Pneumologie 2001; 55(5): 253-257
DOI: 10.1055/s-2001-13947
MITTEILUNGEN
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Behandlung des Asthma bronchiale nach einem neuen bedarfsorientierten Behandlungsplan: Asthma Control Plan (ATACO)

Treatment of Bronchial Asthma According to a New Treatment Plan Based on Requirements: Asthma Control Plan (ATACO)P. Kardos1 , B. Brüggenjürgen2 , A. Martin3 , W. Meyer-Sabellek3 , K. Richter4 , C. Vogelmeier5 , S. N. Willlich2 , R. Buhl6
  • 1Gemeinschaftspraxis & Pneumologisch-Allergologisches Zentrum Maingau Krankenhaus, Frankfurt/Main
  • 2Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Charité, Med. Fakultät der Humboldt-Universität, Berlin
  • 3Medical Department AstraZeneca GmbH, Wedel
  • 4Pneumologisches Forschungsinstitut am Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
  • 5Klinik für Innere Medizin - Schwerpunkt Pneumologie, Klinikum der Philipps-Universität, Marburg
  • 6Schwerpunkt Pneumologie, Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Further Information

Dr. med P Kardos

Gemeinschaftspraxis und
Pneumologisches-allergologisches Zentrum
Maingau Krankenhaus

Scheffelstraße 33
60318 Frankfurt am Main

Email: E-mail: Peter.Kardos@netsurf.de

Publication History

Publication Date:
31 December 2001 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung:

Die synergistisch wirkende Kombination aus inhalativen Kortikosteroiden und langwirksamen β2-Agonisten ist derzeit für die Behandlung des mittelschweren und schweren Asthmas (ab Stufe 3 der Therapieempfehlung der Deutschen Atemwegsliga) vorgesehen. Mit fixen Kombinationen dieser Substanzklassen stehen einfach anzuwendende, die Compliance fördernde Medikamente zur Verfügung. Im Rahmen einer breit angelegten randomisierten zweiarmigen offenen Studie an 8000 Patienten mit leichtem und mittelschwerem Asthma soll die feste Kombination aus 6 μg Formoterol und 200 μg Budesonid pro Hub - aus dem Pulverinhalator, verabreicht nach einem neuen bedarfsorientierten Therapieplan, (Asthma-Kontroll-Plan) - gegen die konventionelle Therapie mit festgeschriebener Standarddosierung von 2 × 2 Hub derselben festen Kombination geprüft werden. Das Ziel der Studie besteht darin, den Einfluss dieser zwei Asthma-Therapieschemata auf Lebensqualität, Symptomkontrolle und Kosten miteinander zu vergleichen. In der mit nur 2 × 1 Hub niedrigdosiert behandelten Asthma-Kontroll-Plan-Gruppe wird der Patient bei Verschlechterung die Dosis nach festgelegten klinischen und Peak flow-Kriterien für die Dauer einer Woche verdoppeln bzw. vervierfachen, nach Besserung wieder halbieren. Durch diese bedarfsorientierte Therapie mit Erhöhung des langwirksamen β2-Agonisten könnte eine rasche Symptomlinderung und durch die synchrone Erhöhung des inhalativen Steroids später eine günstige Beeinflussung der zugrunde liegenden asthmatischen Entzündung eintreten. Im Erfolgsfall könnten sich bei zumindest gleichbleibender Symptomkontrolle im Vergleich zur konventionell behandelten Gruppe günstige Effekte auf die Lebensqualität und auf die Behandlungskosten nachweisen lassen. Zukünftige Empfehlungen für das leichte und mittelschwere Asthma (Stufe 2 und 3 der Deutschen Atemwegsliga) könnten dann unter Berücksichtigung von festen Kombinationen einfacher gestaltet werden.

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The Treatment of Asthma: A Study (ATACO Asthma Control Plan) Introducing a New Adjustable Combination-Treatment Plan:

