Zusammenfassung
Je intensiver die gesundheitspolitische Diskussion sich auf die
nachhaltige Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung konzentriert,
desto stärker treten inhaltliche Fragen in den Hintergrund. Geboten ist
eine nüchterne Bestandsaufnahme der Zuständigkeitsverteilung im
Gesundheitswesen unter funktionalen Gesichtspunkten. Für eine solche
Analyse ist ein historischer Blickwinkel hilfreich. Untersuchungen zur
Geschichte des Gesundheitswesens belegen die entscheidende Rolle, die dem
kommunalen Gesundheitswesen für die Strukturen des modernen
Gesundheitswesens zukommt. Eine Defizitanalyse des Systems der Gesetzlichen
Krankenversicherung zeigt seine Grenzen und seine
Ergänzungsbedürftigkeit durch die Stärkung der
gesundheitspolitischen Verantwortung der Gebietskörperschaften,
insbesondere der kommunalen Entscheidungsträger. Ein Strukturwandel in
dieser Richtung ist durch die folgenden gesellschaftlichen Prozesse zu
erwarten: wachsender Einfluss der Bürger, Versicherten und Patienten auf
Entscheidungsprozesse im Gesundheitswesen, Beschränkung statt
„Weiterentwicklung” der Gesetzlichen Krankenversicherung,
Orientierung an Versorgungszielen, Notwendigkeit eines interessenneutralen und
bürgernahen Gesundheitsmanagements. Das ÖGD-Gesetz
Nordrhein-Westfalens (1997) gibt wichtige Vorgaben für eine
„neue” kommunale Gesundheitspolitik, deren konsequente Anwendung
die notwendigen Impulse für Lernprozesse in der Kommunalen
Selbstverwaltung verspricht.
Schlüsselwörter
Gesundheitssystem - Kommunales
Gesundheitswesen - Gesundheitsreform - Gesundheitspolitik
Keywords
Health Care System - Health
Insurance - Public Health - Health Policy - Health
Politics
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Prof. Dr. Christian von Ferber
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