Z Geburtshilfe Neonatol 2025; 229(03): e73
DOI: 10.1055/s-0045-1808454
Abstracts
Neonatologie: Immunologie und Mikrobiom

Neugeborenes mit konnatalem Evans-Syndrom bei extrem seltener in-utero Autoimmunisierung

L Mußotter
,
C Seifert
2   Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neonatologie, Berlin, Germany
,
S Holzhauer
3   Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie, Berlin, Germany
,
B Mayer
4   Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Transfusionsmedizin, Berlin, Germany
,
T Schmitz
2   Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neonatologie, Berlin, Germany
,
L Garten
2   Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neonatologie, Berlin, Germany
,
C Bührer
2   Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neonatologie, Berlin, Germany
› Author Affiliations
 

Wir beschreiben ein Neugeborenes mit einem stark positiven direkten Coombs-Test bei erythrozytären wärmereaktiven Autoantikörpern und thrombozytären Autoantikörpern gegen das Glykoprotein IIb/IIIa. Sie verursachten im Verlauf eine schwere, anhaltende Thrombozytopenie und Anämie des Neugeborenen.

Die Mutter des Kindes hatte in der Vorgeschichte mehrere Fehlgeburten und litt an einer Thrombophilie. Bei Nachweis eines Pleuraergusses mit V.a. Noonan-Syndrom erfolgte eine unauffällige pränatale Diagnostik (TriExom, NIPT, TORCH-Test). Postnatal zeigte sich beim Neugeborenen ein stark positiver Coombstest mit Nachweis wärmereaktiver Autoantikörper bei einem unauffälligen Blutbild. Da mütterliche erythrozytäre Allo- oder Autoantikörper ausgeschlossen werden konnten, weist dies auf eine extrem seltene in-utero Autoimmunisierung hin.

In der vierten Lebenswoche entwickelten sich Petechien und ein Hämatom des harten Gaumens. Bei der Aufnahme wurden eine schwere Anämie (Hb 6,9 g/dl) und eine Thrombozytopenie (5/nl) festgestellt. In der Knochenmarkdiagnostik kein Hinweis auf eine klonale hämatologische Erkrankung bei unauffälliger Morphologie und Fehlen genetischer Aberrationen. Immunologisch kein Hinweis auf eine T-Regopathie. Eine zu Grunde liegende Erkrankung wie der systemische Lupus erythematodes (SLE) konnte nicht nachgewiesen werden, das ADAMTS13-Antigen war normwertig.

Die Diagnose eines primären Evans-Syndroms mit kombinierter Autoimmunhämolyse und Autoimmunthrombozytopenie wurde gestellt.

Die Behandlung umfasste eine Therapie mit Prednisolon (Initialdosis 2 mg/kg/d), das im weiteren Krankheitsverlauf reduziert wurde (0,02 mg/kg/d). Wiederholt wurden intravenöse Immunglobuline (IVIG, 1 g/kg) appliziert. Bei klinisch relevanter Anämie und Blutungszeichen wurden während der stationären Akutbehandlung insgesamt sechs Thrombozytenkonzentrate sowie zwei Erythrozytenkonzentrate transfundiert. Bei weiterhin chronischem Verlauf mit fallenden Thrombozyten und erneuter Gabe von IVIG wird von einer Immundysregulation ausgegangen, die dieses frühe Auftreten von Autoantikörpern verursachen kann.

Zusammengefasst wurde hier eine seltene, bereits perinatal auftretende Kombination von Autoantikörpern gegen Erythrozyten und Thrombozyten beschrieben. Neonatale Autoantikörper sind extrem selten, in der Regel handelt es sich um mütterliche Allo- oder Auto-Antikörper, wobei nach unserem Kenntnisstand bereits pränatal symptomatische Neugeborene mit kombinierter Autoimmunhämolyse und Autoimmunthrombozytopenie bei in-utero Autoimmunisierung noch nicht beschrieben worden sind. Es existieren Fallberichte über den Nachweis neonataler Autoantiköper gegen Erythrozyten [1] [2] sowie über ältere Kinder mit kombinierter Autoimmunhämolyse und Autoimmunthrombozytopenie [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11].



Publication History

Article published online:
19 May 2025

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