intensiv 2001; 9(3): 96-106
DOI: 10.1055/s-2001-13064
1. Platz - intensiv-Pflegepreis 2000
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lärm auf Intensivstationen und dessen Auswirkungen auf Patienten und Personal

Teil IDaniel Schrader1 , Nicole Schrader2
  • Neurochirurgische Intensivstation, Universitätsklinik Düsseldorf
  • , Chirurgische Intensivstation, Universitätsklinik Düsseldorf
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Einleitung

„Unnecessary noise then, is the most cruel absence of care which can be inflicted on sick or well.” (Florence Nightingale)

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Lärmproblematik auf Intensivstationen. Die beiden Hauptlärmfaktoren sind das auf den Stationen arbeitende Personal und das Arbeitsgeräusch sowie die akustischen Alarme der Überwachungs- und Therapiegeräte.

Im Zuge des technischen Fortschrittes und der Zunahme der Therapiemöglichkeiten in der Intensivmedizin kommt gerade dem gerätebedingten Lärm auf den Intensivstationen eine besondere Bedeutung zu.

Im deutschsprachigen Raum scheinen die Präsenz von Lärm auf Intensivstationen und dessen zum Teil gravierenden Auswirkungen auf die Patienten und das auf den Stationen arbeitende Personal nicht in dem Maße bewusst zu sein, wie es eigentlich notwendig wäre. Diese Vermutung drängte sich bei der Literaturrecherche zu dieser Arbeit auf. Es existieren in der deutschsprachigen Fachliteratur nur wenige Veröffentlichungen, die sich mit den Themen Lärm, akustischer Stress, Lärmauswirkungen auf Patienten oder Personal und angrenzenden Fachgebieten beschäftigen.

Daher waren wir gezwungen, zum größten Teil auf Veröffentlichungen aus der englischsprachigen Fachliteratur zurückzugreifen. Speziell in der angloameri­kanischen Fachpresse stießen wir auf zahlreiche Quellen, die sich mit der Lärmproblematik auf Intensivstationen auseinander setzen. In den USA, England, Kanada und Australien beschäftigen sich schon seit ca. 20 Jahren Ärzte, Pflegekräfte, Psychologen und andere Berufsgruppen einerseits mit dem Lärmaufkommen und andererseits mit den möglichen Auswirkungen auf Menschen, die diesem Lärm über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind. Zahlreiche Studien und wissenschaftliche Untersuchungen, wie z. B. Lärmpegelmessungen auf diversen Intensivstationen oder Befragungen von Patienten und Mitarbeitern, belegen, dass in diesem Kulturkreis die Bedeutung von Lärm und dessen Auswirkungen in der Intensivtherapie seit langem erkannt sind.

Mit der vorliegenden Veröffentlichung wollen wir versuchen, bei den Lesern dieses Textes das Bewusstsein für die Lärmproblematik auf Intensivstationen zu sensibilisieren.

Die Arbeit gliedert sich in mehrere Teile.

Der erste Teil stellt kurz die physikalischen Grundlagen der akustischen Wahrnehmung vor. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Erläuterung der Dezibelskala gelegt, da im folgenden Text häufig Angaben über Lärmbelastungen in der Einheit Dezibel (dB) gemacht werden.

Der folgende Abschnitt führt mehrere allgemeine Lärmdefinitionen auf und stellt dann die besondere Situation im Intensivpflegebereich vor. Schwerpunkte sind Art und Ausmaß und Ursachen für Lärm in diesem speziellen Bereich. Anschließend werden die möglichen Auswirkungen der beschriebenen Lärmbelastung auf Patienten und Mitarbeiter aufgeführt.

Der folgende Abschnitt stellt mögliche Ideen zur Reduzierung der Lärmbelastung auf Intensivstationen vor. Dieser Maßnahmenkatalog stellt eine Zusammenfassung der in den Literaturquellen aufgeführten Vorschläge dar.

Den Abschluss der Arbeit bildet die Auswertung eines Fragebogens zur Lärmproblematik, den wir an Mitarbeiter des Pflegedienstes der Intensivstationen der Universitätsklinik Düsseldorf ausgeteilt haben. Ziel dieser Umfrage ist zu untersuchen, ob die in den vorausgegangenen Kapiteln dargelegten Aspekte auch für das Pflegepersonal der hiesigen Klinik Relevanz besitzen.

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Daniel Schrader

Neurochirurgische Intensivstation NI04
Universitätsklinik Düsseldorf

Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf

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