Zusammenfassung
In der klinischen und experimentellen Audiometrie werden häufig psychoakustische Schwellen
ermittelt. Hierunter wird klassischerweise die Intensität (bzw. in der klinischen
Audiometrie der Pegel) eines Signals verstanden, bei der das Signal für den Patienten
gerade noch wahrnehmbar ist. Eine solche Definition ist allerdings unbefriedigend,
da es keinen Wert gibt, ab dem ein Signal wahrnehmbar ist, vielmehr wird in Schwellennähe
der Patient mehr oder weniger sicher sein, das Signal wahrgenommen zu haben. Je höher
die Signalintensität gewählt wird, desto sicherer wird der Patient reagieren. In dieser
Übersicht wird zunächst auf die psychometrische Funktion zur Wahrnehmung von Signalen
in Abhängigkeit von der Intensität und dann auf die Grundlagen der Entscheidungsprozesse
in Schwellennähe eingegangen.
Abstract
Psychoacoustic threshold detection measurements are widely used in clinical and research
applications. Usually, a threshold is considered as that intensity of the signal above
which the stimulus is detected by the patient and below it will be not. However, this
definition is unsatisfactory since there is no such well defined amount of intensity
above which the signal suddenly becomes detectable. Rather at intensities close to
the ”threshold” the patient will be more or less sure to have heard the signal. The
more the intensity is increased the more the patient becomes convinced. This paper
aims at providing insight into some basics about signal detection close to threshold
especially psychometric functions and signal detection theory. It is shown that threshold
detection for a given subject not only depends on signal parameters, the subject’s
co-operation, and on competence of the examiner but also to a great extent on the
procedure chosen for estimating the threshold.
Schlüsselwörter
Psychoakustik - Schwellenwerte - Tonschwellenaudiometrie - Messverfahren
Key words
Threshold estimation - Psychoacoustics - Pure tone threshold audiometry - Measurement
procedures - Signal detection theory
Literatur
- 1
Ptok M.
Otoakustische Emissionen, auditorisch evozierte Potentiale, Tonschwellengehör und
Sprachverständnis bei auditorischer Neuropathie.
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- 3 Terhardt E. Akustische Kommunikation. Berlin, Heidelberg, New York; Springer 1998
- 4 Macmillan N A, Creelman C D. Detection Theory: A user's guide. Cambridge; Cambridge
University Press 1991
- 5 Moore B CJ. An introduction to the psychology of hearing. 3. Aufl. San Diego, San
Francisco, New York, Boston, London, Sydney, Tokyo; Academic Press 2001
- 6 Bärlocher F. Biostatistik. Stuttgart; Thieme 1999
1 Hierunter wird meist die Intensität eines akustischen Signals, i. d. R. eines Sinustones
mit definierter Frequenz, bei dem das Signal vom Patienten gerade noch gehört wird,
verstanden. Die Intensität bzw. der Schalldruck wird in der klinischen Tonschwellen-Audiometrie
als Pegel in dB HL = dB hearing level angegeben.
1 Pegel ist ein Verhältnismaß (das 20fache des gesuchten Schalldrucks zum Bezugsschalldruck
bzw. das 10fache der gesuchten Intensität zur Bezugsintensität). Hierbei wird auf
das Hörvermögen gesunder Versuchspersonen für Sinustöne (bzw. bei der dB SPL Angabe
auf 20 uPa) Bezug genommen.
1 In der Psychoakustik können aber auch ganz andere Schwellen gesucht bzw. untersucht
werden, für die ein „Bezug” möglicherweise noch gar nicht bekannt ist. Deshalb sollte
man dann allgemein von Intensität sprechen, auch wenn Intensitäten bzw. Schalldrucke
in Pegel (dB SPL) angegeben werden. Verwendet man den Begriff Schalldruck, sollte,
insbesondere bei anderen als Sinussignalen, zwischen Druckänderungsamplitude und Effektivwert
(rms) unterschieden werden.
2 Diese Beispiele sind aus der Vielzahl denkbarer „Schwellen” willkürlich gewählt.
3 Eine Schwellenbestimmung im visuellen System würde z.B. der Frage nachgehen, wie
hell ein Signal sein muss, damit es eben gerade wahrgenommen werden kann.
4 So macht auch die Frage, „wie viel Tonhöhe” ein Signal haben muss, damit es eben
gerade wahrgenommen werden kann, keinen Sinn.
5 Diese Versuchsanordnung würde man als 1-Intervall-Forced Choice bezeichnen.
6 Man geht davon aus, dass die Schwankung der Stärke dieses Sinneseindruckes normal
verteilt ist bzw. sich auf Normalverteilung transformieren lässt. Die Stärke der „Sinnesempfindung”
lässt sich nicht genau beschreiben und auch nicht in Einheiten quantifizieren [5],
man kann sie allenfalls in willkürlichen Einheiten angegeben.
7 Da es sich bei den Werten der „Sinnesempfindungen” um stetige (und nicht um diskrete)
Werte handelt, wird die Verteilung nicht in Form eines Histogramms, sondern in der
Form einer Wahrscheinlichkeitsdichte dargestellt. Zu weiteren Einzelheiten hierzu
siehe Lehrbücher der Statistik, z.B. [6].
Prof. Dr. Martin Ptok
Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie (OE 6510) · Medizinische Hochschule
Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1 · 30625 Hannover