Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(9): 593-595
DOI: 10.1055/s-2000-7094-3
MINI-SYMPOSIUM
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wirkungen von Benzodiazepinen und Allgemeinanästhetika am GABAA-Rezeptor: Wo liegen die Unterschiede?

B.  Antkowiak, H.  Hentschke
  • Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen
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Publication Date:
28 April 2004 (online)

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Fragestellung

Der GABAA-Rezeptor ist Zielstruktur vieler klinisch gebräuchlicher Allgemeinanästhetika [11]. Einige Autoren vertreten sogar die Auffassung, daß Substanzen wie Propofol und Etomidat ihre dämpfende Wirkung im Zentralnervensystem ausschließlich über diesen ligandengesteuerten Ionenkanal entfalten [5]. Letztere Hypothese ist jedoch nicht ohne weiteres mit der Tatsache in Einklang zu bringen, daß ein Zustand tiefer Narkose nicht durch Benzodiazepine herbeigeführt werden kann, obwohl diese Substanzen ebenfalls die GABAA-Rezeptor vermittelte Hemmung im Zentralnervensystem verstärken. Was sind die Gründe für diese Diskrepanz? Verschiedentlich werden Sättigungseffekte am Rezeptor als mögliche Ursache diskutiert. Die Evidenzien hierfür sind aber wenig überzeugend. In vitro-Studien haben ergeben, daß einige Allgemeinanästhetika GABAA-Rezeptor-abhängige Cl- Ströme im Bereich klinisch relevanter Konzentrationen um ca. 200 % steigern. Vergleichbare Werte lassen sich erreichen, wenn Benzodiazepine in hohen Dosierungen verabreicht werden. Warum also sind Benzodiazepine keine potenten Allgemeinanästhetika? Wenig Aufmerksamkeit wurde bisher der Tatsache geschenkt, daß Allgemeinanästhetika und Benzodiazepine qualitativ unterschiedliche molekulare Wirkungen am GABAA-Rezeptor entfalten. Benzodiazepine potenzieren die Wirkung des hemmenden Neurotrasmitters GABA. Sie sind aber nur dann wirksam, wenn der Ligand die Bindungsstelle am Rezeptor tatsächlich besetzt. Allgemeinanästhetika wie Isofluran, Halothan, Propofol und Etomidat besitzen ebenfalls eine solche, in vielen Untersuchungen detailliert charakterisierte GABA-potenzierende (oder modulatorische) Wirkkomponente, können aber darüber hinaus GABAA-Rezeptoren auch in Abwesenheit des natürlichen Liganden öffnen. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine direkte Aktivierung von GABAA-Rezeptoren für das klinische Profil verschiedener Allgemeinanästhetika von Relevanz sein könnte.

Literatur

Dr. Bernd Antkowiak

Max-Planck-Institut für

biologische Kybernetik

Spemannstr. 38

72076 Tübingen