Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S31
DOI: 10.1055/s-0045-1801952
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Umweltmedizin
11:30 – 13:00

Das reproduktionstoxische Phthalat DnHexP: wie Vorschriften bei Verunreinigungen ausgehebelt werden können und warum wir Human Biomonitoring brauchen – Ergebnisse aus der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit von Erwachsenen (GerES VI)

A Murawski
1   UBA – Umweltbundesamt; IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
,
H M Koch
1   UBA – Umweltbundesamt; IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
,
P Zimmermann
1   UBA – Umweltbundesamt; IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
,
C Röhl
1   UBA – Umweltbundesamt; IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
,
M Kolossa-Gehring
1   UBA – Umweltbundesamt; IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
› Author Affiliations
 

Als „fortpflanzungsgefährdend“ eingestufte Stoffe sind gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 als Inhaltsstoffe in kosmetischen Mitteln verboten. Dennoch zeigte die Auswertung der neuesten Human-Biomonitoring- (HBM) und Befragungsdaten der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit von Erwachsenen (GerES VI) einen starken Zusammenhang zwischen der internen Exposition gegenüber dem reproduktionstoxischen Di-n-Hexylphthalat (DnHexP) und der Verwendung von Sonnenschutzmitteln und anderen kosmetischen Produkten. Eine Ursache für den überraschenden Befund konnte schnell durch Patente für die Synthese des UV-Filters Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexylbenzoat (DHHB) gefunden werden, in denen DnHexP eindeutig als unvermeidbare Verunreinigung im Syntheseweg von DHHB genannt wird. Trotz dieser Verunreinigung und ohne diese in der Bewertung zu berücksichtigen, wurde DHHB in der EU als UV-Filter in Kosmetika zugelassen. Messungen der deutschen Behörden in Sonnenschutzmitteln ergaben, dass ein Teil der DHHB-haltigen Produkte mit DnHexP verunreinigt war, wobei die Konzentration in einigen Sonnenschutzmitteln bis zu 36 mg/kg betrug. Es zeigte sich jedoch auch, dass es auch DHHB-haltige Produkte ohne DnHexP-Verunreinigung gibt. Somit ist die Verunreinigung von DHHB mit DnHexP technisch vermeidbar und daher in Sonnenschutzmitteln inakzeptabel. Dennoch wurden verunreinigte Produkte in Verkehr gebracht. Dieses im Frühjahr 2024 in Deutschland entdeckte Problem zeigt, wie Vorschriften, die die menschliche Gesundheit schützen und die Menschen vor der Exposition gegenüber schädlichen Substanzen bewahren sollen, nicht immer ausreichend wirksam sind, da in diesem Fall das (verbotene) fortpflanzungsgefährdende DnHexP in kosmetische Produkte gelangt ist. Es macht auch deutlich, dass Chemikalien in HBM-Programme aufgenommen werden müssen, auch wenn ihre Produktion und Verwendung zunächst irrelevant oder durch Regulation für den Hauptverwendungszweck eingeschränkt zu sein scheint.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany