Zentralbl Chir 2001; 126(11): 862
DOI: 10.1055/s-2001-19154
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neue ätiopathogenetische Erkenntnisse und Fortschritte in der chirurgischen Behandlung der chronischen Pankreatitis

New Etiological Findings and Progress in the Surgical Treatment of Chronic PancreatitisJ. Hauss, H. Witzigmann
  • Klinik für Abdominal-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Universität Leipzig
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Publication Date:
19 December 2001 (online)

Bei der chronischen Pankreatitis wurden in den letzten 10 Jahren wesentliche Fortschritte in der Erforschung der Ätiopathogenese und in der Therapie erreicht. Besonders herausragend war die Identifikation einer Mutation des kationischen Trypsinogen-Gens, welches für die hereditäre Pankreatitis verantwortlich ist. Bis jetzt sind 5 verschiedene Mutationen beschrieben worden. Möglicherweise ergeben sich aus diesem Forschungsbereich Erkenntnisse für die Genese der alkoholischen, nicht hereditären Pankreatitis. An der wissenschaftlichen Bearbeitung der hereditären Pankreatitis ist auch eine Leipziger Arbeitsgruppe wesentlich beteiligt. Des weiteren haben zell- und molekularbiologische Untersuchungen Einsichten in die Interaktion zwischen Immunzellen und Parenchymzellen des Pankreas erbracht. Bezüglich der Schmerzen, dem Hauptsymptom der chronischen Pankreatitis, wird heute eine neuroimmune Pathogenese diskutiert. Es ist derzeit noch unbekannt, wie häufig eine akute Pankreatitis in eine chronische Verlaufsform übergeht. Ebenso ist unklar, wie oft aus intraduktalen hyperplastischen Epithelveränderungen, welche gehäuft bei chronischer Pankreatitis vorkommen, ein Pankreaskarzinom entsteht. Während Mikrozirkulationsstörungen bei der Entstehung der akuten Pankreatitis eine entscheidende Rolle spielen, ist über deren Bedeutung bei der chronischen Pankreatitis wenig bekannt. Fortschritte in der chirurgischen Therapie der chronischen Pankreatitis wurden durch die 1972 von Beger et al. eingeführte duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion und deren Modifikation erreicht. Dieses Verfahren hat jedoch infolge des relativ hohen Schwierigkeitsgrades und der bekannten Zurückhaltung, ein neues, schwieriges und selten durchgeführtes Operationsverfahren zu adaptieren, noch nicht die internationale Verbreitung gefunden, die ihr zusteht. Mehrere prospektive Studien haben inzwischen ihre Überlegenheit gegenüber dem radikaleren Verfahren der Kausch-Whipple-Operation gezeigt. Hauptproblem bei der Durchführung der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion ist das Übersehen eines Pankreaskarzinoms. Es ist nämlich inzwischen gesichert, dass die chronische Pankreatitis ein 4-6fach erhöhtes Karzinomrisiko aufweist. Andere Verfahren, wie die reine Gangdrainage oder die Pankreaslinksresektion, werden im Therapiekonzept der chronischen Pankreatitis zunehmend kritisch beurteilt. Für beide Operationen gibt es jedoch weiterhin klare Indikationen. Die chronische Pankreatitis ist ein klassisches Beispiel dafür, dass für die zeitgerechte und adäquate Behandlung eine enge Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologen und Chirurgen bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung notwendig ist.

Prof. Dr. med. J. Hauss

Klinik für Abdominal-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Universität Leipzig

Liebigstraße 20 a

04103 Leipzig

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