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DOI: 10.1055/s-0045-1809294
Dabigatran hemmt die Bindung von Thrombin an Blutplättchen - ein neuer Wirkmechanismus
Thrombin ist ein multifunktionales Enzym, das die Blutgerinnung steuert und sowohl gerinnungsfördernde als auch -hemmende Eigenschaften hat. Daher ist es seit vielen Jahrzehnten ein wichtiges Target in der Arzneimittelforschung. Thrombin besitzt wie alle Serinproteasen ein katalytisches Zentrum und wichtige Bindungsstellen für Fibrinogen (Exosite 1) und Heparin (Exosite 2). Dabigatran ist ein reversibler Thrombin-Inhibitor und wird häufig als orales Antikoagulans zur antithrombotischen Behandlung von Vorhofflimmern und venösen Thromboembolien eingesetzt.
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Dabigatran hemmt Thrombin direkt durch Bindung an dessen aktives Zentrum. Welche Auswirkungen Dabigatran auf die Bindung von Thrombin an seine Substrate hat ist bislang jedoch nicht ausreichend erforscht. Dieser Frage gingen nun schwedische und deutsche Forschende in einer aktuellen Studie nach.
Thomas L. Lindahl von der Linköping University und Kollegen untersuchten die Wirkung von Dabigatran auf die Bindung von Thrombin an Thrombozyten mit Hilfe der Durchflusszytometrie. Fluoreszierend markiertes (RED-NHS) Thrombin wurde verwendet, um die Bindung von Thrombin an Thrombozyten in Gegenwart oder Abwesenheit verschiedener Inhibitoren zu bestimmen. Um den Beitrag der Thrombin-Exosites zu untersuchen, wurden die DNA-Aptamere HD1 (Exosite 1 Inhibitor) oder HD22 (Exosite 2 Inhibitor) verwendet. Um die Rolle und den Beitrag des aktiven Zentrums von Thrombin zu untersuchen, verwendeten die Studienautoren vier verschiedene Inhibitoren: Dabigatra, Argatroban, Melagatran oder PPACK. Zur Bestätigung der Ergebnisse setzen Lindahl et al. moderne Techniken für biomolekulare Bindungsstudien ein, die mikroskalige Thermophorese (MST) und die Oberflächenplasmonenresonanz (SPR).
Bindung von Thrombin an Blutplättchen und Wirkung von Inhibitoren
Betrachtet man die Thrombinbindung an Thrombozyten in Abwesenheit von Inhibitoren als 100%, so hemmten HD1 und HD22 die Thrombinbindung an Thrombozyten um 43% bzw. 32%. Die Kombination der beiden hemmte die Bindung wie erwartet vollständig. Bei diesen Experimenten wurde Dabigatran als Positivkontrolle verwendet. Überraschenderweise hemmte Dabigatran nicht nur die enzymatische Aktivität, sondern blockierte auch die Bindung von Thrombin an die Thrombozyten. Um die Wirksamkeit der Inhibitoren und die Lebensfähigkeit bzw. Reaktivität der für die Experimente verwendeten Thrombozyten zu bestätigen, wurden auch Thrombozytenaktivierungs- bzw. -funktionsmarker gemessen, die ähnliche Tendenzen zeigten. Die Ergebnisse zur Bindung zeigten, dass die Blockierung des aktiven Zentrums auch die Bindung der Thrombin-Exosites I und II blockierte. Somit spielt das aktive Zentrum zusammen mit den Exosites eine wichtige Rolle bei der Bindung von Thrombin an Thrombozyten.
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Wirkung von Dabigatran auf Thrombin-Exosites
Um den Mechanismus, über den Dabigatran die Bindung von Thrombin an Thrombozyten blockiert, weiter zu untersuchen, wurde die Bindung von Thrombin an HD1 und HD22 in Gegenwart und Abwesenheit von Dabigatran in einem Testsystem ohne Thrombozyten mit MST und SPR untersucht.
Die MST zeigte keine Auswirkungen der An- oder Abwesenheit von Dabigatran auf die Bindung von Thrombin an HD1, HD22 oder Heparin. Auch die 10-fache Erhöhung der Dabigatran-Konzentration hatte keine Auswirkungen auf die Bindung von Exosite-Liganden.
Auch die SPR-Untersuchungen ergaben keine Auswirkungen der Bindung von Dabigatran an Thrombin auf die Interaktion mit HD1 oder HD22.
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Dabigatran vermittelte Hemmung der Bindung ist dosisabhängig
Um festzustellen, ob die Wirkung von Dabigatran auf die Thrombinbindung dosisabhängig ist oder nicht, wurde eine IC50-Analyse (mittlere inhibitorische Konzentration) durchgeführt. Für diese Experimente verwendeten Lindahl und Kollegen Dabigatran-Konzentrationen von 4 bis 600 nM. Sie fanden heraus, dass die Wirkung von Dabigatran dosisabhängig ist und dass die IC50 118 nM beträgt.
Dass Dabigatran an das aktive Zentrum von Thrombin bindet und so dessen Funktion hemmt, war bereits bekannt. In der Studie konnte nun gezeigt werden, dass Dabigatran auch die Bindung von Thrombin an Blutplättchen dosisabhängig hemmt. Da Thrombin nicht nur im Herz-Kreislauf-System zahlreiche Funktionen hat, könnte diese Erkenntnis wichtige Auswirkungen haben.
Dr. Michaela Bitzer, Tübingen
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
07. Mai 2025
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