Laryngorhinootologie 2000; 79(11): 629-630
DOI: 10.1055/s-2000-8289
HAUPTVORTRAG
Rubrik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Früherkennung kindlicher Hörstörungen

U. Pröschel
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Einleitung

Intakte zwischenmenschliche Kommunikation setzt einen funktionierenden Sender (den sprechenden Menschen) und Empfänger (den hörenden Menschen) voraus. Ein seit Geburt oder früher Kindheit schwerhöriger oder gehörloser Mensch ist darin behindert, Sprache zu erlernen. Eine unversorgte, höhergradige angeborene oder frühkindlich erworbene Hörstörung führt deshalb dazu, dass der Betroffene stumm bleibt. Da beim Menschen die Übertragung von Wissen vorrangig durch Sprache erfolgt, kann es durch die akustische Deprivation und den erschwerten Spracherwerb zusätzlich zu Intelligenzdefekten und zu psychosozialer Isolation kommen.

Ergebnisse elektrophysiologischer Forschung haben Ende der 70er Jahre bereits spezifische sensible Entwicklungsphasen für das Sehvermögen nachgewiesen. Ähnlich entscheidende, besonders sensible Phasen der Entwicklung werden auch für die anderen Sinnesmodalitäten angenommen und sind inzwischen für die Hörbahn im Tierversuch nachgewiesen. Die neuronale Vernetzung findet hauptsächlich in diesen sensiblen Phasen und nur unter akustischer Stimulation statt. Heute wird daher die Versorgung angeborener und frühkindlich erworbener Hörstörungen zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat angestrebt. Realität ist in Deutschland jedoch noch ein Diagnosealter von im Mittel etwa 2¿ Jahren und eine Erstversorgung mit Hörgeräten im Mittel mit frühestens 3 Jahren.

In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten zur Früherkennung kindlicher Hörstörungen vor allem durch die Optimierung und Automatisierung der Screeningverfahren verbessert. Ziel einer Screeninguntersuchung ist nicht, eine sichere Diagnose zu stellen, sondern auffällige Säuglinge und Kleinkinder auszusondern und einer umfassenden Diagnostik zuzuführen. Auch wenn es sich viele Kollegen wünschen, so gibt es derzeit leider noch kein Verfahren, das für sich alleine in der Lage wäre, jede Form der Schwerhörigkeit mit Sicherheit zu diagnostizieren.

Univ.-Prof. Dr. Ute  Pröschel

Abt. für Stimm- und Sprachstörungen sowie Pädaudiologie

Im Neuenheimer Feld 400 69120 Heidelberg

Email: E-mail: Ute_Proeschel@ukl.uni-heidelberg.de

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