Aktuelle Dermatologie 2001; 27(11): 351-356
DOI: 10.1055/s-2001-19128
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Evaluation der okklusiven Effekte von Hydrokolloidfolien bei chronischer stationärer Psoriasis vulgaris

Evaluation of Occlusive Effects of Hydrocolloid Dressings in the Treatment of Chronic Psoriasis VulgarisM.  Stücker1 , M.  Happe1 , K.  Hoffmann1 , P.  Altmeyer1
  • 1Klinik für Dermatologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. Dr. P. Altmeyer)
Further Information

Dr. M. Stücker

Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum im St.-Josef-Hospital

Gudrunstraße 56 · 44791 Bochum

Phone: + 49-234-509-3448

Fax: + 49-234-509-3409

Email: M.Stuecker@derma.de

Publication History

Publication Date:
18 December 2001 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Einleitung: Die Psoriasis vulgaris ist eine der häufigsten Hauterkrankungen überhaupt und bedeutet für die Betroffenen oft eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität. Ziel dieser Studie war die Beurteilung der Therapieeffizienz der lokalen antipsoriatischen Therapie von Hydrokolloidfolienverbänden (Varihesive®) im Vergleich zu lokal applizierten Kortikosteroiden (Dermatop®).

Patienten und Methode: Durch den Einsatz von nicht-invasiven Untersuchungsmethoden (Laser Doppler Perfusion Imaging, 20-MHz-Sonographie, Video-Kapillarmikroskopie) und der klinischen Beurteilung des Therapieverlaufs sollten Erklärungsmodelle des Wirkmechanismus der Hydrokolloidfolien in der Therapie der Psoriasis gewonnen werden. Das Untersuchungskollektiv umfasste 38 Patienten mit chronisch stationärer Psoriasis (CSP).

Ergebnisse: Während das Erythem nach 10-wöchiger Therapie unter der Hydrokolloidfolientherapie im Vergleich zu der Therapie mit lokalen Kortikosteroiden signifikant weniger abnimmt, gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen dem lokal applizierten Kortikosteroid und den Hydrokolloidfolienverbänden in Bezug auf den Rückgang der Akanthose. Die klinische Beurteilung des Therapieverlaufs lag in guter Korrelation zu den Ergebnissen, die mit den nicht-invasiven Untersuchungsmethoden gewonnen wurden. Kapillarmikroskopisch konnte keine Abnahme der Kapillardichte unter der 10-wöchigen antipsoriatischen Therapie festgestellt werden.

Schlussfolgerung: Die Therapie mit Hydrokolloidfolien hat sowohl einen die inflammatorische Hyperämie senkenden Effekt als auch eine hemmende Wirkung auf die Keratinozytenproliferation.

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Abstract

Introduction: Till now, the mechanism of action of hydrocolloid dressing for psoriasis was never thoroughly investigated. In the presented study, the therapeutic effect of a hydrocolloid dressing (Varihesive) is compared to a class 2 corticosteroid (prednicarbate), using non-invasive measurement methods.

Patients and Methods: The nutritive blood flow was quantified with capillaroscopy, thermoregulation with laser Doppler perfusion and acanthosis and inflammatory infiltrate with 20 MHz sonography. 38 patients were examined, per patient, one psoriasis plaque was treated with hydrocolloid, and one with prednicarbate.

Results: Compared to the untreated control plaque, there was a significant reduction of erythema and scaliness in both treated plaques. The sonographically quantified echolucent zone, which clinically correlates with acanthosis and the inflammatory infiltrate was significantly reduced in both treated plaques, moreover, in the plaque treated with hydrocolloid the reduction was generally more. Whereas the reduction of the erythema was significantly more in the plaque treated with prednicarbate than with hydrocolloid, the clinically imposing infiltrate and the echolucent zone was reduced equally in both treatments.

Conclusion: Occlusive therapy reduces influence on inflammation as well as hyperproliferation.

