Pneumologie 2018; 72(04): 253-308
DOI: 10.1055/s-0043-125031
Leitlinie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD)[*]

herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. und der Deutschen Atemwegsliga e. V., unter Beteiligung der Österreichischen Gesellschaft für PneumologieGuideline for the Diagnosis and Treatment of COPD PatientsIssued by the German Respiratory Society and the German Atemwegsliga in Cooperation with the Austrian Society of Pneumology
C. Vogelmeier
 1   Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Marburg
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
R. Buhl
 2   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Schwerpunkt Pneumologie, III. Medizinische Klinik, Mainz
,
O. Burghuber
 3   Wiener Krankenanstaltenverbund, Otto-Wagner-Spital, Lungenabteilung, Wien
,
C.-P. Criée
 4   Evangelisches Krankenhaus Göttingen Weende, Abteilung für Pneumologie, Bovenden-Lenglern
,
S. Ewig
 5   Thoraxzentrum Ruhrgebiet, Kliniken für Pneumologie und Infektiologie, Evangelisches Krankenhaus Herne und Augusta-Kranken-Anstalt Bochum, Herne und Bochum
,
J. Godnic-Cvar
 6   Medizinische Universität Wien, Klinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, Wien
,
S. Hartl
 3   Wiener Krankenanstaltenverbund, Otto-Wagner-Spital, Lungenabteilung, Wien
,
F. Herth
 7   Abteilung für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Thoraxklinik, Universität Heidelberg, Heidelberg
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
P. Kardos
 8   Lungenpraxis an der Klinik Maingau vom Roten Kreuz, Frankfurt am Main
,
K. Kenn
 9   Schön Klinik Berchtesgadener Land, Fachzentrum für Pneumologie, Schönau am Königssee, Philipps Universität Marburg, Standort Schönau
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
D. Nowak
10   Klinikum der Universität München, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, LMU München
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
K. F. Rabe
11   LungenClinic Grosshansdorf, Großhansdorf
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
M. Studnicka
12   Landeskrankenhaus Salzburg, Universitätsklinikum der PMU, Universitätsklinik für Pneumologie, Salzburg
,
H. Watz
13   Pneumologisches Forschungsinstitut an der LungenClinic Grosshansdorf GmbH, Großhansdorf
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
T. Welte
14   Klinik für Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
17   Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
W. Windisch
15   Lungenklinik, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Universität Witten/Herdecke, Köln
,
H. Worth
16   Facharztforum Fürth, Fürth
,
unter Mitwirkung der folgenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. , Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften e.V.› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Claus Vogelmeier
Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie
Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg
Baldingerstraße
35043 Marburg

Publication History

Publication Date:
09 March 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Das vorliegende Dokument ist eine Neufassung und Aktualisierung der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit COPD, die die bisherige Version aus dem Jahr 2007 ablöst. Die Fülle an neuen Erkenntnissen zu Risikofaktoren, Diagnostik, Schweregradeinschätzung, Prävention und medikamentösen sowie nicht medikamentösen Therapiemaßnahmen machten eine umfassende Überarbeitung erforderlich. Die neue Leitlinie baut auf das GOLD-Dokument unter Berücksichtigung von Besonderheiten in Deutschland und Österreich auf.


Abstract

This document is a revision of the guideline for diagnosis and treatment of COPD that replaces the version from 2007. A multitude of recent reports regarding risk factors, diagnosis, assessment, prevention and pharmacological as well as non-pharmacological treatment options made a major revision mandatory. The new guideline is based on the GOLD document taking into account specifics in Germany and Austria.


1 Einführung und Hintergrund

1.1 Präambel

Diese von Experten aus Deutschland und Österreich erarbeitete deutschsprachige Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) ersetzt die frühere Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. von 2007 [1] und den Konsensusbericht zum Management der chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) von 2004 [2].

Berücksichtigt wurde bei der umfangreichen Überarbeitung eine Vielzahl von publizierten Studien und Metaanalysen und eine Reihe von Leitlinien sowie Positionspapieren, die in den letzten Jahren erschienen sind, insbesondere die 2017 Version des Dokuments der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) [3]. Die wichtigsten Änderungen haben sich in der Einschätzung des Schweregrades und in den Therapieempfehlungen ergeben.

Wie die früheren Versionen der beiden oben genannten Leitlinien soll die vorliegende Leitlinie dazu beitragen, dass COPD-Patienten wissenschaftlich begründete, angemessene, wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Verfahren der Diagnostik, Prävention und Behandlung zugute kommen. Die Leitlinie wendet sich an die pneumologisch ausgerichteten Fachärzte, die Patienten mit COPD im niedergelassenen Bereich und im Krankenhaus betreuen. Sie soll den Ärzten eine Hilfe für Diagnostik, Verlaufskontrolle und adäquate Therapie ihrer Patienten sein. Dieser Leitlinie der wissenschaftlichen Fachgesellschaften und die sich in Bearbeitung befindende Nationale Versorgungsleitlinie COPD ergänzen sich und stehen inhaltlich nicht in Widerspruch.



2 Struktur des Leitlinienprozesses

Die Leitlinie zur COPD wurde nach dem System der AWMF entwickelt, um dem Nutzer Kriterien für eine rationale Diagnostik und Therapie an die Hand zu geben [4]. Für die Leitlinie wurde die Entwicklungsstufe S2k angestrebt. Bei der Erstellung der Leitlinie handelt es sich um einen zweistufigen Prozess. Auf der Basis der Fachexpertise der ausgewählten Autoren und der vorhandenen Evidenz wurden innerhalb der jeweiligen Arbeitsgruppen die für das COPD-Management wichtigen Inhalte für die Empfehlungen und Statements identifiziert, intensiv diskutiert und formuliert bzw. die Leitsätze aus der alten Leitlinie bearbeitet. Parallel wurden von den Arbeitsgruppen die Hintergrundtexte einschließlich der Literaturstellen, die die Empfehlungen und Statements unterstützen, verfasst bzw. aktualisiert. Die Leitlinie stützt sich im Wesentlichen auf die aktuelle systematische Literaturrecherche des Dokumentes GOLD 2017 [3].

Der aus diesem Prozess hervorgegangene Entwurf des Gesamtmanuskriptes wurde auf einer Konsensuskonferenz unter Leitung eines unabhängigen Moderators ausführlich diskutiert und überarbeitet. Als Ergebnis des Konsensusprozesses wurden starke und schwache Empfehlungen mit „soll“ und „sollte“ formuliert und ausgesprochen. Wenn keine eindeutige Empfehlung anhand der konsentierten Meinung der Autoren abgegeben werden konnte, wurden Empfehlungen mit „kann“ formuliert.

Nach den Ergänzungen und Überarbeitungen der einzelnen Arbeitsgruppen nach der Konsensuskonferenz wurde das Manuskript durch die Redaktionsgruppe bearbeitet und anschließend das Gesamtliteraturverzeichnis eingefügt. Das Manuskript mit allen Empfehlungen und Statements wurde nach dieser Bearbeitung an die Leitliniengruppe übersandt. Daraus entstandene Änderungsvorschläge wurden sortiert und eingearbeitet. Im Anschluss wurde das Manuskript erneut der Leitliniengruppe im Delphi-Verfahren vorgelegt und schließlich im Konsens verabschiedet. Weitere Informationen sind dem Leitlinienreport zu entnehmen.


3 Definition, Pathophysiologie und Epidemiologie

Empfehlungen und Statements

S1 Die COPD ist bezüglich Morbidität und Mortalität weltweit eine der führenden Erkrankungen.

S2 Die COPD zeichnet sich durch eine nicht voll reversible obstruktive Ventilationsstörung aus.

S3 In Deutschland und Österreich ist aktives Tabakrauchen der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD.

3.1 Definition und Pathophysiologie

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist charakterisiert durch eine persistierende und üblicherweise progrediente Atemwegsobstruktion. Die COPD ist assoziiert mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen, die durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen ausgelöst wird. Exazerbationen und Komorbiditäten können den Schweregrad der Erkrankung mitbestimmen.

Die Atemwegsobstruktion hat 2 wesentliche Ursachen: eine Entzündung im Bereich der kleinen Atemwege (obstruktive Bronchiolitis) und eine Destruktion von Lungengewebe (Emphysem). Der relative Beitrag beider pathophysiologischer Prozesse zum Krankheitsbild ist sehr variabel. Obstruktive Bronchiolitis und Emphysem können einen Kollaps der Atemwege während der Ausatmung bedingen, was wiederum zum Phänomen der Überblähung unter Belastung führen kann (GOLD 2015, [3]).

Viele (aber bei weitem nicht alle) Patienten mit COPD haben auch Symptome einer chronischen Bronchitis. Die chronische Bronchitis ist nach World Health Organization (WHO) definiert als das Vorhandensein von Husten und Auswurf über mindestens 3 Monate in jedem von 2 aufeinanderfolgenden Jahren. Die chronische Bronchitis kann der Atemwegsobstruktion zeitlich vorangehen oder ihr nachfolgen. Die Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD sind in [Tab. 1] aufgeführt.

Tab. 1

Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD.

genuine Faktoren

  • genetische Prädisposition (z .B. Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel)

  • bronchiale Hyperreaktivität (Asthma)

  • Störungen des Lungenwachstums

exogene Faktoren

  • inhalativer Tabakkonsum (auch passiv)

  • berufsbedingte inhalative Noxen (Abschnitt 9)

  • Umweltnoxen (Biomassenexposition, Luftverunreinigung)

  • intrauterine und frühkindliche Einwirkungen

  • Atemwegsinfektionen (in der Kindheit)

  • Tuberkulose

  • sozioökonomischer Status


3.2 Epidemiologie

Die COPD ist bezüglich Morbidität und Mortalität eine der führenden Erkrankungen. Auch bezüglich Kosten und sozialen Folgen nimmt sie eine dominierende Stellung ein. Informationen hierzu finden sich auf verschiedenen Websites [5] [6].

Eine Metaanalyse von Studien, die in 28 Ländern in den Jahren 1990 bis 2004 durchgeführt worden sind, zeigt auf, dass die Prävalenz bei Rauchern und Ex-Rauchern wesentlich höher ist als bei Nichtrauchern, bei über 40-Jährigen höher als bei unter 40-Jährigen und bei Männern höher als bei Frauen [7]. Neuere Daten weisen darauf hin, dass die Prävalenz bei Frauen in entwickelten Ländern inzwischen ebenso hoch ist wie bei Männern [7].

Es existieren bislang nur wenige Daten zur Epidemiologie der COPD in Deutschland und Österreich. Auf der Basis der BOLD-Studie waren die Prävalenzen der erwachsenen Bevölkerung von 5 % bis über 10 % geschätzt worden [9]. Eine Literaturrecherche aus dem Jahr 2012, die unter Berücksichtigung einer Reihe von entwickelten Ländern inklusive Deutschland durchgeführt wurde, beschreibt Prävalenzen von 0,2 % (in Japan) bis 37 % (in den USA). Diese Prävalenzen variieren je nach Land, untersuchter Population, Altersgruppen und Definition der COPD. Die Prävalenzen waren höher, wenn die COPD spirometrisch definiert wurde (nach den GOLD-Kriterien 2001), gegenüber einer Definition, der nur Symptome zugrunde gelegt wurden. Für die COPD-Mortalität der letzten 30 – 40 Jahre wurde insgesamt ein Anstieg festgestellt, allerdings mit einer relativen Tendenz zum Abfall bei Männern und zum Anstieg bei Frauen [10].

Daten zu Krankenhauseinweisungen wegen COPD liegen für 31 europäische Länder vor. Die durchschnittliche altersadjustierte Einweisungsrate beträgt 200 pro 100.000 Einwohner pro Jahr, wobei Deutschland und Österreich zu den Ländern mit den höchsten Raten gehören. Eine Studie aus dem Vereinigten Königreich zeigt für COPD-Exazerbationen eine Krankenhausmortalität von 7 % und eine 90-Tagesmortalität von 15 %. Mehr als 50 % der Patienten, die mit einer COPD-Exazerbation aus dem Krankenhaus entlassen werden, werden innerhalb eines Jahres wiederaufgenommen [6].

COPD ist zurzeit die vierthäufigste Todesursache weltweit, und die Vorhersagen der Gobal Burden of Disease Study gehen davon aus, dass die COPD im Jahr 2020 die dritthäufigste Todesursache sein wird [11].

Im Rahmen der Global Burden of Disease Study wurde ein zusammengesetzter Score, die Disability-adjusted life years (DALYs), entwickelt, um den spezifischen Anteil einer chronischen Erkrankung, wie z. B. der COPD, an der Gesamtkrankheitsbelastung einer Bevölkerung abschätzen zu können. Die DALYs sind die Summe der Jahre, die entweder durch frühzeitiges Versterben an der Erkrankung verloren gehen, und die Jahre, die mit einer krankheitsbedingten Behinderung gelebt werden müssen (GOLD 2017, [3]). Dabei nimmt die COPD in den USA – nach der ischämischen Herzerkrankung – die 2. Position bzgl. der Zahl von DALYs ein [12].

Unter den respiratorischen Erkrankungen ist die COPD mit dem größten Verlust an Arbeitstagen assoziiert. Der Verlust an Produktivität summiert sich in der EU auf jährlich 28,5 Milliarden €. Die Gesamtkosten für die ambulante Behandlung der COPD betragen 4,7 Milliarden €, für die stationäre Versorgung 2,9 Milliarden € und für Medikamente 2,7 Milliarden € [6].



4 Diagnostik und Klassifizierung

Empfehlungen und Statements

E1 Die Diagnose COPD soll anhand der Anamnese (einschließlich Expositionsanamnese), charakteristischer Symptome (Belastungsdyspnoe, Husten, Auswurf) und der Lungenfunktionsprüfung vor und nach Bronchodilatation gestellt werden.

E2 Differenzialdiagnostisch sollen sowohl weitere obstruktive Atemwegserkrankungen abgegrenzt, als auch die diagnostische Unschärfe der fixierten Ratio FEV1/FVC < 70 % zur Charakterisierung der Obstruktion berücksichtigt werden (die eine Bronchialobstruktion bei > 50-Jährigen über- und bei < 45-Jährigen unterschätzt).

E3 Die COPD soll durch Ganzkörperplethysmografie (GKP), Blutgasanalyse (BGA), Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO), Bildgebung und standardisierte Belastungstests weiter charakterisiert werden.

Die Diagnose COPD ist bei allen Patienten mit Husten, Auswurf, Atemnot und/oder Vorhandensein genuiner Risikofaktoren und/oder einer Expositionsanamnese in Erwägung zu ziehen. Die Diagnose wird durch den Nachweis einer nicht vollständig reversiblen Atemwegsobstruktion gesichert.

Die gezielte Untersuchung von symptomatischen Probanden (Husten, Auswurf und Atemnot unter Belastung) mit und ohne Schadstoffexposition wird empfohlen. 3 einfache Fragen nach Raucherstatus, Husten und Atemnot konnten die Prätestwahrscheinlichkeit vor Durchführung einer Spirometrie erheblich steigern [13].

4.1 Untersuchungsmethoden

4.1.1 Anamnese und körperliche Untersuchung

Chronischer Husten (mit Auswurf) kann ein Frühsymptom sein (Übersicht bei Burgel [14]). Patienten mit Emphysem entwickeln häufig eine Belastungsdyspnoe ohne Husten und Auswurf, die sich bei Progression der Krankheit bei allen COPD-Patienten bemerkbar macht. Thorakales Engegefühl und pfeifende Atemgeräusche können auch vorhanden sein.

Die Anamnese soll bei Verdacht auf COPD folgende Angaben enthalten:

  • Exposition gegenüber Tabakrauch (aktiv: In Packungsjahren (pack-years) sowie passiv) und anderen Risikofaktoren

  • Arbeitsanamnese, einschließlich Schadstoffexpositionen (siehe Kapitel 9)

  • Frühgeburt

  • Infekte in der Kindheit

  • Angaben über Asthma, Allergien, und andere Lungen- sowie HNO-Erkrankungen

  • Exazerbationen mit und ohne Krankenhausaufenthalt

  • Komorbiditäten (Herzerkrankungen u. a.)

  • gegenwärtige Medikation

  • körperliche Aktivität

Bei mittelschwerer und schwerer Erkrankung können folgende körperlichen Untersuchungsbefunde vorliegen:

  • verlängerte Exspiration, Giemen, Pfeifen und Brummen,

  • Lungenüberblähung mit tief stehenden Zwerchfellen, ggf. Fassthorax, und Einziehungen im Bereich der Flanken,

  • zentrale Zyanose,

  • periphere Ödeme.


4.1.2 Röntgenaufnahmen der Thoraxorgane

Eine Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane ist bei der Erstdiagnostik sinnvoll und sollte in 2 Ebenen durchgeführt werden, damit differenzialdiagnostisch relevante Erkrankungen oder bedeutsame Komorbiditäten, wie z. B. ein Lungenkarzinom, eine Tuberkulose, Lungenparenchymerkrankungen oder eine Lungenstauung, erkannt werden können. Große Emphysemblasen sowie ausgeprägte pleurale Veränderungen können ebenfalls identifiziert werden. Für die Erfassung und Quantifizierung der Lungenüberblähung ist die konventionelle Röntgenaufnahme nicht mit hinreichender Validität geeignet [15].


4.1.3 Lungenfunktionsdiagnostik

Um die Diagnose COPD zu stellen, soll neben der Erhebung der Anamnese und der körperlichen Untersuchung in jedem Fall eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt werden, um die Obstruktion zu dokumentieren. Die globale Initiative GOLD definiert die persistierende Obstruktion bei COPD anhand einfach zu messender spirometrischer Kriterien: der postbronchodilatatorisch gemessene Tiffeneau-Index (FEV1/FVC) < 70 % oder alternativ FEV1/FVC < als die untere Normgrenze (lower limit of normal, LLN). Letztere wurde in einer großen gesunden Referenzpopulation für 4 verschiedene Ethnien (Kaukasier = Weiße, Schwarze, Süd- und Nordasiaten) in der GLI (Global Lung Initiative) als die 5er-Perzentile des Tiffeneau-Index FEV1/FVC bestimmt. Daraus ergeben sich (kleine) Unterschiede, da bei über 50-jährigen Gesunden die LLN unter 70 % liegt. Je älter der gesunde Proband, umso niedriger ist die LLN. Sie ist auch geschlechtsabhängig. So liegt die LLN des Tiffeneau-Index bei 80-jährigen Männern knapp über 60 %, bei Frauen geringfügig höher [16].

Eine spirometrisch gemessene Bronchialobstruktion ist keinesfalls automatisch mit der klinischen Diagnose COPD gleichzusetzen. Zwar ist der objektive Nachweis einer persistierenden Bronchialobstruktion ein notwendiges Kriterium für die Diagnosestellung. Die Lungenfunktion dient somit der Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose COPD. Zu berücksichtigen ist, dass eine nicht voll reversible Bronchialobstruktion auch andere Ursachen als eine COPD haben kann (siehe unter Differenzialdiagnose).

Diese Leitlinie verwendet die FEV1/FVC für die Definition der Obstruktion in Übereinstimmung mit der Spirometrieempfehlung der Deutschen Atemwegsliga [17] und der GLI [16]. Der alte, bislang verwendete Standard waren FEV1/VC und die EGKS-Sollwerte [1]. Hierdurch können sich bei der Diagnose einer Obstruktion in Grenzfällen über die LLN-Problematik hinaus weitere Abweichungen ergeben.

