Gesundheitswesen 2024; 86(S 02): S105-S106
DOI: 10.1055/s-0044-1781871
Abstracts | BVÖGD, BZÖG, DGÖG
26.04.2024
Infektionsschutz – Postersitzung 08:00 – 10:00 | Saal X.3

Prävalenz und Risikofaktoren von Hepatitis C in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten

M. Scharlach
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover
,
A. Baillot
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover
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Gefängnisinsassen sind häufiger Träger von Hepatitis C-Virus-Infektionsmarkern (HCV) als die Allgemeinbevölkerung. Ein bekannter Übertragungsweg ist die Benutzung gemeinsamer Nadeln beim Spritzen von Drogen sowie vermutlich auch Tätowieren und Piercen. Infektionen bleiben oft jahrelang unerkannt und unbehandelt und können so zu gesundheitlichen Folgeschäden führen und sich weiter ausbreiten.

Für die Niedersächsischen Justizvollzugsanstalten untersucht das NLGA Blutproben auf Hepatitis C-Antikörper und andere Virusinfektionen. Die labordiagnostischen Untersuchungen wurden zunächst mit einer umfassenden epidemiologischen Studie begleitet und anschließend in ein Routinesystem überführt. Beantwortet werden die Fragen: Wie hoch ist die HCV-Prävalenz in den Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen und welche Risikofaktoren für eine HCV-Infektion gibt es?

Im Zeitraum 1. Januar 2013 – 1. Juli 2023 lag für 3 928 Gefangene (>=16 Jahre) ein erstes Untersuchungsergebnis vor. Das Medianalter der 3 549 männlichen Gefangenen betrug 27 Jahre, das der 279 weiblichen Gefangenen 35 Jahre. 13% der männlichen Gefangenen und 31% der weiblichen Gefangenen wiesen HCV-Antikörper auf. Als unabhängige Risikofaktoren für den Nachweis von HCV-Antikörpern konnten intravenöser (i. v.) Drogenkonsum, ein Geburtsland außerhalb Deutschlands, mehr als zwei Inhaftierungen in der Vergangenheit sowie Tätowierungen und ein zunehmendes Alter identifiziert werden. Für männliche Inhaftierte war konkret ein Geburtsland in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion ein unabhängiger Prädiktor für den Nachweis von HCV-Antikörpern.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Risikofaktoren i. v. Drogenkonsum und Tätowierungen für HCV in Justizvollzugsanstalten weiterhin von Bedeutung sind. Bedingt durch die deutlich abnehmende Anzahl der verwertbaren epidemiologischen Informationen ist eine belastbare Aussage zu Entwicklung des i. v. Drogenkonsums in Justizvollzugsanstalten und der anderen Risikofaktoren nicht möglich. Das Studienkonzept wird derzeit evaluiert, um die Teilnahmebereitschaft in den Einrichtungen zu erhöhen.



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Article published online:
10 April 2024

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