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Einleitung

Die chronische stationäre Psoriasis (CSP) ist mit einer Prävalenz von 2 - 3 % eine der häufigsten Hauterkrankungen. Da die Ätiopathogenese der Psoriasis bis heute nicht abschließend geklärt ist [1], ist eine kausale Therapie nicht möglich. Neben einer gesicherten genetischen Disposition werden funktionelle Veränderungen in T-Helfer-Lymphozyten, Keratinozyten und Endothelzellen gefunden. Die zur Verfügung stehenden lokalen und systemischen Antipsoriatika greifen in diese Pathomechanismen ein. So wirkt Cignolin primär antiproliferativ auf die Keratinozyten [2], Teerpräparate und Glukokortikoide lokal appliziert wirken antiinflammatorisch durch Abregulierung der Zytokinproduktion, Hemmung der Eikosanoidsynthese sowie Hemmung der Zellproliferation [3]. Neuere Lokaltherapeutika wie Calcipotriol fördern die terminale Differenzierung und haben eine immunmodulierende Wirkung [4], während Tazarotene antiproliferativ und durch eine Regulation der Differenzierungsprozesse durch Geninduktion über hormonähnliche Rezeptoren wirkt [5].

Seit den 70er Jahren ist die antipsoriatische Wirkung okklusiver Verbände bekannt [6]. Seitdem folgten Wirksamkeitsnachweise von Hydrokolloidverbänden in der Therapie der Psoriasis, sowohl als Monotherapie [7] [8] als auch in Kombinationstherapien mit Steroiden [9], Cignolin [10] [11] oder Calcipotriol [12].

Der untersuchte Hydrokolloidverband (Varihesive®) besteht aus Gelatine, Pectin, Carboxymethylcellulose-Salz und einer adhäsiven Substanz, dem Polyisobutylin [7]. Der Wirkmechanismus bei der Psoriasis konnte bislang nicht gänzlich geklärt werden [13]. Ein großer Vorteil der Hydrokolloidverbände ist ihre problemlose Anwendbarkeit und geringe Nebenwirkungsrate. Außer umschriebenem Juckreiz und gelegentlicher Exsudation wird eine Hautirritation im Gegensatz zur Therapie mit Kunststoffokklusionsverbänden nur in seltenen Fällen beschrieben [8].

Ziel unserer Studie war die objektive Beurteilung der Therapieeffizienz der lokalen antipsoriatischen Therapie mit Hydrokolloidverbänden im Vergleich zur lokalen Glukokortikosteroidtherapie und zu unbehandelten Kontrollplaques. Mit Hilfe der nicht-invasiven Messmethoden, der Kapillarmikroskopie, der 20-MHz-Sonographie (Beurteilung des entzündlichen Infiltrates und der Epidermishyperplasie), des Laser Doppler Perfusion Imaging (Beurteilung von kutanen Perfusionsänderungen) und der klinischen Beurteilung der Plaques sollte untersucht werden, ob die Okklusionstherapie sowohl auf die Zellinfiltrate als auch auf die Perfusion wirkt.

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Patienten und Methoden

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Patienten

Die offene, bezüglich der Körperseite randomisierte prospektive Studie umfasste 38 Patienten (24 Frauen, 14 Männer) mit einem durchschnittlichen Alter von 50 ± 18,5 Jahren mit chronisch stationärer Psoriasis vulgaris. Die Patienten gaben durchschnittlich 7,2 ± 4,99 Psoriasisschübe mit einer Dauer von 5,1 ± 2,95 Wochen an. 68,42 % der Patienten hatten einen längeren Krankheitsverlauf als 5 Jahre. Eine Wash-out-Phase war bei keinem der 38 Patienten notwendig, da 10 Tage vor Studienbeginn keine Lokal- oder Systemtherapie der Psoriasis durchgeführt wurde.

Bei 31 Patienten (81 %) waren die untersuchten Plaques in der Glutealregion lokalisiert, bei jeweils einem in der Rücken- bzw. Brustregion (jeweils 3 %) und am Ellenbogengelenk (3 %). Bei weiteren 4 Patienten befanden sich die Psoriasisherde in der Oberschenkelregion (10 %).

