Einleitung
Einleitung
Glukokortikoide sind aufgrund ihrer exzellenten Wirksamkeit ein unverzichtbarer Pfeiler
im Armentarium der Therapie einer Vielzahl von Dermatosen [1]
[2]. Jedoch haben Nichtverständnis der Wirkungsweise und häufig nicht individuell an
die Dermatose angepasste Wahl des Therapieregimes zu einer „Kortikoidverdrossenheit“
geführt, die zusätzlich durch negative Berichterstattung in der Laienpresse verstärkt
wurde. Parallel dazu wurde jedoch durch die Entwicklung von Glukokortikoiden der 4.
Generation wie z. B. Prednicarbat, das Risiko unerwünschter Wirkungen minimiert.
Die Pharmakotherapie mit Glukokortikoiden erfolgt zum einen als Lokaltherapie, zum
anderen als systemische Therapie. Hierbei hat die Lokaltherapie ihren Hauptakzent
in der Dermatologie, daneben erfolgen topische Anwendungen am Auge, in den Luftwegen,
intraartikulär, intrathekal sowie als Instillation bei entzündlichen Erkrankungen
des Kolons.
Wirkmechanismen und Wirkungen von Glukokortikoiden
Wirkmechanismen und Wirkungen von Glukokortikoiden
Glukokortikoide entfalten ihre Wirkungen modular, d. h. dosisabhängig über genomische
und nicht genomische Mechanismen [3].
Genomische Wirkmechanismen
Am besten untersucht sind derzeit die genomischen Wirkungen. Hierbei binden Glukokortikoide
nach Diffusion durch die Zellmembran an ubiquitär exprimierte zytosolische Rezeptoren.
Der entstandene aktivierte Steroid-Rezeptor-Komplex bindet nach Translokation in den
Zellkern an „glucocorticoid-responsive elements“, welche die Hoch- oder Herabregulierung
bzw. Inhibition von Transkriptionsfaktoren, insbesondere „nuclear factor Kappa B“
(NFκ B) und „activating protein 1“ (AP1), Lipokortin I, dem Hemmstoff der Phospholipase
A2, sowie diverser proinflammatorischer Zytokine regulieren [4]. Die genomischen Wirkungen haben in allen Dosen therapeutische Relevanz und treten
ca. 30 min nach Applikation ein, das Wirkmaximum wird jedoch erst nach 6 - 8 Stunden
erreicht [5].
Spezifische nicht genomische Wirkmechanismen
In den letzten Jahren wurden für Kortikosteroide Effekte beschrieben, die wahrscheinlich
ab Dosen von 0,25 - 1 mg Prednisolon/KG/die innerhalb von 1 - 2 min nach Applikation
auftreten. Derartig schnelle Effekte sind mit den oben beschriebenen genomischen Wirkmechanismen
der Glukokortikoide nicht zu erklären und können auch nicht durch Inhibition der DNA-,
RNA- oder Proteinbiosynthese gebremst werden. Daher vermutet man membranständige Glukokortikoidrezeptoren,
wie sie bereits in Lymphomzellen nachgewiesen wurden, die die Wirksamkeit von Glukokortikoiden
im Rahmen von Chemotherapien, wie z. B. dem CHOP-Schema erklären können. Der rasche
Wirkeintritt ist am ehesten durch Wirkung auf Second-Messenger-Systeme in Lymphozyten
und glatten Muskelzellen zu erklären, wobei für diese Hypothese noch keine gesicherten
Daten vorliegen [5]
[6].
Nicht spezifische, nicht genomische Wirkungen
In hohen und ultrahohen Dosierungen von >1 mg/KG/die bzw. >1000 mg/die, treten Glukokortikoide
in physikochemische Wechselwirkung mit biologischen Membranen, wodurch die Membranfluidität
und der Ionenfluss entlang der Membranen vermindert sowie der Phospholipidstoffwechsel
beeinflusst wird. In der Folge kommt es zu einem intrazellulären Anstieg der Kalziumkonzentration,
die für die Aktivierung und für die Aufrechterhaltung des Aktivierungsstatus von Lymphozyten
essenziell ist. Diese In-vitro-Untersuchungen stützen die klinische Erfahrung, dass
nur ultrahochdosierte Glukokortikoide in akuten Phasen allergischer Reaktionen sowie
schwerer Verlaufsformen von Kollagenosen oder Vaskulitiden rasche Wirkungen zeigen
[5].
Wirkungen von Glukokortikoiden
Wirkungen von Glukokortikoiden
Antiinflammatorische Wirkung
Durch die zum Teil durch Inhibition von NFκ B und AP-1 mediierte „down regulation“
der proinflammatorischen Mediatoren IL-1, IL-6, IL-12, TNF-α und PAF, werden starke
antiinflammatorische Wirkungen erzielt [7]. Diese werden durch eine vermehrte Expression des „Phospholipase A2 inhibitory protein“,
dem Lipocortin I, verstärkt, was zur verminderten Bildung von Arachidonsäure-Produkten
führt [8].
Proliferationshemmung
Durch Hemmung der DNA-Synthese und der dermo-epidermalen Zellteilung ergibt sich der
antiproliferative Effekt der Glukokortikoide mit nachfolgender Hemmung der Protein-
und insbesondere der Kollagensynthese [9].
Vasokonstriktion
Die vasokonstriktorischen Mechanismen tragen vermutlich zur Entzündungshemmung bei,
z. B. über eine Hemmung der Effekte von Vasodilatatoren wie Histamin, Bradykinin und
Prostaglandine [10].
