Gesundheitswesen 2023; 85(S 01): S29
DOI: 10.1055/s-0043-1762703
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
28.04.2023
Fachausschuss Infektionsschutz – Postersitzung
08:00 – 10:00 ‖ Fachtagungsraum 0.226

Der Affenpockenausbruch 2022 – eine neue Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen

Toya S. Kröger
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
M. C. Lehmann
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
M. Treutlein
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
A. Fiethe
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
A. Kossow
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
2   Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster, Münster
,
A. Küfer-Weiß
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
J. Nießen
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
,
B. Grüne
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Infektions- u. Umwelthygiene, Köln
› Author Affiliations
 

Hintergrund Mit dem internationalen Ausbruch der Affenpocken im Mai 2022 ist eine weitere, bisher für Europa untypische Infektionskrankheit aufgetreten. Ziel dieser Studie war es, einen umfassenden Überblick auf der Grundlage der vom Gesundheitsamt der Stadt Köln erhobenen Daten zu geben.

Methoden In diese retrospektive Beobachtungsstudie wurden 368 Personen eingeschlossen, die dem Kölner Gesundheitsamt als PCR-positiv für Affenpocken gemeldet wurden. Die Daten wurden in strukturierten Telefoninterviews über den gesamten Zeitraum der Isolation erhoben und digital aufbereitet.

Ergebnisse In Köln wurde die erste mit Affenpocken infizierte Person am 24. Mai 2022 registriert. Der lokale Ausbruch dauerte etwa 4 Monate an und erreichte seinen Höhepunkt im Juli. Der letzte gemeldete Fall in Köln trat am 17. September auf.

99,7 % der betroffenen Personen konnten dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden. Die Übertragungen erfolgten überwiegend durch sexuelle Kontakte (67,4 %) oder andere enge Körperkontakte (4,6 %) zwischen Männern, aber auch durch gemeinsam genutzte Gegenstände, im Rahmen von Veranstaltungen oder im Arbeitsumfeld. In 21,5 % der Fälle wurde der Infektionsweg als unbekannt angegeben. Die mittlere Inkubationszeit betrug 8,2 Tage.

Klinisch zeigten sich Affenpockeninfektionen in der Regel mit Haut- und/oder Schleimhautläsionen, die von allgemeinen Symptomen begleitet wurden. In 74,8 % der Fälle gab es kein Prodromalstadium. Der Ausschlag begann häufig unspezifisch, durchlief im weiteren Verlauf die typischen Stadien. Die meisten Infektionen klangen unter häuslicher Pflege spontan ab, in 3,5 % der Fälle war jedoch ein stationärer Krankenhausaufenthalt erforderlich.

Schlussfolgerungen Die meisten Übertragungen erfolgten durch sexuellen Kontakt. Obwohl die Mehrzahl der Infektionen in Köln die MSM-Community betraf, gab es auch Fälle außerhalb dieses Kontextes. Die beobachtete durchschnittliche Inkubationszeit war kürzer als ursprünglich angenommen. Eine Ausbreitung auf Schleimhäuten und die damit verbundenen Symptome traten in einer relevanten Anzahl von Fällen auf und führten teilweise zu schwereren klinischen Verläufen. Bei unklarem Hautausschlag oder Symptomen, die auf eine Schleimhautbeteiligung hindeuten, sollten Affenpocken als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden.

Die in den Gesundheitsbehörden gesammelten Daten lieferten wichtige Informationen zum klinischen Verlauf und für die Anpassung der Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens gegen die Ausbreitung der Affenpocken in der Bevölkerung.

Wie der Affenpockenausbruch 2022 und auch die Covid-19-Pandemie gezeigt haben, wird ein reaktionsfähiges und gut organisiertes öffentliches Gesundheitssystem für die Bewältigung künftiger Ausbrüche bekannter oder unbekannter Infektionskrankheiten entscheidend sein.



Publication History

Article published online:
08 March 2023

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