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DOI: 10.1055/s-2003-39528
Geschlechtsspezifische Aspekte der Abhängigkeit
Entwicklungsbedingungen und TherapiePublikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. Mai 2003 (online)

Abstract
Die psychischen Grundmechanismen, die eine Substanzabhängigkeit charakterisieren und bedingen, gelten bei Mann und Frau gleichermaßen. Dennoch gibt es essenzielle geschlechtsspezifische Differenzen in den auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren der Sucht. Bei beiden Geschlechtern wirken sich jeweils das Geschlechtsstereotyp überzeichnende, widersprüchliche und unerreichbare Rollenideale als suchtbegünstigend aus. Als heilsam haben sich eingeschlechtliche Gruppen, die auch im gemischtgeschlechtlichen Setting der Entwöhnungstherapie möglich sind, erwiesen. Hier können Männer unter möglichst geringem normativen Druck lernen, vermehrte Emotionalität zuzulassen, ihre Männerrolle wertfrei zu betrachten, sich gegenseitig zu akzeptieren und fürsorglich zu verhalten. Frauen lernen im Gruppenkontext, sich als vollwertig zu akzeptieren, sich zu unterstützen, zu klären, was für sie ein suchtmittelabstinent weiblicher Lebensentwurf sein könnte, wie viel Verfügbarkeit sie anderen über sich einräumen möchten und wo sie nein sagen wollen. Gemeinsame Ziele der geschlechtsspezifischen Gruppen sind letztendlich der Abbau von Überforderung und Fremdbestimmtheit sowie die Eroberung von mehr Freiheitsgraden im Verhalten, Fühlen und Denken als wirksamer Schutz gegen die Substanzabhängigkeit.
Keywords:
Geschlechtsspezifische Therapie, - Männergruppen, - Männerrolle, - männertypische Sozialisation, - frauenspezifische Therapie, - Frauengruppen, - weibliche Sozialisation, - Substanzabhängigkeit, - Selbstfürsorglichkeit
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Korrespondenzadressen
Dipl.-Psych. Peter Kagerer
Dr. Monika Vogelgesang
Psychosomatische Fachklinik Münchwies
Turmstraße 50-58
66540 Neunkirchen