intensiv 2002; 10(6): 289-290
DOI: 10.1055/s-2002-35445
Recht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Abbruch der künstlichen Ernährung kann vormundschaftsgerichtlich nur dann genehmigt werden, wenn der Wille des Betroffenen eindeutig feststellbar ist[*]

Werner Schell
  • 1Neuss
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 November 2002 (online)

Der Fall

Eine 95-jährige Frau, die in einem Pflegeheim lebt und seit langem bettlägerig ist, war vom 20.1.-8.2.2000 wegen einer senilen Demenz mit Ess- und Trinkstörungen zur stationären Behandlung im Krankenhaus. Mit Beschluss vom 25.1.2000 genehmigte das Amtsgericht (AG) zur Sicherstellung der Ernährung der Frau, eine Magensonde zu legen. Seitdem werden ihr über die Sonde Nahrung und Flüssigkeit zugeführt. Durch Beschluss vom 10.2.2000 ist ein Betreuer u. a. mit dem Aufgabenbereich Gesundheitsfürsorge bestellt worden. Der Betreuer hat beantragt, den Behandlungs- und Ernährungsabbruch vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen. Dem ist der gerichtlich ernannte Verfahrenspfleger entgegengetreten. Er hat u. a. ausgeführt, hierfür gebe es keine gesetzliche Grundlage. Durch Beschluss vom 15.9.2000 hat das AG den Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betreuers hat das zuständige Landgericht (LG) zurückgewiesen, weil sich ein mutmaßlicher Wille der Frau im Sinne eines Abbruchs der intensivmedizinischen Behandlung und der künstlichen Ernährung nicht feststellen lasse. Gegen diese Entscheidung des LG hat der Betreuer erfolglos weitere Beschwerde erhoben.

1 Die Entscheidungsgrundsätze in Kurzform: Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Abbruchs der künstlichen Ernährung kommt, wenn überhaupt, in Betracht, wenn der Wille des nicht bewusstlosen Betroffenen eindeutig feststellbar ist. Eine solche Feststellung ist allenfalls möglich, wenn der Wille in jüngerer Zeit geäußert worden ist, beispielsweise durch eine unmissverständliche Patientenverfügung oder durch ernst zu nehmende wiederholte Äußerungen gegenüber Vertrauenspersonen.

1 Die Entscheidungsgrundsätze in Kurzform: Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Abbruchs der künstlichen Ernährung kommt, wenn überhaupt, in Betracht, wenn der Wille des nicht bewusstlosen Betroffenen eindeutig feststellbar ist. Eine solche Feststellung ist allenfalls möglich, wenn der Wille in jüngerer Zeit geäußert worden ist, beispielsweise durch eine unmissverständliche Patientenverfügung oder durch ernst zu nehmende wiederholte Äußerungen gegenüber Vertrauenspersonen.

2 Quelle: Mitteilung des Vorsitzenden Richters am OLG H. Scholz, Düsseldorf (FamRZ 22/2001); NJW 2001: 2807f.

Werner Schell Dozent/Dipl.-Verwaltungswirt

Harffer Straße 59

41469 Neuss

URL: http://www.wernerschell.de

URL: http://www.pflegerechtportal.de

    >