Hemmung der Migration von Immunzellen und Hemmung der Präsentation von MHC-Klasse-II-Molekülen
Sowohl die Migrationsfähigkeit und Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen auf der
Oberfläche von Langerhanszellen, als auch die Monozytenchemotaxis werden durch Glukokortikoide
gehemmt [11]
[12].
Wirkstärke von Glukokortikoiden
Die klassische Einteilung der topisch applizierten Glukokortikoide nach ihrer Wirkstärke
wird nach ihrem Einfluss auf Entzündung und Proliferation in Klasse I (schwach), Klasse
II (mittel), Klasse III (stark) und Klasse IV (sehr stark) vorgenommen (Tab. [1] u. [2]) [13]. Hierbei wird die Wirkstärke vor allem von der Bindungsstärke des Glukokortikoids
an den Glukokortikoidrezeptor bestimmt; jedoch hat auch die Grundlage einen wesentlichen
Einfluss, weil Löslichkeit, Konzentration und pH-Wert zu Interaktionen zwischen Vehikel,
Wirkstoff und Haut führen können. Demgegenüber korreliert die Wirkstärke intern applizierter
Glukokortikoide im „Low-dose“- bis Hochdosisbereich positiv mit der biologischen Halbwertszeit
(s. u.). Im Ultra-Hochdosisbereich mit Plasmakonzentrationen >10 - 4 Mol/l zeigen sich deutliche, von der klassischen Einteilung abweichende Wirkstärken
der Glukokortikoide. Diese Unterschiede sind in Abb. [1]
a u. b zusammengefasst und werden, wie oben beschrieben, durch unterschiedlich starke Interaktionen
der Glukokortikoide mit Lipidmembranen und potenziellen membrangebundenen Glukokortikoidrezeptoren
erklärt.
Tab. 1 Auswahl topischer Glukokortikoide (in %) [13]
Klasse I (schwach) |
Klasse II (mittel) |
Klasse III (stark) |
Klasse IV (sehr stark) |
Hydrokortison 0,25 - 1,0 Hydrokortisonacetat 0,25 - 1,0 Prednisolon 0,2 - 0,4 Clocortolonpivalat 0,025 Clocortolonpivalat 0,03 u. Clocortolon caproat 0,03 Triamcinolonacetonid 0,012 Dexamethason 0,025 |
Clobetasonbutyrat 0,05 Hydrokortisonaceponat 0,1 Hydrokortisonbuteprat 0,1 Dexamethason 0,1 Alclometasondipropionat 0,05 Flumethasonpivalat 0,02 Triamcinolonacetonid 0,1 Fluprednidenacetat 0,1 Clocortolonpivalat 0,1 und Clocortolon caproat 0,1 Hydrocortisonbutyrat 0,1 Betamethasonbenzoat 0,025 Fluocortolon 0,2 Desonid 0,05 - 0,1 Betamethasonvalerat 0,05 Methylprednisolonaceponat 0,1 Fluocinolonacetonid 0,01 Desoximethason 0,05 Prednicarbat 0,25
|
Mometasonfuroat 0,1 Betamethasonvalerat 0,1 Fluticasonpropionat 0,02 - 0,05 Halometason 0,05 Betamethasondipropionat 0,05 - 0,64 Fluocortolonpivalat 0,25 u. Fluocortoloncaproat 0,25 Diflorasondiacetat 0,05 Desoximethason 0,25 Fluocinonid 0,05 Amcinonid 0,1 Fluocinolonacetonid 0,01 - 0,025 Diflucortolonpentanoat 0,1 Diflucortolonvalerat 0,1 Halcinonid 0,1
|
Diflucortolonpentanoat 0,3 Clobetasolpropionat 0,05 %
|
Tab. 2 Steroid-Wirkprofil
Steroidklasse |
antiinflammatorisch |
antiproliferativ |
1. schwach |
+ |
- |
2. mittel |
++ |
+ |
3. stark |
+++ |
++ |
4. sehr stark |
++++ |
+++ |
Abb. 1 Relative Wirkstärken verschiedener Glukokortikoide in der Induktion genomischer Effekte
und nicht-genomischer Effekte: a Die Daten zu genomischen Effekten wurden von Goodman und Gilbert übernommen und stellen
Relativwerte zu Kortisol dar [46]. b Die Daten zu nicht-spezifischen nicht-genomischen Effekten stellen Relativwerte zu
Prednisolon dar. Der Wert für Prednisolon wurde mit 4 angesetzt, um einen direkten
Vergleich mit klassischen Wirkstärken zu ermöglichen [33].
Pharmakokinetik und Applikation
Voraussetzung für die Wirksamkeit glukokortikoidhaltiger Externa ist die Penetration
des Wirkstoffs in die Haut, die von folgenden Faktoren beeinflusst wird:
