Z Geburtshilfe Neonatol 2025; 229(03): e13
DOI: 10.1055/s-0045-1808328
Abstracts
Neonatologie: Lunge/Atmung

Frühe Diagnose der primären ziliären Dyskinesie (PCD) am Beispiel eines Neugeborenen mit neonatalem Atemnotsyndrom

S Tümmers
1   DRK Kliniken Berlin Westend, Abteilung für Neonatologie, Berlin, Germany
,
J Roehmel
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Abteilung für Pädiatrie m.S. Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin, Berlin, Germany
,
G Weikert
1   DRK Kliniken Berlin Westend, Abteilung für Neonatologie, Berlin, Germany
,
E Knierim
3   DRK Kliniken Berlin Westend, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Berlin, Germany
,
A Münch
1   DRK Kliniken Berlin Westend, Abteilung für Neonatologie, Berlin, Germany
› Author Affiliations
 
 

Einleitung: Die primäre ziliäre Dyskinesie (PCD) ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch strukturelle Defekte und funktionelle Einschränkungen von Zilien gekennzeichnet ist. Diese führen zu einer gestörten mukoziliären Clearance und können bereits im Neugeborenenalter durch ein neonatales Atemnotsyndrom mit verzögertem Beginn symptomatisch werden. In einigen Fällen wird die Diagnose durch strukturelle Fehlbildungen wie einen Situs inversus, angeborene Herzfehler oder Hydrocephalus vereinfacht. Bei unspezifischen Symptomen ist die Erstdiagnostik bei Neugeborenen jedoch häufig herausfordernd.

Fallbericht: Bei unserem Patienten handelt es sich um ein eutrophes männliches Reifgeborenes von 37+5 SSW und 3700g Geburtsgewicht. Die Aufnahme erfolgte am 3. Lebenstag aus dem Wochenbett bei zunehmender Tachydyspnoe und letztlich respiratorischer Insuffizienz. Über 10 Tage wurde HFNC-Therapie mit Sauerstoffbedarf bis 35% notwendig. In der umfassenden Diagnostik konnten ein pränatal bekannter muskulärer VSD sowie ein Hydrocephalus internus bestätigt werden. Bei wiederholter unauffälliger Infektionsdiagnostik, unauffälliger Zwerchfellmobilität und Röntgen-Thorax wurde bei persistierenden respiratorischen Symptomen eine Anbindung an die Spezialsprechstunde mit PCD-Diagnostik eingeleitet. Zur PCD passend zeigten sich in der Diagnostik ein erniedrigtes nasales NO und in der hochfrequenten Videomikroskopie Ziliendeformationen. Die genetische Analyse durch Trio-Genomsequenzierung identifizierte eine neu beschriebene de novo Missense-Mutation im TUBB4B-Gen. Dieses Gen kodiert für ein β-Tubulin der Mikrotubuli und ist mit PCD assoziiert [1] [2].

Diskussion: Unser Fall zeigt die Bedeutung einer frühzeitigen und umfassenden Diagnostik bei neonatalen Atemwegserkrankungen. Bei Neugeborenen mit neonatalem Atemnotsyndrom ohne erklärende Ursache sollte differentialdiagnostisch an die primäre Ziliendyskinesie gedacht werden und entsprechende Diagnostik in die Wege geleitet werden. Bei unserem Patienten ermöglichte die Kombination aus klinischen, bildgebenden und genetischen Befunden die Diagnose mit Nachweis einer seltenen Mutation im TUBB4B-Gen. Frühzeitige interventionelle Maßnahmen sind essenziell, um Komplikationen zu vermeiden und die Prognose für die Patienten zu verbessern.


Interessenskonflikte

Keine


Publication History

Article published online:
19 May 2025

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