The current guideline of the German Respiratory League (Deutsche Atemwegsliga) recommends the synergistic combination therapy with long acting β2-agonists and inhalative corticosteroids only for patients suffering from moderate to severe persistent asthma (step 3 and 4 of the asthma severity scale). Now convenient fixed combinations of these substances are available, which could enhance patient's compliance. A large, randomised, parallel-group study in 8000 mild to moderate asthmatics was designed to compare a flexible asthma control plan with the conventional fixed-dose management with respect to quality of life, symptom control and treatment costs. The fixed combination of 6 μg Formoterol and 200 μg Budesonide per puff in a new dry powder device was applied either due to a novel flexible asthma control plan „ATACO” (group A) or as a standardised conventional dosing regimen (group B) inhaling two puffs b. i. d. In group A (ATACO) patients reduce the run-in dose after four weeks from two puffs b. i. d. to one puff b. i. d. with the option of doubling the dose immediately, if (pre-defined) asthma deterioration occurs. One week later the dose can be either doubled again or reduced due to the actual asthma symptoms of the patient. After run-in, group B patients continue to take two inhalations b. i. d. In this group, asthma exacerbations will be managed as usual by the physician. In contrast, the ATACO group flexible management plan allows the self-medication: an immediate increase in the dose of the fixed combination will lead to both a fast relief of bronchospasm and an automatically higher dosed corticosteroid treatment for the underlying asthmatic inflammation. Conversely, if later asthma symptoms improve, less reliever and controller medication will be needed and used. The immediate treatment of new onset bronchospasm and asthmatic inflammation by the patient himself could maintain at least the same grade of asthma control, as the conventional group B treatment, improve asthma-related quality of life and decrease treatment costs. If the concept works, fixed combinations of long-acting β2 agonists and inhalative corticosteroids could have an impact on future asthma guidelines.

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Einleitung

Inzidenz und Prävalenz von Allergien und Asthma nahmen in dem letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts in den Industrieländern rapide zu [1]. Diese Entwicklung war anfangs von einem Anstieg der Asthmamortalität begleitet. Nach Umsetzung einer konzeptionellen Änderung der Behandlung des Asthma bronchiale - mit Einführung einer antientzündlichen Dauertherapie vornehmlich mit inhalativen Kortikosteroiden - zeichnet sich derzeit ein Abfall der Asthmamortalität ab. Die meisten Asthma-Patienten können mit modernen, inhalativen Medikamenten, vor allem Kortikosteroiden und langwirksamen β2-Agonisten so gut eingestellt werden, dass sie nur noch selten, - bei Bedarf - kurzwirksame β2-Mimetika („Notfallmedikation”) zu inhalieren brauchen. Allerdings sind Asthma-Patienten nach wie vor, in der Regel auf eine regelmäßig anzuwendende Dauertherapie angewiesen. Obwohl prinzipiell zu erwarten wäre, dass unter konsequenter Ausschöpfung der Therapiemöglichkeiten eine beinahe beschwerdefreie Lebensführung ermöglicht werden kann, werden in der Praxis die von der Global Initiative for Asthma (GINA) [2] [3] angegebenen Therapieziele bei weitem nicht erreicht. In einer aktuellen europäischen Studie (AIRE, Asthma Insights and Reality in Europe [4]) gaben in Deutschland 85 % der befragten Asthmatiker an, irgendeine Beeinträchtigung durch ihr Asthma in der vergangenen Woche gehabt zu haben. Zu diesem unerwartet ungünstigen Ergebnis trägt bei, dass zwar 54 % der Patienten eine antientzündliche Medikation verordnet bekamen, diese aber nur 26 % angewendet haben.

Defizite in der Therapie sind demnach zum Teil durch die nicht optimale Compliance der Asthma-Patienten zu erklären. Zur Therapie eines mittelschweren Asthmas werden immerhin mindestens drei verschiedene Medikamente benötigt.

  • Ein antientzündliches Dauermedikament (zum Beispiel ein inhalatives Kortikosteroid)

  • Ein Notfallmedikament für die Anfallsbehandlung (kurzwirksames β2-Adrenergikum)

  • Ein langwirksames Medikament zur besseren Symptomkontrolle (z. B. langwirksames β2-Adrenergikum, Theophyllin oder Leukotrien-Antagonist).

Dabei ist für den Patienten nur die Wirkung des β2-Adrenergikums - durch sofortige Erleichterung der Atemnot - subjektiv wahrnehmbar. Kortikosteroide sollte er sozusagen „in gutem Glauben” inhalieren, um Tage später keine Atemnot zu bekommen. Um diesem Manko in der Asthmatherapie abzuhelfen, lag es nahe, insbesondere (langwirksame) β2-Adrenergika mit inhalierbaren Kortikosteroiden als feste Kombination anzuwenden.