-
1. Hautzustand,
-
2. Grundlageneffekt,
-
3. Wirkstoff,
-
4. Hautalter.
Frequenz der Applikation topischer Glukokortikoide
Frequenz der Applikation topischer Glukokortikoide
Das Stratum corneum stellt eine Barriere dar, für deren Penetration Glukokortikoide
ca. Œ - 2 Stunden benötigen, wobei die erste Aufnahme des Wirkstoffs über die Adnexe
geschieht. Gleichzeitig bilden Glukokortikoide im Stratum corneum ein Reservoir, aus
dem sie kontinuierlich freigesetzt werden. Hieraus ergibt sich die Tatsache, dass
topische Glukokortikoide meist lediglich einmal täglich appliziert werden müssen,
wodurch auch die Compliance verbessert werden kann [14]. Dahingegen wurde bei dreimal täglicher Applikation Tachyphylaxie beobachtet, die
durch diskontinuierliche Therapie-Modalitäten verhindert werden kann [15]. Im Gegensatz dazu wurde für exazerbierte Verläufe der Psoriasis ein schnelleres
Abheilen bei Applikation von Halcinonid 0,1 % in 8-stündigen Intervallen beobachtet
[16]
[17]. Als weiteres Therapieregime wurde eine wöchentliche „externe Puls-Therapie“ mit
Glukokortikoiden der Wirkstärke IV bei pädiatrischen Patienten mit lymphomatoider
Papulose als wirksam und gut verträglich beschrieben [18].
Moderne topische Glukokortikoide
Moderne topische Glukokortikoide
Die Permeation der Haut mit nachfolgender Resorption und systemischer Wirkung sollte
möglichst gering gehalten werden. Hier erweisen sich moderne Substanzen mit einem
First-Pass-Effekt in der Haut als besonders nebenwirkungsarm. Insbesondere Hautatrophien
können durch Verwendung der neu entwickelten Substanzen Prednicarbat, Mometasonfuorat,
Fluticasonpropionat oder Hydrokortisonaceponat vermieden werden [19]. Dahingegen induziert das vor allem in der Asthmatherapie verwendete Budenosid relativ
häufig allergische Reaktionen, was auch in geringerem Maße für das hiermit kreuzreagierende
Methylprednisolonaceponat zutrifft [20].
Auswahl der Galenik
Auswahl der Galenik
Generell muss eine dem Stadium der Dermatose angepasste Galenik gewählt werden, um
einen optimalen Therapieerfolg zu gewährleisten. Das Ekzemphasendreieck nach Thoma
bietet hierzu einen anschaulichen Überblick (Abb. [2]). Die Wirkstoffpenetration hängt zudem stark vom eingesetzten Vehikel ab, d. h.,
von dessen Fähigkeit, Glukokortikoide freizusetzen.
Abb. 2 Ekzemphasendreieck nach Thoma [47]
Okklusion, mit erhöhter Hauthydratation, führt aufgrund der verbesserten Durchlässigkeit
des Stratum corneum zu einer Resorptionssteigerung um den Faktor 5 - 10 und empfiehlt
sich daher besonders für die palmoplantare Applikation [21]. Gleichfalls sind Zusätze wie Harnstoff und DMSO Penetrationsbeschleuniger [22]. Des Weiteren haben lipophile Glukokortikoide, wie z. B. in Position 17/21 verestertes
Prednisolon, ein besseres Hautpenetrationsvermögen [23].
Anwendungsempfehlungen
Anwendungsempfehlungen
Um eine optimale Glukokortikoidwirkung zu erzielen sollten 1 - 3 mg/cm2 appliziert werden, wobei das unterschiedliche Resorptionsverhalten verschiedener
Hautareale in Abhängigkeit der Dicke des Stratum corneum beachtet werden muss (Tab.
[3]) [22]. Daher sollte z. B. der Einsatz von externen Glukokortikoiden der Wirkstärke III
- IV im Gesicht, Intertrigines und Genitalbereich vermieden werden [24].
Tab. 3 Resorptionsverhalten von Hydrokortison auf unterschiedlichen Körperarealen [24]
Unterarm ventral |
1,0 |
Unterarm dorsal |
1,1 |
Fußsohle |
0,14 |
Fußknöchel lateral |
0,42 |
Handfläche |
0,83 |
Rücken |
1,7 |
Kopfhaut |
3,5 |
Achselhöhle |
3,6 |
Stirn |
6,0 |
Kieferwinkel |
13 |
Skrotum |
42 |
Einen weiteren wichtigen Faktor stellt das Hautalter dar. So ist bei Kindern im ersten
Lebensjahr die Barrierefunktion nicht voll entwickelt und im Alter muss eine atrophische
Epidermis sowie Vergrößerung der Epidermisoberfläche durch Faltenbildung beachtet
werden, was zur erhöhten Glukokortikoidaufnahme führt.
Weil schwache externe Glukokortikoide nahezu keine antiproliferative Wirkung entwickeln,
sind diese besonders für entzündliche akute Dermatosen geeignet, wohingegen für proliferative
Dermatosen oder chronisch lichenifizierte Ekzeme starke bis sehr starke Glukokortikoide
gewählt werden sollten (Tab. [4]).
Tab. 4 Indikationen für eine topische Steroidbehandlung (Auswahl)
Diagnose |
Wirkstärke |
Ekzeme im akuten Stadium |
I - II |
chronisch rhagadiforme Ekzeme |
III - IV |
Psoriasis vulgaris (entzündliche Formen) |
III - IV |
Lichen ruber (knotig, verrukös) |
III - IV |
Prurigopapeln (eingeschränkt) |
III - IV |
Mycosis fungoides (UICC Stadium Ia-IIb) |
III - IV |
Insektenstichreaktionen |
I - II |
Dermatitis solaris |
I - II |
Pityriasis lichenoides |
II - III |
Aufgrund der Proliferationskinetik der Epidermiszellen, die morgends ihre höchste
und abends die niedrigste Mitoserate aufweisen, empfiehlt sich die Applikation der
Glukokortikoide bei hyperproliferativen Dermatosen abends, bei entzündlichen Dermatosen
morgens, bzw. tagsüber [25].