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Studiendesign

Ein Psoriasisplaque wurde mit Hydrokolloidverband (Varihesive®) und ein kontralateraler Plaque einmal täglich mit Prednicarbat lokal (Dermatop® Fettsalbe, Aventis Pharma, Deutschland) über 10 Wochen behandelt. Ein weiterer unbehandelter Psoriasisplaque diente als Kontrolle. Zur Verlaufsbeurteilung der Plaques wurden diese mit einem wasserfesten Faserschreiber markiert und die Umrisse zusätzlich auf Folie aufgezeichnet.

Der Wechsel der Hydrokolloidverbände erfolgte 1 - 3 × wöchentlich. Einmal wöchentlich wurden folgende Parameter an den drei Psoriasisplaques bei konstanter Raumtemperatur von 24 °C erhoben.

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Klinische Beurteilung der Plaques

Neben einer Fotodokumentation der drei Psoriasisplaques erfolgte die Beurteilung der Plaques nach Erythem, Schuppung und Induration nach der Score-Einteilung nach Lowe et al. [14] (Tab. [1]).

Tab. 1 Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score
Erythem (0)kein Erythem
(1)mildes Erythem
(2)mäßiges Erythem
(3)sehr starkes Erythem
Schuppung (0)keine Schuppung
(1)dünne Schuppung
(2)mäßige Schuppung
(3)sehr dicke Schuppung
Induration (0)keine Induration
(1)geringe Induration
(2)mäßige Induration
(3)starke Induration
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20-MHz-Sonographie

Die Ultraschalluntersuchungen erfolgten im B-Mode-Modus des Hochfrequenzultraschallgerätes DUB 20 (Taberna pro medicum, Lüneburg, Deutschland). Die Breite des echoarmen Bandes in der oberen Dermis ist abhängig vom Ausmaß des Ödems und Rundzellinfiltrates um die weitgestellten Gefäße der papillären Dermis sowie der fokalen Spongiose im Bereich der Epidermis. Die Beurteilung der Hyperkeratose erfolgte durch Bestimmung des Eintrittsechos in der 20-MHz-Sonographie.

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Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI)

Das Laser Doppler Perfusion Imaging (PIM 1.0, Lisca Development, Linköping, Schweden) ermöglicht, ohne Hautkontakt mit dem Messareal nicht-invasiv Perfusionsänderungen im oberen korialen Plexus zu bestimmen [15]. Das Messprinzip basiert auf dem Doppler-Effekt und misst die Frequenzänderung des von Erythrozyten reflektierten, monochromatischen Lichtes. Das zu untersuchende Areal wurde mäanderförmig abgescannt und auf diese Weise die Perfusionsunterschiede zweidimensional dargestellt. Der Abstand zwischen Scanner und Hautoberfläche betrug 13 cm. Bestimmt wurden der mittlere Blutfluss im Psoriasisplaque sowie in angrenzender gesunder Haut.

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Video-Kapillaroskopie

Sowohl die Kapillaren in den Psoriasisplaques als auch in der gesunden Haut wurden mit einem Video-Kapillaroskop (Scopeman, Fort GmbH Fiber Optik, Deutschland) unter Gebrauch der Öl-Immersions-Technik untersucht und ausgewertet. Dabei wurden Linsen mit einer 100fachen Vergrößerung gewählt.

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Statistik

Neben deskriptiven Verfahren wie der Berechnung des Mittelwertes, der Standardabweichung, des Spreads, des Medians sowie von Minimum und Maximum kamen die nicht parametrische Friedmann-Analyse, die AUC-Methode (Area Under Curve) zur Anwendung. Für die Vielfachvergleiche (multiple comparison) wurde eine α-Korrektur nach Scheffee herangezogen. Der Therapievergleich vor-/nach Behandlung erfolgte anhand des Wilcoxon-Pratt-Tests. Zur Bewertung des Zusammenhangs zwischen klinisch beurteiltem Erythemverhalten unter den Therapien und der Beurteilung der verschiedentlich therapierten Psoriasisplaques mittels LDPI führten wir eine lineare Einfachregression durch.