Der übermäßige Gebrauch von kurzwirksamen β2-Adrenergika gerade durch Patienten mit schwerer asthmatischer Entzündung und konsekutiver Atemnot bringt zwar eine momentane Linderung. Er führt jedoch nicht zur Besserung der dem Asthma zugrundeliegenden Entzündung und kann daher letztlich eine Verschlechterung der langfristigen Asthma-Kontrolle und die Zunahme der Asthma-Mortalität [5] verursachen.

Langwirksame β2-Adrenergika führen zu einer über 12 Stunden anhaltenden Bronchodilatation ohne den entzündlichen asthmatischen Prozess positiv oder negativ zu beeinflussen [6]. Da Asthma - definitionsgemäß - nicht nur eine entzündliche, sondern auch eine muskuläre Komponente beinhaltet, waren additive Therapieeffekte von einer derartigen Kombinationstherapie ohnehin zu erwarten. In der klinischen Praxis fanden sich sogar überadditive Wirkungen der Kombination von inhalativen Kortikosteroiden und langwirksamen β2-Adrenergika [7] [8] [9]. Die Dosis des inhalativen Kortikosteroids konnte auf die Hälfte oder ein Viertel reduziert werden. Gleichzeitig wurden sowohl die Lungenfunktion [FEV1, Peak flow (PEF)], als auch die Häufigkeit der Exazerbationen und die Lebensqualität signifikant und klinisch relevant durch die Kombinationstherapie günstig beeinflusst. Der molekularbiologische Hintergrund für diesen Synergismus wurde auf Rezeptorebene erst kürzlich analysiert [10] [11]. Zwar wirken auch Theophyllin [12] oder Leukotrien-Antagonisten in Kombination mit inhalativen Kortikosteroiden additiv, der Effekt der Kombination mit langwirksamen β2-Agonisten scheint überlegen zu sein [13].

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Feste Kombinationen

Auf der Evidenz-basierten Grundlage der Studienerfolge mit der Kombinationstherapie von niedrigdosierten inhalativen Kortikosteroiden und langwirksamen β2-Adrenergika wurden feste Kombinationen dieser Antiasthmatika entwickelt.

Die pharmakologische Grundlage der Kombination bilden dabei

  • die synergistische Wirkung der beiden Komponenten

  • die Notwendigkeit, bei vielen Patienten beide Medikamente gleichzeitig anwenden zu müssen und

  • das übereinstimmende Dosierungsintervall (zwölfstündlich)

Langwirksame β2-Adrenergika und inhalative Steroide ergänzen sich dabei nahezu in idealer Weise.

Der große Erfolg des ersten eingeführten Kombinationspräparates aus Salmeterol und Fluticason bestätigt unter realen Sprechstundenbedingungen die Ergebnisse aus den erwähnten Studien, die neuen molekularbiologischen Erkenntnisse über den Wirkungsmechanismus und die günstigen, sich ergänzenden pharmakologischen Eigenschaften. Die Kombination aus Salmeterol und Fluticason ist mit drei verschiedenen Fluticason-Dosen für die Dauertherapie zugelassen. Empfohlen wird die täglich zweimalige Anwendung. Falls unter dieser Therapie gelegentlich asthmatische Beschwerden auftreten, wird zusätzlich ein kurzwirksames β2-Adrenergikum inhaliert.

Ein jetzt neu zugelassenes weiteres Kombinationspräparat - aus Formoterol und Budesonid - weist wichtige pharmakokinetische Unterschiede im Vergleich zu Salmeterol/Fluticason auf: Formoterol ist nicht nur über zwölf Stunden bronchodilatatorisch wirksam, es hat auch einen raschen Wirkungseintritt vergleichbar mit Salbutamol oder Fenoterol. Die Substanz ist mittlerweile außer als langwirksames β2-Adrenergikum für die Dauertherapie zusätzlich zur Behandlung akuter Asthma-Symptome zugelassen.

Die gewählte Dosierung des Formoterols (6 μg/Hub) in der festen Kombination erlaubt es aus dem Inhalator ein, zwei oder vier Hub zu dosieren und entsprechend der Dosis-Wirkungsbeziehung von Formoterol damit auf den aktuellen bronchodilatatorischen Bedarf des Patienten einzugehen. Ein gelegentlich erhöhter Bedarf an β2-Adrenergikum bewirkt automatisch eine anteilige Erhöhung der Dosierung des Kortisons. Je mehr β2-Adrenergikum benötigt und angewendet wird, umso höhere Dosen des inhalativen Kortisons werden mitappliziert. Die dem Bronchospasmus zugrundeliegende Entzündung wird so mit inhalativem Kortison behandelt, welches quasi automatisch entsprechend der Schwere der Entzündung dosiert wird. Nach Besserung der Entzündung wird der Bedarf an Bronchodilatatoren abnehmen und somit auch die mitverabreichte Kortisondosis.

