Z Gastroenterol 2002; 40(S2): 5-8
DOI: 10.1055/s-2002-35907
Supplement
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Barrett-Metaplasie: Wie gefährlich ist sie wirklich?

M. Stolte1 , M. Vieth2
  • 1Institut für Pathologie, Klinikum Bayreuth
  • 2Institut für Pathologie, Universität Magdeburg
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Publication Date:
04 December 2002 (online)

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Lange Zeit sind wir von der 10 %-Regel ausgegangen: 10 % der Patienten mit Refluxösophagitis entwickeln eine Barrett-Metaplasie und 10 % dieser Barrett-Patienten entwickeln ein Adenokarzinom [1]. In vielen Studien ist die Inzidenz des Barrettkarzinoms aber sehr unterschiedlich beurteilt worden. Im Long-Segment-Barrett-Ösophagus wurde die Karzinominzidenz im Durchschnitt mit 1 : 76 Patientenjahre berechnet [2], allerdings mit einer Spannweite von 1 : 46 bis 1 : 441 Patienten­jahre [3 8].

In einer Metaanalayse haben Shaheen et al. [9] gezeigt, dass das Karzinomrisiko bei Patienten mit Barrett-Ösophagus möglicherweise aufgrund eines Publikationsbias überschätzt worden ist. Dieses Bias entsteht nach Meinung der Autoren durch die selektive Publikation von Studien, die positive Ergebnisse gezeigt haben. Die Auswertung von 25 Studien ergab, dass die jährliche Karzinominzidenz in diesen Studien zwischen 0,2 % und 2,9 % schwankt. Die Autoren fanden eine inverse Relation des Karzinomrisikos und der Zahl der in diesen Studien untersuchten Patienten. Sie vermuten deshalb, dass die Annahme einer Karzinom­inzidenz von 0,5 % / Jahr realistisch sei.

In einem Leserbrief zu dieser Arbeit von Shaheen et al. haben dann aber Jankowski et al. [10] darauf hingewiesen, dass die Annahme eines Publikationsbias nicht für Großbritannien gilt. In einer Metaanalyse der acht Publikationen aus Großbritannien zeigte sich nämlich eine Inzidenz der Barrettkarzinome von 0,48 bis 1,79 % / Jahr, durchschnittlich 0,98 % / Jahr.

Das Risiko der Entwicklung im Barrett-Ösophagus beträgt danach in Großbritannien ca. 0,98 % / Jahr.

Offensichtlich bestehen also regionale Unterschiede in der Prävalenz und Inzidenz des Karzinoms. Für Deutschland sind u. W. noch keine Daten zu dieser Problematik publiziert worden. Die Daten aus unserem, seit 1990 geführten Barrett-Register sprechen zunächst dafür, dass die 10 %-Regel für Deutschland richtig zu sein scheint, denn unter 6250 Barrett-Patienten fanden wir eine Prävalenz von 9,9 % Barrett-Karzinomen.

Dies bestätigt sich in unserer 5-Jahres-Follow-up-Studie der in den Jahren 1990 bis 1995 diagnostizierten 561 Barrett-Patienten. In diesem Kollektiv fanden wir 8,5 % Barrettkarzinome, 6,9 % bei Short-Segment-Barrett-Ösophagus und 9,8 % beim Long-segment-Barrett-Ösophagus. Allerdings wurden 75 % dieser Karzinome nicht im Follow-up, sondern schon bei der Erstuntersuchung diagnostiziert.

Literatur

Prof. Dr. M. Stolte

Institut für Pathologie, Klinikum Bayreuth

Preuschwitzer Straße 101

95445 Bayreuth