Ergebnisse mit einem Signifikanzniveau von p ≤ 0,05 betrachteten wir als statistisch signifikant.

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Ergebnisse

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Klinische Beurteilung der Plaques nach dem Lowe-Score nach 10 Therapiewochen

Nach dem 10-wöchigen Behandlungszeitraum zeigten klinisch sowohl die mit Hydrokolloidfolien (p = 0,0023) behandelten Plaques als auch die mit Prednicarbat (p < 0,0001) behandelten Plaques gegenüber dem Kontrollplaque einen signifikant geringeren Erythemscore (Abb. [2]). Die Abnahme des Erythems unter der Kortikoidtherapie war signifikant stärker als unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0048).

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Abb. 1 Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Schuppung). Signifikante Abnahme der Schuppung unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0001) und Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapieregimen (p = 0,1188).

Sowohl unter der Hydrokolloid- (p = 0,0001) als auch unter der Steroidtherapie (p < 0,0001) kam es im Vergleich zu den Kontrollplaques zu einer signifikanten Reduktion der Schuppung nach dem 10-wöchigen Therapieintervall. Zwischen den beiden Therapieregimen bestand kein signifikanter Unterschied in der Reduktion der Schuppung (Abb. [1]). Unter der Therapie mit lokalen Kortikosteroiden und den Hydrokolloidfolien kam es zu einer signifikanten Abnahme der Induration (p = 0,0007) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Zwischen den beiden Therapieregimen bestand kein signifikanter Unterschied in der Abnahme der Induration nach Abschluss des Therapiezeitraums.

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Abb. 2 Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Erythem). Signifikante Abnahme des Erythems unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0023) und der Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Unter der Steroidtherapie nimmt das Erythem signifikant stärker ab als unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0048).

Nur bei einer Patientin kam es in der 4. Therapiewoche unter dem Hydrokolloidverband zu einer Follikulitis. Sonstige Nebenwirkungen wurden von den Patienten nicht angegeben oder seitens der Untersucher nachgewiesen.

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20-MHz-Sonographie

Die klinischen Beobachtungen zeigten eine hohe Übereinstimmung mit den sonographisch ermittelten Ergebnissen.

In dem 10-wöchigen Beobachtungszeitraum ist eine signifikante Reduktion des Eintrittsechos innerhalb der steroidal (p < 0,0001) und der okklusiv (p = 0,0461) behandelten Gruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe auszumachen. Zwischen den steroidal behandelten und den okklusiv behandelten Plaques fanden sich keine signifikanten Unterschiede in der Dicke des Eintrittsechos (p = 0,1892) (Abb. [3]). Gleichfalls war mit dem sich verringernden Eintrittsecho auch eine Abnahme des echoarmen Bandes zwischen den steroidal behandelten und Kontrollplaques zu evaluieren; diese Abnahme war jedoch unter der Hydrokolloidfolientherapie nicht signifikant (p = 0,085). Unter der steroidalen Therapie nahm die Breite des echoarmen Bandes hingegen signifikant ab (p = 0,0002). Zwischen den Therapieregimen Prednicarbat versus Hydrokolloidfolien fanden sich keine signifikanten Unterschiede in der Dicke des echoarmen Bandes.

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Abb. 3 Sonographisch ermitteltes Eintrittsecho. Signifikante Abnahme des Eintrittsechos unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0461) und Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapieregimen (p = 0,1892).

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Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI)

Übereinstimmend zur klinischen Beurteilung der Ausprägung des Erythems zeigten auch die Perfusionsbestimmungen mittels Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI) eine signifikante Reduktion der Hyperperfusion unter der steroidalen (p < 0,0001) als auch der okklusiven Therapie (p = 0,0166) im Vergleich zu den Plaques der Kontrollgruppe. Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Perfusionshöhe zwischen den Plaques, die mit Steroiden behandelt wurden im Vergleich zu den okklusiv behandelten Plaques (p = 0,2615) (Abb. [4]).

