Klin Monbl Augenheilkd 2001; 218(6): 467-468
DOI: 10.1055/s-2001-16266
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Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

In memoriam

Univ.-Prof. Hans Lauber (1876 - 1952) - „Gesichtsfeld-Lauber” - wurde vor 125 Jahren geboren
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Am 25. Juli 1876 erblickte Hans Lauber in Hottingen, jetzt Zürich, das Licht der Welt. In unserer Zeit der mehr oder weniger starken Europäisierung zeugen bereits Laubers Herkunft und ersten Lebensjahre von seinem Kosmopolitismus: aus einer deutschen Familie russischen erblichen Adels stammend, wurde er in der Schweiz geboren, erhielt aufgrund Abstammung die - an seinen Vater wegen dessen Einbürgerung verliehene - österreichische Staatsangehörigkeit und verlebte seine ersten Lebensjahre, infolge der beruflich bedingten wechselnden Tätigkeitsorte seines Vaters als Ingenieur, in der Schweiz, Russland und in Polen. Seine Schulausbildung genoss er in Zürich, Davos, Kiew und Warschau und bekam somit die jeweiligen Landes- und in der Schule gelehrten Fremdsprachen vermittelt, die ein Fundament für seine im Laufe der Zeit zirka ein Dutzend beherrschten Fremdsprachen bildete. Nur vierjährig, musste er den Tod der Mutter erleben. Als er vierzehn Jahre alt war, verstarb der Vater. Die Matura legte Lauber 1895 am russischen Gymnasium in Warschau ab und studierte dann in Marburg sowie in Wien Medizin, wo er am 9. Mai 1901 zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert wurde.

Bereits in seiner Studienzeit fungierte Lauber am Anatomischen Institut in Wien als Demonstrator. Schon dessen Vorstand Emil Zuckerkandl fiel Laubers eminentes medizinisches, speziell ophthalmologisches Talent auf. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Demonstrator, Operationszögling und Sekundararzt bei Ernst Fuchs an der seit 1883 bestandenen II. Univ.-Augenklinik in Wien, wechselte Lauber 1903 an die I. Wiener Augenklinik als Assistent von Isidor Schnabel. Im selben Jahr gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Ophthalmologischen Gesellschaft in Wien. Im Sommer 1908 war er für 2 Monate an der Univ.-Augenklinik in Freiburg im Breisgau bei Theodor Axenfeld tätig, um sich auf dem Gebiet der Bakteriologie des Auges fortzubilden. 1908 verstarb Schnabel auf dem Wege zu seiner Klinik - gemäß dem Motto „Der König ist Tod - es lebe der König” übernahm Lauber dessen Funktion. Seine ersten Schüler hierbei waren die drei Professorensöhne Lorenz, Frühwald und Hofmann. 1909 habilitierte Lauber sich in Wien für Augenheilkunde und leitete supplierend die Wiener I. Univ.-Augenklinik bis 1910, als Friedrich Dimmer - der Schwager von Fuchs - seine Tätigkeit als Vorstand aufnahm. Im Weltkrieg 1914/18 diente Lauber in der österreichischen Armee, zuletzt am östlichen Kriegsschauplatz. Nach einer Tätigkeit als Chefarzt der Augenabteilung des Kriegsspitals in Grinzing (1918 - 1919), als Vorstand der Augenabteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien (1919 - 1921) sowie des Augenambulatoriums im Kaiser-Franz-Joseph-Spital (1921 - 1925), wurde er 1925 Primarius der Augenabteilung des Krankenhauses der Stadt Wien in Lainz, die als schönste Augenabteilung Wiens galt. 1926 stand Lauber „tertio et aequo loco” mit Karl David Lindner im Vorschlag für die Besetzung der II. Lehrkanzel für Augenheilkunde an der Wiener Universität.