Zur Erzielung eines optimalen Steroid-Effektes, sollten im Sinne einer Tandemtherapie, blande Basiszubereitungen im 12-stündigen Wechsel zur Glukokortikoidapplikation
eingesetzt werden. Hiermit wird, neben der pflegenden Wirkung, ein Schutzfilm auf
der Haut aufgebaut, der wesentlich dazu beiträgt, zuvor aufgetragene Glukokortikoide
im Stratum corneum festzuhalten. Hierzu sind die Grundlagen, die als Träger für das
Glukokortikoid eingesetzt werden, besonders geeignet. Für chronische Krankheitsbilder
empfiehlt sich neben der Tandemtherapie auch eine Intervalltherapie, bei der sich nach 1 - 5-tägigen Therapiestößen mit externem Glukokortikoid, ein
1 - 2-tägiges Intervall der Behandlung mit Basiszubereitungen anschließt.
Des Weiteren empfiehlt sich eine Stufentherapie, bei der nach initialer Therapie mit dem stärksten erforderlichen Glukokortikoid,
in Abhängigkeit der Dermatosenrückbildung, ein schrittweiser Übergang auf schwächere
Glukokortikoide erfolgen sollte.
Um Reboundphänomene zu verhindern, empfiehlt es sich, die topische Therapie ausschleichend
zu beenden. Dies kann durch Reduktion der Wirkstärke, durch Verringerung der täglichen
Applikationshäufigkeit bzw. Einschalten mehrtägiger glukokortikoid-freier Intervalle
geschehen [26]
[27]. Demgegenüber sollten handelsübliche Glukokortikoidzubereitungen nicht verdünnt
werden, da das Wirkprofil aufgrund der möglichen Entwicklung von Substanzinkompatibilitäten,
Löslichkeitsproblemen oder Freisetzungsverzögerungen Unsicherheiten aufweist und keine
Minimierung unerwünschter Wirkungen eintritt.
Zur Vermeidung von Nebenwirkungen und Tachyphylaxie sollten Glukokortikoide zeitlich
begrenzt, und insbesondere Wirkstoffe der Klassen III - IV nur 14 - 20 Tage bzw. intermittierend
eingesetzt werden [19].
Kombinationstherapien
Kombinationstherapien
In einer randomisierten, doppeltverblindeten Multizenterstudie wurde eine gleichstarke
antipsoriatische Wirkung von 50 µg/g Calcipotriol und Betamethasonvalerat 0,1 % nachgewiesen,
wobei unter der Betamethason-Therapie signifikant seltener Hautirritationen auftraten
[28]. In einer weiteren Studie wurde die höhere Wirksamkeit einer Kombinationstherapie
von 50 µg/g Calcipotriol und Betamethasonvalerat 0,1 % bei deutlich geringeren unerwünschten
Wirkungen gegenüber einer Calcipotriol-Monotherapie belegt [29]. Als weitere Kombinationstherapie, mit deutlich kürzerem Behandlungszeitraum bis
zum vollständigen Abheilen von Psoriasis-Plaques, wurde eine Hochdosis-Kurzzeittherapie
mit Dithranol und Clobetasol-17-Propionat beschrieben [30].
Externe Glukokortikoidtherapie als Alternative zur systemischen Applikation
Externe Glukokortikoidtherapie als Alternative zur systemischen Applikation
In einer Studie an 374 Patienten mit bullösem Pemphigoid wurden die Parameter Überleben,
Therapieeffizienz und Rezidivhäufigkeit bewertet. Hierbei fand sich eine niedrigere
Sterberate bei gleichzeitig kürzerem Krankenhausaufenthalt und selteneren Komplikationen
beim Einsatz von externem Clobetasol im Vergleich zu oral appliziertem Prednisolon.
Auch der Zeitraum bis zum Auftreten von Rezidiven war signifikant verlängert, wobei
die Unterschiede besonders deutlich bei Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf waren
[31]. Eine ähnliche Beobachtung wurde bei Patienten mit Polymyalgia rheumatica gemacht,
bei denen eine geringere Häufigkeit unerwünschter Wirkungen bei i. m. Applikation
von Methylprednisolon im Vergleich zur Standardtherapie mit oralem Prednisolon berichtet
wurde. Als Mechanismus wird eine verbesserte Steuerung der Freisetzung der Glukokortikoid-Dosis
über 24 Stunden, bei insgesamt steroidsparendem Effekt durch Applikationsformen mit
Glukokortikoid-Resorption diskutiert [32].
Systemische Kortikosteroidtherapie
Systemische Kortikosteroidtherapie
Eine Vielzahl dermatologischer Erkrankungen bedarf obligat der systemischen Glukokortikoidtherapie.
Hierzu sind insbesondere Autoimmunerkrankungen, allergische Erkrankungen sowie die
toxische epidermale Nekrolyse zu zählen. Weiterhin werden systemische Glukokortikoide
bei entzündlichen Dermatosen und schweren Ekzemformen mit Befall von mehr als 30 %
des Integuments, bei exanthematischem Lichen ruber, Erythrodermien und bei granulomatösen
Erkrankungen eingesetzt.
Die Verwendung der Glukokortikoide hat sich nach den allgemeinen Richtlinien der Pharmakodynamik
zu orientieren, um unerwünschte Reaktionen zu verhindern, vor allen Dingen im Hinblick
auf mögliche Wirkungen auf Natriumausscheidung, Wasserretention und Kaliumverlust.
