Zahlreiche Erkrankungen gehen mit einer sich langsam entwickelnden Innenohrschwerhörigkeit
einher. Da diese aber oft schubweise auftreten, kann es auch bei diesen Patienten
zu einer akuten Innenohrverschlechterung kommen. Differentialdiagnostisch müssen als
Ursache einer plötzlichen Hörminderung unter anderem folgende Krankheitsbilder in
Betracht gezogen werden:
-
der Ohrschmalzpfropf (Cerumen),
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ein akuter Tubenmittelohr-katarrh,
-
Erkrankungen des Innenohres, wie z. B. „Hörsturz”,
-
Morbus Menière,
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Akustikusneurinom
-
Schalltrauma oder
-
psychogene Schwerhörigkeit.
Die mikroskopische Untersuchung des Ohres liefert typische Befunde bei Cerumen obturans
und Tubenmittelohrkatarrh. Hingegen ergibt sich beim Hörsturz und beim Morbus Menière
sowie beim akuten Schalltrauma ein völlig normaler otoskopischer Befund. Die Stimmgabelprüfung
nach Weber und Rinne hilft bei der Differenzierung zwischen Innenohrschädigung und
Schallleitungsschwerhörigkeit. Beim Stimmgabelversuch nach Weber wird eine angeschlagene
Stimmgabel auf die Stirnmitte aufgesetzt. Der Ton wird normalerweise in der Mitte
lokalisiert. Beim erkrankten Innenohr wird der Ton auf der gesunden Seite lauter gehört,
bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit wird er auf dem betroffenen, erkrankten Ohr
lauter wahrgenommen.
Beim Stimmgabelversuch nach Rinne wird die angeschlagene Stimmgabel hinter dem Ohr
auf dem Warzenfortsatz aufgesetzt. Wird der Ton der angeschlagenen Stimmgabel hinter
dem Ohr lauter und länger gehört als vor dem Ohr, so spricht dies für eine Schallleitungsschwerhörigkeit
auf dem betroffenen Ohr.
Cerumen
Cerumen
Cerumen im Gehörgang bleibt lange unbemerkt, solange noch ein kleiner Luftspalt offen
ist. Wird auch dieser verschlossen, entsteht eine beträchtliche Schallleitungsschwerhörigkeit.
Häufig geschieht dies durch Eindringen von Wasser, so dass die Schwerhörigkeit plötzlich
auftritt.
Die Otoskopie bringt die schwarzbraunen Massen des Cerumens zur Darstellung. Es kann
durch Spülung mit körperwarmem Wasser entfernt oder aber manuell unter optischer Kontrolle
mit geeigneten Instrumenten von Geübten extrahiert werden. Ist nicht klar, ob eine
Trommelfellperforation vorliegt, sollte die Ohrspülung unterbleiben und die instrumentelle
Entfernung durch den Facharzt erfolgen.
Akuter Tubenmittelohrkatarrh
Akuter Tubenmittelohrkatarrh
In Begleitung zu einem Infekt der oberen Luftwege entwickelt sich ein Tubenmittelohrkatarrh
meist innerhalb weniger Stunden. Er äußert sich durch Druck im Ohr, Ohrensausen, Schwerhörigkeit
und gelegentlich Schwindel. Mit der mikroskopischen Ohruntersuchung und der Stimmgabelprüfung
ergibt sich die Diagnose.
„Hörsturz”
„Hörsturz”
Aus völligem Wohlbefinden heraus schwindet plötzlich innerhalb kurzer Zeit das Hörvermögen
auf einem Ohr [Abb. 1]. Ohrensausen und Schwindelgefühle können den Hörverlust begleiten. Die ohrmikroskopische
Untersuchung erbringt einen Normalbefund. Die Stimmgabelprüfung nach Weber wird in
das gesunde Ohr lateralisiert, die Stimmgabelprüfung nach Rinne wird auf beiden Seiten
positiv angegeben. Bei einseitiger Taubheit kann sie auf das gesunde Ohr überhört
werden.
Therapeutisch sollte so früh wie möglich mit vasoaktiven Infusionen begonnen werden.
Diese werden in der Regel im Rahmen eines stationären Aufenthaltes über zehn Tage
nach dem sogenannten Stennert-Schema (Pentoxifyllin in aufsteigender Dosierung, Kortison
in absteigender Dosierung) verabreicht. Da eine plötzliche Hörminderung Erstsymptom
eines Akustikusneurinoms sein kann, muss eine diesbezügliche weitere Abklärung mit
Hörprüfungen, Ableitung der akustisch evozierten Hirnstammpotentiale und gegebenenfalls
Kernspintomographie erfolgen.
Morbus Menière
Morbus Menière
Der akute Menièreanfall ist durch das charakteristische Auftreten von Drehschwindel,
einseitiger Hörstörung mit Tinnitus, Übelkeit und Erbrechen gekennzeichnet. Die Untersuchung
mit der Frenzelbrille zeigt einen Nystagmus. Im Vordergrund stehen Schwindel und Übelkeit.
Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind unter anderem: Die Neuropathie des N. vestibularis
und neurologische Krankheitsbilder wie z.B. eine Hirnstammischämie.
Therapeutisch wird im akuten Anfall Vomex A® Supp. nach Bedarf appliziert, Glukokortikoide
in absteigender Dosierung und Pentoxifyllin in aufsteigender Dosierung wie beim „Hörsturz”.
Abb. 1