Die Kombination aus Formoterol und Budesonid eignet sich potenziell nicht nur für die Dauertherapie des Asthmas mit fest angesetzter Dosis (z. B. tgl. 2 × 2 Hub), wie in den geltenden internationalen und nationalen Therapieempfehlungen [14] vorgesehen ist. Denkbar wäre theoretisch auch die Behandlung akuter Asthmasymptome anstelle eines kurzwirksamen β2 Agonisten. Dabei könnte die Gabe eines inhalierbaren Kortikosteroids zusätzlich zum β2-Adrenergikum sogar vorteilhaft sein. Rodrigo et al. konnten die Wirksamkeit (hochdosierter) inhalativer Steroide selbst im Status asthmaticus nachweisen [15]. Ein paradoxer (bronchospastischer) Effekt, wie früher befürchtet wurde, wurde in einer anderen Studie ausgeschossen [16]. Noch liegen allerdings keine Studien vor, welche die Bewährung einer solchen „liberalisierten” Dauertherapieempfehlung wissenschaftlich nicht nur im Hinblick auf die Wirksamkeit, sonder auch auf Kosten und Praktikabilität bewerten würden. Auch das optimale Dosisverhältnis zwischen dem β2-Agonisten und dem Kortikosteroid muss noch erarbeitet werden.

Da Kortikosteroide keinen Soforteffekt haben, konnten bislang keine Studien zu einem flexiblen, oder gar völlig liberalisiertem Kortikosteroid Dosismanagement ( = Anwendung je nach Bedarf, d. h. nach dem Grad der Asthma-Kontrolle) durchgeführt werden. Mit Vorliegen einer Kombination aus einem schnell und lange wirksamen Bronchodilatator und einem Kortikosteroid besteht erstmals die Möglichkeit, über die Messung von Surrogatparametern (PEF, Asthma Symptomscore nachts und Verbrauch an kurzwirksamen β2-Mimetika) eine an dem aktuellen Grad der asthmatischen Entzündung orientierte Behandlung mit einem inhalativen Kortikosteroid zu prüfen. Bei Anwendung des Kortikosteroids aus einem zweiten Inhalator würden die Ergebnisse der Studie von vorneherein durch die Compliance in Frage gestellt werden müssen: die gleichzeitige Inhalation des Kortikosteroids und des β2-Adrenergikums bei akuter Verschlechterung könnte nicht sichergestellt werden.

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Die ATACO-Studie und der Asthma-Kontroll-Plan

Als erster Schritt auf diesem Wege wurde die ATACO-Studie, ein 1 : 1 randomisierter zweiarmiger offener Parallelgruppenvergleich geplant. Nach einer vierwöchigen Vorphase unter Therapie mit Formoterol (2 × 12 μg) und Budesonid 2 × 400 μg) als feste Kombination werden die Patienten in zwei Gruppen randomisiert: Gruppe A wird die konventionelle Dosierung halbieren und die Möglichkeit erhalten, bei Verschlechterung (der klinischen Symptomatik und/oder des Peak flow) die Dosis zu erhöhen, bzw. bei erfolgter Besserung wieder zu reduzieren. Gruppe B wird mit unveränderter, in der Praxis üblicher Dosis, wie in der Vorphase gegeben, entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga [14] weiterbehandelt (Abb. [1]). Für Gruppe A wurde ein Asthma-Management-Plan (Asthma-Kontroll-Plan) ausgearbeitet. Unter der aus den Kombinationsstudien [7] [8] [9] abgeleiteten Vorstellung, dass für die Dauerbehandlung des Asthmas kleinere als die üblichen inhalativen Kortisondosen ausreichen, wenn Steroide mit langwirksamen β2-Agonisten kombiniert werden, wurde eine Basistherapie für leichtes bis mittelschweres stabiles Asthma entwickelt: 2 × 1 Hub aus dem Kombinationspräparat, entsprechend 2 × 6 μg Formoterol und 2 × 200 μg Budesonid täglich. Der Studienteilnehmer erhält die Möglichkeit, die Dosis des Kombinationspräparates nach dem „Asthma-Kontroll-Plan” den aktuellen Bedürfnissen des Asthmas anzupassen. Eine relevante Verschlechterung des Asthmas wurde nach Kriterien aus Symptomatik, PEF und zusätzlichem Bedarf an β2-Agonisten (s. unten) definiert. Die Patienten sollen bei Verschlechterung - sobald eines der Kriterien zutrifft - die Dosis des Kombinationspräparates für die Dauer einer Woche verdoppeln. Der Patient bekommt damit unmittelbar höhere Formoterol-Dosen für die rasche Symptomlinderung. Die Verschlechterung wird aber auch frühzeitig und synchron - entsprechend den heutigen Vorstellungen über die Natur solcher Exazerbationen - mit einer verdoppelten Kortisondosis behandelt. Unter der Überlegung einer verzögert einsetzenden Steroidwirkung wurde die Dauer der Behandlung mit der erhöhten Dosis zunächst auf eine ganze Woche nach Beginn der Verschlechterung festgelegt. Bei Wohlbefinden sollte die Dosis danach wieder reduziert, oder bei nicht ausreichender Wirkung nochmals für eine Woche im Rahmen der zugelassenen Dosierung von Formoterol und Budesonid auf 2 × 4 Hub (2 × 24 μg, resp. 2 × 800 μg) verdoppelt werden.

