Gefängnisinsassen sind häufiger Träger von Hepatitis C-Virus-Infektionsmarkern (HCV)
als die Allgemeinbevölkerung. Ein bekannter Übertragungsweg ist die Benutzung gemeinsamer
Nadeln beim Spritzen von Drogen sowie vermutlich auch Tätowieren und Piercen. Infektionen
bleiben oft jahrelang unerkannt und unbehandelt und können so zu gesundheitlichen
Folgeschäden führen und sich weiter ausbreiten.
Für die Niedersächsischen Justizvollzugsanstalten untersucht das NLGA Blutproben auf
Hepatitis C-Antikörper und andere Virusinfektionen. Die labordiagnostischen Untersuchungen
wurden zunächst mit einer umfassenden epidemiologischen Studie begleitet und anschließend
in ein Routinesystem überführt. Beantwortet werden die Fragen: Wie hoch ist die HCV-Prävalenz
in den Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen und welche Risikofaktoren für eine
HCV-Infektion gibt es?
Im Zeitraum 1. Januar 2013 – 1. Juli 2023 lag für 3 928 Gefangene (>=16 Jahre) ein
erstes Untersuchungsergebnis vor. Das Medianalter der 3 549 männlichen Gefangenen
betrug 27 Jahre, das der 279 weiblichen Gefangenen 35 Jahre. 13% der männlichen Gefangenen
und 31% der weiblichen Gefangenen wiesen HCV-Antikörper auf. Als unabhängige Risikofaktoren
für den Nachweis von HCV-Antikörpern konnten intravenöser (i. v.) Drogenkonsum, ein
Geburtsland außerhalb Deutschlands, mehr als zwei Inhaftierungen in der Vergangenheit
sowie Tätowierungen und ein zunehmendes Alter identifiziert werden. Für männliche
Inhaftierte war konkret ein Geburtsland in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion ein
unabhängiger Prädiktor für den Nachweis von HCV-Antikörpern.
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Risikofaktoren i. v. Drogenkonsum und
Tätowierungen für HCV in Justizvollzugsanstalten weiterhin von Bedeutung sind. Bedingt
durch die deutlich abnehmende Anzahl der verwertbaren epidemiologischen Informationen
ist eine belastbare Aussage zu Entwicklung des i. v. Drogenkonsums in Justizvollzugsanstalten
und der anderen Risikofaktoren nicht möglich. Das Studienkonzept wird derzeit evaluiert,
um die Teilnahmebereitschaft in den Einrichtungen zu erhöhen.