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Abb. 4 Perfusion der Psoriasisplaques mittels Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI) gemessen. Signifikante Abnahme des mittleren Laser-Doppler-Fluxes unter Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0166) und der Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques und zur gesunden Haut. Jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen den Therapieregimen Prednicarbat versus Hydrokolloidfolien (p = 0,2615).

Der Rückgang des Erythems und der verminderte Laser-Doppler-Fluss zeigten eine gute Korrelation (r = 0,899 für das Hydrokolloidareal, bzw. r = 0,93 für das Steroidareal).

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Video-Kapillaroskopie

Die Beurteilung der Kapillardichte mittels Video-Kapillarmikroskopie zeigte weder in der Kontrollgruppe noch in den mit Steroiden oder okklusiv behandelten Plaques nach 10-wöchiger Therapie eine signifikante Abnahme (p = 0,9838 bzw. p = 0,9691). Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen der Kapillardichte der Kontrollplaques und den mit Steroiden oder okklusiv behandelten Plaques. In gesunder Haut lag die Kapillardichte jedoch signifikant unter der der Psoriasisplaques (p < 0,0001).

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Diskussion

Die Psoriasis vulgaris ist eine der häufigsten Hauterkrankungen. Diese nimmt selten lebensbedrohliche Verläufe an, jedoch bedeutet diese Erkrankung in vielen Fällen eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität [16]. Aus diesem Grund wird nach neuen effizienten, aber nebenwirkungsarmen Antipsoriatika gesucht. Einen Therapieansatz bilden Hydrokolloidfolienverbände, die im Vergleich zur Lokaltherapie mit Kortikosteroiden ein geringeres Nebenwirkungsprofil aufweisen.

Unsere Ergebnisse zeigten klinisch eine signifikant bessere Abheilung der Psoriasisplaques sowohl unter der steroidalen als auch der okklusiven Therapie im Vergleich zu den Kontrollplaques, wobei die steroidal therapierten Plaques keinen signifikant besseren Abheilungserfolg im Vergleich zu den okklusiv behandelten Plaques im Hinblick auf die Parameter Schuppung und Induration zeigten. Das Erythem bildete sich klinisch unter der steroidalen Therapie signifikant stärker und schneller zurück als unter der Therapie mit Hydrokolloidfolienverbänden. Der erhöhte Blutfluss im Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI), das messbare Korrelat des klinischen Erythems, nahm unter der Steroidtherapie nach dem 10-wöchigen Behandlungszeitraum tendenziell, jedoch nicht signifikant stärker ab als unter der okklusiven Therapie. Die Ursache der Hyperperfusion in psoriatischen Plaques ist in einer Kombination aus funktionellen Gefäßveränderungen, wie einer Dilatation bis auf das Zwei- bis Dreifache des Durchmessers bei Gesunden, sowie in einer Erhöhung der Anzahl perfundierter Kapillaren zu sehen. In dreidimensionalen Rekonstruktionen an histologischen Serienschnitten konnten morphologische Kapillarveränderungen wie eine Erhöhung der Kapillarzahl, d. h. eine Angioneogenese ausgeschlossen werden [17]. Unsere video-kapillaroskopischen Ergebnisse zeigten, dass sowohl unter der Steroid- als auch der Hydrokolloidfolientherapie während des gesamten Therapiezeitraums die Anzahl der Kapillaren nahezu konstant waren [18]. Da mittels auflichtmikroskopischer Untersuchungen nur die zum Zeitpunkt der Untersuchung von Erythrozyten durchflossenen Kapillarschlingen erkannt werden, begründet sich die vermehrte Hyperämie aus einigen sonst wenig bis gar nicht perfundierten Kapillaren [19]. Diese Ergebnisse bestätigen die rein funktionellen Veränderungen der Kapillaren. Das Erythem wird somit durch eine inflammatorische Hyperämie und nicht durch Angioneogenese induziert [17] [20] [21] [22].