Folgende Kriterien wurden in dieser Studie für die Asthma-Verschlechterung verwendet:

  • Abfall des PEF unter 80 % des Referenzwertes. Dieser Wert wird während der Vorphase unter Therapie mit konventionellen Steroiddosen (2 × 400 μg Budesonid/die und 2 × 12 μg Formoterol/die) als Durchschnittswert ermittelt.

  • nächtliche Asthmasymptomatik oder

  • die Notwendigkeit, das kurzwirksame β2-Mimetikum als Notfallmedikation mehr als 2× täglich zu benützen

Die Patienten werden entsprechend geschult.

Die Abb. [2] zeigt den Asthma-Kontroll-Plan, wie er dem Patienten im Rahmen der Studie zur Verfügung gestellt wird.

Als primärer Zielparameter der Studie wurde die Lebensqualität gewählt, da durch die rasche Reaktion auf eine verschlechterte Asthma-Kontrolle durch Dosiserhöhung sowie durch einen insgesamt möglicherweise geringeren Medikamentenbedarf eine bessere Lebensqualität erwartet werden kann. Sekundäre Zielparameter sind Peak flow, Asthma Symptomscores und direkte bzw. indirekte Kosten. Es wird angenommen, dass bei gleichbleibender Symptomkontrolle die bedarfsadaptierte (zunächst niedriger dosierte) Asthmatherapie kostengünstiger sein könnte.

Studien, die neben dem konventionellen Wirksamkeitsnachweis auch den Nutzen verschiedener Therapieoptionen für unterschiedliche Patientengruppen im therapeutischen Alltag untersuchen, müssen besondere Anforderungen erfüllen:

  1. Für den konventionellen Wirksamkeitsnachweis ist eine Probandenzahl ausreichend, welche statistisch nach den primären Zielparametern, der Anzahl der vorab definierten Patientengruppen, der voraussichtlichen „dropout” Rate sowie unter Berücksichtigung des primären Auswertungskollektivs berechnet wird. Je homogener (hinsichtlich Krankheitsstadium, Lungenfunktion, mögliche Vor- und Begleittherapie, Patientenalter usw.) die Patientengruppe ist, umso kleinere Patientenzahlen reichen aus, um statistisch signifikante Ergebnisse zu sichern. Der Nachteil kann trotz signifikanter und ggf. klinisch relevanter Ergebnisse eine eingeschränkte Aussagekraft für die Vielfalt von Patienten in der täglichen Praxis sein. Studien, aus denen Empfehlungen für den therapeutischen Alltag abgeleitet werden sollen, sollten daher möglichst alle relevanten Patientengruppen eingeschlossen haben, um eine hohe sogenannte „externe Validität” zu erreichen.

  2. Nur eine hohe Patientenzahl erlaubt zusätzlich auch Aussagen über den Anteil von Patienten, die nicht in der Lage sind, den Dosierungsempfehlungen zu folgen bzw. die Studie wegen unzureichender Compliance oder Unverträglichkeit abbrechen.

