Zusammenfassung
Mit der vorliegenden Studie wird der Frage nachgegangen, ob gewerblich verursachte
Belastungen mit polychlorierten Dioxinen und Furanen (PCDD/F) sowie mit Hexachlorcyclohexan
(HCH) an häusliche Kontaktpersonen übertragen werden können. Untersucht wurden die
Konzentrationen an PCDD/F insgesamt, berechnet als toxische Äquivalente (TEQ) gemäß
BGA/UBA sowie speziell an 2,3,7,8-TCDD („TCDD”) und β-HCH im Blut oder im Fettgewebe
bei ehemaligen Mitarbeitern eines früher (bis 1984) in Hamburg angesiedelten Betriebes
zur Herstellung von Insektiziden (HCH-Basis) und Herbiziden (T-Säure-Basis). Hiermit
in Vergleich gestellt wurden die entsprechenden Befunde bei Frauen, die mit diesen
Männern in häuslicher Gemeinschaft lebten bzw. noch zusammenleben und die keinen sonstigen
Kontakt mit den betreffenden Chemikalien hatten. Für TCDD und TEQ liegen verwertbare
Befunde von 14 Paaren vor, für β-HCH von 11.
Bezüglich TCDD und TEQ treten bei den Frauen Werte auf, die das Ausmaß der für die
Allgemeinbevölkerung geltenden sog. Hintergrundbelastung deutlich übersteigen und
die eine Abhängigkeit von den bei den Männern festgestellten Belastungen erkennen
lassen. Das Verhältnis der bei den Frauen ermittelten Konzentrationen zu denjenigen
bei den Männern bewegt sich bei diesen Schadstoffen um 10 %. Die Gefährdung der Kontaktpersonen
dauert wegen der sich nur langsam und metabolisch kaum verändert vollziehenden Ausscheidung
der betreffenden Schadstoffe über die Haut und die Fäzes auch über den Zeitraum der
Exposition hinaus an. Aus einer zusätzlich bei einem Einzelfall unternommenen Untersuchung
ergibt sich der Hinweis, dass bei diesem Vorgang die Wäsche eine maßgebliche Überträgerrolle
spielen kann. Auch bezüglich β-HCH fanden sich bei einigen Frauen erhöhte Werte, die
bis 10 % der bei den männlichen Partnern ermittelten Belastungen ausmachen. Ingesamt
sind die Unterschiede gegenüber der Allgemeinbevölkerung jedoch weniger auffällig
als beim TCDD und TEQ. Die klinische Bedeutung der bei den Frauen erhobenen Befunde
bedarf weiterer Beobachtungen.
Transfer at Home of 2,3,7,8 Tetrachlorodibenzo-p-dioxin and β-Hexachlorocyclohexane?
Persons living together with workers who have been exposed to dioxins, furans or hexachlorocyclohexane,
accumulate increased concentrations of these molecules in the blood and in fatty tissue,
in comparison with normal people. This result is based on an investigation of 14 workers
and their female partners. The workers had been contaminated with high concentrations
of 2,3,7,8-TCDD and moderate concentrations of β-HCH, respectively, in contrast with
their female partners who had never been exposed to these poisons. Nevertheless, the
female partners accumulated a significant amount of these molecules, corresponding
to 10 % of the concentrations of their male partners. The origin of this correlation
is still unknown. As a working hypothesis, we discuss the possibility of molecular
transfer by clothing and underwear. The clinical consequences of these findings are
still unclear. Further observations are needed.
Key words
Dioxins - 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin - Hexachlorocyclohexane - Home-transfer
of Industrial Toxic Agents - Blood
Literatur
- 1
Manz A, Päpke O.
Secundary exposure of female partners by occupationally exposed workers to PCDD/Fs
and β-HCH (home transfer).
Organohalogen Comp.
1999;
91
217-220
- 2
Manz A, Berger J, Dwyer J H, Flesch-Janys D, Nagel S, Waltsgott H.
Cancer mortality among workers in chemical plant contaminated with dioxin.
Lancet.
1994;
338
959-964
- 3
Flesch-Janys D, Berger J, Gurn P, Manz A, Nagel S, Waltsgott H, Dwyer J H.