Einzelne Patienten mit ausgeprägtem Emphysem und daraus folgender erheblicher Lungenüberblähung (Erhöhung des Residualvolumens und der Totalkapazität, Erniedrigung der forcierten Vitalkapazität) weisen keine Einschränkung der FEV1/FVC auf. Die Diagnose (nicht obstruktives Lungenemphysem) wird dann anhand erhöhter Werte der bodyplethysmografisch gemessenen funktionellen Residualkapazität (FRCpleth) [18] und der Totalkapazität bzw. einer Erniedrigung der CO-Diffusionskapazität (DLCO) [19] gestellt. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass bei der chronischen, nicht obstruktiven Bronchitis nach WHO-Definition normale Werte der FEV1/FVC bestehen. Solche Patienten können ähnliche Symptome und Exazerbationen haben wie COPD-Patienten [20]. Für beide genannten Gruppen ist festzuhalten, dass keinerlei durch Studien abgesicherte Daten zur Pharmakotherapie vorliegen.

4.1.3.1 Spirometrie

Die Spirometrie wird nach den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga durchgeführt [17]. Eine Spirometrie soll zur Sicherung der Diagnose der COPD bei der Erstuntersuchung eines jeden Patienten vor und auch nach Inhalation eines Bronchodilatators (z. B. 15 Minuten nach Salbutamol (bis zu 400 µg in 4 Einzeldosen) oder 30 Minuten nach einer Kombination aus Salbutamol (oder Fenoterol) und 160 µg Ipratropiumbromid durchgeführt werden. Die Feststellung, ob die Bronchialobstruktion „persistent“, also mit der Diagnose COPD vereinbar ist, ist nur nach Bronchodilatatorgabe möglich. In der täglichen Praxis wird bei spirometrischen Erstuntersuchungen eine Ausgangsmessung empfohlen zur Feststellung, ob eine Obstruktion vorliegt, bevor ein Bronchodilatator appliziert wird. Die intraindividuelle Variabilität von postbronchodilatatorischen Verlaufsmessungen ist im Vergleich zu präbronchodilatatorischen Analysen geringer.

Das FEV1 ist Bestandteil aller kombinierten Scores (z. B. BODE Index, siehe unten), die eine Abschätzung der Prognose vornehmen. In früheren Empfehlungen wurde das FEV1 auch zur Festlegung der medikamentösen Therapie herangezogen. Im Gegensatz dazu empfiehlt das GOLD 2017-Dokument die Erfassung der Symptome und des Exazerbationsrisikos als Basis für die medikamentöse Behandlung (GOLD 2017, [3]). Im Fall einer großen Diskrepanz zwischen spirometrischen Befunden und Symptomen (z. B. FEV1  = 30 %, aber kaum Symptome) wird eine intensive Evaluation des Patienten empfohlen.

Spirometrische Verlaufsuntersuchungen sind angezeigt, um die Progression der Erkrankung (Identifikation von „rapid decliners“) einzuschätzen. Dabei ist zu beachten, dass eine symptomatische Verschlechterung bei multimorbiden COPD-Patienten bei konstant gebliebener Lungenfunktion auch andere Ursachen als die Zunahme der Obstruktion haben kann, z. B. Lungenstauung, Lungenembolie, Depression etc. Diese Differenzialdiagnosen sollen durch entsprechende weiterführende Untersuchungen abgeklärt werden. Die Indikationsstellungen zu nicht pharmakologischen Therapien (z. B. Volumenreduktion, siehe Kapitel 6.3) basieren partiell auf spirometrischen und weiteren Lungenfunktionsergebnissen. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Effekte einer pharmakologischen Therapie sollten Symptome, Lebensqualität, physische Aktivität und Exazerbationshäufigkeit herangezogen werden, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand besser geeignet sind als die Lungenfunktion.

Eine COPD-typische statische Überblähung kann spirometrisch indirekt durch die Messung der inspiratorischen Kapazität (IC) erfasst werden. Allerdings gibt es für die IC keine Sollwerte.

4.1.3.2 Reversibilitätstestung

Die Bedeutung der Reversibilitätstestung mit Bronchodilatatoren bei COPD ist beschränkt. Das Ausmaß der Reversibilität nach Bronchodilatatorinhalation wechselt im zeitlichen Verlauf und trägt daher nicht zur Phänotypisierung bei [21]. Das Ausmaß der Reversibilität (bei COPD häufig < 12 % und < 200 ml) hilft nicht, Asthma von COPD eindeutig zu differenzieren, da auch Asthmapatienten eine ähnlich geringe, zudem wechselnde Reversibilität aufweisen können, besonders unter Therapie. Ausnahme: Eine volle Reversibilität der Obstruktion schließt die Diagnose COPD aus. Die Messung präbronchodilatatorischer Werte bei strenger Berücksichtigung der Karenzzeit für Bronchodilatatoren mit verschieden langer Wirkungsdauer ist bei vorbehandelten Patienten in der täglichen Praxis kaum möglich und daher eine lege artis durchgeführte Reversibilitätstestung nicht durchführbar. Der Reversibilitätstest trägt weder zur Beurteilung der Prognose bei, noch gibt er Hinweise auf das Ansprechen auf eine Therapie [22]. Reversibilitätstests mit inhalierbaren und/oder oralen Kortikosteroiden können in Einzelfällen zur Abgrenzung von einem Asthma bronchiale durchgeführt werden.

Peak-Flow-Messung Die Messung der Peak-Flow-Werte ist für die Diagnosestellung der COPD nicht geeignet [23] [24] [25].

Weitere Lungenfunktionsuntersuchungen Häufig sind sie unter differenzialdiagnostischen Aspekten erforderlich, insbesondere wenn eine Diskrepanz zwischen FEV1 oder FEV1/FVC und den Symptomen besteht. Sie tragen auch zur phänotypischen Charakterisierung der COPD mit potenziellen therapeutischen Konsequenzen bei.

4.1.3.3 Bodyplethysmografie

Sie erlaubt die Bestimmung einer Vielzahl von Parametern, die wichtigsten davon sind ITGV und RV/TLC [18].

  • Eine Erhöhung des Anteils des Residualvolumens im Rahmen der (normalen oder gar erhöhten) Totalkapazität geht zu Lasten der FVC, die erniedrigt gemessen wird, und täuscht eine – neben der Obstruktion vermutete – restriktive Ventilationsstörung vor. Die Bodyplethysmografie hilft, die richtige Diagnose (einer häufig rein obstruktiven Störung) zu stellen, falls die Totalkapazität normal oder erhöht ist [26].

  • Die bodyplethysmografische Messung des spezifischen Atemwegswiderstandes stellt eine (beinahe) mitarbeitsunabhängige objektive Messmethode der Obstruktion dar. Auch die zur Bestimmung weiterer ganzkörperplethysmografischen Messgrößen (Raw: Atemwegswiderstand; FRCpleth: Die bodyplethysmografisch gemessene funktionelle Residualkapazität) erforderliche Verschlussdruckkurve fordert die Mitarbeit des Patienten weniger heraus als die Spirometrie. Somit ist bei Patienten, die nicht in der Lage sind, auswertbare maximale und/oder forcierte Atemmanöver durchzuführen, zusätzlich zur Spirometrie die Durchführung der Bodyplethysmografie sinnvoll.

4.1.3.4 CO-Diffusionskapazität (DLCO)

Die Bestimmung der CO-Diffusionskapazität wird üblicherweise nach der Single-Breath-Methode durchgeführt. Damit können 2 wichtige Parameter bestimmt werden:

  • Die Messung der Heliumverdünnung gibt Auskunft über das Residualvolumen. Im Gegensatz zur Bodyplethysmografie werden nur die gut belüfteten Lungenanteile gemessen. In fortgeschrittenen Fällen mit ausgeprägter Obstruktion wird das Residualvolumen zu niedrig gemessen.

  • Durch Messung der CO-Diffusionskapazität ist eine Abschätzung der Gasaustauschstörung (des Emphysemanteils) möglich. Die Messwerte korrelieren mit dem im CT (Spezialsoftware) bestimmten Schweregrad des Emphysems [27]. Mittels DLCO kann eine eventuelle Diskrepanz zwischen Symptomen und Spirometrie sowie pathologischen Blutgaswerten erklärt werden. Die Messwerte der DLCO sind bei COPD – je nach Emphysemanteil – fast immer erniedrigt, bei Asthma normal.

4.1.3.5 Blutgasanalyse

Eine arterielle Hypoxämie mit oder ohne Hyperkapnie wird bei Patienten mit schwerer COPD häufig angetroffen – entweder nur nach Belastung oder auch schon in Ruhe. Eine respiratorische Insuffizienz liegt bei PaO2-Werten < 8,0 kPa (60 mmHg) vor. Eine ventilatorische Insuffizienz besteht bei Hyperkapnie (PaCO2 > 6,0 kPa = 45 mmHg). Die in Europa übliche Messung der Blutgase aus hyperämisiertem Kapillarblut (Ohrläppchen) ist nur zuverlässig, wenn keine Linksherzinsuffizienz mit peripherer Zyanose bzw. ein Präschock- oder Schockzustand besteht. In diesen Fällen muss die Blutgasanalyse über eine arterielle Punktion durchgeführt werden. Blutgasanalysen sind unerlässlich zur Indikationsstellung einer Langzeit-Sauerstofftherapie.

Die Pulsoxymetrie ist zur Kontrolle der Oxygenierung als Verlaufsparameter geeignet. Anzustreben ist eine Sauerstoffsättigung > 90 %. Messungen sind möglich sowohl in Ruhe, unter körperlicher Belastung als auch zur Kontrolle einer Sauerstofftherapie.

4.1.3.6 Belastungstests

Kontrollierte Belastungstests können bei COPD-Patienten zur Differenzierung der Ursachen einer Belastungsdyspnoe, zur Quantifizierung der Belastbarkeit, zur Beurteilung von Therapieeffekten sowie zur Auswahl eines individuell abgestuften Trainingsprogramms eingesetzt werden. Die Auswahl der verschiedenen Belastungstests, der Belastungsprotokolle sowie der Kenngrößen zur Beurteilung der Belastbarkeit sind den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zur Durchführung und Beurteilung von Belastungstests in der Pneumologie zu entnehmen [28].

Der 6-Minuten-Gehtest [29] ist der am häufigsten eingesetzte Belastungstest. Zur ursächlichen Zuordnung der Belastungsdyspnoe bei COPD-Patienten mit z. B. kardialer Komorbidität eignet sich die spiroergometrische Untersuchung. Sie dient auch der Objektivierung der Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit (Minderung der Erwerbsfähigkeit, Invaliditätsgrad).


4.1.4 Computertomografie des Thorax

Das Computertomogramm des Thorax bei COPD-Patienten kann zur phänotypischen Charakterisierung beitragen [30]. Es ist geeignet, Veränderungen der Atemwege zu charakterisieren und zu quantifizieren und Art, Verteilung und Ausmaß des Emphysems (diffus, ober- oder unterlappenbetont, Bullae etc.) zu bestimmen. Hierfür ist die Anwendung von Spezialsoftware erforderlich. Der Nachweis von Komorbiditäten, wie z. B. Lungentumoren und Bronchiektasen, ist ebenfalls möglich.

Technische Anmerkungen Für die genannten Indikationen wird die Multidetektor-CT-Untersuchung empfohlen. Die Darstellung in 5 mm-Schichten und 1 – 1,5 mm-Rekonstruktionen ergibt die beste diagnostische Auslese. Die Gabe von Kontrastmittel ist nur bei Verdacht auf Tumoren und auf eine Lungenembolie erforderlich.

CT-Untersuchungen tragen bei folgenden Fragestellungen zur therapierelevanten Diagnostik bei COPD bei:

  • Abklärung pathologischer Befunde auf der Thorax Übersichtsaufnahme (einschließlich Verdacht auf Lungenkarzinom)

  • bei differenzialdiagnostischen Erwägungen (z. B. Bronchiektasen, Lungenembolie, diffuse Lungenparenchymerkrankung, pleurale Erkrankungen)

  • vor möglichen interventionellen oder operativen Eingriffen wegen COPD (Bullektomie, Volumenreduktion, Resektion wegen Bronchiektasen, Lungentransplantation).


4.1.5 Laboruntersuchungen

Die Bestimmung des Differenzialblutbildes (Eosinophile), der Elektrolyte und der Nierenfunktion sowie bei häufig exazerbierenden Patienten außerdem der Immunglobuline ist sinnvoll, da sich hieraus therapeutische Konsequenzen ergeben können. Bei allen COPD-Patienten, insbesondere denen mit früh einsetzender COPD-Erkrankung (Raucher und Nichtraucher unter 45 Jahren) oder mit basal betontem panlobulärem Lungenemphysem, sollte einmal eine Untersuchung bezüglich eines hereditären Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangels erfolgen, da bei einem homozygoten Mangel (Phänotyp ZZ) eine Substitutionstherapie zur Verfügung steht. Bei Exazerbation ist die Bestimmung des Blutbildes und des CRP im Serum sinnvoll. Bei klinischem Verdacht auf z. B. Lungenembolie oder akutes Koronarsyndrom sollten D-Dimere, Brain natriuretic peptide (BNP) und Troponine bestimmt werden. Bei Exazerbationen und bei Polyglobulie ist eine Blutgasanalyse indiziert.


4.1.6 Sputumdiagnostik

Eine mikrobiologische Sputumdiagnostik ist bei akuten Exazerbationen in der Praxis nicht notwendig, jedoch bei Exazberbationen mit produktivem Husten, die zu einer Klinikeinweisung führen, zu diskutieren. Hauptindikationen zur Durchführung sind

  • Notwendigkeit der stationären Aufnahme,

  • fehlendes Ansprechen auf eine kalkulierte antiinfektiöse Therapie nach 72 Stunden,

  • rezidivierende Exazerbationen (≥ 2 pro Jahr),

  • Bronchiektasen,

  • immunkompromittierte Patienten.

Zur Sputumabgabe sollte das Morgensputum (nach Spülung des Mund-Rachenraumes mit klarem Wasser) genutzt werden. Das Sputum sollte innerhalb von 2 – 4 Stunden im bakteriologischen Labor bearbeitet werden. Ein Transport ist auch bei Kühlung (4 °C) nur bedingt zu empfehlen, wenn die Zeit zwischen Gewinnung und Verarbeitung des Sputums 4 Stunden überschreitet. Dann ist zu beachten, dass die Aussagekraft der Untersuchung für wichtige Keime wie Streptococcus pneumoniae abnimmt. Dennoch kann die Untersuchung therapeutisch verwertbare Hinweise auf wichtige Keime – darunter Enterobakterien, P. aeruginosa und auch nicht tuberkulöse Mykobakterien – liefern. Die Qualität des Sputums bei Purulenz, > 25 Neutrophile pro Gesichtsfeld bei < 10 Epithelzellen pro Gesichtsfeld, sollte im Befund angegeben werden.


4.1.7 Elektrokardiogramm und Echokardiografie

Diese Untersuchungen dienen a) zum Ausschluss von potenziellen kardiovaskulären Erkrankungen, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen können, b) zur Abschätzung der Auswirkungen der COPD auf das Herz-Kreislauf-System. Bei Verdacht auf ein Cor pulmonale erlaubt die Echokardiografie mit der Doppler- und Farbdopplertechnik in vielen Fällen eine Abschätzung des systolischen Drucks im kleinen Kreislauf und der Dimensionen des rechten Herzens.



4.2 COPD Bewertung (Assessment)

4.2.1 Schweregrade der Obstruktion

GOLD empfiehlt, den Schweregrad der Obstruktion (1 – 4) anhand der postbronchodilatatorisch gemessenen FEV1-Werte zu bestimmen, wenn das Kriterium der Obstruktion (FEV1/FVC < LLN oder < 70 %) erfüllt wurde ([Tab. 2]).

Tab. 2

Schweregrad der Obstruktion bei COPD nach GOLD [3].

Schweregrad nach FEV1 (nach Bronchodilatation gemessen)

Kriterium für Obstruktion

FEV1 /FVC < LLN oder < 70 %

IV (sehr schwer)

FEV1 < 30 % Soll

III (schwer)

30 % – 49 % Soll

II (mittelgradig)

50 % – 79 % Soll

I (leicht)

FEV1 ≥ 80 % Soll

FEV1 ist der beste einzelne Prognosefaktor für die COPD (Übersicht bei [31], allerdings nur für Gruppen, nicht aber indivduelle Patienten). Es besteht eine positive, wenngleich schwache Korrelation des FEV1 mit der Lebensqualität [32] und den Symptomen [33], zur Korrelation mit der Exazerbations-häufigkeit liegen widersprüchliche Daten vor [34] [35] [36] [37]. In Anlehnung an das 2017 Dokument von GOLD empfehlen wir als Basis für die Wahl der medikamentösen Behandlung die Evaluation der Symptomatik und die Abschätzung des Exazerbationsrisikos auf der Basis der Exazerbationshistorie.


4.2.2 Kombinierte Einschätzung der COPD

In der vorherigen Version dieser Leitlinie [1] sowie in den GOLD-Versionen vor 2011 [3] richtete sich die medikamentöse Stufentherapie nur nach dem Schweregrad der Obstruktion. In den letzten Jahren wurde zunehmend Evidenz dafür generiert, dass die spirometrischen Befunde nur schwach mit patientenzentrierten Endpunkten wie Symptomen und Exazerbationen korrelieren, und damit nicht geeignet sind, eine auf die Bedürfnisse des Patienten fokussierte Therapie zu begründen [33] [35] [38] [39]. Daher wurde ein Schema vorgeschlagen, das auf die Symptomatik und das Exazerbationsrisiko aufbaut. In der 2011-Version von GOLD wurde ein System generiert, indem das Exazerbationsrisiko durch die Exazerbationshistorie und die Spirometrie definiert sein konnte. In der GOLD 2017-Version wurde dieses System revidiert. Jetzt werden nur noch in der Vorgeschichte erlittene Exazerbationen und die Symptomatik berücksichtigt.

Vier Gruppen werden unterschieden: A, B, C und D (siehe [Abb. 1]).

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Abb. 1 COPD: Einteilung in die Gruppen A, B, C und D.
  1. Exazerbationsrisiko: Die Anzahl der Exazerbationen wird anamnestisch erfasst. Mindestens eine stationär behandelte (schwere) oder mindestens 2 ambulant behandelte mittelschwere (Gabe von Antibiotika und/oder systemische Kortikosteroiden) Exazerbationen gelten als erhöhtes zukünftiges Risiko und werden den COPD-Stadien C oder D zugeordnet. Patienten mit 0 – 1 mittelschwerer Exazerbation im Jahr werden in die Stadien A oder B eingeteilt.

  2. Symptome: Sie sollen mithilfe validierter Fragebögen gemessen und in 2 Kategorien eingeteilt werden: gering symptomatisch und höhergradig symptomatisch.

    • mMRC (modified Medical Research Council)-Skala: Das wichtigste Symptom der COPD, die Belastungsdyspnoe wird in einer 5-Stufenskala gemessen ([Tab. 3]). Als wenig symptomatisch (Stadium A oder C) gelten die Stufen 0 und 1.
      Bevorzugt wird jedoch die Anwendung von Fragebögen, die auch weitere Symptome (z. B. Husten, Verschleimung etc.) messen und damit die Lebensqualität abbilden:

    • CAT (COPD Assessment Test): Fragebogen mit 8 Fragen, zu beantworten auf einer Likert Skala von 0 – 5. Minimum Score bei völliger Beschwerdefreiheit 0, Maximum Score 8 × 5 = 40. Als wenig symptomatisch gilt ein Score < 10. Für den CAT gibt es eine validierte deutsche Übersetzung (siehe  [Abb. 2]).

    • CCQ (COPD Control Questionnaire): Fragebogen mit 10 Fragen, zu beantworten auf einer Likert Skala von 0 – 6, Minimum Score bei völliger Beschwerdefreiheit 0, Maximum Score 10 × 6:10 = 6. Als wenig symptomatisch gilt ein Score von 1. Für CCQ gibt es eine validierte deutsche Übersetzung als 24 Stunden- und 1 Woche-Version.

Tab. 3

mMRC-Skala für Dyspnoe.

Stufe 0

Ich werde nur bei starker Belastung kurzatmig.