Bei der ATACO-Studie wurden beide Gesichtspunkte berücksichtigt und sowohl auf eine große Patientenzahl als auch auf ein praxisnahes, an der Routine der täglichen Patientenversorgung orientiertes Design besonderer Wert gelegt:

  • breite multizentrische Rekrutierung von Patienten nicht nur aus pneumologischen Praxen und Klinikambulanzen, sondern auch aus Allgemeinpraxen.

  • 8000 steroidpflichtige Asthma-Patienten werden in leichte und mittelschwere Fälle prospektiv stratifiziert, um statistisch valide Daten für die meisten potentiellen Anwender zu bekommen

  • die Einschluss- und Ausschlusskriterien wurden so gewählt, dass praktisch jeder symptomatische steroidpflichtige Asthma-Patient mit Schweregrad 2 oder 3 eingeschlossen werden kann.

  • durch eine relativ niedrige Altersgrenze (unter 50 Jahren), die geforderte Reversibilität der Obstruktion und einen weitgehenden Ausschluss der Raucher sollte die Diagnose Asthma in Abgrenzung zur COPD - trotz der Breite der Studie - zuverlässig gestellt werden können.

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Zukünftige Möglichkeiten der Anwendung von festen Kombinationen

Mit dem hier vorgestellten Asthma-Kontroll-Plan wird dem - zuvor durch den behandelnden Arzt geschulten - Asthmapatienten die Möglichkeit eingeräumt, durch ein relativ flexibles Reagieren die medikamentöse Behandlung seinem aktuellen Zustand zeitnahe anzupassen.

Zwar eröffnen validierte, komplexe Asthma-Schulungsprogramme [17] schon derzeit die Möglichkeit einer Anpassung der Therapie nach definierten Kriterien. Es handelt sich hierbei jedoch fast immer um eine Erhöhung der inhalativen - oder gar Initiierung einer systemischen Steroidtherapie. Diese Programme erreichen lediglich das relativ kleine Patientenkollektiv der durch ambulante oder stationäre Rehabilitation exzellent geschulten Patienten. Der Ausweitung dieses Kollektivs durch flächendeckende ambulante Schulungen - etwa in pneumologischen Praxen - sind durch die Budgetierung des Honorars enge Grenzen gesetzt worden.

Ein weiterer Unterschied des Asthma-Schulungsprogramms zum Asthma-Kontroll-Plan ist, dass derzeitige Empfehlungen für die Patientenschulung die Erhöhung der Dosis der langwirksamen β2-Agonisten nicht beinhalten, obwohl der Bedarf an β2-Agonisten je nach Schwere der Obstruktion zu- und die Wirkungsdauer abnimmt. Erstmals wird mit dem Asthma-Kontroll-Plan im Rahmen eines prospektiven Vergleichs Patienten und Ärzten die Möglichkeit eröffnet, die Dosis des β2-Agonisten ebenfalls bedarfsgerecht anzupassen.

Falls in der Asthma-Kontroll-Plan-Gruppe die Erwartungen hinsichtlich einer besseren Lebensqualität bei gleichwertiger Asthmakontrolle, niedrigerem Medikamentenverbrauch und niedrigeren Kosten bestätigt werden können, wird man - zunächst im Rahmen kontrollierter Studien - eine weitere Flexibilisierung der Asthmatherapie untersuchen können. Ob sich eine rein symptomorientierte Therapie, wie sie von vielen Patienten heute intuitiv und entgegen den geltenden Therapieempfehlungen angewendet wird, mit dem Kombinationspräparat letztlich als empfehlenswert erweisen wird, kann heute noch nicht beantwortet werden. Das Konzept hätte jedenfalls den großen Vorteil, dass die relativ komplizierten Patienteninstruktionen des Asthma-Kontroll-Planes und beinahe sämtliche Complianceprobleme entfallen würden. Eine solche Behandlung wäre dann für fast alle Asthmapatienten geeignet.

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Abb. 1ATACO Studiendesign.

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Abb. 2Asthma-Kontroll-Plan.

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Literatur

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Dr. med P Kardos

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Scheffelstraße 33
60318 Frankfurt am Main

Email: E-mail: Peter.Kardos@netsurf.de

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Dr. med P Kardos

Gemeinschaftspraxis und
Pneumologisches-allergologisches Zentrum
Maingau Krankenhaus

Scheffelstraße 33
60318 Frankfurt am Main

Email: E-mail: Peter.Kardos@netsurf.de

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Abb. 1ATACO Studiendesign.

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Abb. 2Asthma-Kontroll-Plan.