Osteosynthese International 2001; 9(Suppl. 2): S112-S116
DOI: 10.1055/s-2001-17007
Workshops

J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

Minimal-invasive Frakturstabilisierung von distalen Femurfrakturen mit dem LIS-System

M. Schütz1 , M. Müller2 , M. Kääb1 , N. P. Haas1
  • 1Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie (Direktor: Prof. N.P. Haas), Charité - Campus Virchow, Berlin
  • 2AO Clinical Investigation/Davos, CH
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 September 2001 (online)

Zusammenfassung

Das LIS-System DF ist ein neues Implantatsystem zur Versorgung distaler Femurfrakturen nach den Prinzipien der „Minimal Invasiven Chirurgie”. Die Fixierung des Implantates erfolgt mit winkelstabilen Schrauben, die über den Zielbügel durch Stichinzisionen eingesetzt werden. Eine großflächige Eröffnung des Frakturbereiches ist nicht erforderlich. Zwischen Dezember 1996 und November 1998 wurden im Rahmen einer prospektiven Multizenterstudie der AO bei 112 Patienten 116 Frakturen mit dem neuen Stabilisationssystem behandelt. Der Nachkontrollzeitraum betrug im Mittel 13,7 Monate (Minimum 7 Monate, Maximum 33 Monate). Die Einschlusskriterien umfassten distale Femurschaftfrakturen sowie suprakondyläre und intraartikuläre Femurfrakturen aller Schweregrade. Die Klassifikation der Frakturen erfolgte anhand der Frakturklassifikation der AO. Im Rahmen der Studie wurden 31 distale Femurschaftfrakturen und 85 suprakondyläre bzw. intraartikuläre Femurfrakturen versorgt. Der Anteil der C-Frakturen lag insgesamt bei 49 % (n = 57).
Das durchschnittliche Alter der behandelten Patienten betrug 54 Jahre, 25 Patienten waren älter als 80 Jahre. Im Verlauf der Studie verstarben 8 Patienten ohne erkennbaren Zusammenhang zwischen Todesursache und Implantat. Von den verbleibenden 104 Patienten mit 107 Frakturen konnten weitere 7 Patienten nicht für die geplanten Nachkontrollen erreicht werden, ein Patient verweigerte die Teilnahme an den Nachkontrollen. In Bezug auf die behandelten Frakturen ergibt sich somit eine Nachkontrollrate von 93 %. Die Verlaufskontrollen zeigten in 90 % der behandelten und nachkontrollierten Fälle eine Frakturkonsolidierung während des Beobachtungszeitraumes. Bei 21 Patienten wurden insgesamt 23 Folgeoperationen erforderlich. Hierbei dominierten Debridements bei lokalen Infektionen (7 Fälle) neben sekundären Spongiosaplastiken bei „Delayed unions” (6 Fälle), Implantat- bzw. Schraubenlockerung (4 Fälle), Arthrolysen bei eingeschränkter Beweglichkeit (3 Fälle), einer Korrekturosteotomie sowie der Abtragung heterotoper Ossifikationen und der Entfernung einer zu langen Schraube (je 1 Fall). Bei zwei Patienten kam es infolge einer Pseudoarthrose zu einem Implantatbruch. Diese Komplikationen lassen sich fast vollständig auf die Schwere des Traumas bzw. auch noch auf fehlende Erfahrungswerte bei der erstmaligen breiten Anwendung dieses neuen Implantattyps zurückführen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das neue System bei guter Kenntnis der Operationstechnik und sorgfältiger präoperativer Planung ein ausgezeichnetes, sicheres Verfahren zur Versorgung nahezu aller Frakturtypen und auch periprothetischer Frakturen des distalen Femurs darstellt. Auf eine primäre Spongiosaplastik kann weitgehend verzichtet werden.

Literatur

  • 1 Goldhahn J. Resultate und Probleme in der operativen Behandlung der distalen Femurfraktur - Eine Analyse von 263 dokumentierten Fällen der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen 2000. Med. Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2 Heitemeyer U, Hierholzer G. Indikation zur überbrückenden Plattenosteosynthese komplexer Femurschaftfrakturen.  Akt Traumatol. 1991;  21 173-191
  • 3 Heitemeyer U, Hierholzer G, Terhorst J. Der Stellenwert der überbrückenden Plattenosteosynthese bei Mehrfragmentbruchschädigungen des Femur im klinischen Vergleich.  Unfallchirurg. 1986;  89 533-538
  • 4 Mueller M, Nazarian S, Koch P, Schatz-ker J. The comprehensive classification of fractures of long bones/AO classification of fractures (subgroups included). Springer 1990
  • 5 Gustilo R B, Mendoza R M. WDN. Problems in the management of type III (severe) open fractures: a new classification of type III open fractures.  J Trauma. 1984;  24 742-746
  • 6 Mueller M, Allgoewer M, Schneider R. et al .Manual der Osteosynthese/AO-Technik. (Mit einem Beitrag über Biomechanik). 3 ed. Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1992; 1
  • 7 Farouk O, Krettek C, Miclau T, Schandelmaier P. Effects of percutaneous and conventional plating technics on the blood supply to the femur.  Arch Orthop Trauma Surg. 1998;  117 438-441
  • 8 Perren S M. The concept of biological plating using the limited contact-dynamic compression plate (LC-DCP).  Injury. 1991;  22 (Suppl. 1) 1-41
  • 9 Ryf C, Weymann A. The neutral zero method - A principle of measuring joint function.  Injury. 1995;  26 (Suppl. 1) 1-11
  • 10 Haas N, Schandelmaier P, Krettek C. Therapeutisches Konzept bei der distalen Femurfraktur mit Gelenkbeteiligung.  Hefte Unfallheilkd. 1990;  212 179-187
  • 11 Rüter A, Kotter A. Frakturen des distalen Femur.  Unfallchirurg. 1996;  99 510-519
  • 12 Baumgaertel F, Perren S, Rahn B. Tierexperimentelle Untersuchungen zur biologischen Plattenosteosynthese von Mehrfragmentfrakturen des Femurs.  Unfallchirurg. 1994;  97 19-27
  • 13 Seibold R, Betz A, Eitel F. Anwendung des Fixateur interne an Femur und Tibia.  Unfallchirurg. 1990;  93 251-256
  • 14 Wenda K, Degreif J, Runkel M, Ritter G. Zur Technik der Plattenosteosynthese des Femurs.  Unfallchirurg. 1994;  97 13-18
  • 15 Wenda K, Runkel M, Rudig L. Die „durchgeschobene” Kondylenplatte.  Unfallchirurgie. 1995;  21 77-82
  • 16 Krettek C, Haas N, Tscherne H. Kniegelenksnahe Femurfrakturen: Operationstaktisches Vorgehen und Nachuntersuchungsergebnisse.  Praktische Sport-Traumatologie und Sportmedizin. 1986;  1 12-16
  • 17 Friedrich A WD, Biewener A. Entnahmestellen und Entnahmetechniken autologer Spongiosa und autologer kortikospongiöser Transplantate.  Hefte Unfallheilkd. 1987;  185 155-161
  • 18 Younger E M, Chapman M W. Morbidity at bone graft donor sites.  J Orthop Trauma. 1989;  3 192-195

Michael Schütz

Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Campus Virchow Klinikum
Charité
Medizinische Fakultät der Humboldt Universität

Augustenburger Platz 1

D-13353 Berlin

    >