Stufe 1

Ich werde kurzatmig, wenn ich mich auf ebener Erde beeile oder wenn es leicht ansteigt.

Stufe 2

Ich gehe wegen Atemnot langsamer als Altersgenossen oder ich muss anhalten, um Luft zu holen, wenn ich auf ebener Erde gehe.

Stufe 3

Ich halte an, um Luft zu holen nach 100 m oder nach wenigen Minuten, ebenerdig.

Stufe 4

Ich bin zu kurzatmig, um das Haus zu verlassen oder ich bin kurzatmig bei An- und Ausziehen

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Abb. 2 Der CAT-Fragebogen. Quelle: © 2009 GlaxoSmithKline. Alle Rechte vorbehalten.

Komorbiditäten beeinflussen ebenfalls die Schwere der COPD (siehe Kapitel 8), werden aber bei der Stadieneinteilung A, B, C und D bisher nicht berücksichtigt.

Die COPD-Patienten werden anhand der erhobenen 2 Dimensionen (Symptome, Exazerbationsrisiko) wie folgt den Gruppen A bis D zugeordnet:

  • gering symptomatische Patienten (mMRC Score 0 – 1, oder CAT Score < 10, oder CCQ Score < 1): Gruppe A und C,

  • höhergradig symptomatische Patienten: Gruppe B und D.

Eine volle Übereinstimmung zwischen mMRC und CAT/CCQ Score ist nicht zu erwarten, da mMRC nur die Dyspnoe berücksichtigt. Die beiden anderen Instrumente erlauben eine umfassendere Einschätzung und sollen daher bevorzugt angewendet werden.

  • Patienten mit geringem Exazerbationsrisiko: Gruppe A und B,

  • Patienten mit hohem Exazerbationsrisiko: Gruppe C und D.

Die Lungenfunktion ist nur noch dann zwingend zu berücksichtigen, wenn eine Diskrepanz zwischen Einschränkung der Lungenfunktion und Symptomen besteht. So können COPD-Patienten mit schwergradiger Obstruktion durch maximale Einschränkung ihrer körperlichen Aktivität wenig Symptome empfinden. Da die ABCD Krankheitsstadien der COPD die Basis für die medikamentöse Therapie sind, ist darauf zu achten, dass solche Patienten unter Einbeziehung von Belastungsuntersuchungen umfassend evaluiert werden, um eine exakte Abschätzung der krankheitsbedingten Einschränkungen zu ermöglichen. Die Klassifizierung der Patienten soll an 2 Beispielen dargestellt werden; ein Patient mit einem Post-Bronchodilatator FEV1 von 40 % des Solls ist deutlich symptomatisch (CAT 20) und hatte im letzten Jahr eine mit oralem Kortikosteroid behandelte Exazerbation. Damit fällt er in die Kategorie GOLD 3 B.

Ein Patient mit einem Post-Bronchodilatator FEV1 von 45 % des Solls, einem CAT von 25 und 2 mit Antibiotika behandelten Exazerbationen im letzten Jahr fällt in die Kategorie GOLD 3 D.


4.2.3 Multidimensionale Schweregradeinteilung

Die bekannteste multidimensionale Schweregradeinteilung, der BODE-Index (B: body-mass-index, O: obstruction, D: dyspnoea, E: exercise capacity), berücksichtigt Ausmaß der Obstruktion, Atemnot (mMRC-Skala), körperliche Belastbarkeit und Body-Mass-Index [40]. Die Belastbarkeit wird über die 6-Minuten-Gehstrecke gemessen.  [Tab. 4] zeigt die Kriterien für den BODE-Score.

Tab. 4

BODE-Index.

Parameter

Punkte auf der BODE-Skala

0

1

2

3

FEV1 (% Soll)

≥ 65

50 – 64

36 – 49

≥ 35

6-Min-Gehtest (m)

> 350

250 – 349

150 – 249

≤ 149

MRC-Dyspnoe [28]

0 – 1

2

3

4

Body-Mass-Index (kg/m2)

> 21

≤ 21

Die BODE-Scorebereiche (Quartile) 0 – 2, 3 – 4, 5 – 6 und 7 – 10 Punkte korrelierten mit der Gesamtmortalität und mit der COPD-bedingten Mortalität besser als die FEV1 [40].

Es gibt weitere multidimensionale Indizes, die zum Teil andere Parameter: ADO (Age, Dyspnoe, Obstruction) [41], DOSE (Dyspnoe, Obstruction, Smoking, Exacerbation) [42] bzw. die Komorbiditäten (COTE) [43] [44] berücksichtigen.



4.3 Phänotypen bei COPD

Die Phänotypisierung der COPD steckt noch in den Anfängen, es wird jedoch zunehmend klar, dass gemeinsame klinische Charakteristika von Subgruppen von COPD-Patienten („Phänotypen“) (Übersicht bei [45]) heute schon therapeutisch relevant sein können (siehe Kapitel Therapie).

Empfohlene Untersuchungsmethoden sind:

  • Erhebung einer gezielten Anamnese (Vorhandensein von Husten und Auswurf, Anzahl der Exazerbationen, am meisten beeinträchtigende Symptome gemessen durch Fragebögen wie CAT, CCQ oder mMRC)

  • Spirometrie mit Messung von Ausmaß und Reversibilität der Obstruktion sowie Bestimmung der inspiratorischen Kapazität (IC)

  • Bodyplethysmografie mit Messung der Obstruktion und der Überblähung (RV, RV/TLC),

  • CO-Diffusionskapazität zur Abschätzung des Ausmaßes eines Emphysems,

  • 6-Minuten-Gehstrecke zur Messung der Belastbarkeit. Diese kann durch eine Spiroergometrie ergänzt werden.

  • Blutgasanalyse für die Charakterisierung der respiratorischen Insuffizienz und Erfassung von Gasaustauschstörungen

  • Sauerstoffsättigung zur Kontrolle der Oxygenierung

  • Multidetektor CT (ohne Kontrastmittel mit 1 – 1,5 mm Rekonstruktionen) zur Bestimmung von Ausprägung und Verteilung des Emphysems und der Atemwegsveränderungen, z. B. Bronchiektasen ([Tab. 5])

Tab. 5

Zusatzuntersuchungen für die Diagnostik relevanter phänotypischer Merkmale.

Therapie- oder prognoserelevante phänotypische Merkmale

Messmethoden

Anmerkungen und Alternativen

Symptomlast

CAT, CCQ, mMRC

nur einen Fragebogen anwenden

körperliche Belastbarkeit

6-Min-Gehtest

evtl. Spiroergometrie oder Belastungsblutgasanalyse

Exazerbationsfrequenz

Exazerbationen dokumentieren

retrospektiv bei der ersten Konsultation, danach prospektiv erfassen

Überblähung

Ganzkörperplethysmografie: RV/TLC, ITGV

Spirometrie: IC

Röntgenaufnahme in 2 Ebenen

CT[1]

 

 

 

nur wenn ohnehin erforderlich

Emphysemkomponente

DLCO

CT

bei speziellen Fragestellungen

chronische Bronchitis Komponente

Husten, Auswurf (Anamnese)

CT[1]

Technik: 1 – 1,5 mm Schichten/Rekonstruktionen

Bronchiektasen

1 – 1,5 mm CT-Schichtdicke, ohne Kontrastmittel

  • bei chronisch produktiver Bronchitis

  • bei ≥ 2 Exazerbationen/Jahr

ACO

gezielte Anamnese

bei Verdacht: Allergietestung

bei Krankheitsbeginn im Kindesalter

Komorbiditäten

siehe eigenes Kapitel

1 Anmerkungen zu CT-Untersuchungen siehe unten unter Paragraf CT.



4.4 Diagnostischer Algorithmus

In [Abb. 3] ist ein Algorithmus zum Einsatz der genannten diagnostischen Verfahren in der Diagnostik der COPD dargestellt. Zur initialen Diagnostik, die vom niedergelassenen Allgemeinarzt oder Internisten durchgeführt werden kann, gehören die Anamnese, die körperliche Untersuchung, eine Thoraxaufnahme in 2 Ebenen und die Spirometrie.

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Abb. 3 Diagnostik der COPD. *Es ist unwahrscheinlich, aber grundsätzlich möglich, dass bei normaler Spirometrie in der Bodyplethysmografie unauffällige Befunde erhoben werden, sich in der DLCO-Messung aber ein deutlich verminderter Wert ergibt. Das kann zum einen Ausdruck eines Emphysems sein, andererseits können z. B. auch interstitielle Lungenerkrankungen, eine kardiale Grunderkrankung oder eine pulmonale Hypertonie ein derartiges Bild machen. Eine restriktive Lungenerkrankung sollte bei normalen Tiffeneau-Index und erniedrigter TLC in der Bodyplethysmografie bzw. auch erniedrigter DLCO erwogen werden.

Wenn COPD-Symptome bestehen, obwohl das Verhältnis FEV1/FVC > LLN oder > 70 % ist bzw. nur gering darunterliegt, kann die Ganzkörperplethysmografie (GKP) Hinweise auf eine COPD mit starker Überblähung liefern, die zu einer Erniedrigung der FVC (bei normaler oder erhöhter Totalkapazität) und zu relativ hohen Werten für FEV1/FVC führt [17]. Des Weiteren kann die Messung der DLCO bei ausgeprägter Belastungsdyspnoe und relativ geringer Beeinträchtigung der spirometrisch gemessenen Volumina weiterhelfen (Emphysem Phänotyp) [27] [46] [47].

Bei einer spirometrisch gemessenen Obstruktion mit Hinweis auf das Vorliegen einer zentralen Atemwegsstenose [17] oder bei entsprechendem klinischem Verdacht sollte eine Bronchoskopie durchgeführt werden. Bei Patienten mit – nach den genannten Untersuchungen – unklar gebliebener Dyspnoe sollen weitere Ursachen abgeklärt werden: kardiale Erkrankungen, Anämie, interstitielle Lungenerkrankungen, pulmonale Hypertonie (ggf. auch als Folge von Lungenembolien), Schlafapnoe, neuromuskuläre Erkrankungen etc.


4.5 Differenzialdiagnosen

Die wichtigste Differenzialdiagnose ist das Asthma bronchiale. Charakteristische Merkmale beider Erkrankungen sind in [Tab. 6] gegenübergestellt. In der klinischen Wirklichkeit ist die Unterscheidung zwischen Asthma und COPD häufig schwierig. Eine Reversibilität der Atemwegsobstruktion, ein definierendes Merkmal des Asthmas kann auch bei COPD vorkommen. Das Ausmaß der Reversibilität bei Asthma ist in der Regel größer (ΔFEV1 > 12 % und > 200 ml). Je größer die Reversibilität, umso wahrscheinlicher ist die Diagnose Asthma. Sie kann aber unter Therapie und bei langanhaltendem Asthma auch geringer ausfallen. Eine bronchiale Hyperreagibilität kommt bei 85,1 % der Frauen und 58,9 % der Männer mit COPD in der Lung Health Study vor [48]. Die Messung der bronchialen Hyperreagibilität in der klinischen Routine erlaubt daher auch keine sichere Differenzierung von Asthma und COPD.

Tab. 6

Differenzialdiagnose: Asthma – COPD.

Merkmal

Asthma

COPD

Alter bei Erstdiagnose

in jedem Lebensalter möglich

häufig in Kindheit, Jugend

meist 5 – 6. Lebensdekade

Symptombeginn in Kindheit spricht gegen COPD

Anamnese einschließlich Tabakrauchen

Familienanamnese: oft positiv

Rauchen, inhalative Noxen: kein Kausalzusammenhang; Verschlechterung bzw. Therapieresistenz durch Rauchen

Rauchen, inhalative Noxen:

Kausalzusammenhang

Atemnot

anfallartig auftretende Atemnot, wechselnd im Laufe der Zeit; Triggerung durch:

  • körperliche Belastung

  • seelische Belastung

  • Allergene, Staub, Rauch

  • kalte Luft

  • Lachen

kontinuierlich symptomatisch,

kein beschwerdefreies Intervall

Atemnot unter Belastung

Verlauf

variabel, episodisch, kann unter Behandlung oder spontan symptomfrei werden

meistens progredient,

auch unter Behandlung

Allergie

häufig

selten, nicht kausal

Lungenfunktion

oft normal,

variable Obstruktion (anamnestisch),

gut reversible Obstruktion bei Testung üblich

persistierende Obstruktion

FEV1/FVC immer < LLN oder < 70 %,

Reversibilität wechselnd, meistens gering und umgekehrt proportional zu FEV1

Bronchiale Hyperreaktivität

vorhanden

häufig vorhanden

Ansprechen auf systemische Glukokortikoide

regelhaft vorhanden

nur bei Exazerbation

Merkmale, die zu Asthma und COPD passen, können auch gemeinsam vorkommen. Nach einem Vorschlag von GINA und GOLD wird dies als Asthma COPD Overlap (ACO) bezeichnet. [49]. Asthma und COPD werden zunehmend als Oberbegriff für verschiedene Phänotypen von Asthma und COPD verwendet [50]. Derzeit sind diese Phänotypen noch nicht endgültig charakterisiert. Als besondere Herausforderung gilt der Asthma Phänotyp bei Patienten mit langjährigem Verlauf und fixierter Atemwegsobstruktion [51]. Die Merkmale in [Tab. 7] sollen als Wegweiser dienen. In vielen Fällen helfen auch die klinische Beobachtung im Verlauf und das Ansprechen auf die Therapie weiter.

Tab. 7

Wichtige Differenzialdiagnosen der COPD mit Atemwegsobstruktion.

Diagnose

Diagnostik

Asthma

wichtigste Differenzialdiagnose (siehe Text)

Linksherzinsuffizenz

EKG, UKG, Röntgenaufnahme, Biomarker

Lungenfunktion: Restriktion, ggf. zusätzlich Obstruktion („Asthma cardiale“)

Bronchiektasen-Krankheit

HR-CT

oft großes Sputumvolumen, aber auch Reizhusten möglich

Lungenfunktion: oft Obstruktion

Sarkoidose Typ III und IV

Lungenfunktion: häufig teilreversible Bronchialobstruktion

Tuberkulose, auch als posttuberkulöses Syndrom

Lungenfunktion: fixierte Obstruktion möglich

Bronchiolitis obliterans

idiopathisch, Infekt, akute inhalative Noxen, rheumatoide Arthritis, Lungentransplantation

HR CT: „mosaic pattern“

Lungenfunktion: oft fixierte Obstruktion

Tumor

Bronchoskopie zum Nachweis einer zentralen Atemwegsstenose

Weitere Differenzialdiagnosen Husten, Auswurf und Atemnot können bei einer Reihe von Erkrankungen auftreten. Alle Erkrankungen mit Bronchialobstruktion (u. a. Bronchiektasie, Bronchiolitis obliterans, diffuse Lungenparenchym-erkrankungen mit möglicher Obstruktion wie z. B. Sarkoidose), mit chronischem Husten (u. a. Lungenkarzinom, Tuberkulose, idiopathischer Husten oder chronische Rhinosinusitis) oder Atemnot (u. a. Anämie, Linksherzinsuffizienz, pulmonale Hypertonie, Übergewicht, Trainingsmangel, Hyperthyreose, metabolische Azidose) sollen als Differenzialdiagnose oder auch als Komorbidität in Betracht gezogen werden.


4.6 Spirometrisches Screening auf COPD

Obwohl durch ein spirometrisches Screening die Zahl an diagnostizierten COPD-Fällen in einer Population verdoppelt werden kann [52] [53], ist die Wertigkeit des Screenings umstritten. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand verbessert nur die Raucherentwöhnung die Prognose der frühdiagnostizierten Fälle, aber die Effekte auf die Raucherentwöhnung sind selbst bei einem ergiebigen Screening unklar, die Abstinenzraten durch die Frühdiagnose der COPD konnten nur in einigen [54], aber nicht in allen Studien verbessert werden [55] [56]. Der Stellenwert der medikamentösen Therapie bei durch Screening diagnostizierten COPD-Fällen ist offen. Die US Preventive Services Task Force (USPSTF) publizierte 2016 eine detaillierte Analyse zum Screening [57]. In der Stellungnahme der USPSTF wird Screening asymptomatischer Personen nicht empfohlen. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir bei Patienten mit Symptomen und einer relevanten Tabakrauchexposition, frühzeitig eine Spirometrie durchzuführen (“early case finding”), nicht aber bei asymptomatischen Individuen [3].



5 Medikamentöse Therapie

Empfehlungen und Statements

S4 Die medikamentöse Therapie der COPD kann zu einer Linderung/Vermeidung von Symptomen, zu einer Reduktion der Häufigkeit und des Schweregrades von Exazerbationen, ferner zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der körperlichen Leistungsfähigkeit führen.

E4 Jede Pharmakotherapie sollte individuell ausgewählt werden in Abhängigkeit von Symptomatik, Exazerbationsrisiko, Ansprechen, unerwünschten Effekten, Komorbiditäten, Patientenpräferenz und -fähigkeit, verschiedene Inhalatoren korrekt anzuwenden, sowie der Kosten.

E5 Die Patienten sollen in der korrekten Inhalationstechnik angeleitet werden und diese bis zur sicheren Beherrschung üben. Die Inhalationstechnik soll vom Arzt oder einer medizinischen Fachkraft regelmäßig überprüft werden.

E6 Bronchodilatatoren sollen bei Bedarf zur Symptomlinderung oder regelmäßig als Basistherapie zur Vorbeugung von Symptomen bzw. zur Symptomlinderung eingesetzt werden.

E7 LAMAs und LABAs sollen in der Dauertherapie kurzwirksamen Substanzen vorgezogen werden mit Ausnahme von Patienten mit geringer Symptomatik.

E8 Patienten mit höhergradigen Symptomen sollen, je nach klinischer Einschätzung, initial mit einem langwirkenden Bronchodilatator oder einer LAMA/LABA-Kombination behandelt werden.

E9 Inhalierbare Bronchodilatatoren sollen oralen Applikationen vorgezogen werden.

E10 Theophyllin soll nur in begründeten Ausnahmefällen eingesetzt werden.

E11 ICS sollen nicht als Monotherapie eingesetzt werden.

E12 ICS sollen erwogen werden, wenn trotz einer adäquaten Behandlung mit langwirksamen Bronchodilatatoren Exazerbationen auftreten.

E13 Eine Langzeitbehandlung mit oralen Kortikosteroiden soll vermieden werden.

E14 Bei Patienten, die trotz einer Behandlung mit LABA/ICS oder LABA/LAMA/ICS Exazerbationen entwickeln, und Symptome einer chronischen Bronchitis sowie eine schwere bis sehr schwere Atemflusseinschränkung aufweisen, soll der Einsatz von Roflumilast erwogen werden.

E15 Eine Langzeitbehandlung mit einem Makrolidantibiotikum soll nur in begründeten Ausnahmefällen (rezividierende Exazerbationen ≥ 2 pro Jahr und Nachweis von P. aeruginosa) erwogen werden.

E16 Antioxidativ wirksame Mukolytika sollen nur bei ausgewählten Patienten eingesetzt werden.

E17 Bei Patienten mit schwerem Alpha 1-Antitrypsinmangel und Emphysem soll der Einsatz einer Substitutionstherapie erwogen werden.

E18 Antitussiva können für die Dauertherapie der stabilen COPD nicht empfohlen werden.

E19 Medikamente, die für die Behandlung der primären pulmonalen Hypertonie zugelassen wurden, sollen bei COPD-Patienten mit pulmonaler Hypertonie nicht eingesetzt werden.

E20 Niedrig dosierte orale und parenterale Opioide können bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und schwerer Dyspnoe erwogen werden.

