Klin Monbl Augenheilkd 2002; 219(10): 701-702
DOI: 10.1055/s-2002-35692
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Tonometerstandardisierung und Tonometereichung

Zur Bedeutung der Prüfeinrichtungen für die Präzision der klinischen Tonometrie (Editorial zu: „Normale für die messtechnischen Kontrollen von Augentonometern - Vergleichsmessungen an 50 Prüfeinrichtungen”)Standardization and Calibration of TonometersThe Importance of Testing Stations for the Precision of Clinical TonometryJörg  Draeger1
  • 1Universitätsaugenklinik Hamburg
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Publication Date:
22 November 2002 (online)

Als erste Voraussetzung für den sinnvollen Gebrauch eines Tonometers ist, seine mechanische und funktionelle Zuverlässigkeit zu fordern [4]. Mit der Einführung der instrumentellen Tonometrie entstand deshalb zugleich auch das Problem der Eichung und Standardisierung der Tonometer [3]. Schon 1868 [2] wurde jedem Gerät ein Eichnormal für die Federspannung mitgegeben: Ein 15-g-Gewicht wurde zusätzlich auf den Druckstab geschraubt. Das Tonometer musste danach auf der Skala 20 g anzeigen, da der eigene Druckstab selbst 5 g wog. Schiötz [11] [12] war dann der Erste, der ein reguläres Kalibrationsverfahren für sein schon in größeren Serien hergestelltes Tonometer entwickelte und jeweils nach erfolgreicher Prüfung auch ein Eignungszertifikat ausstellte. Schwierigkeiten traten dann auf, als verschiedene Länder herstellerunabhängig voneinander derartige Geräte herstellten und in den Handel brachten. Internationale Normvorschriften bestanden damals ja noch nicht. Comberg [1] bot dann als Erster einfache Lehren an, mit denen auch Tonometer verschiedener Hersteller hinsichtlich der Genauigkeit ihrer Anzeige miteinander verglichen werden konnten. Die Combergsche Prüfstation ist in ihren wesentlichen Bestandteilen noch heute Vorbild für die inzwischen eingeführten, staatlich überwachten Prüfstationen. Comberg forderte deshalb 1929 auf dem Internationalen Ophthalmologenkongress in Amsterdam die Schaffung eines Tonometerausschusses. Aber erst nach dem Krieg wird zunächst in den USA das Committee for Standardization of Tonometers gebildet. Die dort zunächst erhobenen Vergleichswerte der Prüfstationen in Chicago, New York und San Francisco führen zu einem vernichtenden Ergebnis: 9,38 % aller amerikanischen Tonometer entsprechen auch nur in etwa den noch recht großzügigen Eichnormen!

In den USA ist es vor allem Friedenwald [7], der sich dieser Frage annimmt, in Europa entwickeln Goldmann [8] [9] ein zweckmäßiges und handliches Instrumentarium zur Tonometerprüfung. Komplizierter wird das Problem natürlich dann vor allem durch die Einführung völlig neuartiger Messsysteme, wie zunächst der Applanationstonometrie (Goldmann 1954), später der elektronischen Impressionstonometer nach Mackay und Marg, vor allem aber den Non-Contact-Tonometern, die ohne direkte mechanische Berührung der Hornhaut arbeiten sowie weiterer mechanisch und funktionell abweichender Verfahren, die aber z. T. dann nicht zur Serienherstellung klinischer Tonometer führen.

Während die Eichung der Applanationstonometer, insbesondere nach dem Goldmannschen Prinzip und ihre Bauartzulassung noch verhältnismäßig einfach war - es muss im Wesentlichen die Präzision der Messung des Applanationskreises und die dafür erforderliche Federkraft überprüft werden - wirft die Standardisierung und Eichung von Non-Contact-Tonometern schwierigere Fragen auf [5], vor allem ist es die Intensität, aber auch die Homogenität des erzeugten Luftstrahls, der zur Abplattung eines bestimmten Hornhautareals führen soll. Zum anderen aber ist es die geometrisch präzise Ausmessung dieses Hornhautareals, das eben im Gegensatz zur Berührung mit Applanationskörpern keine definierten scharfen Kanten aufweist, dessen reflektierende Oberfläche von der ganz unterschiedlichen Benetzung, auch von der Epithelbeschaffenheit, abhängig ist. Insbesondere bei höheren intraokularen Druckern kommt es hier zu einer exponentiellen Zunahme der Fehlerbreite des Messwertes [6].