Diese unerwünschte Mineralokortikoidaktivität konnte mit der Entwicklung von Prednison
bzw. Prednisolon deutlich verringert werden. Methylprednisolon, Triamcinolon, Dexamethason,
Betamethason und Fluocortolon stellen weitere Substanzen zur systemischen Therapie
dar, wobei sich Prednisolon als Standardtherapeutikum etabliert hat.
Dosierung interner Glukokortikoide
Dosierung interner Glukokortikoide
In einer Konsensus-Konferenz des Standing Comittee on International Clinical Studies
der European League against Rheumatism im April 2001 wurden Größenordnungen von <
7,5 mg/die Prednisolon als „low dose“, 7,5 - 30 mg/die als „medium dose“, 30 - 100
mg/die als „high dose“ sowie 100 - 250 mg/die als „very high dose“ definiert [33]. Puls-Therapien werden mit Dosen > 250 mg/die Prednisolon-Äquivalent an drei aufeinander
folgenden Tagen durchgeführt.
Wie oben beschrieben, gelten die klassischen Prednisolon-Äquivalenzen der Wirkstärke
von Glukokortikoiden nur für die genomischen Wirkungen und nicht für die nicht-genomischen
Wirkungen. Diese unterschiedlichen Äquivalenzen, die lediglich orientierenden Charakter
besitzen, wurden in Abb. [1] dargestellt und legen den Einsatz von Dexamethason und Methylprednisolon in der
Puls-Therapie nahe [5]
[34].
Pharmakokinetik und Applikation interner Glukokortikoide
Pharmakokinetik und Applikation interner Glukokortikoide
Glukokortikoide werden zu 90 % aus dem Darm resorbiert, die maximale Plasmakonzentration
ist nach ca. 1 - 2 Stunden erreicht, die optimale Wirkstoffpräsenz wird im Plasma
nach 30 - 60 Minuten erzielt [35]
[36]. Zur intravenösen Applikation werden veresterte Präparate benutzt. Sehr unterschiedlich
stellen sich die Plasmaeliminations-Halbwertszeiten (HWZ) dar, die mit der Wirkstärke
korrelieren. Die Plasmaeliminations-Halbwertszeit für das kurzwirksame Prednisolon
liegt bei 2 - 3 Stunden, die biologische Halbwertszeit zwischen 18 und 36 Stunden
[37]. Die Metabolisierung der Glukokortikoide erfolgt über die Leber, die Ausscheidung
der Metaboliten über den Harn. Es sei darauf hingewiesen, dass die Glukokortikoidwirkung
aufgrund der genomischen Effekte deutlich länger anhält, als Wirkstoff im Plasma nachzuweisen
ist. Eine Reihe verschiedener Einflüsse hat Wirkung auf die HWZ. Eine verkürzte HWZ
besteht morgens, bei älteren Menschen sowie Frauen, bei Hyperthyreose, bei gleichzeitiger
Einnahme von Barbituraten, Rifampizin, Phenytoin. Eine verlängerte HWZ wird bei Gravidität,
Östrogeneinnahme, Leberzirrhose und Myxödem gesehen [38].
Die systemische Glukokortikoidtherapie ist aufgrund der raschen und vollständigen
Resorption zumeist oral durchführbar. Hochakute, lebensbedrohliche Krankheitsbilder
sowie Störungen im Schluckapparat erfordern eine parenterale Glukokortikoidapplikation.
Die in Tab. [5] genannten Krankheitsbilder und Dosierempfehlungen bezogen auf Prednisolon, stellen
orientierende Größenordnungen dar, die jeweils einer individuellen Anpassung im Einzelfall
bedürfen [13].
Tab. 5 Empfehlungen zur systemischen Glukokortikoidtherapie
Dermatose |
Initialdosis |
Folgebehandlung tgl. |
Allergische Urtikaria |
20 - 60 mg |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
Alopecia areata totalis |
20 - 40 mg (ca. 3 Tage) (u. U. einmalige Pulstherapie 300 mg) |
5 - 10 mg ≥ 4 Wochen |
anaphylaktischer Schock |
Stadium I - II 250 mg i. v.; Stadium III 500 mg i. v. (eventuell mehrmals) |
|
Arzneimittelexantheme mit Allgemeinsymptomatik |
60 - 80 mg über wenige Tage |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
benignes Schleimhautpemphigoid |
40 - 120 mg, ca. 3 Wochen |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
bullöses Pemphigoid |
60 - 100 mg, gelegentlich deutlich höher, 1- 3 Wochen |
nach Symptomrückgang vorsichtige Reduzierung auf individuelle Erhaltungsdosis ca.