Die Pharmakotherapie der COPD wird eingesetzt zur Linderung der Symptome, zur Reduktion von Frequenz und Schweregrad der Exazerbationen sowie zur Verbesserung des Gesundheitsstatus und der Belastbarkeit. Mit keinem der vorhandenen Medikamente konnte bislang eindeutig ein Effekt auf den Verlust an Lungenfunktion über die Zeit nachgewiesen werden, wenn diese primärer oder sekundärer Endpunkt klinischer Studien war [58] [59] [60] [61]. In [Tab. 8] sind die wesentlichen Medikamente für die Behandlung der COPD dargestellt. Die Auswahl der Substanzen richtet sich nach dem Ausmaß der Symptomatik, der Schwere und Häufigkeit von Exazerbationen und den Komorbiditäten.

Tab. 8

Einzeldosis und Wirkdauer der wesentlichen Medikamente bei der Behandlung der COPD.

Medikament

Dosier-Aerosol (MDI)/Pulverinhalator (DPI)/Soft Mist Inhaler (SMI) (µg)

Vernebler (mg/ml)

Tablette (mg)

Injektion (mg/ml)

Wirkdauer (h)

Anticholinergika
– kurzwirksam (SAMA)


Ipratropiumbromid


20 (MDI)


0,125 – 0,25


6 – 8

Anticholinergika
– langwirksam (LAMA)

Aclidinium

322 (DPI)[1]

12

Glycopyrronium

44 (DPI)[1]

24

Tiotropium

18 (DPI)[1], 2,5 (SMI)[1]

24

Umeclidinium

55 (DPI)

24

Beta-2-Sympathomimetika
– kurzwirksam (SABA)

Fenoterolhydrobromid

100 (MDI)[2]

4 – 6

Salbutamol

90 – 200 (DPI)[1]; 90 – 180 (MDI)[2]

0,5

4 – 6

Reproterolhydrochlorid

0,09

Terbutalinsulfat

500 (DPI)

7,5

0,5

4 – 6

Beta-2-Sympathomimetika
– langwirksam (LABA)

Formoterolfumarat-Dihydrat

10 (MDI)[1]; 5,1 – 10,2 (DPI)[1]

12

Indacaterol

120 – 240 (DPI)[1]

24

Olodaterolhydrochlorid

2,5 (SMI)[2]

24

Salmeterol

21 (MDI)[1]

50 (DPI)[2]

12

Kombination SAMA/SABA

Ipratropiumbromid/Fenoterolhydrobromid

20/50 (MDI)[2]

20/50 (SMI)[1]

0,25 /0,5

6 – 8

Kombination LAMA/LABA

Aclidinium/Formoterolfumarat-Dihydrat

340/11,8 (DPI)[1]

12

Indacaterol/Glycopyrronium

85/43(DPI)[1]

24

Umeclidinium/Vilanterol (als Trifenatat)

55/22 (DPI)[1]

24

Tiotropium/Olodaterol

2,5/2,5 (SMI)

24

Inhalative Kortikosteroide (ICS)

Beclometasondipropionat

100 – 250 (MDI)[2]

400

Budesonid

184 (MDI)[1]; 200 – 400 (DPI)[2]

500 – 1000

Fluticasonpropionat

220 (MDI)[1]/250 – 500 (DPI) [2]

Kombination LABA/ICS

Beclometasondipropionat/Formoterolfumarat-Dihydrat

84,6/5 (MDI)[1]

12

Budesonid/Formoterolhemifumarat

160 – 320/4,5 – 9 (DPI)[1]

12 – 24

Salmeterol (Salmeterolxinafoat)/Fluticasonpropionat

47 – 92/231 – 460 (DPI)[1]

Fluticasonfuroat/Vilanterol (als Trifenatat)

92 – 184/22 (DPI)[1]

24

Systemische Kortikosteroide (SCS) zu Exazerbationen

Prednisolon

1 – 50

Methylprednisolon

4 – 32

Phosphodiesterase-4-Inhibitor

Roflumilast

0,5

24

Methylxanthine

Aminophyllin

200 – 600

bis zu 24

Theophyllin

125 – 500

10 ml Injektionslösung enthalten:
200 mg Theophyllin

bis zu 24

1 aus dem Mundstück abgegebenen Menge


2 Menge pro Hub oder Sprühstoß


Bronchodilatatoren und Kortikosteroide können bei inhalativer Applikation gegenüber der systemischen Anwendung effektiver, d. h. mit geringerer Dosis, die gewünschten therapeutischen Effekte herbeiführen. Voraussetzung ist, dass der Patient die korrekte Inhalationstechnik beherrscht. Hierzu ist ein Inhalationstraining ebenso erforderlich wie die Kontrolle der Inhalationstechnik im Verlauf [62]. Die Auswahl des Inhalators hängt von Verfügbarkeit, Kosten und der Fähigkeit des Patienten ab, das System korrekt zu nutzen. So kann es für COPD-Patienten schwierig sein, Dosieraerosole (MDI) aufgrund von Koordinationsproblemen (zwischen Atmung und Auslösung des Inhalators) korrekt zu nutzen. Alternativen sind atemzugaktivierte Inhalatoren oder der Einsatz von Inhalationshilfen (Spacer) [63]. Im Allgemeinen führt die Pulverinhalation (DPI) zu einer zentraleren Deposition des Wirkstoffs als die Inhalation über Dosieraerosole, insbesondere bei niedrigen inspiratorischen Flussraten [64] [65]. Bei sehr schwerer Obstruktion mit stark eingeschränkten Flussraten kann die Inhalation mittels MDI der Pulverinhalation überlegen sein [63]. Bei Patienten mit ausgeprägter Lungenüberblähung und stark eingeschränkten inspiratorischen Flussraten sind zudem Inhalationen der Medikamente über Vernebler möglich. Ob diese den Dosieraerosolen oder Pulverinhalatoren eindeutig überlegen sind, kann anhand der Datenlage nicht eindeutig beurteilt werden. Die Behandlung mit Verneblern sollte nur bei den Patienten eingesetzt werden, die mit einfacheren Inhalationssystemen nicht zurechtkommen und von der Behandlung mit Verneblern eine deutliche Besserung der Symptomatik verspüren. Andernfalls sollten die einfacheren, kostengünstigeren und tragbaren Inhalatoren bevorzugt werden.

5.1 Bronchodilatatoren

Medikamente, die zu einer Abnahme des Atemwegswiderstandes bzw. einer Zunahme der FEV1 infolge einer Erschlaffung des Tonus der Muskulatur der Atemwege führen, werden als Bronchodilatatoren bezeichnet. Diese Medikamente verringern die Überblähung in Ruhe (statische Überblähung) und bei körperlicher Belastung (dynamische Überblähung) und steigern die Belastbarkeit der Patienten. Der Effekt der Bronchodilatatoren kann insbesondere bei Patienten mit schwerer und sehr schwerer COPD nicht anhand der Verbesserung der FEV1 alleine vorausgesagt werden [66]. Bronchodilatatoren (Anticholinergika, Beta-2-Sympathomimetika) sind die Basismedikamente zur Linderung der Beschwerden bei COPD. Für alle Bronchodilatatoren nehmen dosisabhängig Wirkungen und unerwünschte Effekte zu [67] [68]. Eine Steigerung der Dosis von kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika oder Anticholinergika, z. B. beim Einsatz von Verneblern, kann bei akuter Atemnot [69] von Vorteil sein [70]. Bronchodilatatoren können bedarfsorientiert bei akuter Atemnot oder regelmäßig eingesetzt werden [67] [68] [70] [71] [72] (siehe [Tab. 8]). Bei regelmäßiger Anwendung sind langwirksame Bronchodilatatoren den kurzwirksamen Präparaten vorzuziehen.

5.1.1 Anticholinergika

Die wesentliche Wirkung der Anticholinergika ([Tab. 8]) erfolgt über die Blockade der Effekte von Acetylcholin an muskarinergen Rezeptoren [73]. Die Dauer der bronchodilatatorischen Wirkung ist für das kurzwirksame Ipratropium mit 6 – 8 Stunden nach der Applikation länger als die von kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika [74]. Unter den langwirksamen Anticholinergika weist Aclidinium eine Wirkdauer von mindestens 12 Stunden auf, während Tiotropium, Glycopyrronium und Umeclidinium eine Wirkdauer von 24 Stunden infolge längerer Bindung an die M3-Rezeptoren und rascherer Dissoziation von den M2-Rezeptoren haben [75].

Anticholinergika führen zu einer signifikanten Verbesserung von Lungenfunktion, Symptomen und Lebensqualität. Für Tiotropium wurden eine Abnahme von Exazerbationen und Hospitalisationen wegen Exazerbationen ebenso gezeigt wie eine Besserung der Symptomatik und des Gesundheitsstatus [76] [77]. Tiotropium trägt auch zur Besserung der Effizienz der pneumologischen Rehabilitation bei [78]. In einer großen Langzeitstudie über 4 Jahre führte eine Behandlung mit Tiotropium als Zusatzmedikation zu einer Standardtherapie nicht zu einer Reduktion des jährlichen Abfalls der Lungenfunktion [79]. In 2 großen Studien konnte im Vergleich zu den langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika Salmeterol [80] und Indacaterol [81] für Tiotropium eine stärkere Reduktion von Exazerbationen gezeigt werden. Die langwirksamen Anticholinergika Aclidinium [82] [83] und Glycopyrronium [84] zeigen ähnliche Effekte auf die Lungenfunktion wie auch auf die Atemnot wie Tiotropium, allerdings auf Basis einer bisher geringeren Datenlage.

Unerwünschte Effekte Wichtigste unerwünschte Wirkung der nach inhalativer Anwendung schlecht, kaum oder wenig resorbierten Anticholinergika ist die Mundtrockenheit. Bei Prostatabeschwerden und Engwinkelglaukom kann der Einsatz von Anticholinergika zu einer Verschlechterung führen, wobei kontrollierte Studien zu diesen Nebenwirkungen nicht vorliegen. Für Ipratropiumbromid wurde in der Lung Health Studie [85] eine leichte Zunahme kardiovaskulärer Ereignisse, insbesondere supraventrikulärer tachykarder Rhythmusstörungen, beobachtet, während in der UPLIFT-Studie für Tiotropium keine Zunahme kardiovaskulärer Ereignisse erfasst wurde [79]. In der TIOSPIR-Studie zeigten sich entgegen initialer Bedenken bei Einsatz des Respimat® keine Unterschiede zwischen Pulverinhalation und Inhalation über den Respimat® bzgl. Sterblichkeit und Exazerbationsrate [86] [87] [88].


5.1.2 Beta-2-Sympathomimetika

Der Wirkungsmechanismus der Beta-2-Sympathomimetika ([Tab. 8]) besteht in einer Relaxation der glatten Bronchialmuskulatur durch eine Stimulation von Beta-2-Rezeptoren. Die Inhalation rasch wirksamer Beta-2-Sympathomimetika mittels Dosieraerosol oder Pulver gehört zur Basistherapie bei akuter Atemnot. Zu diesen gehören die kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika Fenoterol, Salbutamol und Terbutalin ([Tab. 8]) sowie auch das rasch und langwirksame Beta-2-Sympathomimetikum Formoterol [74] [89] [90]. Der Einsatz kurzwirksamer Beta-2-Sympathomimetika als Bedarfs- oder Dauermedikation führt zu einer Linderung der Beschwerden und einer Besserung der Lungenfunktion. Der Einsatz hoher Dosen kurzwirksamer Beta-2-Sympathomimetika als Bedarfsmedikation bei Patienten, die bereits mit langwirksamen Bronchodilatatoren behandelt werden, ist anhand der vorhandenen Evidenz nicht begründet und kann durch unerwünschte Effekte limitiert werden, sodass diese Zusatztherapie nicht empfohlen werden kann.

Für die langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika Formoterol und Salmeterol ([Tab. 8]) konnte eine signifikante Besserung der Lungenfunktion, der Dyspnoe, der krankheitsbezogenen Lebensqualität sowie der Exazerbationsrate [91] [92] [93] [94] [95] nachgewiesen werden. Das 24 Stunden lang wirksame Beta-2-Sympathomimetikum Indacaterol weist gegenüber Formoterol und Salmeterol einen stärkeren bronchodilatatorischen Effekt auf, in der ähnlichen Größenordnung wie Tiotropium. Durch Indacaterol lassen sich Atemnot, Gesundheitsstatus und Exazerbationsrate signifikant bessern [96] [97].

Unerwünschte Effekte An potenziellen unerwünschten Wirkungen von Beta-2-Sympathomimetika sind v. a. Herzrhythmusstörungen (Vorhofflattern, ventrikuläre Extrasystolie, supraventrikuläre Tachykardien), in seltenen Fällen Angina pectoris sowie Palpitationen zu nennen, die insbesondere bei Vorliegen einer chronischen Hypoxämie auftreten können [98]. Eine meist leicht beherrschbare Hypokaliämie kann insbesondere bei einer Komedikation mit Thiaziddiuretika beobachtet werden. Für ältere Patienten, die mit höheren Dosen von Beta-2-Sympathomimetika behandelt werden, kann ein Tremor Dosierung und Therapie mit Beta-2-Sympathomimetika limitieren. Sowohl nach kurz- als auch nach langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika kann der arterielle Sauerstoffpartialdruck leicht abfallen [99] [100], wobei die klinische Relevanz dieses Abfalls wohl gering ist. Für Patienten mit COPD konnten keine Assoziationen zwischen Einsatz von Beta-2-Sympathomimetika und gesteigerter Mortalität bzw. rascherem Verlust an Lungenfunktion festgestellt werden. Bei einem mit Placebo vergleichbaren Sicherheitsprofil findet sich bei einer relevanten Anzahl von Patienten in den ersten Sekunden nach der Inhalation von Indacaterol ein verstärkter Hustenreiz [101].


5.1.3 Methylxanthine

Der Wirkungsmechanismus von Theophyllin, dem am häufigsten eingesetzten Methylxanthin, besteht in einer Bronchodilatation durch Hemmung nicht selektiver Phosphodiesterasen, möglicherweise auch in einer Steigerung der Atemmuskelkraft [102] [103] [104]. Daten zur Dauer der Wirkung, auch von Retardpräparaten, für Patienten mit COPD fehlen. Theophyllin wird über Cytochrom P450 metabolisiert. Die Theophyllin-Clearance ist abhängig vom Lebensalter, der Herz- und Nierenfunktion und von Interaktionen mit anderen Medikamenten. So steigern das Tabakrauchen, proteinreiche Kost und einige Medikamente (z. B. Rifampicin) die Theophyllin-Clearance, während andere, z. B. einige Antibiotika (Ciprofloxacin, Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin), Cimetidin, Allopurinol, aber auch Leberkrankheiten, Herzinsuffizienz, Pneumonien und Virusinfekte, zu einer Abnahme der Theophyllin-Clearance führen. Interaktionen bestehen auch mit Digitalispräparaten und Cumarinen. Für die Langzeittherapie sind ausschließlich Theophyllin-Präparate mit verzögerter Wirkstofffreisetzung (Retard-Präparate) geeignet. Wiederholte Blutspiegelmessungen sind zur Überprüfung der gewählten Dosierung und der Patienten-Compliance anzuraten. Die Blutentnahme sollte 12 Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen. Ein Blutspiegel im Bereich zwischen 5 und 15 mg/l sollte angestrebt, ein Blutspiegel von 15 mg/l aber nicht überschritten werden. Limitierend für die Anwendung ist die Häufigkeit unerwünschter Effekte [105].

Theophyllin ist weniger effektiv als inhalative langwirksame Bronchodilatatoren und wird zudem schlechter vertragen, sodass die Substanz allenfalls bei unzureichender Wirkung von Anticholinergika und Beta-Sympathomimetika für den langzeitigen Einsatz bei der COPD erwogen werden kann. Gegenüber Placebo zeigt Theophyllin eine leichte Besserung der Symptomatik [106], als Zusatztherapie zu Salmeterol eine Zunahme des FEV1 und eine Abnahme der Atemnot [107] (Evidenz B). Eine Reduktion der Exazerbationsrate wurde in eine Studie bei COPD-Patienten berichtet [106], in einer anderen Analyse jedoch nicht bestätigt [108].

Unerwünschte Effekte Dosisabhängig treten bei Theophyllin, auch wegen der geringen therapeutischen Breite, relativ häufig unerwünschte Effekte auf [102]. Wesentliche unerwünschte Effekte sind Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Schlafstörungen, Muskelkrämpfe, Hypokaliäme und insbesondere atriale und ventrikuläre, mitunter lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen sowie zerebrale Krampfanfälle. Diese werden insbesondere bei erhöhten Theophyllin-Serumspiegeln beobachtet, während Nebenwirkungen wie Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Brustschmerz auch bei Serumspiegeln im Normbereich angetroffen werden.


5.1.4 Kombination von Bronchodilatatoren

Die Kombination von Bronchodilatatoren mit unterschiedlichen Wirkmechanismen kann gegenüber der Inhalation von Einzelsubstanzen das Ausmaß der Bronchodilatation steigern ohne gleichzeitige Zunahme unerwünschter Effekte [109]. So kann die Kombination aus einem kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetikum und einem kurzwirksamen Anticholinergikum stärkere und länger anhaltende Verbesserungen der FEV1 im Vergleich zur Inhalation der Einzelsubstanz hervorrufen, ohne dass eine Tachyphylaxie auftritt [74]. Die Kombination aus Beta-Sympathomimetikum und Anticholinergikum und/oder zusätzliche Applikation von Theophyllin kann zu einer weiteren Besserung der Lungenfunktion [74] [104] [107] [110] [111] und des Gesundheitsstatus führen [74].

Auch für die in einem Inhalator ([Tab. 8]) verfügbaren Kombinationen Indacaterol/Glycopyrronium [112], Umeclidinium/Vilanterol, Aclidinium/Formoterol [113] [114] und Olodaterol/Tiotropium konnten signifikante Verbesserungen der Lungenfunktion gegenüber den Einzelkomponenten gezeigt werden, allerdings nicht in dem exakt additiven Ausmaß auf der Basis der Effekte der einzelnen Komponenten [115]. Auch auf patientenbezogene Outcomes zeigten die Kombinationen aus LABA/LAMA gegenüber der jeweiligen Monotherapie stärkere Effekte [116] [117] [118] [119]. Bei Patienten mit Exazerbationen in der Anamnese führte eine LABA/LAMA Kombination (Indacaterol/Glycopyrronium) sowohl im Vergleich zu einer Monotherapie mit einem Bronchodilatator [120] als auch im Vergleich zu einer ICS/LABA-Kombination [121] zu einer Senkung der Exazerbationsraten. Auf diese Befunde aufbauend, lassen sich zusammenfassend die in der [Tab. 9] gemachten Aussagen über die Effekte der Bronchodilatatoren machen.

Tab. 9

Aussagen zum Einsatz von Brochodilatatoren und antiinflammatorisch wirksamer Substanzen in der Therapie der COPD (modifiziert nach GOLD 2017) [3].

Bronchodilatatoren bei COPD

  1. Inhalative Bronchodilatatoren sind in der Dauertherapie die Basismedikamente zur Reduktion und Prävention von Symptomen.

  2. Kurzwirksame Bronchodilatatoren (SABA, SAMA) verbessern FEV1 und Symptomatik.

  3. Die Kombination von SABA und SAMA ist der jeweiligen Monotherapie bezüglich Besserung des FEV1 und Linderung der Symptome überlegen.

  4. LABAs und LAMAs bessern signifikant Lungenfunktion, Dyspnoe, Gesundheitsstatus und senken die Exazerbationsraten.

  5. Kombinationen aus LABA/LAMA sind effektiver als die Monotherapie bezüglich Zunahme des FEV1 und Verbesserungen von patientenzentrierten Endpunkten.

