Deutsche Zeitschrift für Akupunktur 2000; 43(4): 284
DOI: 10.1055/s-2000-9968
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Karl F. Haug Verlag in MVH Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co. KG

Fallbericht

Evemarie Wolkenstein
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Unsere allgemeine Lehrmeinung besagt, dass Akupunktur - vor allem bei funktionell-reversiblen Erkrankungen eingesetzt - wirksam ist.

Dies bezieht sich primär auf die Erkenntnis, dass Akupunktur zerstörte Strukturen nicht mehr revitalisieren kann. Trotzdem gibt es immer wieder Erfahrungen, die zeigen, dass die Wirksamkeit besonders im Bereich der Schmerztherapie mit Akupunktur trotz zerstörter Strukturen evident wird. Ich möchte Ihnen heute von einem solchen Fall berichten, der mich selbst hinsichtlich seines Therapieerfolgs erstaunt hat.

Es handelt sich um eine im Jahre 1919 geborene Patientin, aus deren Krankengeschichte Folgendes bekannt ist:

Z.n. AE, Z.n. Hysterektomie, Z.n. Carotis-OP re. Diagnosen: Osteoporose mit WK-Einbrüchen BWK 12, LWK 1 / 2, L 5, Sarkoidose mit hepataler Beteiligung, arterielle Hypertonie, COPD, Struma nodosa.

Die schulmedizinische Therapie bezieht sich auf all die oben erwähnten Erkrankungen und wird hier nicht näher erwähnt.

Tatsache ist, dass die Patientin ihre WK-Einbrüche aufgrund einer langjährigen hochdosierten Cortisontherapie, die wegen der Sarkoidose und COPD notwendig war, entwickelte.

Sie kam in meine Praxis, da sie wegen der Schmerzen im WS-Bereich, die auch im Rahmen der schulmedizinischen Intervention (Biphosphonattherapie, Analgetika) nur eine Wegstrecke von 5 Gehminuten mit einem von ihr angegebenen VAS 8,7, zurücklegen konnte. Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, dass sowohl aufgrund des Alters als auch der Vorerkrankungen der Patientin mein Optimismus, die Beschwerden mittels Akupunktur positiv beeinflussen zu können, sehr gering war. Dies teilte ich ihr auch mit. Da die Patientin für sich selbst die Akupunkturtherapie als letzte Möglichkeit zur Hilfe sah, entschied sie sich trotzdem für diese Behandlung.

Mein Programm war: B 11, 23, 25, 30, 31, 60, 62, Dü 3, GB 40, N 3, 6. Dazu verabreichte ich noch Arnika D 4. Therapiefolge 1mal/Woche.

Bereits nach der dritten Behandlung gab die Patientin an, dass sie in der Lage war, eine Gehstrecke von 30 Minuten schmerzfrei zu absolvieren. Ihr VAS war 5,2. Diese doch deutliche Verbesserungstendenz veranlasst uns, weitere Therapien zu beschließen. Ich werde gelegentlich über den Abschluss dieses Falles berichten.

Die Intention dieses Beitrags ist, Ihnen Mut zu machen, auch bei scheinbar aussichtslosen oder sogenannten „austherapierten” Fällen die Akupunktur als Möglichkeit wenigstens für einige Therapiesitzungen auszuprobieren.

E. Wolkenstein

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