In die Lainzer Zeit fällt zweimal ein Ruf an die Universität Warschau, den Lauber wegen der dort nur ungenügend ausgestatteten Klinik und seiner nur wenig erfolgversprechenden Verbesserungswünsche jedoch nicht annahm. Aufgrund einer ausgesprochen großzügigen finanziellen Zuwendung einer in die USA ausgewanderten Polin mit Zweckbindung für die Warschauer Univ.-Augenklinik unter der Voraussetzung der Übernahme durch Lauber als Vorstand, war jedoch die Finanzierung für die erforderlichen Investitionen gegeben. Lauber nahm den erneuten Ruf 1931 an und hielt seine Antrittsvorlesung Anfang 1932. Somit darf er durchaus zu den prominenten medizinischen Auswanderern aus Österreich gezählt werden - wie beispielsweise schon über hundert Jahre zuvor Johann Nepomuk Rust -, die in ihrem Heimatland kein berufliches Fortkommen mehr sahen. In der Zeit bis zur deutschen Besatzung führte Lauber die Warschauer Univ.-Augenklinik zu einer Institution ersten Ranges. 1940 konnte Lauber selbst als Dekan der medizinischen Fakultät der Warschauer Universität deren Schließung durch die deutsche Besatzung nicht verhindern und nahm danach seine Funktion als Leiter der Augenklinik in Krakau auf. Außerdem war er für die Trachombekämpfung im Generalgouvernement verantwortlich. Ende des Krieges hielt sich Lauber in Wien auf und war u. a. seit 1945 als Gastarzt an der II. Univ.-Augenklinik tätig.

1946 stellte Polen an Österreich ein Auslieferungsersuchen, dessen Grundlage unwahre und fachlich wenig qualifizierte Behauptungen eines polnischen Arztes bildete. Lauber wurde verhaftet. In den Wirren der Nachkriegszeit gelang es den Angehörigen schon alleine wegen der schwierigen Beschaffung von Entlastungsbeweisen und Zeugenaussagen etc. nur mit großen Mühen, die einzelnen Anklagepunkte zu widerlegen. Österreich lieferte dann zwar Lauber gemäß einer vier Jahre dauernden Entscheidung nicht aus, aber dessen letzte Lebensjahre waren natürlich durch die zähen Verhandlungen außerordentlich getrübt. Hinzu kamen finanzielle Sorgen. Eine für die amerikanische Armee in Linz ausgeübte augenärztliche Tätigkeit als Konsiliarius brachte nur geringe finanzielle Entlastung. Lauber verlebte seine letzten Lebensjahre in der amerikanischen Besatzungszone im Westen Österreichs und verstarb am 3. März 1952 in Salzburg, ein Jahr nach seinem goldenen Doktorjubiläum.

Lauber war Mitglied mehrerer ärztlicher Gesellschaften. Seine internationale Anerkennung wurde in Einladungen zu nationalen und internationalen Kongressen deutlich. Für den internationalen Ophthalmologenkongress 1929 war er Mitarbeiter an einem Referat über die Vereinheitlichung der Perimetrie.

Sein wissenschaftlicher Nachlass ist bedeutend: ca. 150 Arbeiten, davon 5 Bücher bzw. Monographien. Lauber beschäftigte sich insbesondere mit der normalen und pathologischen Anatomie des Auges, der Untersuchung des Fundus im rotfreien Licht, der Behandlung des Trachoms sowie mit dem Gesichtsfeld bzw. dessen Untersuchung mittels der Perimetrie. Als sein literarisches Monument darf wohl seine 1944 erschienene Monographie „Das Gesichtsfeld” angesehen werden.

Lauber gehört zu den hervorragenden Vertretern seines Faches und eine Erinnerung an ihn - und viele weitere Vorgänger auf dem Gebiet der Augenheilkunde - bietet auch die Gelegenheit, inne zu halten und das eigene Handeln zu überdenken. So wie es auch der inzwischen verstorbene Wolfgang Funder anlässlich der Zusammenkunft der JULIUS-HIRSCHBERG-GESELLSCHAFT 1993 in Wien tat und über das Lebenswerk Laubers referierte. Laubers Ehegattin verstarb zwar bereits 1942, aber seiner Tochter Jutta war es vergönnt, das Wirken ihres Vaters im Eröffnungsvortrag der besagten Veranstaltung gewürdigt zu wissen.

F. Krogmann

Thüngersheim

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