  6. Tiotropium steigert die Effekte der pneumologischen Rehabilitation auf die Zunahme der Belastbarkeit.

  7. Theophyllin ist ein schwacher Bronchodilatator mit mäßiger Symptomlinderung.

Antiinflammatorisch wirksame Substanzen bei COPD

  1. Im Vergleich zu einer Monotherapie mit ICS oder LABA ist die Kombination aus ICS und LABA effektiver bezüglich Besserung der Lungenfunktion, der Belastbarkeit, des Gesundheitsstatus und der Reduktion von Exazerbationen bei mittelgradiger und schwerer COPD.

  2. Eine Dauerbehandlung mit ICS erhöht das Pneumonierisiko, insbesondere bei schwerer Erkrankung.

  3. Eine Triple-Therapie aus ICS/LABA/LAMA verbessert im Vergleich zu ICS/LABA Lungenfunktion, Symptomatik und Gesundheitsstatus; außerdem werden im Vergleich zu ICS/LABA oder LAMA als Monotherapie Exazerbationen reduziert.

  4. Orale Kortikosteroide zeigen in der Langzeitbehandlung zahlreiche unerwünschte Effekte ohne Nutzen.

  5. Ein PDE4-Inhibitor führt bei Patienten mit chronischer Bronchitis, schwerer/sehr schwerer COPD und Exazerbationen zu einer Verbesserung der Lungenfunktion und einer Reduktion mittelgradiger und schwerer Exazerbationen.



5.2 Antiinflammatorisch wirksame Substanzen

Der wesentliche klinische Endpunkt zur Beurteilung der Wirkung antinflammatorisch wirksamer Substanzen bei stabiler COPD ist die Reduktion der Exazerbationsrate bei Patienten mit mindestens 1 Exazerbation/Jahr.

5.2.1 Inhalative Kortikosteroide (ICS)

Die Effekte von Kortikosteroiden auf die pulmonale und systemische Inflammation der COPD sind limitiert, der Einsatz der ICS ist auf spezielle Situationen begrenzt. Die Dosis-Wirkungsbeziehungen und die langzeitige (> 3 Jahre) Sicherheit inhalativer Kortikosteroide sind für Patienten mit COPD nicht hinreichend bekannt [122]. Die klinische Relevanz von Interaktionen mit Beta-2-Sympathomimetika, Theophyllin oder Makroliden, die partiell die Sensitivität der Kortikosteroide bei COPD erhöhen, ist ebenfalls noch nicht eindeutig geklärt [122] [123].

5.2.1.1 Effekte der alleinigen Therapie mit ICS

Nach der gegenwärtigen Datenlage führt eine Dauertherapie mit ICS nicht zu einer Abnahme des Verlusts an Lungenfunktion oder der Letalität [124]. Während in der TORCH-Studie ein Trend in Richtung einer höheren Letalität bei Patienten unter einer Behandlung mit Fluticasonpropionat im Vergleich zu Placebo oder der Kombination aus Salmeterol und Fluticasonpropionat beobachtet wurde [91], konnte dieses Ergebns bei den mit Fluticasonfuorat behandelten COPD-Patienten in der SUMMIT-Studie nicht reproduziert werden [125]. ICS werden bei Patienten mit obstruktiven Lungenkrankheiten häufig ohne eine klare Differenzierung zwischen Asthma und COPD eingesetzt. ICS haben keine Zulassung für die alleinige Therapie bei COPD. Findet sich bei Patienten mit COPD eine asthmatische Komponente, sollten diese Patienten ICS wie Asthmatiker erhalten.

5.2.1.2 Effekte der Therapie mit einer Kombination aus ICS und LABA

Bei Patienten mit mittelgradiger, schwerer und sehr schwerer COPD können Lungenfunktion, Belastbarkeit, Gesundheitsstatus und Exazerbationsfrequenz durch die Behandlung mit der Kombination ICS/LABA stärker als mit den Einzelsubstanzen gebessert werden [126] [127]. Ein signifikanter Effekt der Kombination auf das Überleben der Patienten fand sich jedoch nicht [91] [125]. In einer britischen Studie im Bereich der Primärversorgung zeigte die Behandlung mit einer LABA/ICS-Kombination im Vergleich zur Standardtherapie eine 8,4 % Reduktion der mittelgradigen und schweren Exazerbationen sowie eine Verbesserung des CAT-Scores [128]. Wegen der Heterogenität der Standardtherapie, der häufigen Therapieänderungen in der LABA/ICS-Gruppe und der Besonderheiten der medizinischen Versorgung in der untersuchten Region können aus dieser Studie keine Empfehlungen für die Anwendung in Deutschland abgeleitet werden [128].

Post-hoc-Analysen verschiedener Studien [129] legen nahe, dass die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Sputum oder im Blut als Biomarker für den Effekt auf die Exazerbationsrate dienen kann. Eine prospektiv erhobene Evidenz und damit die Grundlage für die Bestimmung eines Differenzialblutbildes in der täglichen Praxis fehlen jedoch bisher.

Unerwünschte Effekte Der Einsatz von ICS kann mit einer oralen Candidiasis, einer Heiserkeit und kortikoidbedingten Hautveränderungen einhergehen [59] [60]. Außerdem wird in der Langzeittherapie mit ICS ein erhöhtes Pneumonie-Risiko beobachtet [91] [130] [131], wobei noch umstritten ist, ob dieser Effekt nicht nur dosisabhängig, sondern auch substanzspezifisch ist. Während die Langzeittherapie mit Triamcinolon mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einherging, ist für die Langzeitbehandlung mit Budesonid keine Abnahme der Knochendichte und kein erhöhtes Frakturrisiko [60] [132] berichtet worden. Auch bei einer Tagesdosis von 2 × 500 µg Fluticasonpropionat allein oder in Kombination mit Salmeterol wurde keine Abnahme der Knochendichte bei COPD-Patienten mit hoher Prävalenz einer Osteoporose nachgewiesen [133]. Beobachtungsstudien legen nahe, dass der Einsatz von ICS auch das Risiko für das Auftreten bzw. eine schlechtere Kontrolle eines Diabetes [134], von Katarakten [135] und von Infektionen mit Mykobakterien erhöht [136] [137] [138].

5.2.1.3 Absetzen von ICS

Die Auswirkungen des Absetzens von ICS bei Patienten mit COPD auf Symptomatik, Lungenfunktion und Exazerbationsfrequenz sind nach der Analyse verschiedener Studien nicht eindeutig vorherzusagen [39] [139] [140] [141] [142] [143]. In einigen Untersuchungen führte das Absetzen von ICS zu einer Zunahme von Exazerbationen und Symptomen, in anderen hingegen nicht [39] [143]. Außerdem fand sich in einer Untersuchung eine leichte Abnahme der FEV1 um ca. 40 ml nach Absetzen [39], wobei der Abfall möglicherweise mit einer erhöhten Anzahl eosinophiler Granulozyten im Blut assoziiert ist [129]. Als Ursachen der unterschiedlichen Studienergebnisse kommen methodische Unterschiede in Betracht wie z. B. die Medikation in der Vergleichsgruppe.

5.2.1.4 Triple-Therapie mit LABA/LAMA/ICS

In mehreren Studien verbesserte die Behandlung mit LAMA/ LABA/ICS im Vergleich zu LABA/ICS die Lungenfunktion und die Exazerbationsfrequenz [144] [145] [146] [147] [148] [149] [150]. Aaron et al. [150] konnten in einer früheren Studie mit (zu) geringer Patientenzahl keinen Effekt von LAMA/LABA/ICS auf Exazerbationen entdecken. Für welche Patienten Triple-Therapiekombinationen signifikante Vorteile im Vergleich zur Kombination LABA/LAMA bieten, ist noch zu klären.


5.2.2 Systemische Kortikosteroide

Die systemische Applikation von Kortikosteroiden geht mit zahlreichen Nebenwirkungen einher [151]. Besonders gefürchtet ist die Steroidmyopathie, die zur Muskelschwäche der Patienten beiträgt, ebenso zur respiratorischen Insuffizienz schwer erkrankter Patienten. Diese Steroidmyopathie kann schon bei geringen Tagesdosen von < 10 mg Prednisolon-Äquivalent auftreten. Dosisabhängig ist mit einer erhöhten Letalität zu rechnen.

Systemische Kortikosteroide können in der Behandlung akuter Exazerbationen zu einer Besserung von Lungenfunktion und Atemnot beitragen sowie die Rückfallquote und ein Behandlungsversagen verringern [152]. Daher sind orale Kortikosteroide für die Behandlung akuter Exazerbationen bedeutsam, während sie in der Langzeittherapie wegen des Fehlens gesicherter positiver Effekte und einer hohen Rate systemischer Komplikationen keinen Platz haben.


5.2.3 Phosphodiesterase-4-Inhibitoren

Phosphodiesterase-4-Inhibitoren wirken entzündungshemmend durch Inhibition des Abbaus von intrazellulärem zyklischen AMP [153] [154]. Roflumilast führt bei einer Tagesdosis von 500 mg zu einer Zunahme des FEV1. Bei Patienten mit schwerer und sehr schwerer Atemflusslimitierung, Symptomen einer chronischen Bronchitis und häufigen Exazerbationen lassen sich durch die Therapie mit Roflumilast zusätzlich zu LABA/ICS und LAMA/LABA/IBS Krankenhausaufenthalte wegen Exazerbationen vermindern [155]. Roflumilast ist somit indiziert bei Patienten mit schwerer und sehr schwerer Atemflusslimitierung, mit Symptomen einer Bronchitis und häufigen Exazerbationen als Add-on-Therapie zu mindestens einem langwirksamen Bronchodilatator. Es liegt derzeit keine Studie mit einem direkten Vergleich von Roflumilast und ICS bei Patienten mit COPD vor.

Unerwünschte Effekte Die häufigsten unerwünschten Effekte von Roflumilast sind Übelkeit, Appetitmangel, Bauchschmerzen, Diarrhoe, Schlafstörungen und Kopfschmerz [153] [154] [156]. Die unerwünschten Effekte treten mit Beginn der Therapie auf, sind häufig reversibel und nehmen an Intensität mit fortlaufender Behandlung ab. In kontrollierten Studien konnte ein nicht zu erklärender Gewichtsverlust von bis zu 2 kg beobachtet werden, weshalb ein Monitoring des Körpergewichts während der Behandlung empfehlenswert ist und die Behandlung mit Roflumilast nicht bei untergewichtigen Patienten durchgeführt werden sollte. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Depressionen. Roflumilast sollte nicht gleichzeitig mit Theophyllin eingesetzt werden. Bei Patienten mit Diabetes mellitus kann eine Blutzuckersenkung unter Roflumilast beobachtet werden [157]. Ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch den Einsatz von Roflumilast konnte bisher nicht beobachtet werden [158].



5.3 Dauertherapie mit Antibiotika

Neuere Studien zeigten, dass eine Langzeitantibiose mit Makroliden bei Patienten mit COPD zu einer Senkung der Exazerbationsraten führen kann [159] [160]. Azithromycin (250 mg/Tag oder 500 mg, 3-mal pro Woche) oder Erythromycin (2-mal 500 mg/Tag) reduzierten bei COPD-Patienten mit häufigen Exazerbationen die Exazerbationsrate innerhalb von 12 Monaten [161] [162] [163]. Unter Azithromycin wurden allerdings eine Zunahme von Resistenzen gegenüber S. pneumoniae und eine (in der Regel reversible) Beeinträchtigung des Gehörs festgestellt [163]. Eine Kontraindikation besteht bei relevanten Rhythmusstörungen bzw. schwerer kardialer Komorbidität. Eine Pulstherapie mit Moxifloxacin (400 mg/Tag alle 8 Wochen) zeigte bei Patienten mit chronischer Bronchitis und häufigen Exazerbationen keinen Effekt auf die Exazerbationsrate [164]. Wegen der Gefahr der Resistenzentwicklung, der potenziellen Effekte auf das Gehör und fehlenden Langzeitergebnissen (> 1 Jahr) kann aus unserer Sicht die Langzeitbehandlung mit Makroliden gegenwärtig nicht generell empfohlen werden. Ausnahmen stellen Patienten mit COPD und rezividierenden Exazerbationen (≥ 2 pro Jahr) und Nachweis von P. aeruginosa dar.


5.4 Substitutionstherapie bei Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel

Patienten mit angeborenem Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel entwickeln häufig, insbesondere bei chronischem Tabakkonsum, frühzeitig ein Lungenemphysem. Haupteffekt der Substitutionsbehandlung mit aus menschlichem Plasma gewonnenen Alpha-1-Protease-Inhibitor ist auf der Basis der Auswertungen eines amerikanischen und deutschen Fallregisters eine Verlangsamung der Emphysemprogredienz, erkennbar an einer geringeren jährlichen Abnahme des FEV1 [165] [166] [167]. Eine Substitutionstherapie, z. B. mit wöchentlicher i. v.-Applikation von Alpha-1-Protease-Inhibitor in einer Dosis von 60 mg/kg Körpergewicht, kommt unter Berücksichtigung der begrenzten Wirkung und der hohen Therapiekosten v. a. bei Patienten mit FEV1-Werten zwischen 30 – 65 % des Sollwertes und einem jährlichen FEV1-Verlust > 50 ml in Betracht.

Neuere Studien mit Bestimmung der Progression des Emphysems mittels CT zeigen unter Substitutionsbehandlung einen stärkeren Schutz des Lungengewebes vor emphysematösem Umbau im Vergleich zu Placebo [168] [169]. Daher sollte auch bei Patienten mit einer nach Aufgabe des Tabakkonsums rasch progredienten Verschlechterung der Lungenfunktion bei einem FEV1  > 65 % des Sollwertes eine Substitutionstherapie auf individueller Basis erwogen werden [170]. Bei Patienten mit schwerem Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel und schwerer Funktionseinschränkung (FEV1 ≤ 30 % des Sollwertes) kann die Substitutionstherapie nicht generell empfohlen werden. Ein dekompensiertes Cor pulmonale ist eine Kontraindikation für diese Substitutionstherapie. Bei Patienten mit schwerem Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel und normaler Lungenfunktion sowie jährlichem Abfall des FEV1 von weniger als 50 ml ist die Substitutionstherapie ebenfalls nicht erforderlich. Bei Patienten unter Substitution sollte der Alpha-1-Protease-Inhibitor-Spiegel vor der nächsten Infusion über 35 % des Normwertes liegen.

Unabhängig von einer Substitutionstherapie ist für alle Patienten mit Alpha-1-Protease-Inhibitor-Mangel eine strikte Nikotinkarenz zu fordern. Eine Substitutionstherapie bei Rauchern ist angesichts der Inaktivierung des Alpha-1-Protease-Inhibitors durch das Zigarettenrauchen nicht zu rechtfertigen. Eiweißunverträglichkeiten sowie ein kompletter IgA-Mangel sind Kontraindikationen der Substitutionstherapie.


5.5 Mukopharmaka

Die Indikation zum Einsatz von Mukopharmaka zur besseren Sekretelimination sollte kritisch gestellt werden und sich an dem subjektiven Therapieerfolg orientieren. N-Acetylcystein, Ambroxol und Cineol können bei einigen Patienten mit viskösem Sekret hilfreich sein. Widersprüchliche Resultate [171] [172] [173] und geringe Effekte sprechen gegen den großzügigen Einsatz der Mukopharmaka. Substanzen mit antiinflammatorischen und antioxidativen Effekten können zur Senkung der Exazerbationsraten bei COPD-Patienten mit häufigen Exazerbationen eingesetzt werden. Für Cineol konnte eine signifikante Reduktion von Exazerbationen bei COPD-Patienten mit häufigen Exazerbationen beim Einsatz in den Wintermonaten festgestellt werden [174]. Die Bedeutung von N-Acetylcystein mit seinen antioxidativen Effekten auf die Reduktion von Exazerbationen wurde mehrfach untersucht [175] [176] [177] [178] [179]. Bei Patienten mit und ohne Einsatz inhalativer Kortikosteroide kann im GOLD-Stadium 2 hoch dosiertes N-Acetylcystein (2 × täglich 600 mg) die Exazerbationsraten signifikant senken [179]. Auch bei COPD-Patienten, die keine inhalativen Steroide erhalten, kann die Behandlung mit Mukopharmaka wie N-Acetylcystein die Exazerbationsrate senken, wenn auch nach einer Cochrane-Analyse nur minimale Effekte auf die Lebensqualität feststellbar waren [180].

Eine Steigerung der Expektoration lässt sich durch die Inhalation von Beta-2-Sympathomimetika (ggf. in Kombination mit physiologischer oder hypertoner Kochsalzlösung) und durch Theophyllin erzielen. Eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr fördert die Expektoration nur bei dehydrierten Patienten, die Empfehlung großer Trinkmengen ist nicht gerechtfertigt. Sie kann der Dekompensation eines chronischen Cor pulmonale Vorschub leisten.


5.6 Antitussiva

Husten kann COPD-Patienten stark beeinträchtigen. Bei zunehmendem nicht produktiven Husten sind Antibiotika nicht indiziert. Patienten mit hustenbedingter Störung der Nachtruhe können von der abendlichen Gabe ausreichend hoch dosierter Antitussiva (30 – 60 mg Codein, 20 – 30 mg Dihydrocodein, 20 – 30 mg Dextrometorphan) profitieren. Die potenziell atemdepressive Wirkung mancher Antitussiva ist bei COPD-Patienten mit Hypoxämie und Hyperkapnie zu beachten. Gegebenenfalls kann die Hustendämpfung mit Codein-freien Antitussiva (z. B. Noscapin) erfolgen [181].

Wegen des protektiven Effektes eines erhaltenen Hustenreflexes [182] – besonders wichtig bei Hyperkapnie – kann die regelmäßige Einnahme von Antitussiva bei Patienten mit stabiler COPD nicht empfohlen werden. Ihr Einsatz sollte auf maximal 3 Wochen beschränkt bleiben. Insbesondere sollten bei Zunahme des Hustens im Rahmen von schweren Exazerbationen der COPD Codein bzw. Narkotika vermieden werden, um eine Atemdepression und die hiermit verbundene Verschlechterung der Hyperkapnie zu vermeiden.


5.7 Vasodilatatoren

Unter der Annahme, dass die pulmonale Hypertonie bei Patienten mit COPD mit einer schlechteren Prognose einhergeht, wurden verschiedene therapeutische Ansätze erprobt, um die rechtsventrikuläre Nachlast zu senken, das Herzzeitvolumen zu steigern und die Oxygenation zu verbessern. Der Einsatz von Vasodilatatoren unter Einschluss von NO hat bisher enttäuschende Ergebnisse gezeigt. So kann inhaliertes NO den Gasaustausch bei Patienten mit Hypoxämie infolge von Ventilations-/Perfusions-Inhomogenitäten verschlechtern [183] [184]. Daher ist NO bei Patienten mit stabiler COPD kontraindiziert. Zur Behandlung des pulmonalen Hochdrucks bei COPD können auch Endothelin-rezeptorantagonisten nicht empfohlen werden, da bisher Daten zur Effizienz und Sicherheit bei dieser Indikation fehlen [185]. Auch für Sildenafil [186] und Tadalafil [187] ließen sich keine positiven Effekte für COPD-Patienten mit pulmonaler Hypertonie nachweisen.


5.8 Stufentherapie

Die Empfehlungen für die Initiierung und Eskalation bzw. Deeskalation der Therapie richten sich nach dem Ausmaß der Symptomatik und der Exazerbationsanamnese (siehe [Abb. 4]).

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Abb. 4 Stufentherapie bei COPD.

Gruppe A Patienten mit relativ geringer Symptomatik (z. B. mit einem CAT < 10) sowie maximal einer Exazerbation im Vorjahr, die nicht zu einer stationären Behandlung geführt hat, sollten initial mit einem kurz- oder langwirksamen Bronchodilatator behandelt werden. Bei symptomatischer Besserung sollte die Behandlung fortgeführt werden. Alternativ können asymptomatische Patienten zunächst nur beobachtet werden und ohne medikamentöse Behandlung bleiben.

