Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S68
DOI: 10.1055/s-0045-1802026
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
02.04.2025
Gesundheit von Geflüchteten
15:00 – 16:30

Flucht und Tuberkulose – Erfahrungen und Lehren Tuberkuloseuntersuchungen bei geflüchteten Personen aus der Ukraine im März /April 2022

A Mühlenbruch-Kränzel
1   Gesundheits- und Veterinäramt, Landeshauptstadt Magdeburg
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Einleitung: Nach dem Infektionsschutzgesetz sind alle Personen, die nach §36 (1) Pkt. 4 in einer Einrichtung zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Flüchtlingen und Pkt. 5 in einer Massenunterkunft aufgenommen werden sollen verpflichtet, ein Zeugnis vorzulegen, dass sie nicht an einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose erkrankt sind. Dies kann auf einer Röntgen-Thorax-Untersuchung oder einem Quantiferontest basieren. In Sachsen-Anhalt geschieht es bei der Mehrheit der Personen überwiegend in der zentralen Aufnahmeeinrichtung in Halberstadt. Lediglich die unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber werden in den Aufnahmekommunen untersucht.

Zu Beginn des Krieges in der Ukraine flüchteten aus viele Menschen in die Bundesrepublik Deutschland und in die verschiedenen Kommunen und so auch direkt nach Magdeburg. Die ankommenden Personen wurden in verschiedenen Massenunterkünften – wie Turnhalle, Messehalle, Schulgebäude – untergebracht. Die Untersuchungen zum Ausschluss der Lungentuberkulose wurden vom Gesundheits- und Veterinäramt der Landeshauptstadt Magdeburg organisiert und durchgeführt. Zwischen März und April 2022 bewohnten hunderte Personen unterschiedliche Massenunterkünfte in Magdeburg. Die Aufenthaltsdauer der einzelnen Personen war sehr unterschiedlich und die Fluktuation hoch.

Die Tuberkuloseberatung ist im Sozialmedizinischen Dienst mit einer Sozialarbeiterin und einer Ärztin verankert. Für Röntgen-Thorax-Untersuchungen im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen stehen 2 pneumologische Praxen in der Stadt zur Verfügung.

Nach Angaben der WHO hatte die Ukraine im Jahre 2020 eine er höchsten Tuberkulose-Inzidenzen in Europa (73 pro 100.000) und es gehört weltweit zu den 20 Ländern mit den meisten MDR-Tb-Fällen.

Vorgehen: Im Frühjahr 2022 erreichten in kürzester Zeit ca. 2500 Personen die Massenunterkünfte in Mgdeburg. Es war aus logistischen und kapazitären Gründen nicht möglich, bei allen Personen vor Aufnahme in die Einrichtungen eine Röntgenaufnahme anfertigen zu lassen. Es fiel die Entscheidung, bei möglichst vielen Personen eine Anamnese und ein Quantiferontest durchzuführen. Nur bei Personen mit Symptomen, positivem Antikörpernachweis oder wissentlichem Kontakt sollte eine Röntgenaufnahme erfolgen. Auch dies beinhaltete einen großen organisatorischen Aufwand, schien aber auf Grund von Erfahrungswerten und internen Gegebenheiten besser durchführbar zu sein.

Ergebnisse: Analysiert wird das Vorgehen und die Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen in diesem speziellen Fall anhand der Auswertung von 526 Untersuchungsbefunden von denen aus der Ukraine geflüchteten Personen, die zwischen dem 10.03.2022 und 06.04.2022 in Magdeburg im Rahmen der Aufnahme in einer Massenunterkunft untersucht wurden.

Diskussion: Die Analyse des Ablaufes und der Ergebnisse der Untersuchungen dieses speziellen Ereignisses im Jahre 2022, inklusive der Follow-Up-Untersuchungen, soll einen Überblick über die Durchführung und Schwierigkeiten dieses Szenarios geben. Diese Analyse ist die Voraussetzung, sich mit diesem Vorgehen im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen kritisch auseinanderzusetzen. Daraus sollen Handlungsempfehlungen für ähnliche Ereignisse – also die Untersuchung geflüchteter Personen aus Hochinzidenzländern außerhalb der Zentralen Aufnahmeeinrichtung – abgeleitet werden.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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