10 - 30 mg |
Cheilitis granulomatosa |
40 - 60 mg über 1 - 2 Wochen |
langsame Dosisreduktion über mehrere Wochen |
Dermatomyositis
|
80 - 100 mg, u. U. deutlich höher, zur Steroideinsparung Kombination mit Immunsuppressiva |
≥ 15 mg, ggf. über Jahre |
Ekzeme (Exazerbation, ≥ 30 % Hautbefall) |
40 - 60 - (80) mg wenige Tage |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
eosinophile Fasziitis |
60 mg |
langsame Reduktion auf 10 - 20 mg |
Erythema exsudativum multiforme |
60 - 100 mg/Tag über 1 - 3 Wochen |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
Erythema nodosum |
40 - 80 mg 1 - 2 Wochen |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
Erythrodermie |
80 - 120 mg 4 - 6 Wochen |
ca. 15 mg u. U. Monate |
Herpes gestationis |
10 - 40 mg |
bis Erscheinungsfreiheit |
Impetigo herpetiformis |
60 - 120 mg (Kombination mit AT 10) |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
Lichen ruber exanthematicus |
15 - 40 mg für ca. 3 Wochen |
ca. 10 mg über Wochen |
Lupus erythematodes (mit syst. Beteiligung) |
entsprechend der Aktivität 100 - 200 mg, evtl. aufgeteilte Tagesgaben (Kombination
mit Immunsuppressiva) |
über Monate 5 - 15 mg, Reduzierung nach Aktivität |
Lyell-Syndrom |
100 - 200 - (500) mg für 2 - 5 Tage |
|
Morbus Behçet |
60 mg
|
Reduzierung nach Verlauf Erhaltungsdosis 5 - 10 mg über Monate |
Mycosis fungoides Tumorstadium |
40 mg im Rahmen des COPP/MOPP-Schema |
jeweils 14 Tage |
Panarteriitis nodosa |
80 - 120 mg, Steroideinsparung mit Azathioprin |
langsame Reduktion auf 10 - 20 mg über Monate |
Pemphigus vulgaris
|
100 - u. U. 400 mg für mehrere Wochen |
langsame Dosisreduktion, ca. 15 - 30 mg (Erhaltung individuell austitrieren) |
Psoriasis pustulosa gen. |
40 - 80 mg |
ca. 4 Wochen |
Pyoderma gangraenosum |
60 - 80 mg |
ca. 5 mg, bis Abheilung |
Quincke-Ödem |
100 - 200 mg Prednisolon einmalig, u. U. wiederholt bei Schleimhautbeteiligung |
|
Relapsing-Polychondritis |
80 - 100 mg 2 - 3 Wochen |
20 - 30 mg über Wochen |
Sarkoidose mit Systembefall |
40 - 60 mg mehrere Monate |
ca. 20 mg über Wochen |
Sézary-Syndrom |
Prednisolon 20 - 40 mg, in Kombination mit Chlorambucil |
über Monate |
Status asthmaticus |
100 - 250 mg i. v. |
im 6-h-Intervall 50 - 100 mg i. v. für 2 Tage, anschließend Reduzierung nach Verlauf |
Sweet-Syndrom |
60 - 80 mg (1 - 2 Wochen) |
15 - 20 mg (2 - 6 Wochen) |
Vasculitis allergica |
20 - 80 mg |
Reduzierung u. Absetzen nach Verlauf |
Die Therapiedauer sollte vor allem bei akuten Zuständen nicht länger als 1 Woche dauern,
selten 2 Wochen überschreiten. Im Gegensatz dazu ist die Behandlung von z. B. Autoimmunerkrankungen
über einen Zeitraum von vielen Wochen bis Monaten anzusetzen. Die Wahl der Erhaltungsdosis
hängt gleichfalls vom Krankheitsbild ab und ist unter Umständen über Monate bis Jahre
erforderlich, wie z. B. beim systemischen Lupus erythematodes und Pemphigus vulgaris.
Durch die Kombination mit Zytostatika kann die Glukokortikoiddosis häufig verringert
werden.
Niedrige Erhaltungsdosen sollen dem zirkadianen Rhythmus angepasst werden, also Einnahme
der Gesamtmenge vor 8.00 Uhr morgens, damit der adrenale Regelkreis so gering wie
möglich belastet wird. Bei Therapie des meist sehr problematischen Asthma bronchiale
hat es sich als günstig erwiesen, morgens ⅔ und ⅓ der Tagesdosis am Nachmittag zu
verabreichen, wobei häufig die orale Medikation durch Inhalationen zu ersetzen ist.
Eine Aufteilung der Prednisolon-Dosis auf 2 Tagesgaben ist aufgrund der Eliminationskinetik
auch bei schwer zu beeinflussenden Immunopathien (Pemphigus, Pemphigoid, Dermatomyositis)
zu empfehlen. Hierdurch lässt sich die tägliche Gesamtsteroidmenge reduzieren. Eine
suffiziente Einmaltagesdosis mit oralen Steroiden ist aufgrund der größeren biologischen
Halbwertszeit z. B. mit Fluocortolon oder Methylprednisolon möglich.
Hochdosis-Steroid-Pulstherapie
Hochdosis-Steroid-Pulstherapie
Bei lebensbedrohlichen bzw. therapieresistenten Verläufen von Kollagenosen, Vaskulitiden,
Pemphigus vulgaris und weiteren entzündlichen Dermatosen können Glukokortikoide in
ultrahohen Dosen als Kurzinfusion in 2 - 6-wöchigen Intervallen zu dauerhaften Remissionen
führen. Zusätzlich kann eine Maximierung des Therapieerfolgs durch Kombination mit
alkylierenden Substanzen wie Cyclophosphamid, die auch in Kombination mit Glukokortikoiden
niedrigdosiert im Intervall appliziert werden können, erreicht werden. Einen Überblick
über die bisherigen Erfahrungen gibt Tab. [6], wobei anzumerken ist, dass es sich hierbei zum überwiegenden Teil um unkontrollierte
Studien mit geringen Fallzahlen oder Einzelfallberichte handelt [5].
Tab. 6 Hochdosis-Steroid-Pulstherapie dermatologischer Erkrankungen (Auswahl) [5]
Diagnose |
Glukokortikoid |
Dosierung |
Bemerkungen |
Pemphigus vulgaris |
Dexamethason |
100 mg, an 3 Tagen |
Komedikation: Cyclophosphamid 500 mg i. v. an Tag 1, 50 mg 1 × tgl. im Intervall |
Pyoderma gangraenosum |
Methylprednisolon |
1000 mg, an 3 - 5 Tagen |
ggf. Komedikation: Chlorambucil |
Dermatomyositis, juvenile |
Prednisolon |
600 mg an 3 Tagen |
|
Lichen ruber, exanthematisch |
Methylprednisolon |
1000 mg, an 3 Tagen |
|
Als unerwünschte Wirkungen der Pulstherapie wurden neben Exazerbationen bestehender
Vorerkrankungen wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, gastroduodenaler Ulzera
und Infektionen auch Elektrolytentgleisungen, Herzrhythmusstörungen, reversible Geschmacksstörungen,
Flush und vegetative Reaktionen beschrieben [5]. Daher sollten unter der Therapie tägliche Kontrollen der Elektrolyte, Glukose und
Blutbild sowie des Blutdrucks erfolgen. Als Soorprophylaxe können Antimykotika und
bei Hyperglykämie Alt-Insulin verabreicht werden.
I.m. Therapie
I.m. Therapie
Die intramuskuläre Applikation von wasserlöslichen Kortikosteroiden ist gleichfalls
mit sehr gutem Effekt möglich. Im Vergleich zur i. v. Applikation ist der Wirkungseintritt
nur wenig verzögert. Dagegen ist die i. m. Anwendung kristalliner Substanzen abzulehnen,
weil die Resorptionskinetik großen Schwankungen unterliegt und eine verlässliche Steuerbarkeit
nicht zulässt [39]. Zudem ist die Gefahr einer Lipatrophie durch Nachlaufen des Steroids in den Stichkanal
nicht auszuschließen.
Dosisreduktion
Dosisreduktion
Bei langdauernder hochdosierter Kortikosteroidtherapie ist die Dosisreduktion nur
in wöchentlichen Intervallen, immer unter Miteinbezug des klinischen Verlaufs, anzuraten,
um Exazerbation der Erkrankung, eine Nebennierenrindeninsuffizienz sowie ein Kortikosteroid-Entzugssyndrom
zu vermeiden. So bedarf es u. U. einer Dosiserhöhung bei schweren Begleitkrankheiten
oder Operationen.
Orientierende Absetzmodalitäten
Orientierende Absetzmodalitäten
Ein sofortiges Absetzen kann bei hoher und höchster Steroidtherapie, die für wenige
Tage gegeben wurde, erfolgen. Bei 1 - 2 Wochen dauernder hochdosierter i. v. Therapie,
sollte die Verlängerung der Injektionsintervalle auf 24 Stunden und eine letzte Injektion
morgens 8.00 Uhr erfolgen. Bei Behandlung über 3 - 4 Wochen und Dosen über 15 mg täglich
um 5 mg bis auf 15 mg reduzieren, ab 15 mg alle 2 - 3 Tage um 2,5 mg [40].
Bei einer über Monate, eventuell Jahre durchgeführten Langzeittherapie empfehlen sich
folgende Reduzierungsschritte:
-
über 30 mg Prednisolon/die Reduzierung um 10 mg alle 2 - 3 Tage, dann
-
bis 15 mg Reduzierung wöchentlich um 5 mg,
-
ab 15 mg Reduzierung alle 1 - 2 Wochen um 2,5 mg, dann
-
ab 10 mg/die alle 2 - 8 Wochen um 1 mg reduzieren [40].
Patientenüberwachung bei langfristiger Systemtherapie
Patientenüberwachung bei langfristiger Systemtherapie
Neben Kontrolluntersuchungen bezüglich der Grunderkrankung sollten 14-tägig Gewicht-,
Blutdruck-, Temperaturkontrolle, Erfragung möglicher Befindlichkeitsstörungen, Frage
nach zusätzlichen Medikamenten und die Diskussion einer möglichen Steroidreduktion
erfolgen. Darüber hinaus sind Œ-jährlich hämatologische Untersuchungen, Urinuntersuchung
(Kultur, Blutzucker), augenärztliche Kontrolle, sowie alle 6 Monate Knochendichtemessung,
Fettstoffwechselanalyse, kardiologische Untersuchung und ggf. Röntgen-Thorax indiziert
[40].
Steroidausweis
Steroidausweis
Patienten, die einer Langszeitsteroidtherapie bedürfen, sollten einen Kortisonausweis
ausgestellt bekommen und diesen stets bei sich führen.
Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen
Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen
Eine Übersicht über unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei interner und externer Glukokortikoidtherapie
geben Tab. [7] u. [8] [19]
[41]
[42].
