Harenberg J.
et al.
Algorithm for Rapid Exclusion of Clinically Relevant Plasma Levels of Direct Oral
Anticoagulants in Patients Using the DOAC Dipstick: An Expert Consensus Paper.
Thromb Haemo 2024;
DOI:
10.1055/a-2261-1811
Der DOAC-Spiegel wird nicht routinemäßig kontrolliert. In einigen Positionspapieren
wird vorgeschlagen, den DOAC-Spiegel bei Patienten zu messen, die mit schweren Blutungen
oder einem akuten ischämischen Schlaganfall in die Notaufnahme eingeliefert werden,
oder wenn größere chirurgische Eingriffe oder andere invasive Verfahren mit hohem
Blutungsrisiko erforderlich sind.
Während herkömmliche Tests die gerinnungshemmende Wirkung von DOACs im Plasma messen,
ist der DOAC Dipstick, ein Einwegteststreifen zum Nachweis von DOACs im Urin und zur
Unterscheidung zwischen Dabigatran und aktivierten Faktor-X-Inhibitoren (FXa), eine
einfache, kostengünstige und schnell durchzuführende Alternative.
Aktuell wurde ein Experten-Konsensbericht von 37 Autoren aus 9 verschiedenen Ländern
veröffentlicht. Sie führten zunächst eine systematische Literatursuche mithilfe von
PubMed und der Cochrane Library Datenbank durch (Zeitraum 1993-2023). Einschlusskriterien
waren die Bestimmung von DOACs in Urinproben von Patienten, die mit FXa-Hemmern (Rivaroxaban,
Apixaban, Edoxaban) und dem Tromboninhemmer Dabigatran behandelt wurden. Darauf aufbauend
schlagen sie einen einfachen Algorithmus vor, der den DOAC Dipstick Test verwendet,
um das Vorhandensein von klinisch relevanten DOAC-Spiegeln im Plasma schnell auszuschließen,
so dass weiterführende Entscheidungen in nur wenigen Minuten getroffen werden können.
Die Literatursuche ergab 1.206 Treffer, von denen nur 5 klinische Studien final ausgewertet
wurden. Mit den Daten aus diesen klinischen Studien führten die Experten eine einfache
Poolanalyse durch (N = 842 DOAC Dipstick Tests), um die Effizienz des DOAC Dipsticks
hinsichtlich Sensitivität, negativem Vorhersagewert (NPV), positivem Vorhersagewert
(PPV) und Spezifizität zu bestimmen. In allen 5 Studien wurde eine DOAC-Plasmakonzentration
von ≥30 ng/ml als klinisch signifikanter Schwellenwert verwendet.
Der Teststreifen hat eine hohe Sensitivität und einen akzeptabel hohen negativen Vorhersagewert
im Vergleich zu Werten, die mit Massenspektrometrie oder kalibrierten chromogenen
Assays gemessen wurden, um DOAC-Plasmakonzentrationen von ≥30 ng/ml zuverlässig auszuschließen:
Die Sensitivität lag für beide DOAC-Klassen (FXa- und Thrombonin-Hemmer) bei >97%.
Der NPV-Wert für das FXa-Testfenster lag bei 87% und für das Thrombininhibitor-Fenster
bei 99%. Der PPV für den DOAC Dipstick war nahezu identisch wie der NPV für FXa-Inhibitoren
und weniger robust für Thrombininhibitoren (73%), was darauf hindeutet, dass der primäre
Nutzen eines negativen DOAC-Dipstick-Ergebnisses im Urin darin besteht, klinisch relevante
DOAC-Konzentrationen bei einem Schwellenwert von ≥30 ng/ml im Blut zu identifizieren.
Aus ungeklärten Ursachen gab es eine Diskordanz der Spezifizität zwischen den DOAC-Klassen,
wobei das FXa-Testfenster eine geringere Spezifizität (50,0%; mehr falsch-positive
Ergebnisse) als das Thrombin-Hemmer-Fenster (92%) aufwies.
Auf der Grundlage der beschriebenen Studienergebnisse schlägt das Expertengremium
einen Algorithmus vor, der den DOAC-Dipstick zur Unterstützung des Managements kritisch
kranker Patienten verwendet, die in Krankenhäuser oder Notfallzentren eingeliefert
werden, in denen kein spezifischer DOAC-Test innerhalb eines kurzen Zeitraums und
rund um die Uhr zur Verfügung steht. Dabei erfolgt die Einteilung in 3 Arme mit den
jeweiligen Handlungsempfehlungen (1. DOAC Dipstick Test negativ, 2. DOAC Dipstick
Test positiv, 3. Kreatinin-Fenster blass mit negativem DOAC-Fenster oder Urinfenster
zeigt anormale Urinfarbe oder andere Gründe für ungültige Ergebnisse).
Eine gepoolte Analyse von fünf Studien zeigt einen akzeptabel hohen negativen Vorhersagewert
des DOAC Dipsticks für den Ausschluss von DOACs. Der hier vorgeschlagene DOAC Dipstick
Algorithmus ist eine einfache und schnelle Methode zur Ermittlung von DOAC-Ergebnissen
aus dem Patientenurin. Die Vorteile der Methode liegen darin, dass sie keine Kenntnis
der vom Patienten eingenommenen DOAC voraussetzt, dass es sich um ein Point-of-Care-Verfahren
handelt und dass sie schnelle Ergebnisse liefert, so dass sie auch in kleinen Einrichtungen
eingesetzt werden kann. Dieser Test schließt klinisch relevante Blutkonzentrationen
von DOACs aus, was die klinische Entscheidungsfindung in kritischen medizinischen
Situationen wie schweren Blutungen, akuten ischämischen Schlaganfällen mit der Möglichkeit
einer intravenösen Thrombolyse oder dringenden chirurgischen Eingriffen beschleunigen
kann.
Dr. Michaela Bitzer, Tübingen