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DOI: 10.1055/s-2002-36180
Umstellung von hochdosiertem Methadon (Methadon Racemat®) auf Buprenorphin (Subutex®) im Rahmen ambulanter Opiatsubstitution
Switch from High Dose Methadone (Racemic Methadone) to Buprenorphine (Subutex®) within Out-patient Opiate Substitution TreatmentLtd. OÄ Dr. Yvonne Riemer
MMag. DDr. Salvatore Giacomuzzi
Univ.-Klinik für Psychiatrie, Ambulanz für
Abhängigkeitserkrankungen
Anichstr. 35
6020 Innsbruck, Österreich
Email: drogenambulanz@uibk.ac.at
Publication History
Publication Date:
19 December 2002 (online)
Zusammenfassung
Die Literatur empfiehlt die Umstellung auf Buprenorphin bei einer stabilen Methadondosis von 30-40 mg/d. Diskutiert wird auch die Umstellung bei höherer Methadondosis auf Buprenorphin. Zurzeit existieren wenige Mitteilungen aus der Praxis zur Hochdosisumstellung. Im Folgenden wird ein Fallbeispiel geschildert, welches das Vorgehen bei Umstellung von hochdosierten Methadonpatienten (80 mg/d) auf Buprenorphin beschreibt.
Abstract
Current literature recommends the conversion to buprenorphine in patients treated with a stable methadone dose of 30-40 mg/d. However, few reports on buprenorphine conversion in patients under high-dose methadone exist. The following case example describes the procedure for conversion of high-dose methadone (80 mg/d) to buprenorphine.
Kasuistik
Buprenorphin wurde zu Beginn des Jahres 2001 in Deutschland zur Substitution zugelassen und stellt eine Alternative zu dem konventionellen Standard der Substitutionstherapie mit Methadon dar [6]. In Österreich erfolgte eine frühere Zulassung für Buprenorphin zur Substitution von opiatabhängigen Patienten im Herbst 1999. Seit dieser Zeit wurden an der Innsbrucker Universitätsklinik rund 25 % aller Patienten (insgesamt ca. 670 Patienten; davon 447 regelmäßige Substitutionsklienten) auf Subutex® zur Behandlung umgestellt.
Buprenorphin verfügt über einen anderen pharmakologischen Wirkmechanismus als reine Opiate und hat damit auch ein unterschiedliches Wirkprofil [3 5] [7] [8]. Verschiedene Studien belegen, dass Buprenorphin einen geringeren Grad an physischer Abhängigkeit erzeugt als etwa volle µ-Agonisten (Morphin) und auch aufklärende und antidepressive Eigenschaften besitzt [9]. Darüber hinaus zeigt Buprenorphin günstige Eigenschaften in der Schwangerschaft opiatabhängiger Frauen [2] [10].
Die Umstellung von Methadon auf Buprenorphin ist bei Patienten, die eine zukünftige Abdosierung wünschen, auch in Bezug auf die oben angeführten Eigenschaften und die geringere Entzugssymptomatik, sinnvoll [15]. Empirische Studien, die differenziertere Indikationen nach Dauer und Schweregrad der Suchterkrankungen ermöglichen, liegen bis dato jedoch nicht vor.
Konsensustexte empfehlen die Umstellung auf Buprenorphin bei einer stabilen Methadondosis von 30-40 mg/d, diskutieren aber auch die Möglichkeit, in ausgewählten Einzelfällen, bei höherer Dosis umzustellen [15]. In dem genannten Dosisbereich von 30-40 mg/d ist eine Umstellung ohne größere Probleme möglich [13]. Derzeit existieren jedoch wenige Mitteilungen aus der Praxis zur Umstellung von hochdosierten Methadonpatienten auf Buprenorphin [1] [11].
Im Folgenden wird ein Fallbeispiel geschildert, welches das Vorgehen an unserer ambulanten Einrichtung bei Umstellung von hochdosierten Methadonpatienten (80 mg/d) auf Buprenorphin beschreibt.
Fallbeispiel
Der beschriebene Patient ist derzeit 23 Jahre alt und im Oktober 2001 an unserer Ambulanz erschienen. Er ist HIV negativ und Hepatitis-C positiv. Die Drogenkarriere begann mit 18 Jahren unter anderem mit Benzodiazepinkonsum und gelegentlich Heroin i. v.