Tab. 7 Unerwünschte Wirkungen topischer Glukokortikoide an der Haut
allergisches Kontaktekzem |
Atrophie |
Ekzema craquelé |
Elastose |
Exazerbation infektiöser Erkrankungen |
Fettgewebsatrophie |
Granuloma gluteale infantum |
Hypertrichose |
Hypopigmentierung |
Immunsuppression, lokal |
Katarakt |
Komedonen- und Milienbildung |
okuläre Hypertension |
rosaceaartige Dermatitis |
Pseudocicatrices stellaires |
Purpura |
Steroidakne |
Steroidrosazea |
Steroidulkus |
Striae |
Teleangiektasien |
Tab. 8 Unerwünschte Wirkungen bei systemischer Glukokortikoidtherapie
Alkalose, metabolische |
Amenorrhö |
Arthralgien |
Arthritiden |
Büffelnacken |
Kortisonentzugssyndrom |
Kortisonschäden am Auge |
Cushing-Syndrom, iatrogenes |
diabetogene Stoffwechsellage |
endogener Hypokortizismus |
exogener Hyperkortizismus |
hämatologische Veränderungen: Erhöhung der Erythrozytenzahl und Hb-Konzentration,
Thrombozytose |
Hyperphosphatämie |
Hypokaliämie |
Impotenz |
Immunsuppression |
intestinale Störungen (Kolonperforationen, Pankreatitis) |
kardiovaskuläre Veränderungen: arterielle Hypertonie, Arteriosklerose, positive Inotropie,
verbesserte Ansprechbarkeit kleiner Arterien auf Noradrenalin |
katabole Stoffwechsellage mit Lipolyse und negativer Stickstoffbilanz (Proteinabbau) |
Myopathie |
Natriumretention |
Osteonekrose |
Osteoporose |
Sehnenrupturen |
Stammfettsucht |
subaxiale Subluxation der Halswirbelsäule |
Suppression des adrenalen Regelkreises |
Wachstumshemmung |
Wasserretention |
Wundheilungsstörungen durch Inhibition der Kollagenbiosynthese |
Zentralnervensystem und Psyche: Senkung der Erregungsschwelle des ZNS, Stimmungsaufhellung
bis Euphorie, erhöhte motorische Aktivität, Unruhe, Schlafstörungen, Stimmungs- und
Antriebsschwankungen, Dysphorie, Psychosen |
Für die Hormonsubstitutionstherapie bestehen keine Kontraindikationen und für die
interne pharmakodynamische Glukokortikoid-Therapie bestehen bei vitalen Indikationen
nur relative Kontraindikationen (Tab. [9]), wohingegen für die externe Glukokortikoidtherapie klare Kontraindikationen bestehen
(Tab. [10]). Daher erfolgt die Therapieentscheidung zum Einsatz von externen Glukokortikoiden
nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Analyse.
Tab. 9 Relative Kontraindikationen interner Glukokortikoidtherapie
gastrointestinale Ulzera |
Infektionskrankheiten |
Impfungen mit Lebendimpfstoffen |
Myopathie |
Psychose, akute |
Osteoporose |
Schwangerschaft |
Stillzeit |
Tab. 10 Kontraindikationen einer lokalen Glukokortikoidtherapie
Dermatophytosen |
Epizoonosen |
Erysipel |
Hauttuberkulose |
Impetigo contagiosa |
Kandidosen |
periorale Dermatitis |
Rosazea |
syphilitische Erscheinungsbilder |
virusbedingte Hauterkrankungen |
Impfungen und spezifische Immuntherapie
Impfungen und spezifische Immuntherapie
Da bei Glukokortikoid-Dosen unter 10 mg keine wesentliche Hemmung der Immunreaktionen
auftritt, können im Niedrigdosisbereich Impfungen mit Totimpfstoffen erfolgen, bei
Verwendung von Lebendimpfstoffen sollte bei relativer Kontraindikation jedoch eine
sorgfältige Risiken-Nutzen-Abwägung erfolgen. Grippeschutzimpfungen werden sogar explizit
von der ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfohlen (Stand Juli 2002).
Analog zu Impfungen, können spezifische Immuntherapien unter niedrig dosierten Glukokortikoiden
(bis Prednisolon 10 mg/die) durchgeführt werden.
Glukokortikoide und gastrointestinale Ulzera
Glukokortikoide und gastrointestinale Ulzera
Neuere Untersuchungen zu stress-induzierten Erosionen der gastralen Mukosa zeigen
einen protektiven Einfluss endogener Glukokortikoide [43]. Diese Beobachtung steht im Einklang mit bereits 1976 und 1994 veröffentlichten
Metaanalysen von bis zu 93 Studien, in denen kein statistisch signifikant erhöhtes
Risiko zur Entstehung gastroduodenaler Ulzera (GI-Ulzera) unter interner Glukokortikoidtherapie
nachgewiesen werden konnte [44]. Dahingegen findet sich ein deutlich erhöhtes Risiko der Entstehung GI-Ulzera unter
der Therapie mit nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID). Dieses Risiko wird durch
eine Kombinationstherapie von NSAID mit Glukokortikoiden noch deutlich erhöht, wobei
die Induktion einer Erosion durch das NSAID mit nachfolgender Hemmung der Heilung
durch Glukokortikoide vermutet wird [44]. Hieraus lassen sich folgende Empfehlungen für die Praxis ableiten [45]:
-
Eine Ulkusprophylaxe mit Protonenpumpenhemmern oder H2-Blockern ist nur bei positiver
Ulkusanamnese oder gleichzeitiger bzw. kürzlich vorausgegangener NSAID-Therapie indiziert.
-
Patienten unter Glukokortikoid-Dauertherapie müssen regelmäßig auf die Entstehung
eines GI-Ulkus untersucht werden (Blutbild, Stuhl auf Blut, Gastroduodenoskopie).
-
Besteht ein GI-Ulkus vor Glukokortikoid-Therapie oder ist es unter der Therapie entstanden,
so ist die Glukokortikoid-Therapie nicht kontraindiziert, jedoch müssen engmaschige
klinische und gastroskopische Kontrollen erfolgen.