Hamostaseologie 2025; 45(03): 227
DOI: 10.1055/s-0045-1809871
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Blutungsrisiko bei NSAIR unter Antikoagulanzien

Petersen SR. et al.
Bleeding risk using non-steroidalanti-inflammatory drugs with anticoagulants after venous thromboembolism: a nationwide Danish study.
Eur Heart J 2025; 46: 58–68. DOI: 10.1093/eurheartj/ehae736
 

    Aufgrund der Auswirkungen auf die Thrombozytenfunktion und Magenschleimhaut sind NSAIDs wegen vermehrtem Auftreten gastrointestinaler Blutungen besorgniserregend. Das Blutungsrisiko bei der Anwendung nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAIRs) bei Patienten, die mit oralen Antikoagulanzien gegen venöse Thromboembolien (VTE) behandelt werden, ist bisher unklar, und es bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der gleichzeitigen Anwendung von NSAIRs und oralen Antikoagulanzien bei Patienten mit VTE.


    Petersen et al. haben eine landesweite Kohortenstudie mit 51794 VTE-Patienten durchgeführt, die zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 31. Dezember 2022 mit der Einnahme oraler Antikoagulanzien begannen. Mittels zeitabhängiger multivariater ursachenspezifischer Cox-Regression wurden adjustierte Hazard Ratios zwischen der Einnahme von NSAIR und im Krankenhaus diagnostizierten Blutungsepisoden berechnet.

    Ergebnisse

    Die Ereignisrate für jegliche Blutungen pro 100 Personenjahre betrug 3,5 (95%-Konfidenzintervall [KI] 3,4–3,7) ohne NSAIR-Einnahme bzw. 6,3 (95%-KI 5,1–7,9) bei NSAIR-Einnahme (Anzahl der benötigten Schäden = 36 Patienten, die 1 Jahr lang behandelt wurden). Verglichen mit Nichteinnahme betrugen die bereinigten Hazard Ratios für jegliche Blutungen im Zusammenhang mit der NSAIR-Einnahme insgesamt 2,09 (95%-KI 1,67–2,62), 1,79 (95%-KI 1,36–2,36) für Ibuprofen, 3,30 (95%-KI 1,82–5,97) für Diclofenac und 4,10 (95%-KI 2,13–7,91) für Naproxen. Im Vergleich zur Nichtanwendung betrugen die angepassten Hazard Ratios im Zusammenhang mit der Anwendung von NSAR 2,24 (95%-KI 1,61–3,11) für gastrointestinale Blutungen, 3,22 (95%-KI 1,69–6,14) für intrakraniale Blutungen, 1,36 (95%-KI 0,67–2,77) für thorakale und respiratorische Blutungen, 1,57 (95%-KI 0,98–2,51) für Harnwegsblutungen und 2,99 (95%-KI 1,45-6,18) für durch Blutungen verursachte Anämie. Die Ergebnisse waren für alle Subtypen der Antikoagulanzien und VTE konsistent.

    Fazit

    Bei Patienten, die mit oralen Antikoagulanzien gegen VTE behandelt wurden, war die Blutungsrate bei der Einnahme von NSAIRs mehr als doppelt so hoch, und die erhöhte Blutungsrate war nicht auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt. Neben alternativen konservativen Behandlungsmöglichkeiten (u. a. Physiotherapie) sollte bei Notwendigkeit einer pharmakologischen Schmerztherapie in dieser Patientengruppe Paracetamol bzw. Ibuprofen anstatt Diclofenac oder Naproxen in Betracht gezogen werden. Die häufi ge Verwendung von NSAIRs bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen unterstreicht die Bedeutung, sich der mit ihrer Verwendung erhöhten Blutungsrisiken bewusst zu sein und sicherere konservative Behandlungsalternativen wie z. B. Physiotherapie und Paracetamol vor NSAIRs in Betracht zu ziehen. Während die Blutungsrate bei Naproxen erwartungsgemäß aufgrund seiner Cyclooxygenase-1-Selektivität am höchsten zu sein schien, sind die erhöhten thromboembolischen Nebenwirkungen von Diclofenac ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt.

    Prof. Dr. med. Johannes B. Dahm, Göttingen




    Publication History

    Article published online:
    23 June 2025

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