Zum Aufnahmezeitpunkt konsumierte der Patient seit drei Monaten täglich Compensan und ret. Morphin i. v. Hinzu kam, dass der Patient eine Haftstrafe von anderthalb Monaten wegen Drogenbesitz offen hatte. Von sich berichtete der Patient damals, dass er noch an keinem Substitutionsprogramm teilgenommen hatte.
Der Patient begann ein Substitutionsprogramm an unserer Klinik mit 6 mg Subutex®. Nach vier Tagen berichtete er, dass die im Weiteren erhöhte Dosis von 8 mg Subutex® ausreiche. Daraufhin wurde ihm ein Suchtgiftrezept von 8 mg Subutex® ausgestellt.
Sechs Monate später wollte der Patient auf Methadon umgestellt werden, da er Subutex® nicht mehr „vertrage” und er einen regelmäßigen Beikonsum von Compensan, Codein und Morphin angab. Die Methadondosis nach der Umstellung betrug 70 mg Methadon. Nach einer weiteren Woche wurde die Dosis auf 80 mg Methadon erhöht.
Am darauf folgenden Wochenende präsentierte sich der Patient nicht mehr zur Substitutionsabgabe an der Klinikeinrichtung und verlangte zu Wochenbeginn wieder auf Subutex® umgestellt zu werden.
Da der Patient schon den dritten Tag ohne Substitutionsabgabe war, wurden an ihn 16 mg Subutex® verabreicht. Am darauf folgenden Tag berichtete der Patient, dass die Dosis zu wenig sei und so wurde er auf 20 mg Subutex® erhöht und weitere 4 mg wurden ihm als Reserve mitgegeben.
In den ersten drei Tagen zeigten sich bei ihm starke Unruhe und Hitze-Kälte-Gefühle. Auf der Wang-Entzugsskala [14] zeigte der Patient nach dem ersten Tag der Umstellung einen Score von 16 (Scorewert für leichte Entzugssymptomatik 11 - 20; marginale Entzugssymptomatik 5 - 10; 0 - 4 nicht vorhanden). Nach einem weiteren Tag klangen die Symptomatiken auf einen Scorewert von 9 ab. Am vierten Tag nach der Umstellung konnte ein Scorewert von 4 auf der Wang-Entzugsskala festgestellt werden (Abb.1). Im weiteren Verlauf besserte sich der gesamte psychische und körperliche Allgemeinzustand. Der Patient blieb in der Folge auf einer Dosis von 20 mg Subutex® und ist seit nunmehr zwei Monaten stabil. Im Folgenden wurde dem Patienten ein Suchtgiftdauerrezept ausgestellt.

Abb. 1 Scorewerte auf der Wang-Entzugsskala ein bis vier Tage nach Substitutionsbeginn
Schlussfolgerungen
Die Behandlung mit Subutex® weist eine gleichwertige Wirkungsweise wie die Methadonbehandlung auf [7] [12] [3]. Unsere prinzipiellen Erfahrungen mit Subutex® sind positiv.
Die Umstellung von hochdosiertem Methadon auf Subutex® kann, wie in der vorliegenden Kasuistik dargestellt, auch unter schwierigen Umständen durchgeführt werden. Bei der Einstellung von hochdosiertem Methadon auf Subutex® ist eine relativ hohe Einstiegsdosis empfehlenswert. Eine rasche Aufdosierung, um das Auftreten von Entzugserscheinungen weitgehend zu verhindern, ist im Weiteren anzustreben. Nach Erreichen einer zu akzeptierenden Stabilisationsphase können Dosisreduktionen, individuell vom Einzelfall abhängig, nachfolgend angedacht werden.
Substitutionsänderungen von 70-80 mg Methadon auf Subutex® können auch in der ambulanten Arbeit umgesetzt werden, vorausgesetzt, Erreichbarkeit des Arztes und Mitarbeit des Klienten sind in ausreichendem Maße gegeben.
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Abb. 1 Scorewerte auf der Wang-Entzugsskala ein bis vier Tage nach Substitutionsbeginn