Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2002-25174
Kurz referiert
Publication History
Publication Date:
18 April 2002 (online)

Selective Nonoperative Management in 1856 Patients with Abdominal Gunshot Wounds: Should Routine Laparotomy still be the Standard of Care?
Velmahos GC, Demetriades D, Toutouzas KG, Sarkisyan G, Chan L, Ishak R, Alo K, Vassiliu P, Murray JA, Salim A, Asensio J, Belzberg H, Katkhouda N, Berne TV. Ann Surg 2001; 234 : 395 - 403
Stellt die abdominelle Schusswunde eine absolute Operationsindikation dar?
„Die abdominale Schusswunde stellt eine absolute Operationsindikation dar”. Dieses
Dogma ist weit verbreitet, da das Ausmaß der intraabdominellen Verletzung durch eine
auch noch so differenzierte Diagnostik unterschätzt werden kann, eine verzögerte operative
Therapie die Prognose verschlechtern soll und die Inzidenz schwerster intraabdomineller
Organverletzungen etwa 90 % beträgt. Ungeachtet dessen werden penetrierende Abdominalverletzungen
in jüngster Vergangenheit zunehmend differenzierter unter Vermeidung der obligaten
explorativen Laparotomie behandelt. Ziel der vorliegenden retospektiven Analyse war
es, den Stellenwert der sog. selektiven nicht-operativen Behandlung bei abdominellen
Schusswunden zu evaluieren.
Innerhalb eines Zeitraumes von 8 Jahren wurden 1856 Patienten mit abdominellen Schusswunden
behandelt (Los Angeles!). Bei Notaufnahme wurde eine prinzipielle Operationsindikation
nur bei hämodynamischer Instabilität und nicht verlässlicher klinischer Untersuchung
(Koma, Bewusstlosigkeit) gestellt. Alle anderen Patienten wurden über eine Intermediate-care-Station
überwacht und ggf. eine erweiterte radiologische Diagnostik durchgeführt, wobei die
abdominelle CT im späteren Verlauf der Erhebung routinemäßig ausgeführt wurde.
1064 Patienten mussten unter o. g. Konstellation sofort laparotomiert werden, 792
wurden für das selektive, nicht-operative Konzept gewählt (42 %). Hiervon mussten
nur 80 Patienten (4 %) im weiteren Verlauf doch operiert werden, da das klinische
Zustandsbild eine therapierelevante Verletzung nahe legte. Bei 57 der 80 Patienten
wurde intraoperativ dann eine solche Verletzung vorgefunden, bei 23 Patienten wurde
lediglich exploriert. Keiner der erst verzögert laparotomierten Patienten verstarb,
bei 5 Patienten (0,3 %) stellten sich jedoch durch diese verzögerte Laparotomie bedingte
Komplikationen ein. Die negative Laparotomierate hätte bei prinzipieller Operationsindikation
47 % betragen und konnte so auf insgesamt 14 % aller operierten Patienten gedrückt
werden. Hierdurch konnte der postoperative Klinikaufenthalt verkürzt werden, die Kostenersparnis
für den gesamten Erhebungszeitraum wird mit etwa 10 Mio. US-Dollar beziffert.
Der Erfahrungsbericht verdeutlicht klar, dass die prinzipielle Operationsindikation
bei der abdominellen Schusswunde wohl der Überprüfung bedarf. Allerdings muss berücksichtigt
werden, dass diese Schlussfolgerung nur dann gilt, wenn die Patienten mit hoher klinischer
Aufmerksamkeit und entsprechendem Personalbedarf überwacht werden. Es mag bezweifelt
werden, ob dies jenseits des spezialisierten „trauma centers” in einem Routine-Dienst
verlässlich möglich ist.