Psychiatr Prax 2003; 30(3): 152-158
DOI: 10.1055/s-2003-38609
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stalking - Bedeutung für klinische Praxis und Rechtsprechung

Stalking - Relevance for Clinical Practice and JurisdictionMartin  Kamleiter1 , Gregor  Laakmann1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München
Further Information

Publication History

Publication Date:
14 April 2003 (online)

Preview

Zusammenfassung

Der Begriff „Stalking” bedeutet wörtlich „verfolgen, hinterherschleichen, sich anpirschen”. Im psychiatrischen Sprachgebrauch handelt es sich um einen syndromalen Begriff aus dem angloamerikanischen Sprachraum und bezeichnet pathologische Verhaltensweisen, die sich durch wiederholtes Verfolgen, Belästigen, Beobachten, Bedrohen oder Kontaktieren eines Opfers gegen dessen ausdrücklich erklärten Willen auszeichnen. Die unter Stalking subsumierten Verhaltensmuster sind schon seit langem Gegenstand psychiatrischer Untersuchungen, wobei sie beispielsweise als Belästigungssyndrom im Rahmen eines Liebeswahns betrachtet wurden. Zu einem derartigen Verhaltenssyndrom kann es im Rahmen einer Reihe psychiatrischer Störungen kommen. Diese Relevanz von Stalking als syndromale Entität wird anhand zweier charakteristischer Kasuistiken dargestellt, in denen Stalkingverhalten von psychiatrischen Patienten praktiziert wurde. Im ersten Fall handelt es sich um eine junge Patientin, die einen Mann, der ihren Annäherungsversuchen ablehnend gegenüberstand, über Jahre verfolgte und bedrohte. Der zweite Fall beschreibt einen Patienten, der nach der Trennung von seiner Partnerin begonnen hatte, diese zu verfolgen, zu bedrohen und tätlich anzugreifen. Diese Kasuistiken werden in Zusammenhang mit der bislang zum Thema Stalking erschienenen Literatur dargestellt und diskutiert. Ziel dieser Arbeit ist es auch, Stalking unter Berücksichtigung der neuen deutschen Gesetzgebung zu diskutieren und die Bedeutung von Stalking für die psychiatrische und forensische Praxis aufzuzeigen.

Abstract

The term „stalking” literally means „to follow, to pursue”. In a psychiatric context stalking describes a syndrome of pathological behavior, which is characterized by notorious following menacing, harassing and contacting a victim against its declared will. The patterns of behavior summarized as „stalking” have been the matter of interest for psychiatric research for a long time, e. g. as annoyance in the context of erotomania. This syndrome of stalking behavior can be associated with a variety of psychiatric disorders. The relevance of stalking as a syndromatic entity is illustrated by two cases of psychiatric inpatients who showed stalking behavior in their history. The first case describes a female patient following and harassing a man, who had turned down her attempts of starting a love affair. The second case describes a male patient, who had started to follow, harass and attack his partner after she had left him. These case reports are discussed in context with the literature existing on stalking behavior. A further objective of this paper is to discuss the new German harassment protection act in context with its implications on stalking behavior and the meaning of such behavior for psychiatric and forensic practice.

Literatur

Dr. med. Martin Kamleiter

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie · Ludwig-Maximilians-Universität München

Nußbaumstraße 7

80336 München

Email: martin.kamleiter@psy.med.uni-muenchen.de