Gruppe B Patienten mit deutlicher Symptomatik (z. B. CAT ≥ 10) und höchstens 1 Exazerbation im Vorjahr, die nicht zu einer stationären Behandlung geführt hat, sollen mit einem langwirksamen Bronchodilatator behandelt werden. Dabei können nach individuellen Gesichtspunkten LABAs oder LAMAs eingesetzt werden. Studien, die eindeutig die klinische Überlegenheit einer Klasse gegenüber der anderen belegen, existieren nicht. Bei Patienten mit schwerer Symptomatik kann die Therapie mit 2 Bronchodilatoren aus den unterschiedlichen Klassen initiiert werden. Wenn es unter Monotherapie zu keiner relevanten klinischen Besserung kommt, sollen ebenfalls 2 Bronchodilatatoren aus den unterschiedlichen Klassen verwendet werden [188].

Wenn das Hinzufügen eines zweiten Bronchodilatators die Symptome nicht verbessert, kann die Behandlung auf einen Bronchodilatator deeskaliert werden. Es ist zu beachten, dass in dieser Patientengruppe häufig Komorbiditäten zur Symptomatik beitragen, sodass hier eine entsprechende Diagnostik und ggf. Behandlung der Komorbiditäten erfolgen soll [189] [190].

Gruppe C und D Bei bisher unbehandelten Patienten mit mehr als einer Exazerbation im letzten Jahr oder einer Exazerbation, die zu einer stationären Behandlung geführt hat, sollte die Therapie mit einem LAMA begonnen werden, da in 2 Studien bezüglich Exazerbationsprävention gegenüber LABAs eine Überlegenheit gezeigt werden konnte [80] [81]. Sollte es unter der Monotherapie mit einem LAMA zu weiteren Exazerbationen kommen, sollte ein LABA hinzugefügt werden.

Bei Patienten mit erheblicher Symptomatik (z. B. CAT ≥ 10) (Gruppe D) sollte gleich mit einer dualen Bronchodilatation mit LAMA + LABA begonnen werden. Nach gegenwärtigem Wissensstand sollten ICS dann bereits in der Initialtherapie zum Einsatz kommen, wenn Anhaltspunkte für eine Asthmakomponente vorliegen (Asthma-COPD-Overlap = ACO). Auch erhöhte Eosinophilenzahlen in Blut und/oder Sputum könnten ein Indikator für einen sinnvollen Einsatz von ICS sein.

Kommt es unter der Vorbehandlung mit einer dualen Bronchodilatation (LAMA/LABA) zu weiteren Exazerbationen, sind 2 alternative Behandlungspfade zu erwägen: a) Die Eskalation zu einer Triple-Therapie mit LAMA/LABA/ICS oder b) ein Wechsel zur Kombinationstherapie mit LABA/ICS ([Abb. 4]).

Zu a)

Bisher sind keine Studien publiziert worden, die einen Vorteil der Triple-Therapie mit LAMA/LABA/ICS gegenüber der Therapie mit LAMA/LABA bzgl. der Exazerbationsprophylaxe belegen. Solche Studien wurden aber durchgeführt und ihre Ergebnisse werden in naher Zukunft erwartet. Sollte es unter der Triple-Therapie zu weiteren Exazerbationen kommen, soll das Absetzen des ICS erwogen werden.

Zu b)

Die initiale Behandlung mit LABA/ICS kann erwogen werden, wenn Patienten Anhaltspunkte für eine Asthmakomponente bieten, da für Patienten mit einer derartigen Konstellation von GINA und GOLD der Einsatz eines ICS empfohlen wird. Hingegen hat ein Vergleich der Therapie mit LAMA/LABA gegenüber der Therapie mit LABA/ICS bei Patienten mit COPD ohne Asthmakomponente eine bessere Prävention von Exazerbationen für die LAMA/LABA-Behandlung ergeben [121]. Kommt es unter der Therapie mit LABA/ICS zu weiteren Exazerbationen, kann das Hinzufügen eines LAMAs eine Reduktion der Exazerbationen bewirken [149].

Als weitere Option zur Vermeidung von Exazerbationen kann bei Patienten mit einem FEV1 < 50 % des Solls und chronischer Bronchitis Roflumilast in Betracht gezogen werden [155], insbesondere wenn diese im vergangenen Jahr häufige Exazerbationen erlitten haben oder wegen einer Exazerbation stationär behandelt werden mussten [191].

Wie im Kapitel 3 beschrieben kann die Exazerbationsfrequenz auch durch eine Langzeittherapie mit Makroliden verringert werden. Aufgrund der Gefahr von Resistenzentwicklung, unerwünschter Effekte mit Beeinträchtigung z. B. des Gehöres und fehlenden Langzeitergebnissen über 1 Jahr hinaus, kann diese Therapie derzeit nicht generell empfohlen werden.



6 Nicht medikamentöse Maßnahmen

Empfehlungen und Statements

S5 Die Vermeidung inhalativer Noxen, insbesondere des Tabakrauchens [192], ist vorrangiges Ziel, um die Entwicklung zu verhindern und/oder die Progression der COPD zu vermindern.

S6 Eine begleitende Pharmakotherapie und eine Nikotinersatztherapie steigern die langzeitigen Abstinenzraten der Raucherentwöhnung.

S7 Effizienz, Risiken und Sicherheit der E-Zigaretten als Hilfe bei der Raucherentwöhnung sind gegenwärtig nicht geklärt.

S8 Die Schutzimpfung gegen Influenza senkt die durch Influenza bedingten Infektionen der tiefen Atemwege.

S9 Die Schutzimpfungen gegen Pneumokokken senken invasive Pneumokokken-Infektionen.

S10 Die pneumologische Rehabilitation bessert Symptomatik, Lebensqualität sowie die körperlichen und emotionalen Fähigkeiten der Alltagsbewältigung.

S11 Die Therapie der chronischen hypoxämischen respiratorischen Insuffizienz besteht in der Langzeit-Sauerstofftherapie (Ruhe-PaO2 ≤ 55 mmHg oder PaO2 55 bis 60 mmHg bei Cor pulmonale/Polyglobulie).

E21 Bei Patienten mit stabiler COPD und moderater (SO2 ≥ 90 %) Entsättigung in Ruhe oder unter Belastung sollte die Langzeit-Sauerstofftherapie nicht routinemäßig, sondern individuell in Abhängigkeit vom evaluierten O2-Bedarf des Patienten verordnet werden.

E22 Eine chronische hyperkapnische respiratorische Insuffizienz sollte primär mittels Langzeit-NIV behandelt werden. Indikationskriterien sind entweder die chronische Tageshyperkapnie (PaCO2 ≥ 50 mmHg), die nächtliche Hyperkapnie (PaCO2 ≥ 55 mmHg), der nächtliche Anstieg des PCO2 um ≥ 10 mmHg, eine persistierende Hyperkapnie (PaCO2 ≥ 45 mmHg mindestens 2 Wochen nach Beendigung einer Akutbeatmung im Rahmen einer Akutexazerbation) oder die Fortsetzung der NIV im Rahmen des Weanings.

E23 Bei Patienten mit schwerem Lungenemphysem und ausgeprägter Symptomatik soll nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen in ausgewählten Fällen eine endoskopische Lungenvolumenreduktion erwogen werden.

E24 Patienten mit weit fortgeschrittener COPD sollen einer palliativen Therapie zugeführt werden.

Die nicht medikamentösen Therapieoptionen unterteilen sich in Prävention, nicht medikamentöse Behandlung und apparative/operative Behandlung (siehe [Tab.10]).

Tab. 10

Therapieoptionen bei COPD.

Prävention

Nicht medikamentöse Behandlung

Apparative/operative Behandlung

Raucherentwöhnung

körperliches Training

Langzeitsauerstoff-Therapie

Schutzimpfungen

Patientenschulung

nicht invasive Beatmung

Arbeitsplatzhygiene

physiotherapeutische Atemtherapie

Lungenvolumenreduktion

Ernährungsberatung

Lungentransplantation

6.1 Prävention

6.1.1 Raucherentwöhnung

Die Tabakentwöhnung ist die wirksamste und kosteneffektivste Einzelmaßnahme, um die Entstehung der COPD zu verhindern und die Progression der Krankheit zu verlangsamen. Durch eine Kombination aus verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und einer begleitenden Pharmakotherapie mit Nikotinersatzstoffen und/oder Vareniclin bzw. Bupropion können langzeitige Abstinenzraten von 25 % und mehr erreicht werden [58] [192] ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Management rauchender COPD-Patienten [193].

6.1.1.1 Medikamentöse Unterstützung der Tabakentwöhnung

Die Ergänzung psychosozialer Behandlungsformen durch eine medikamentöse Unterstützung erhöht die Abstinenzraten bei Patienten mit COPD [194]. Im Vergleich zu Placebo lag die Rate der entwöhnten Raucher bei Vareniclin am höchsten, gefolgt von Bupropion und der Nikotinersatztherapie. Durch Kombination von Vareniclin und Nikotinersatzstoffen kann die Entwöhnungsrate nochmals erhöht werden, sodass Kombinationstherapien aus einer Nikotinersatztherapie mit Vareniclin oder Bupropion erfolgversprechend sind [194].

Nikotinersatztherapie Die Nikotinersatztherapie zielt auf eine Milderung der Entzugssymptomatik und des Rauchverlangens durch eine vorübergehende, gesteuerte Nikotingabe über ein schadstofffreies Trägermedium. Die verfügbaren Nikotinersatzprodukte sind apothekenpflichtig. Die höchste Effektivität wird für die Applikation von Nikotinnasenspray angegeben. Zur Nikotinersatztherapie bei Patienten mit COPD liegen insbesondere für das Kaugummi gute Erfahrungen vor. Bei identischem Wirkstoff ist davon auszugehen, dass auch die anderen Applikationsformen (Nikotinpflaster, Nikotinnasenspray, Tabletten) bei COPD-Patienten gut wirksam sind.

Am schnellsten wirkt das Nikotinnasenspray, es kann daher am besten akute Entzugssymptome kupieren. Während das Nikotinpflaster eine langanhaltende, weitgehend konstante Nikotinfreigabe bewirkt, kommt es beim Nikotinkaugummi und bei den Nikotintabletten nach wenigen Minuten zu einer stärkeren, allerdings auch deutlich kürzeren Nikotinfreigabe. Aufgrund dieser pharmakologischen Eigenschaften ist es insbesondere bei starker Nikotinabhängigkeit sinnvoll, Pflaster und Kaugummi/Tabletten bzw. Nasenspray zu kombinieren. Kontraindiziert sind Nikotinersatzstoffe nach kürzlich durchgemachtem Herzinfarkt, bei instabiler Angina pectoris, schwerer Arrhythmie oder nach kürzlich erlittenem Schlaganfall. Daher sollte eine Nikotinersatztherapie frühestens nach mehr als 2 Wochen nach Auftreten eines dieser kardiovaskulären Ereignisse begonnen werden [195].

Alle Nikotinersatztherapeutika weisen eine gute Verträglichkeit bei einzelnen applikationsspezifischen Nebenwirkungen auf (Pflaster: Hautirritationen, Pflasterallergien; Kaugummi und Tablette: Reizung der Mundschleimhaut, Zunge, Rachen, Speiseröhre und Magen in Form von brennenden Schmerzen, Ulzerationen und Schluckauf; Nasenspray: Reizung der Nasenschleimhaut in Form von Brennen, Schmerzen, Atrophie) [193].

E-Zigaretten Zur derzeit kontrovers diskutierten Frage zur potenziellen Rolle der E-Zigaretten in der Raucherentwöhnung zeigen die bisherigen Analysen eine geringe bzw. sehr geringe Evidenz für eine Eignung der E-Zigaretten in der Tabakentwöhnung [196]. Aussagen zur Eignung von E-Zigaretten für die Tabakentwöhnung sind nicht im Entferntesten so valide wie diejenigen für qualitätsgesicherte multimodale Entwöhnungsprogramme [197]. Entwöhnungswillige Raucher sollten daher stets auf diese Programme hingewiesen werden.

Bupropion Die mittlere Entwöhnungsrate nach 12 Monaten liegt in den meisten Studien bei etwa 24 %, gegenüber der alleinigen Nikotinersatztherapie ist die Kombination aus Bupropion und Nikotinersatztherapie effektiver [194]. Unter Bupropion können Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, Schwindel und Mundtrockenheit auftreten. Das Risiko für epileptische Anfälle ist erhöht. Vor Beginn einer Behandlung mit Bupropion sollten daher Risiken für ein epileptisches Ereignis, schwere körperliche Erkrankungen sowie eine psychische Instabilität ausgeschlossen werden.

Vareniclin Vareniclin ist ein partieller Nikotin-Agonist am α4β2-Nikotin-Rezeptor. Seine Wirksamkeit wurde auch für Patienten mit COPD mit einer deutlich höheren Rate entwöhnter Patienten als bei der Behandlung mit Placebo belegt [194] [198]. Die Behandlung sieht eine einwöchige Aufdosierungsphase mit einer Zieldosis von zweimal 1 mg pro Tag bei gleichzeitiger Fortsetzung des Zigarettenkonsums vor. Nach dem Rauchstopp am Ende der ersten Woche sollte die Medikation für 12 bis 24 Wochen fortgesetzt werden. Vareniclin ist bei Patienten mit COPD die effektivste medikamentöse Einzelmaßnahme in der Raucherentwöhnung. Als unerwünschte Effekte werden Schwindel, Übelkeit, lebhafte Träume, Kopfschmerzen, Erbrechen, Schlaflosigkeit und Flatulenz genannt. Die Behandlung ist nebenwirkungsarm. Gefahren für Patienten mit schweren psychischen oder kardiovaskulären Erkrankungen können nicht ausgeschlossen werden, sodass Vareniclin für diese Patienten zunächst nicht empfohlen wird.

6.1.1.2 Notwendige Strukturen für eine erfolgreiche Tabakentwöhnung

Voraussetzung einer effektiven Tabakentwöhnung ist ein abgestuftes und koordiniertes Vorgehen in den unterschiedlichen Versorgungsebenen. Die Tabakanamnese und das zur Entwöhnung motivierende Gespräch sollten von allen an der Therapie der COPD beteiligten Ärzten durchgeführt werden. Zusätzlich sind Entwöhnungsprogramme mit medikamentöser und psychosozialer Unterstützung anzubieten [193]. Eine kurze Beratung zur Tabakentwöhnung kann bei Rauchern bereits zur Entwöhnungsraten von 5 – 10 % führen [199]. Es besteht eine starke Beziehung zwischen Intensität der Beratung und dem Entwöhnungserfolg [200] [201].

Die Erfolgsrate der Tabakentwöhnung steigt, wenn die entsprechenden personellen und strukturellen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu ist eine flächendeckende Basisversorgung im ambulanten Bereich durch Schulung der behandelnden Ärzte erforderlich. Die Angebote zur Entwöhnung mittels zertifizierter Programme in spezialisierten Praxen sind zu erhöhen. Schließlich bedarf es professioneller Entwöhnungsprogramme in Akutkrankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, in denen COPD-Patienten behandelt werden. Die Ergebnisse der Lung Health Studie zeigen, dass bei Patienten mit leichtgradiger COPD über einen Zeitraum von 5 Jahren mit repetitiven Entwöhnungsprogrammen Entwöhnungsraten von 37 % mit den Ergebnissen einer geringeren Sterblichkeit und einem langsameren Verlust an Lungenfunktion zu erzielen sind [58] [192]. Um diese Erfolge zu erreichen, sind allerdings auch angemessene Kostenerstattungen für die medizinischen Leistungen und die Pharmakotherapie erforderlich [202] [203].


6.1.2 Prophylaxe von arbeitsplatzbezogenen Schadstoffexpositionen

Berufstätige COPD-Patienten sollten am Arbeitsplatz von inhalativen Noxen unter Einschluss des Passivrauchens geschützt werden [204] [205].


6.1.3 Schutzimpfungen

6.1.3.1 Influenza-Schutzimpfung

Die Influenza-Schutzimpfung sollte jährlich bei allen Patienten mit COPD mit der jeweils aktuellen Vakzine durchgeführt werden [206]. Vakzinen mit inaktivierten Viren werden empfohlen [207], die bei älteren Patienten effektiver sind als bei jüngeren [208]. Nach einem Cochrane Review konnte bei COPD-Patienten eine signifikante Reduktion einer Influenza induzierten Exazerbation bei 6 der analysierten Studien in den ersten 3 – 4 Wochen nach der Impfung nachgewiesen werden [209]. Außerdem wird das Risiko, an einer ischämischen Herzkrankheit zu erkranken, insbesondere bei älteren COPD-Patienten reduziert [210]. Das Problem der derzeit verfügbaren Impfstoffe ist die rasch nachlassende Immunogenität nach der Impfung [211]. Hieraus folgt, dass die derzeit verfügbaren Influenza-Impfstoffe in jedem Jahr so spät wie möglich im November verabreicht werden sollten, da sich die saisonalen Epidemien nicht vor Januar des nachfolgenden Jahres manifestieren.

6.1.3.2 Pneumokokken-Schutzimpfung

Die STIKO empfiehlt eine Indikationsimpfung gegen Pneumokokken bei allen bronchopulmonalen Erkrankungen, ausdrücklich auch der COPD [212] [213] [214]. Als Vakzine empfiehlt die STIKO die Gabe des 23-valenten Polysaccharidimpfstoffs (PSV23) sowie eine Wiederholungsimpfung nach frühestens 6 Jahren. Damit steht die STIKO-Empfehlung im Gegensatz zur Empfehlung der deutschsprachigen Leitlinie zur Behandlung von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie [215] sowie der europäischen Leitlinie [216], die den 13-valenten konjugierten Impfstoff (PCV13) vorzieht. Die amerikanische ACIP-Empfehlung sieht eine Impfung mit PCV13 vor, anschließend innerhalb von 1 Jahr eine zusätzliche Impfung mit PSV23 [217].

Über die bessere Wirksamkeit der konjugierten Vakzine kann kein Zweifel bestehen. Der Beleg der 45 %igen Reduktion der Rate an Pneumokokken-Pneumonien sowie der 90 %igen Reduktion der Rate an invasiven Pneumokokken-Infektionen durch Impfserotypen wurde in einer großen populationsbasierten Studie erbracht [218].

Zweifel hegt die STIKO an der Effektivität der Impfung von Erwachsenen durch Eradikation der Impfserotypen im Rahmen der längerfristigen Anwendung der PCV13-Kinderimpfung [214]. Die bisherigen Daten aus dem Referenzzentrum für Pneumokokken und von CAPNETZ sowie auch britische Daten stützen jedoch die Sicht, dass ein relevanter Teil der PCV13-Serotypen (v. a. die Nicht-PCV7-Serotypen) nicht in gleicher Weise der Eradikation unterliegen wie die PCV7-Serotypen [219] [220] [221].

Über die korrekte Deutung der epidemiologischen Entwicklung werden die kommenden Monate und Jahre unterrichten [222]. Neueste Daten des Referenzzentrums für Pneumokokken in Deutschland von 2016/2017 bestätigen, dass die Nicht-PCV7-Serotypen der PCV13-Impfung nicht in gleichem Maße der Herdimmunität unterliegen wie die PCV-7-Serotypen [223]. Somit wäre die „Coverage“ der PCV13-Impfung aktuell unvermindert um die 30 %. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass eine Reduktion des Pneumonierisikos durch PSV23 nicht belegt ist, vielmehr ist lediglich eine Reduktion der invasiven Pneumokokken-Infektionen wahrscheinlich. Ein Effekt der Impfung auf die Exazerbationsrate besteht nicht. Bei besonders gefährdeten Risikopatienten sollte eine sequentielle Impfung mit beiden Vakzinen angestrebt werden.

