): 526-531
DOI: 10.1055/s-2003-42392
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unterstützungsbedarf gesundheitsbezogener Selbsthilfegruppen aus der Sicht der TeilnehmerInnen

Eine Studie zur Situation von Selbsthilfegruppen und -organisationen im Rahmen der Kommunalen Gesundheitskonferenz im Kreis Wesel (Nordrhein-Westfalen)The Self-help Groups’ Need for Support as Seen by the ParticipantsR. Rau1 , V. Grunow-Lutter2 , M. Geraedts3
  • 1Kreis Wesel, Fachbereich Gesundheitswesen
  • 2Akademie für öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf
  • 3Zusatzstudiengang Public Health, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
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Publication History

Publication Date:
23 September 2003 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Mit Inkrafttreten des § 20 (4) SGB V im Jahr 2001 hat der Gesetzgeber die finanzielle Förderung von Selbsthilfegruppen (SHG) in eine Soll-Bestimmung für die GKV überführt. Seit dem Gesetz zum Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG), das am 1.1.1998 in NRW in Kraft trat, haben die unteren Gesundheitsbehörden Kommunale Gesundheitskonferenzen (KGK) zur Koordinierung der medizinischen und sozialen Versorgung einzurichten. Die KGK im Kreis Wesel hat im Mai 1999 die „Koordinierung der gesundheitlichen Selbsthilfe” als erstes Schwerpunktthema einvernehmlich bestimmt. Hierzu wurde eine themenspezifische Arbeitsgruppe eingerichtet. Die in diesem Rahmen durchgeführte Studie zielte darauf, den Unterstützungs- und Entwicklungsbedarf gesundheitsbezogener SHG aus Sicht der Selbsthilfe zu erheben.

Material und Methoden: Schriftliche Befragung von 120 SHG im Kreis Wesel mit einem Rücklauf von 77 auswertbaren Bogen (Rücklaufquote 64 %).

Ergebnisse: Entwicklungsbedarf bestand vordringlich in einer Verbesserung der Kooperation mit dem professionellen Sektor, insbesondere mit niedergelassenen ÄrztInnen, wobei hier die Lücke zwischen realisierter und wünschenswerter Kooperation aus Sicht der SHG am weitesten klaffte.

Darüber hinaus bestand ein konkreter Unterstützungsbedarf aus Sicht der SHG im Kreis Wesel vordringlich in den Bereichen Fortbildung von Gruppenleitern (55 % der Nennungen), Unterstützung bei der Vermittlung von Experten (53 % der Nennungen), Unterstützung bei Öffentlichkeitsarbeit (52 % der Nennungen).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen quantifizieren und konkretisieren den Unterstützungsbedarf auf kommunaler Ebene aus Sicht der Selbsthilfe. Diese Ergebnisse liefern eine wichtige Grundlage für die ortsnahe Koordinierung und die kommunale Gesundheitspolitik.

Abstract

Background: Since § 20 (4) of the revised German Social Code Book V became effective in 2001, German statutory health insurances are obliged to support self-help groups (SHG) financially. Additionally, public health services in North Rhine-Westphalia have - according to the “Law for Public Health Services” to establish district health conferences (DHC) designed to coordinate medical and social care. The DHC of the district of Wesel (population ˜500,000) decided to choose the “coordination of health-related SHG” as their first topic. In this framework the aim of the study was to quantify the need for development and promotion of health-related SHG from the perspective of SHG.

Methods: Collection of primary data in 120 SHG in the district of Wesel by a questionnaire with a return of 77 analysable answers (Rate 64 %).

Results: From the perspective of SHG in the district of Wesel a need for assistance/promotion exists primarily in:

  • Training group leaders/chairmen (55 % of the entries),

  • Recruitment/placement of experts (53 % of the entries),

  • Public relation/“Advertisement” (52 % of the entries).

In the first place, a need for development is seen in an improvement of cooperation with the professional sector, especially with office-based physicians

Discussion/Conclusion: The results of this study quantify and specify SHGs’ need for support on district level from the perspective of SHG. These results can be used for local public health policy and health planning.

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Dr. Rüdiger Rau

Kreis Wesel, Fachbereich Gesundheitswesen

Mühlenstraße 9-11

47441 Moers

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