Während des 10-wöchigen Therapiezeitraums ging sowohl das sonographisch bestimmte echoarme Band (ELB) als auch der klinisch bestimmte Indurations-Score unter der Steroid- wie der okklusiven Therapie deutlich gegenüber den Kontrollplaques zurück.

Hierzu passen Befunde aus immunhistologischen Studien, wo gezeigt werden konnte, dass die suprabasale Expression von Keratin 16, polymorphkernigen Leukozyten und T-Lymphozyten sowie proliferierenden epidermalen Zellen tendenziell unter okklusiver Therapie abnehmen [23].

Gottlieb et al. [24] konnten mittels RNA/DNA-Flow-Zytometrie, einem Verfahren zur Untersuchung der Teilungsaktivität von Zellen, aus epidermalen Suspensionen von aktiven Psoriasisplaques nach einer 10-wöchigen okklusiven Therapie eine signifikante Abnahme der Keratinozyten-growth-Fraktion, einem Indikator für die Krankheitsaktivität, im Vergleich zu unbehandelten Kontrollplaques nachweisen. Dieses Phänomen kann jedoch auch durch das Strippen der Plaques, das heißt durch das Abziehen der Hydrokolloidfolie aufgetreten sein und sollte somit bedacht werden [23]. In anderen Studien wurde immunhistologisch eine Reduktion der epidermalen Mitoserate und eine Regeneration des Stratum granulosum in den unter Okklusion behandelten Psoriasisplaques beobachtet [6] [10] [25] [26].

Der Wirkmechanismus der Okklusionstherapie bei Psoriasis bleibt letztlich unklar. Möglicherweise spielt hier unter anderem die verminderte Zufuhr von atmosphärischem Sauerstoff eine wichtige Rolle. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem kutanen Blutfluss und der kutanen Sauerstoffaufnahme aus der Atmosphäre besteht. Weitere Studien müssen zeigen, inwieweit tatsächlich die Blockade des direkten atmosphärischen Sauerstoffs die Proliferation und Hyperämie in psoriatischer Haut beeinflussen kann [27].

Schlussfolgernd ist festzustellen, dass der Therapieverlauf der Psoriasis durch die klinische Beurteilung, z. B. nach dem Lowe-Score, in guter Korrelation zu der Beurteilung des therapeutischen Verlaufs mit nicht-invasiven Messverfahren steht. Aus der Kombination von klinischer Beurteilung und den nicht invasiven Messverfahren war es möglich, Rückschlüsse auf den Wirkungsansatz der untersuchten Therapieregime zu ziehen. Die Therapie mit Hydrokolloidfolien hat offenbar sowohl eine antiinflammatorische, die Hyperämie reduzierende, als auch eine hemmende Wirkung auf die Mitoseaktivität der Keratinozyten im Stratum basale der Epidermis.

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Dr. M. Stücker

Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum im St.-Josef-Hospital

Gudrunstraße 56 · 44791 Bochum

Phone: + 49-234-509-3448

Fax: + 49-234-509-3409

Email: M.Stuecker@derma.de

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Abb. 1 Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Schuppung). Signifikante Abnahme der Schuppung unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0001) und Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapieregimen (p = 0,1188).

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Abb. 2 Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Erythem). Signifikante Abnahme des Erythems unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0023) und der Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Unter der Steroidtherapie nimmt das Erythem signifikant stärker ab als unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0048).

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Abb. 3 Sonographisch ermitteltes Eintrittsecho. Signifikante Abnahme des Eintrittsechos unter der Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0461) und Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques. Kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapieregimen (p = 0,1892).

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Abb. 4 Perfusion der Psoriasisplaques mittels Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI) gemessen. Signifikante Abnahme des mittleren Laser-Doppler-Fluxes unter Hydrokolloidfolientherapie (p = 0,0166) und der Steroidtherapie (p < 0,0001) im Vergleich zu den Kontrollplaques und zur gesunden Haut. Jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen den Therapieregimen Prednicarbat versus Hydrokolloidfolien (p = 0,2615).