Laryngorhinootologie 2000; 79(9): 551-556
DOI: 10.1055/s-2000-6937
ONKOLOGIE
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Reaktivierung der Telomerase in Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereiches[1]

 S. Koscielny1 ,  W. Fiedler2 ,  R. Dahse2 ,  E. Beleites1
  • 1HNO-Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Beleites)
  • 2Institut für Humangenetik und Anthropologie (Direktor: Prof. Dr. med. U. Claussen) der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Die Bildung einer Plattenepithelkarzinomzelle erfolgt über die Ansammlung unterschiedlicher molekulargenetischer Veränderungen in der bisher gesunden Zelle. In deren Folge kann aus der mortalen somatischen Zelle die immortale Tumorzelle entstehen. Einen wichtigen Teilschritt in diesem Prozess scheint die Aktivierung der Telomerase darzustellen. Dieses Enzym kann die bei jeder Zellteilung stattfindende Verkürzung der Telomeren, welche wahrscheinlich der „Lebensuhr der Zelle” entspricht, aufhalten und die Länge der Telomeren stabilisieren. Die Zelle erlangt auf diesem Wege die unbegrenzte Teilungsfähigkeit, sie wird immortal. Ergebnisse: In 68 % der Gewebeproben aus Plattenepithelkarzinomen des Pharynx und Larynx und in 58 % der histologisch tumorfreien Resektionsränder war die Aktivität des Enzyms Telomerase nachweisbar. Die bisherige klinische Nachbeobachtung ergab Hinweise auf eine höhere lokale Rezidivrate bei Telomerase-positiven Tumoren. Die Bewertung des Nachweises der Telomeraseaktivität im histologisch tumorfreien Resektionsrand ist derzeit noch nicht möglich. Die klinischen Nachuntersuchungen haben keine Hinweise für ein erhöhtes Risiko der Entwicklung lokaler Rezidive ergeben. Im Lymphknotengewebe konnten wir in 90 % der Fälle die Telomerase nachweisen. Dieses Ergebnis war unabhängig vom Auftreten eines metastatischen Befalls des Lymphknotens, so dass die Telomeraseaktivität im Lymphknoten möglicherweise im Zusammenhang mit einer entzündlichen Stimulierung des Lymphknotens zu sehen ist. Schlussfolgerungen: Die Expression der Telomerase stellt einen wichtigen Schritt bei der Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms im Kopf-Hals-Bereich dar. Erste Daten lassen vermuten, dass eine erhöhte lokale Tumorrezidivrate im Zusammenhang mit der Telomeraseaktivität im Tumor zu stehen scheint. Dagegen ist der Nachweis der Telomerase im zum Tumor gehörenden Lymphknoten unabhängig von einem metastatischen Befall des Lymphknotens. Die klinische Bedeutung des Nachweises der Telomerase in über der Hälfte der histologisch tumorfreien Grenzschnitte bedarf weiterer Untersuchungen.

The Reactivation of Telomerase in Squamous Cell Carcinomas of the Head and Neck

Background: Head and neck cancer development involves the accumulation of multiple cellular alterations over a long period of time. Selection and expansion of altered cell clones can lead to the evolution of a malignant phenotype. The theory of carcinogenesis suggests that unlimited cell proliferation is required for development of malignant disease and cancer must attain immortality for progression to malignant states. One step in the immortalization process may be the reactivation of telomerase. This enzyme complex can prevent the continuous shortening of telomeres which is observed at each cell cycle. Results: Telomerase activity was detected in 68 % of squamous cell carcinomas of pharynx and larynx and 58 % of histologically tumor-free resection margins. Recurrences occurred with a higher rate in cases with telomerase positive primary tumor. The importance of telomerase activity in histologically negative resection margins needs further investigations. Telomerase activity was found in 90 % of corresponding lymph nodes without any correlation to metastasis in the lymph node. Conclusions: The reactivation of telomerase seems to be an important step in carcinogenesis of head and neck cancers. Further studies are nessecary in order to understand the role of the enzyme as a possible marker for tumor progression and clinical outcome.

01 Auszugsweise vorgetragen auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, 7. - 11. 5. 1997 in Nürnberg.

Literatur

01 Auszugsweise vorgetragen auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, 7. - 11. 5. 1997 in Nürnberg.

Dr. med. S. Koscielny

HNO-Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Lessingstraße 2 07740 Jena