Laut Österreichischem Impfplan 2017 wird die Impfung für Erwachsenen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr empfohlen, da das Risiko für schwere Pneumokokkenerkrankungen ab diesem Alter deutlich ansteigt. Zusätzlich erhöht sich das Risiko auch bei Personen, die keine sonstigen Risiken haben, wenn sie rauchen oder Alkoholabusus betreiben. Für Personen aller Altersgruppen mit erhöhtem Risiko ist die Impfung besonders dringend empfohlen. Die Impfung soll für Personen ohne vorangegangene Pneumokokkenimpfung ab dem vollendeten 50. Lebensjahr zuerst mit dem 13-valenten konjugierten Impfstoff (PCV13) und nach ≥ 1 Jahr mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff (PSV23) durchgeführt werden. Für Erwachsene ab dem vollendeten 50. Lebensjahr, die bereits mit PSV23 angeimpft sind, wird nach ≥ 1 Jahr eine Impfung mit dem konjugierten Impfstoff (PCV13) empfohlen (Österreichischer Impfplan 2017, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen).



6.2 Nicht medikamentöse Behandlungsoptionen

6.2.1 Pneumologische Rehabilitation

Die pneumologische Rehabilitation wird als eine umfassende Intervention definiert, die nach einer sorgfältigen Einschätzung des Gesundheitsstatus eine am Patienten individuell ausgerichtete Behandlung mit körperlichem Training, Schulung mit Verhaltensänderung und dem Erlernen von Maßnahmen der Selbstbehandlung einschließt, um die physische und psychische Verfassung des Patienten mit einer chronischen Lungenkrankheit zu verbessern und die Adhärenz zu gesundheitsfördernden Maßnahmen zu verbessern [224].

Wesentliche Ziele der pneumologischen Rehabilitation sind die Linderung der Beschwerden, die Verbesserung der Lebensqualität und die Verbesserung der physischen und psychischen Alltagsbewältigung [225] [226]. Neben den Einschränkungen der pulmonalen Funktion sind im Fokus der pneumologischen Rehabilitation die Rekonditionierung der körperlichen Belastbarkeit, die Bewältigung der sozialen Isolation, die Behandlung psychischer Störungen, insbesondere der Depression, des Muskelschwundes und des Gewichtsverlustes. Komponenten der pneumologischen Rehabilitation sind:

  • Optimierung der Pharmakotherapie

  • Tabakentwöhnung

  • körperliches Training

  • Patientenschulung

  • Atemphysiotherapie

  • Ergotherapie

  • Ernährungsberatung

  • Hilfsmittelversorgung

  • soziale Betreuung

  • psychosoziale Beratung und Therapie

Mittels pneumologischer Rehabilitation können Belastbarkeit, maximale Sauerstoffaufnahme und Ausdauer gesteigert werden [227]. Die positiven Effekte der Rehabilitation können sowohl im Bereich der stationären wie der ambulanten Rehabilitation als auch durch wohnortnahe (häusliche) Rehabilitationsangebote erreicht werden [227] [228]. Die Verfügbarkeit und Kosten bestimmen die Auswahl des Rehabilitationsortes, wobei zur Verstetigung der Effekte wohnortnahe Angebote notwendig sind. Die positiven Effekte der pneumologischen Rehabilitation sind in [Tab. 11] zusammengefasst [229] [230] [231] [232]. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine gesteigerte Belastbarkeit nach der Rehabilitation nicht zwingend zu einer gesteigerten Aktivität im Alltag führt [233]. Die minimale Dauer effektiver Rehabilitationsprogramme sollte mindestens 3, besser 6 Wochen betragen [234] [235] [236]. Bisher konnte kein überzeugendes Konzept zur Verstetigung der Rehabilitationseffekte entwickelt werden. Vielfach wird strukturierte Bewegung, z. B. Spazierengehen über täglich 20 – 30 Minuten, empfohlen. Hierzu fehlen Belege. Auf der anderen Seite sind die Effekte körperlicher Aktivität [237] [238] auf Lebensqualität und Lebenserwartung von COPD-Patienten so eindeutig, dass derartige Empfehlungen sinnvoll sind.

Tab. 11

Gesicherte positive Effekte der pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit COPD.

Nutzen

gesteigerte körperliche Leistungsfähigkeit

Abnahme der Atemnot

Steigerung der krankheitsspezifischen Lebensqualität

Reduktion der Anzahl und Dauer von Krankenhausaufenthalten

Abnahme von COPD assoziierter Angst und Depression

Verbesserung der Funktion der Arme durch Training von Kraft und Ausdauer der oberen Extremität

Persistenz der Trainingseffekte über die Trainingsperiode hinaus

Verbesserung der Prognose

positive Effekte des Atemmuskeltrainings, insbesondere mit allgemeinem körperlichem Training

bessere Erholung nach exazerbationsbedingtem Krankenhausaufenthalt

Auswahl der Patienten zur pneumologischen Rehabilitation Wesentlich für den Erfolg der pneumologischen Rehabilitation ist der motivierte Patient. Indiziert sind Rehabilitationsprogramme für alle Patienten, die sich durch ihre COPD beeinträchtigt fühlen. Dies gilt auch bei Patienten, die mit einer Langzeit-Sauerstofftherapie behandelt werden [239] [240]. Für Patienten nach akuten Exazerbationen ist die pneumologische Rehabilitation ebenso indiziert, da sie zu einer Reduktion von Krankenhausaufnahmen und der Sterblichkeit dieser Patienten führt [231]. Obwohl Raucher weniger häufig Rehabilitationsprogramme vollständig absolvieren [241], profitieren auch sie von der Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm, insbesondere dann, wenn sie an Entwöhnungsprogrammen teilnehmen.

Generell besteht eine Indikation zur Rehabilitation, wenn trotz adäquater Krankenbehandlung körperliche oder psychosoziale Krankheitsfolgen [242] persistieren, welche alltagsrelevante Aktivitäten und die Teilnahme am normalen, privaten, öffentlichen oder beruflichen Leben behindern [243]. Wichtige spezielle Indikationen sind z. B.:

  • alltagsrelevante, persistierende COPD-Symptome [244],

  • Gefährdung der Erwerbsfähigkeit [245] [246],

  • drohende Pflegebedürftigkeit [247],

  • altersrelevante psychosoziale Krankheitsfolgen (Depressionen, Angst, Rückzugstendenz),

  • Notwendigkeit von rehaspezifischen, nicht medikamentösen Therapieverfahren, wenn diese ambulant nicht im erforderlichen Umfang erfolgen können, z. B. körperliches Training, Physiotherapie, Patientenschulung und psychosoziale Hilfen.


6.2.2 Körperliches Training

Körperliches Training wird in einer Frequenz von einmal pro Woche bis täglich, in einer Dauer von 10 – 90 Minuten pro Sitzung und in einer Intensität von 50 % bis zur maximal tolerierten Sauerstoffaufnahme durchgeführt [248]. Die optimale Dauer von Trainingsprogrammen konnte durch randomisiert kontrollierte Studien bisher nicht ermittelt werden. In den meisten Untersuchungen lagen die Trainingseffekte bei mehr als 28 Trainingseinheiten höher als bei kürzeren Perioden [249]. Die Dauer stationär durchgeführter Trainingsprogramme liegt in der Regel bei 3 Wochen, international üblich sind Trainingsperioden von 4 bis zu 10 Wochen mit besseren Effekten für länger andauernde Trainingsprogramme [230].

Wesentliche Komponenten des körperlichen Trainings sind Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Beim Ausdauertraining wird eine Belastung von 60 – 80 % der symptomlimitierten Maximalbelastung empfohlen. Das Ausdauertraining kann kontinuierlich oder als Intervalltraining mit kürzeren Einheiten einer intensiveren Belastung und intermittierenden Pausen durchgeführt werden. Dieses empfiehlt sich insbesondere bei Vorliegen von Komorbiditäten und schwerer funktioneller Beeinträchtigung durch die COPD [250] [251]. Bei Patienten mit starker Beeinträchtigung können Gehhilfen [252] und die Gabe von Sauerstoff die Gehstrecke verbessern und die Atemnot lindern. Experimentell sind die Ansätze mit Einsatz einer Heliumsauerstoffatmung [253] oder die Entlastung der Atemmuskulatur während des körperlichen Trainings.

Obwohl keine randomisierten klinischen Studienergebnisse für den routinemäßigen Einsatz eines speziellen Trainings der Armmuskulatur sprechen, kann insbesondere bei Patienten mit Komorbiditäten, die ein Training der gesamten Muskulatur stark einschränken, oder bei Patienten mit ausgeprägter Atemmuskelschwäche ein isoliertes Training der Armmuskulatur empfohlen werden [254]. Im Rahmen einer intensiven pneumologischen Rehabilitation kann ein Training der Inspirationsmuskulatur zusätzlich positive Effekte erbringen [255] [256] [257].

Wesentlich ist die Fortsetzung der Trainingstherapie nach Beendigung intensiver stationärer Rehabilitationsprogramme im ambulanten Bereich, etwa durch Heimtraining (Treppensteigen, Gehtraining) in Verbindung mit der Teilnahme an ambulanten Lungensportgruppen [258]. Das Trainingsprogramm sowie die Überwachung des körperlichen Trainings bei COPD-Patienten soll in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung gestaltet werden [259].


6.2.3 Vibrationstraining

In 2 randomisiert kontrollierten Studien konnte eine signifikante Zunahme der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest bei COPD-Patienten festgestellt werden, die im Rahmen einer pneumologischen Rehabilitation ein Vibrationstraining des ganzen Körpers erhielten [260] [261].


6.2.4 Patientenschulung

Die Patientenschulung ist ein wichtiges Therapieelement für alle Schweregrade der Erkrankung, da sie zu einer Steigerung der Effizienz des Managements wesentlich beiträgt. Jeder Patient mit COPD sollte Zugang zu einem strukturierten, evaluierten und zielgruppenspezifischen Schulungsprogramm erhalten und ärztlicherseits regelhaft zur Teilnahme an der Schulung motiviert werden. Nachschulungen sind nach spätestens 2 Jahren sinnvoll.

Der Stellenwert der alleinigen Patientenschulung im Management der COPD ist bisher nicht abschließend durch randomisiert kontrollierte Studien belegt. Für Patienten mit leichter bis schwererer COPD konnte gezeigt werden, dass mit einem ambulanten strukturierten Schulungsprogramm im Vergleich zur Kontrollgruppe die Inhalationstechnik gebessert, die Selbstkontrolle der Erkrankung gesteigert, die Zahl akuter Exazerbationen reduziert und bei Steigerung der Lebensqualität die Kosten vermindert werden [262] [263]. In einer randomisierten, kontrollierten Multicenterstudie führten strukturierte Patientenschulungen im Rahmen eines umfassenden Selbstmanagementtrainings mit individuellen Anweisungen zur Behandlung von Exazerbationen und zum körperlichen Training unter Einsatz telefonischer Nachsorge innerhalb eines Jahres zu einer signifikanten Reduktion von Krankenhausaufenthalten und Notfallbehandlungen [264]. Dieser Effekt war auch nach 2 Jahren noch nachweisbar [265].

Zu den wesentlichen Inhalten der Patientenschulung gehören Information über Risikofaktoren und deren Reduktion bzw. Elimination, insbesondere der Hinweis auf die Wichtigkeit der Raucherentwöhnung. Für alle Schweregrade sind das Monitoring von Symptomen, die schweregradabhängige Selbstmedikation, die Vorbeugung und Behandlung von Exazerbationen und Bronchialinfekten neben korrekter Inhalationstechnik und Wissensvermittlung über die COPD sowie atemerleichternde Körperstellungen wichtige Lehrinhalte. Für Patienten mit sehr schwerer COPD kommen Informationen über Komplikationen, Komorbidität, die apparative Therapie mittels Langzeitsauerstoff sowie intermittierende Selbstbeatmung als zusätzliche Lehrinhalte in Betracht. Die Raucherentwöhnung kann während einer pneumologischen Rehabilitation in ein multimodales Schulungsprogramm integriert werden; in ambulanten Programmen sollte sie wegen ihres erheblichen Zeitaufwandes separat von anderen Schulungsprogrammelementen durchgeführt werden, um die positiven Effekte der Gruppeninteraktion nicht durch eine zu lang terminierte Schulung mit der Schwierigkeit des Einhaltens gemeinsamer Termine aller Schulungsteilnehmer zu gefährden. Patienten mit schwerer COPD und ihre Angehörigen wünschen häufig eine Diskussion über die Versorgung in der letzten Lebensphase. Einfache strukturierte Programme können aus Patientenperspektive hilfreich sein [266]. Patienten mit lebensbedrohlicher Erkrankung sollten über die Krankheitsfolgen unter Einschluss der Möglichkeiten und Folgen intensivmedizinischer Behandlungsmaßnahmen unter Einbeziehung ihrer Familienmitglieder informiert werden [267].


6.2.5 Physiotherapeutische Atemtherapie

Hauptziele der physiotherapeutischen Atemtherapie sind eine Linderung der Dyspnoe in Ruhe und unter körperlicher Belastung, eine Verbesserung von Sekretmobilisation und Sekretelimination sowie eine Abnahme des Hustens. Die physiotherapeutische Atemtherapie wird bei COPD-Patienten zur Reduktion der Atemarbeit, zum effektiveren Einsatz der Atemmuskulatur, zur Verbesserung der Sekretelimination und der Thoraxbeweglichkeit und damit auch zur Verbesserung des Gasaustausches eingesetzt. Eine Übersicht zu Indikationen, therapeutischen Zielen, Techniken und wahrscheinlichen Wirkungsmechanismen verschiedener physiotherapeutischer Ansätze bei Patienten mit COPD sind in den Empfehlungen zur physiotherapeutischen Atemtherapie niedergelegt [268].

Randomisierte, kontrollierte Studien zum Stellenwert der physiotherapeutischen Atemtherapie oder zum Nutzen der einzelnen physiotherapeutischen Atemtechniken in der Behandlung der COPD sind in sehr geringem Maße verfügbar. Randomisierte Studien [269] [270], eine systematische Übersicht [271], sowie eine Evaluation der Evidenz aus systematischen Übersichten [272] zeigen positive Effekte von Atemtechniken, insbesondere der dosierten Lippenbremse, aber auch von einem Training der Zwerchfellatmung, das in Übereinstimmung mit den BTS-Empfehlungen zur physiotherapeutischen Atemtherapie Patienten mit COPD von Atemtechniken profitieren. Weniger gut belegt sind atemerleichternde Körperpositionen wie das Sitzen mit nach vorne geneigtem Oberkörper, die Fixation des Schultergürtels oder Relaxationsübungen, die bei COPD-Patienten mit Angst und ausgeprägter Dyspnoe zur Reduktion von Dyspnoe und der Atemfrequenz führen können. Auch für die manuelle Kompression von Thorax und Abdomen beim Husten, die bei COPD-Patienten mit Atemmuskelschwäche indiziert sein kann, liegt keine hinreichende Evidenz aus randomisiert kontrollierten Studien vor.


6.2.6 Hilfsmittel zur Sekretelimination

Bei ausgewählten Patienten mit Sekretretention und viskösem Sekret kann im Rahmen von Exazerbationen die Atemphysiotherapie mit PEP-Masken zu einer besseren Sekretelimination beitragen [240]. Randomisierte, kontrollierte Studien zum Stellenwert von Hilfsmitteln mit und ohne Oszillation zur Sekretelimination liegen nicht vor. Handliche Geräte (Strohhalmstück, VRP1-Flutter, RC-Cornet, acapella, Choice, Pari-PEP-System, PEP-Maske) mit deren Hilfe ein positiver exspiratorischer Druck (PEP) aufgebaut wird, sind potenziell auf der einen Seite in der Lage, Bronchialverschlüsse durch Instabilität der Bronchialwände zu verhindern oder zumindest zu verringern, auf der anderen Seite durch den Überdruck und die nachfolgende Erweiterung der Bronchien Sekret von den Bronchialwänden zu lösen, das mittels Huffing aus dem Bronchialbaum entfernt werden kann. Aus Studien mit geringer Teilnehmerzahl gibt es Hinweise darauf, dass der VRP1-Flutter effektiv ist [273] [274]. Das RC-Cornet hat gegenüber dem VRP1-Flutter den Vorteil, dass es unabhängig von der Schwerkraft ist und somit in jeder Körperlage eingesetzt werden kann. Zeitsparend lässt sich die Anwendung dieser Hilfsmittel mit Inhalationen, Drainagelagerungen und weiteren physiotherapeutischen Techniken kombinieren.


6.2.7 Ernährung

Übergewicht und Untergewicht beeinflussen Symptomatik und Prognose von Patienten mit COPD. BMI-Werte zwischen 20 und 25 kg/m2 kennzeichnen den Normbereich des Patienten mit COPD. Bei übergewichtigen Patienten führt eine Gewichtsreduktion zu einer Abnahme des Energiebedarfs bei körperlicher Belastung sowie zu einer Besserung der Atemmechanik und damit zu einer leichteren Bewältigung der im Alltag anfallenden körperlichen Aktivitäten. Diäten zur Gewichtsreduktion können mit einer Beschränkung der täglichen Kalorienaufnahme auf 1200 – 1500 Kalorien erfolgreich durchgeführt werden. Bei untergewichtigen Patienten oder Patienten mit einer Gewichtsabnahme um mehr als 10 % in den letzten 6 Monaten oder mehr als 5 % im letzten Monat besteht das Ziel der Ernährungstherapie darin, mittels oraler Nährstoffzufuhr, ggf. Ernährungssupplementierung, eine Gewichtszunahme zu erreichen. Die optimale Anzahl der zugeführten Kalorien sowie die Dauer der Ernährungstherapie sind nicht eindeutig etabliert [275]. Durch die Supplementierung der Ernährung können eine Gewichtszunahme mit Verbesserung der Kraft der Atemmuskeln und Besserung des Gesundheitsstatus erreicht werden [275]. Sinnvoll erscheint die Kombination der Ernährungstherapie mit körperlichem Training, z. B. im Rahmen eines Rehabilitationsprogramms.


6.2.8 Maßnahmen zur Behandlung der schweren Dyspnoe bei fortgeschrittener Erkrankung

Der Einsatz von Morphin kann bei schwerer Dyspnoe zur Linderung beitragen [276] [277] [278]. Wegen bedeutsamer unerwünschter Effekte, insbesondere der Atemdepression, sollte der Einsatz auf wenige besonders beeinträchtigte Patienten mit schwerer Atemnot beschränkt und unter stationären Bedingungen eingeleitet werden. Weitere Möglichkeiten zur Reduktion der Dyspnoe sind die neuromuskuläre Elektrostimulation [278] [279], Vibrationen der Thoraxwand [278] und Lenkung eines Luftstroms auf das Gesicht über Fächer oder Ventilatoren [278] sowie die Applikation von O2 trotz Fehlens einer Hypoxämie [280]. Die pneumologische Rehabilitation und auch die nicht invasive Beatmung können in geeigneten Fällen zur Linderung der Dyspnoe beitragen. Eine refraktäre schwere Dyspnoe wird am besten im Rahmen eines multzidisziplinären Palliativteams behandelt [281].


6.2.9 Behandlung von Angst und Depression

Die Ursachen von Angstzuständen und Depressionen bei Patienten mit COPD sind vielfältig und schließen biologische und psychosoziale Faktoren ein [282]. Die pneumologische Rehabilitaton kann Angstsymptome lindern. Die Effekte von Antidepressiva bei Patienten mit COPD können anhand der publizierten Daten aufgrund methodischer Probleme nicht hinreichend bewertet werden. Psychosoziale Interventionen (Verhaltenstherapie, Yoga, Relaxation) können bei Patienten mit COPD und psychosozialen Problemen die Atemnot lindern, die Lungenfunktion und die Belastbarkeit sowie Erschöpfungszustände verbessern [283].