Exposure to Polychlorinated Dioxins and Furans (PCDD/F) and Mortality in a Cohort
of Workers from a Herbicide-producing Plant in Hamburg, Federal Republic of Germany.
Amer J Epidem.
1995;
142
1165-1175
- 4 Manz A. Untersuchungen zur Mortalität und Morbidität Dioxin- und furan-exponierter
Chemiearbeiter. Knecht U, Manz A, Walter D, Woitowitz HJ Arbeitsbedingte Gefährdung
durch halogenierte Dioxine und Furane - Untersuchungen zur Belastungssituation in
der Arbeitswelt und zur Mortalität und Morbidität exponierter Chemiearbeiter. Forschungsbericht
der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Berlin Bremerhaven; Wirtsch-Verlag NW 1999
- 5
Päpke O, Herrmann T, Ball M.
PCDD/PCDFs in humans. Follow up background data for Germany 1996.
Organohalogen Comp.
1997;
33
530-534
- 6 Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie .Untersuchungsprogramm „Dioxin”. Ergebnisbericht
Heidelberg; Eigendruck 1990
- 7
Gurn P, Becher H, Flesch-Janys D, Jung D, Konietzko J, Manz A, Päpke O.
Abbau von polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen und Dibenzofuranen (PCDD/F) und mögliche
Einflussfaktoren bei exponierten Chemiearbeitern.
Gesundheitswesen.
1995;
57
533
- 8
Jung D, Becher H, Flesch-Janys D, Gurn P, Konietzko J, Manz A, Päpke O.
Elimination of β-hexachlorocyclohexane (HCH) in occupationally exposed persons.
J Toxicol Environm Health.
1997;
51
23-24
- 9
Wetzel S, Reichmuth J, Heeschen H.
Belastung Erwachsener mit persistenten Organochlorverbindungen.
Ernähr-Umschau.
1993;
40
11-15
- 10
Rohde S, Moser G A, Päpke O, McLachlan S M.
Faecal Clearance of PCDD/Fs in Occupationally Exposed Persons.
Organohalogen Comp.
1997;
33
408-413
- 11
Geusau A, Tschachler E, Meixner M, Sandermann S, Päpke O, Wolf C, Valic G, Stingl G,
McLachlan M.
Olestra increases faecal excretion of 2,3,7,8-tetrachlordibenzo-p-dioxin.
Lancet.
1999;
354
1266-1267
- 12
Fürst F, Fürst C, Wilmers K.
PCDDs and PCDFs in Human Milk. Statistical Evaluation of a 6-Year-Survey.
Chemosphere.
1992;
25
1029-1038
- 13
Horstmann M, McLachlan M S.
Textiles as a Source of Polychlorinated Dibenzo-p-dioxins and Dibenzofurans (PCDD/F)
in Human Skin and Sewage Sludge.
Environm Sci & Pollut Res.
1994;
1
15-20
- 14
Nagel S, Berger J, Flesch-Janys D, Manz A, Olrogge J.
Gesamt- und Krebsmortalität von Frauen, die in einer Herbizide produzierenden Fabrik
gegenüber polychlorierten Dibenzo-dioxinen und -furanen exponiert waren.
Informat Biometr u Epidem.
1994;
25
32-38
- 15
Elsner G, Nienhaus A, Hensel N, Roscher G, Kauffmann M, Solbach C, Krohn M.
Occupational and environmental factors and the risk of breast cancer.
Zbl Arb med.
1999;
49
373-380
- 16 Teleky L. Gewerbliche Vergiftungen. Berlin, Göttingen, Heidelberg; Springer 1955
- 17 Baader E W. Berufskrankheiten. München, Berlin; Urban +Schwarzenberg 1960 5. Aufl
- 18
Groszgarten K, Woitowitz H J.
Erkrankungen der Pleura durch Asbest.
D Ärztebl.
1993;
90
466-472
- 19
Kjaergard-Jorgensen N.
Pleura plaques after non work related exposure to asbestos (dänisch).
Ugeskr Laeg.
1981;
143
548-550
Prof. Dr. med. X. BAUR
Direktor des Zentralinstitutes für Arbeitsmedizin der Universität Hamburg
Adolph-Schönfelder-Straße 5
22083 Hamburg