Die Autoren der jetzt vorgelegten Arbeit unterziehen sich nun der sehr wichtigen, aber besonders schwierigen Aufgabe, eben nicht die Tonometer hinsichtlich ihrer Genauigkeit zu überprüfen, sondern Normale aufzustellen anhand von Vergleichsmessungen an 50 Prüfeinrichtungen für Tonometer. Es handelt sich dabei um Prüfeinrichtungen für konventionelle Impressionstonometer nach Schiötz sowie um Prüfeinrichtungen für Applanationstonometer nach dem Goldmannschen Prinzip sowie um Prüfeinrichtungen für Luftimpulstonometer. Das erfreuliche Fazit dieser außerordentlich eingehenden und gründlichen Studie ist nun, dass sowohl bei den fabrikneuen Geräten vom Impressions- und Applanationstyp wie bei den älteren Tonometern nach dem Luftimpulsprinzip bis auf eine Ausnahme alle Prüfeinrichtungen Ergebnisse innerhalb der Normwertvorgaben lieferten!

Dazu ist zu sagen, dass zunächst die von der PTB - in Abstimmung mit der Tonometerkommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft - vorgegebenen Eichwerte für Tonometer in das Normenwerk der DIN übernommen wurden, dass in den letzten Jahren eine internationale Abstimmung zunächst im Rahmen des Europäischen Normwerkes CEN, mittlerweile im Rahmen der internationalen Standardorganisation auch für die ISO-Normen stattgefunden hat. Hier wäre nun allerdings als Einziges zu bemerken, zu beanstanden, dass die dort vorgelegten und schließlich von den zuständigen Kommissionen beschlossenen Grenzwerte für die zulässigen Abweichungen geprüfter Tonometer z. T. weit außerhalb der Vorgaben der seinerzeitigen PTB-Normen liegen.

Hier für bessere Übersichtlichkeit für internationale Abstimmung mit dem Ziel einer Verbesserung der geforderten Tonometerqualität zu sorgen, ist eine wichtige Aufgabe der internationalen Fachgesellschaften.

Literatur

  • 1 Comberg W. Demonstration einer Vorrichtung zur Nachprüfung des Schiötz-Tonometers.  Ber Dtsch Ophthal Ges. 1922;  43 303 f
  • 2 Dor H. Über Ophthalmotonometrie.  Graefes Arch Ophthal. 1868;  14 13-36
  • 3 Draeger J. Die Zuverlässigkeit der physikalischen Tonometer-Prüfung.  Ophthalmologie. 1974;  141 370-377
  • 4 Draeger J. Zur klinischen Bedeutung der Eichung von Applanationstonometern.  Ber Dtsch Ophthal Ges. 1968;  68 345-350
  • 5 Draeger J, Jessen K, Haselmann G. Klinische und experimentelle Untersuchungen mit dem Non-Contact-Tonometer.  Klin Mbl Augenheilk. 1975;  165 27-34
  • 6 Draeger J, Jessen K. Erfahrungen mit neuen Tonometern und Überlegungen zur Standardisierung. Glaukom-Symposion, Würzburg. Stuttgart; Ferdinand-Enke-Verlag 1974: 183-203
  • 7 Friedenwald J S. Tonometer Certification. In: Standardization of Tonometers. Decennial Report by the Committee on Standardization of Tonometers. Chicago; American Acad. of Ophthalm. and Otolaryngology 1954: 26-32
  • 8 Goldmann H. Note sur les stations européenne de controle des tonomètres de Schiötz.  Bull Soc Belge Ophthal. 1958;  117, Suppl 1-3
  • 9 Goldmann H, Schmidt T. Zur Prüfung und Standardisierung von Schiötz-Tonometern.  Klin Mbl Augenheilk. 1955;  127 12-24
  • 10 Kronfeld P C. The Present Status of the Calibration of Schiötz-Tonometers.  Docum Ophthal Vol. 1958;  XIII 157-190
  • 11 Schiötz H J. Tonometrie.  Arch Augenheilk. 1909;  62 317-339
  • 12 Schiötz H J. Tonometrie. Fresh Corrected Graphs.  Brit J Ophthal. 1925;  9 145-153

J. Draeger

Universitätsaugenklinik

Martinistraße 52

20246 Hamburg

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