Laryngorhinootologie 2002; 81(8): 551-557
DOI: 10.1055/s-2002-33364
Otologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Binaurale Differenzpotenziale: Normalwertebestimmung und Einfluss einer interauralen Zeit- und Pegeldifferenz

Influence of Interaural Time- and Level Differences on the Binaural Interaction Components in Normal AdultsW.  Delb1 , G.  Hohenberg1 , D.  J.  Strauss1 , P.  Spiegel1 , P.  K.  Plinkert1
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Homburg/Saar (Direktor: Univ.-Prof. Dr. P. K. Plinkert)
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Eingegangen: 23. August 2001

Angenommen: 7. Januar 2002

Publication Date:
21 August 2002 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Die Lokalisation eines Schalls im Raum wird im Wesentlichen durch das binaurale Hören möglich und ist durch die interaurale Pegeldifferenz (ILD) sowie durch die interaurale Zeitdifferenz (ITD) bestimmt. Auch das Sprachverstehen im Störgeräusch verbessert sich als Resultat der interauralen Verschaltung. Von Seiten der objektiven Audiometrie ist es möglich, die interaurale Verschaltung über die so genannten binauralen Differenzpotenziale (BD) zu messen. Da ein schlechtes Sprachverstehen im Störgeräusch zu den häufigsten Symptomen bei Patienten mit einer zentralen auditiven Verarbeitungsstörung zählt, liegt es nahe, diese BD in der Diagnostik der zentralen auditiven Verarbeitungsstörung einzusetzen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es zunächst, Normalwerte für die Messung der BD zu bestimmen und zusätzlich den Einfluss einer ITD wie auch einer ILD auf die binauralen Differenzpotenziale zu quantifizieren.

Methode und Probanden: Bei 21 normalhörigen Probanden wurden auditorisch evozierte Potenziale sowohl nach monauraler wie auch nach binauraler Stimulation mit Klicks bestimmt. Bei der binauralen Stimulation wurden die Stimuli mit einer ILD von 0 bis 30 dB und einer ITD von 0 bis 1,2 ms dargeboten.

Ergebnisse: Die binauralen Differenzpotenziale waren bei 20 von 21 Probanden nachweisbar, jedoch konnten nicht bei allen ITD und ILD sichere binaurale Differenzpotenziale (BD) gesehen werden. Am sichersten waren die BD bei einer interauralen Zeitdifferenz von 0,4 ms nachweisbar. Bei interauralen Pegeldifferenzen (ILD) von 30 dB und interauralen Zeitdifferenzen (ITD) von 1,2 ms waren nur noch in Einzelfällen Potenziale nachweisbar. Die Latenzen des Potenzials β verlängerten sich mit steigender interauraler Laufzeitdifferenz signifikant. Verändert man die interaurale Pegeldifferenz, so ergibt sich ebenfalls eine, jedoch deutlich geringere und statistisch nicht signifikante Verzögerung der Latenzen des Potenzials β.

Schlussfolgerung: Es konnte gezeigt werden, dass die binauralen Differenzpotenziale bei nahezu allen normalhörigen Probanden nachweisbar sind. Während die Amplituden der Welle β für eine diagnostische Auswertung nicht als geeignet erscheinen, könnten die Latenzen möglicherweise in der Diagnostik von zentralen auditiven Verarbeitungsstörungen von Nutzen sein.

Abstract

Background: Binaural interaction components of auditory brainstem responses have long been studied and its β-wave has been shown to be correlated with directional hearing ability. As patients with auditory processing disorders such as patients with some sorts of learning disabilities frequently have difficulties with binaural processing it seems sensible to use binaural interaction components in the diagnosis of these disorders.

Methods: In order to obtain normal values and to investigate the influence of interaural time (ITD) and level differences (ILD) binaural interaction components were measured in 21 adults. Interaural time differences varied between 0 and 1.2 ms and interaural level differences between 0 and 30 dB.

Results: β-latencies increased significantly as interaural time differences increased while β-amplitudes did not change significantly. In measurements with higher interaural time differences detection of the β-wave was only rarely possible. The effect of interaural level differences on β-latencies was less pronounced and not significant as well as the influence of interaural level differences on β-amplitudes.

Conclusions: In the present study it could be shown that the beta-wave of the binaural interaction waveform is present in almost every normal hearing subject. As amplitudes show a considerable variation beta-latencies seem to be of higher diagnostic value than amplitudes.

Literatur

Dr. Wolfgang Delb

Universitäts-HNO-Klinik

66421 Homburg/Saar ·

Email: hnowdel@med-rz.uni-sb.de