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DOI: 10.1055/s-0045-1802049
Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung vor und nach der Corona-Pandemie im Landkreis Tübingen
Einleitung: Studien haben gezeigt, dass die Corona-Pandemie deutschlandweit negative Folgen für Kinder hatte. Beispielsweise wiesen mehr Kinder Übergewicht auf, sie verbrachten mehr Zeit vor dem Fernseher oder Smartphone und zeigten zum Teil Entwicklungsverzögerungen (z. B. in Bezug auf die Sprache).1, 2
Methodik: Um herauszufinden, ob und ggf. in welchem Ausmaß dies auch auf den Landkreis Tübingen zutrifft, wurden ausgewählte Daten der Kinder, die 2020 eingeschult wurden (= Einschulungsjahrgang 2020, 2179 Kinder) mit den Daten des Einschulungsjahrgangs 2023 (2336 Kinder) verglichen. Diese Kinder wurden jeweils im vorletzten Kindergartenjahr – also in 2019 bzw. 2022 – untersucht. Verglichen wurde der BMI, die Visuomotorik, der intensive Sprachförderbedarf, die Inanspruchnahme von Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen sowie der Medienkonsum.
Ergebnisse: Der Anteil von Kindern mit Untergewicht und starkem Untergewicht nahm von 4,9 % auf 7,5 %, also insgesamt um rund 50 % zu. 3,1 % der Kinder aus dem Einschulungsjahrgang 2023 sind im Vergleich zu 2,4 % der Kinder des Einschulungsjahrgangs 2020 adipös, also eine Steigerung von fast 1/3.
Der Anteil der Kinder mit Hinweis auf eine visuomotorische Störung nahm um 1/3 zu (Steigerung von 6,1 % auf 8,2 %).
Beim intensiven Sprachförderbedarf ergab sich eine Abnahme von 19,1 % im Einschulungsjahrgang 2020 auf 17,4 % im Einschulungsjahrgang 2023. Bei der Analyse auf Gemeindeebene hat sich jedoch herausgestellt, dass es durchaus Raumschaften im Landkreis Tübingen gibt, in denen sich der intensive Sprachförderbedarf erhöht hat.
Der Einschulungsjahrgang 2023 erreichte im Gegensatz zum Einschulungsjahrgang 2020 eine Masernimpfquote von über 95 %. Der Anteil der Kinder, die die Vorsorgeuntersuchungen U7, U7a und U8 wahrgenommen haben, hat im Einschulungsjahrgang 2023 leicht zugenommen und liegt nun bei allen drei Untersuchungen über 90 %. Der Medienkonsum der Kinder stieg sowohl unter der Woche als auch am Wochenende an.
Diskussion: Der Vergleich der Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen im Landkreis Tübingen vor und nach der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es im Hinblick auf die Kindergesundheit sowohl positive Entwicklungen als auch negative Tendenzen gab. Die Impfbereitschaft und die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen (U7 bis U8) haben zugenommen (bei bereits guter Ausgangslage). Besorgniserregend ist, dass in den Jahren der Pandemie sowohl der Anteil stark über- als auch untergewichtiger Kinder zugenommen hat. Ebenso wiesen deutlich mehr Kinder Förderbedarf im Bereich der Visuomotorik auf. Gleichzeitig konnte eine anhaltende Zunahme des Medienkonsums festgestellt werden. Der intensive Sprachförderbedarf variierte sehr stark zwischen den Gemeinden des Landkreises Tübingen. Anzumerken ist, dass die Anzahl der Kinder pro Gemeinde teilweise sehr klein war. Daher ist die Aussagekraft der Ergebnisse dort möglicherweise eingeschränkt.
Trotzdem ist eine Erkenntnis aus dieser Analyse, dass eine Auswertung der Daten der Einschulungsuntersuchung nicht nur auf Landkreisebene, sondern zusätzlich auf Gemeindeebene für die Gesundheitsplanung erforderlich ist. Nur so kann für jeden Ort der Bestand an Angeboten mit dem Bedarf abgeglichen und optimiert werden.
Publication History
Article published online:
11 March 2025
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