Die COPD ist eine komplexe Erkrankung, die von einem Betreuungsnetzwerk profitieren kann. Evidenz zu integrierten Behandlungsprogrammen liegt nicht vor [284] [285]. Eine Metaanalyse kleiner Untersuchungen ergab Vorteile integrierter Versorgungsprogramme für verschiedene Verlaufsparameter, nicht jedoch bezüglich der Mortalität [284]. In einer großen Multicenterstudie konnten diese Effekte jedoch nicht bestätigt werden [285].


6.2.10 Palliative Therapie

Angesichts des prinzipiell progressiven Krankheitsverlaufs, der damit in Verbindung stehenden progredienten klinischen Symptomatik und der mit zunehmendem Alter wachsenden Beeinträchtigung durch Komorbiditäten können und müssen bei Patienten mit weit fortgeschrittener COPD auch primär palliativmedizinisch orientierte Therapieoptionen unter Einschluss einer Betreuung in einem Hospiz zum Einsatz kommen. Die Palliativversorgung umfaßt die Symptomkontrolle und die Behandlung im Terminalstadium des Patienten unter Berücksichtigung der psychologischen Auswirkungen auf den betroffenen Patienten und seine Angehörigen [286]. Studien zum Stellenwert von palliativmedizinischen Maßnahmen bei COPD liegen bislang nicht vor. Nach Expertenmeinung darf erwartet werden, dass COPD-Patienten im Endstadium von der Palliativversorgung profitieren. Ausmaß und Zeitpunkt einer palliativen Therapie des kritisch kranken COPD-Patienten lassen sich heute noch nicht ausreichend sicher definieren. Ihre Bedeutung wird aber trotz weiterer Fortschritte der Basisbehandlung der COPD in den nächsten Jahren zunehmen.

Atemnot, Müdigkeit, Angst, Depression und Schmerzen unterschiedlicher Organlokalisation sind die Hauptsymptome bei Patienten im letzten Jahr vor ihrem Tod [287]. Die Wirksamkeit von Sauerstoff zur Linderung der Atemnot bei COPD-Patienten im Endstadium ist belegt [280]. Eine Metaanalyse zum Einsatz von Opioiden bei Dyspnoe jeder Ursache zeigt einen statistisch gesicherten Effekt, der bei oraler oder parenteraler Applikation größer ist als bei der inhalativen Anwendung [288]. Bei untergewichtigen Patienten kann eine Ernährungstherapie mit hochkalorischer Zusatznahrung zur Besserung des Allgemeinbefindens und zu einer Verbesserung der Kraft der Atemmuskeln beitragen.

Bezüglich der palliativen Beeinflussung von Müdigkeit und rascher Erschöpfung werden Atemstimulantien, Zytokinantagonisten und Anabolika in Kombination mit physikalischer Therapie empfohlen (siehe auch Ernährung). Wenigstens bei zwei Dritteln aller COPD-Patienten im Endstadium liegen Depressionen und Angststörungen vor. Zur Behandlung stehen in Abhängigkeit von der Qualität der Störung medikamentöse und nicht medikamentöse Therapieverfahren zu Verfügung [289]. Die analgetische Therapie eines COPD-Patienten orientiert sich an den WHO-Empfehlungen [290].

In der Endphase der Erkrankung ist eine Diskussion mit den Patienten und ihren Angehörigen über ihre Wünsche und Einstellungen zu Reanimation, etwaigen Aufenthalten auf der Intensivstation, einer eventuell erforderlichen invasiven Beatmung und damit über die Grenzen einer noch als sinnvoll erachteten Behandlung erforderlich [291]. Hierbei ist auch danach zu fragen, ob der betroffene Patient lieber zuhause oder aber auf einer Palliativstation sterben möchte. Die hierbei getroffenen Vereinbarungen helfen dem Patienten und seinen Angehörigen, Ängste über den bevorstehenden Tod abzubauen, kontinuierliche emotionale Unterstützung zu signalisieren sowie unerwünschte und eventuell kostenintensive invasive Maßnahmen zu vermeiden [292] [293].



6.3 Apparative/operative Behandlungen

6.3.1 Bullektomie

Bei großen Bullae, die mehr als ein Drittel eines Lungenflügels einnehmen und das benachbarte Gewebe komprimieren, kann die Bullektomie zu einer Besserung der Lungenfunktion und zu einer Abnahme der Dyspnoe führen [294]. Gelegentlich kann die Indikation auch bei Hämoptysen oder rezidivierenden Infektionen gestellt werden. Vor der Entscheidung zur Bullektomie sollten eine Bronchoskopie, ein Computertomogramm des Thorax (HR-CT), Lungenfunktionstests unter Einschluss der arteriellen Blutgase, die Messung der CO-Diffusionskapazität und ein Perfusionsszintigramm der Lunge durchgeführt werden. Gute Ergebnisse des chirurgischen Eingriffs sind bei normaler oder nur gering reduzierter Diffusionskapazität, dem Nachweis von komprimiertem Lungengewebe und dem Fehlen einer signifikanten Hypoxämie zu erwarten [295]. Die Bullektomie kann im Rahmen einer videoassistierten oder offenen Thorakotomie, bei beidseitigen Bullae auch mittels Sternotomie erfolgen. Bei schwerem, generalisiertem Lungenemphysem ist dieser Eingriff nicht indiziert.


6.3.2 Lungenvolumenreduktion

6.3.2.1 Operative Lungenvolumenreduktion (LVRS)

Die chirurgische Lungenvolumenreduktion (LVRS) beim Lungenemphysem beinhaltet die Resektion von stark emphysematös veränderten Lungenarealen mit dem Ziel, die Überblähung zu reduzieren, die Dyspnoe zu lindern, die Lungenfunktion zu verbessern und insbesondere die Effizienz der Atemmuskulatur durch Reduktion der Überblähung zu verbessern [296]. Mittels LVRS können die elastische Rückstellkraft der Lunge gebessert, der Atemfluss gesteigert werden und Exazerbationen vermindert werden [297]. Gegenüber der medikamentösen Therapie verbessert die LVRS bei Patienten mit schwerem oberlappenbetontem Emphysem und geringer Belastbarkeit nach präoperativer Rehabilitation Belastbarkeit und Prognose der Patienten (54 % vs 39,7 %) [298]. Bei Patienten mit hoher Belastbarkeit nach einer Rehabilitation besteht bezüglich der LVRS gegenüber der konservativen Therapie kein Prognosevorteil, während Lebensqualität und Belastbarkeit zunahmen. Die LVRS zeigt eine höhere Mortalität als die medikamentöse Therapie bei Patienten mit schwerem Emphysem, wenn ein FEV1 ≤ 20 % des Sollwertes, ein homogenes Emphysem oder eine DLCO ≤ 20 % des Sollwertes vorliegen [299]. Wie auch bei der Lungentransplantation können somit nur Patienten für die Operation berücksichtigt werden, bei denen präoperativ eine Rehabilitation erfolgte und alle medikamentösen und nicht medikamentösen Therapieoptionen ausgeschöpft wurden. Weiterhin ist eine mehrmonatige Rauchabstinenz zwingend erforderlich.

6.3.2.2 Endoskopische Lungenvolumenreduktion

Ziel der endoskopischen Lungenvolumenreduktion ist die Reduktion der Hyperinflation bei ausgeprägtem Lungenemphysem unter Vermeidung der bei den chirurgischen Verfahren deutlich erhöhten perioperativen Mortalität von 7,5 %. Durch die Verminderung der Hyperinflation wird die elastische Rückstellkraft der Lunge optimiert und eine gesteigerte Effizienz von Atemmechanik und Atemmuskulatur erreicht. Hierdurch werden die Belastungsdyspnoe vermindert, die Leistungsfähigkeit gesteigert und die Lebensqualität verbessert.

Für die endoskopische Lungenvolumenreduktion wurden endobronchiale Ventile, endobronchial applizierbare Coils, Stents, die thermische Lungenvolumenreduktion mit Dampf sowie die polymerische Lungenvolumenreduktion mit einem Hydrogelschaum untersucht. Den Verfahren ist gemeinsam, dass sie nur bei einem ausgeprägten Lungenemphysem mit einem forcierten exspiratorischen Volumen (FEV1) von < 45 % des Solls nach Bronchodilatatorgabe sowie einer Lungenüberblähung mit einem Residualvolumen von > 175 – 200 % des Solls eingesetzt werden sollen. In Abhängigkeit von der Emphysemverteilung, die durch eine Dünnschichtcomputertomografie mithilfe unterschiedlicher Softwareprogramme quantifiziert und analysiert werden sollte, kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Vor jeder Lungenvolumenreduktion sollten die konservativen medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungsoptionen unter Einschluss einer pneumologischen Rehabilitation ausgeschöpft sein.

Seitens der Emphysemverteilung hat sich gezeigt, dass bei korrekter Patientenselektion positive Ergebnisse sowohl bei homogenem als auch bei heterogenem Emphysem erzielt werden können. Von den genannten Verfahren stehen derzeit an mehreren Zentren die endobronchiale Ventilapplikation sowie die Implantation von Coils zur Verfügung. Die Anlage bronchialer Stents erwies sich als ineffektiv [300]. Eine multizentrische Studie mit Anwendung von polymerischem Hydrogelschaum ging mit einer erhöhten Morbidität und Letalität einher und musste deshalb vorzeitig abgebrochen werden [301].

Die Applikation von heißem Dampf in Segmente mit ausgeprägtem emphysematösem Umbau führte in einer prospektiven randomisierten Studie zu einer klinisch relevanten Besserung von Lungenfunktion und Lebensqualität nach 6 Monaten [302] sowie im Follow-Up auch nach 12 Monaten [303]. Häufigste unerwünschte Wirkung waren Exazerbationen. Diese Verfahren steht derzeit nur für Patienten mit oberlappenbetontem heterogenem Emphysem im Rahmen von Registerstudien zur Verfügung.

6.3.2.2.1 Endobronchiale Ventilapplikation

Der Wirkungsmechanismus besteht in der Förderung einer Atelektasenbildung des zu behandelnden überblähten Lungenareals durch Verhinderung des Einstroms von Luft bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Entleerung während der Exspiration und der Drainage von Sekreten.

Das distal der durch Ventile verschlossenen Atemwege gelegene Lungengewebe wird so von Luft entleert und kollabiert mit der Folge einer Volumenreduktion und Besserung der Atemmechanik. Wirksamkeit und Sicherheit der Ventile sind bislang durch mehrere randomisierte und kontrollierte Studien [304] [305] [306] [307] [308] [309] und eine Vielzahl prospektiver Fallserien mit Nachuntersuchung bis zu 5 Jahren [310] [311] [312] überprüft worden. Die besten Ergebnisse werden bei heterogenem, oberlappenbetontem Emphysem erreicht, wenn gleichzeitig keine oder nur eine geringfügige kollaterale Ventilation über benachbarte Lungenlappen vorliegt. Zur Beurteilung der kollateralen Ventilation und der Vollständigkeit von Lappenfissuren wurden HR-CT Analysetechniken sowie das endoskopische Chartis-Diagnosesystem entwickelt [313]. Bei Patienten mit geringer kollateraler Ventilation und Fissurintegrität lassen sich Lebensqualität, körperliche Belastbarkeit, gemessen an der 6-Minuten-Gehstrecke, und FEV1 deutlich und nachhaltig steigern – erheblich besser als bei Patienten, bei denen keine Fissurintegrität vorliegt bzw. eine kollaterale Ventilation vorhanden ist [307] [308] [309]. Die Hauptkomplikation der Ventilimplantation stellt der postinterventionelle Pneumothorax in 20 – 25 % der Fälle dar. Durch eine Schrumpfung des behandelten Lungenlappens und die daraus folgende Expansion des ipsilateralen Lappens kommt es durch Verwachsungen oder Bullae häufig zu einem Einriss des nicht behandelten Lungenlappens.

Analysen zeigen, dass insbesondere Patienten mit postinterventionellem Pneumothorax von dem Verfahren profitieren. Somit kann die Hauptkomplikation gleichzeitig als Erfolgsparameter angesehen werden [314] [315].

6.3.2.2.2 Coils

Coils wurden entwickelt, um mechanisch in emphysematös verändertem Lungengewebe Kompressionszonen zu generieren und dadurch Gewebespannungen in der Umgebung der Gewebskompressionszonen wiederherzustellen. Ziel ist es, in den behandelten Lungenlappen 10 – 14 Coils zwischen den Segmentbronchien und der Pleura gleichmäßig zu implantieren. Das Verfahren ist unabhängig vom Vorliegen einer kollateralen Ventilation, die Explantation von Coils ist im Gegensatz zu Ventilen in der Regel nicht möglich.

Mehrere offene Multicenterstudien [316] [317] [318] [319] [320] sowie 3 randomisiert kontrollierte Studien [321] [322] [323] zeigten eine Verbesserung von Lebensqualität, Belastbarkeit und des FEV1. Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen im Verlauf nach Coilimplantation sind milde Hämoptysen, die in der Regel spontan sistieren und nur in seltensten Fällen eine Intervention erfordern. Ausschlusskriterien für eine Coilimplantation sind Patienten mit Anzeichen einer bestehenden Lungeninfektion, bekannter Nickel-Titan-Allergie, erhöhtem Blutungsrisiko, pulmonalarterieller Hypertonie und großbullösen Lungenveränderungen.

Insgesamt kann eine endoskopische Lungenvolumenreduktion nach Ausschöpfung aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten des ausgeprägten Emphysems unter Einschluss der pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit ausgeprägter Dyspnoe erwogen werden, wenn die Kriterien für die Implantation von Ventilen oder Coils erfüllt sind (siehe  [Abb. 6]). Weitere randomisiert kontrollierte Studien sind notwendig, um die Verfahren mit hinreichender Evidenz zu etablieren.

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Abb. 6 Differenzialindikatoren für interventionelle Behandlungsoptionen des schweren Lungenemphysems.

6.3.2 Lungentransplantation (LTx)

Weltweit stellt das Lungenemphysem bei COPD die häufigste Indikation zur Lungentransplantation dar. Neben der Verbesserung der Lebensqualität hat die LTx auch die Verbesserung der Prognose [324] zum Ziel. Um einen realistischen Überlebensvorteil zu erzielen, sollte die prognostizierte 5-Jahres-Überlebensrate niedriger als 50 % sein [325]. Liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit der Grundkrankheit ohne LTx deutlich höher, ist die Evaluation zur Lungentransplantation nicht sinnvoll. Bei ausgeprägtem Leidensdruck und daher starkem Transplantationswunsch des Patienten kann die Vorstellung in einem Transplantationszentrum dennoch erwogen werden. Für Transplantationskandidaten werden das Fehlen von wesentlichen Kontrainidikationen, eine hohe Motivation, eine effiziente, vorbereitende Rehabilitations- und Trainingstherapie sowie psychosoziale Stabilität vorausgesetzt.

Eine LTx kommt nur dann in Betracht, wenn alle anderen Therapieverfahren unter Einschluss der Langzeit-Sauerstofftherapie, der intermittierenden Heimbeatmung, der Ernährungs- und Trainingstherapie sowie der medikamentösen Therapie ausgeschöpft sind. Die Altersobergrenze in vielen Zentren liegt bei 65 Jahren, da die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 65-Jährigen nur bei 38 % liegt [326]. Die auf retrospektive Berechnungen des Überlebensvorteils gestützten Indikationen zur Aufnahme eines Patienten mit schwerem Emphysem auf die Transplantationsliste [327] sind in der [Tab. 12], die Kontraindikationen in der [Tab. 13] angegeben. Kontraindikation sind auch relevante extrapulmonale Komorbiditäten (z. B. KHK, Niereninsuffizienz, Leberzirrhose) [324]. Eine koronare Mehrgefäßerkrankung, welche einer Revaskularisation nicht zugänglich ist, eine signifikant reduzierte linksventrikuläre Funktion sowie aktive Tumorerkrankungen ohne ausreichende Rezidivfreiheit von mindestens 2 Jahren stellen ebenfalls eine absolute Kontraindikation zur Operation dar. Voraussetzung für die Aufnahme auf die Warteliste ist eine dokumentierte mindestens sechsmonatige, laborchemisch bestätigte Abstinenz vom Tabakrauchen. Auch andere aktive Abhängigkeitssyndrome, der Gebrauch schädlicher Substanzen sowie eine fehlende Therapieadhärenz stellen Kontraindikationen dar (siehe Richtlinien zur Organtransplantation der Bundesärztekammer nach § 16, Transplantationsgesetz [328]).

Tab. 12

Krankheitsspezifische Selektionskriterien zur Lungentransplantation beim Lungenemphysem.

  • FEV1 < 20 % Soll

  • rezidivierende schwere Exazerbationen (≥ 3 Exazerbationen in den letzten 12 Monaten mit hyperkapnischem Atmungsversagen)

  • pulmonale Hypertonie (mittlerer PAP > 25 mm Hg)

FEV1: forciertes exspiratorisches Volumen, PAP: pulmonal-arterieller Druck.

Tab. 13

Relative und absolute Kontraindikationen zur Lungentransplantation [330].

Relative Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen

  • schwere muskuläre Dekonditionierung

  • Alter über 65 Jahre

  • Kolonisation mit resistenten oder sehr pathogenen Keimen

  • schwere Mangelernährung, Kachexie

  • mechanische Ventilation oder extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)

  • Übergewicht BMI 30 – 34,9 kg/m2

  • signifikante Komorbiditäten

  • Hepatitis B/C mit oder ohne Leberzirrhose

  • Suchtkrankheit, aktiver Raucher

  • schwere psychiatrische Erkrankungen (Depression, Schizophrenie)

  • mangelnde Therapieadhärenz

  • mangelhaftes soziales Umfeld

  • unkontrollierte systemische Infektion (einschließlich Mykobakterium tuberculosis)

  • aktive Tumorerkrankung

  • morbide Adipositas (BMI > 35 kg/m2)

  • schwere Arteriosklerose mit Minderperfusion von Organen

BMI: Body-Mass-Index, ECMO: extrakorporale Membranoxygenierung.

Zur Organallokation wird in Deutschland seit Dezember 2011 der Lung allocation Score (LAS) verwendet. Ist eine Vergabe nach diesem Verfahren nicht möglich oder droht aus anderen Gründen der Verlust eines Spenderorgans, so kann auf ein beschleunigtes Vermittlungsverfahren zurückgegriffen werden. Bei diesem Verfahren wird das Organangebot direkt an Transplantationszentren vermittelt, mit der Möglichkeit, einen geeigneten Empfänger auszuwählen. Der LAS setzt sich aus 19 Variablen zusammen (z. B. Diagnose, Vitalkapazität, 6-min-Gehstrecke, Sauerstoffbedarf, Beatmung und pulmonalarterieller Druck). Die Variablen gehen unterschiedlich gewichtet in die Berechnung des voraussichtlichen Überlebens aus der Warteliste und nach Lungentransplantation ein und bilden damit den wahrscheinlichen Nutzen der LTx ab. Der LAS hat einen Wert zwischen 0 und 100. Der mediane LAS der deutschen Warteliste lag im Dezember 2016 bei 32. Der mediane LAS von Patienten der Diagnosekategorie A (überwiegend COPD-Patienten) lag zwischen 2012 und 2014 bei 34, da 50 % der Spenderlungen im beschleunigten Vermittlungsverfahren an COPD-Patienten ohne Berücksichtigung des LAS vermittelt wurden. Im gleichen Zeitraum lag der mediane LAS aller Transplantierten bei 41 [329].

Im Falle einer LTx stehen für COPD-Patienten grundsätzlich die Verfahren der Einzel- und Doppellungentransplantation zur Verfügung. Die einseitige LTx ist technisch einfacher und hat daher eine geringere Letalität im Vergleich zum beidseitigen Verfahren. Problematisch sind nach Einzeltransplantation allerdings Komplikationen, welche die native Lunge betreffen, wie die Entwicklung von Infektionen, Malignomen oder eines Pneumothorax. Insgesamt ist das Langzeitüberleben nach Doppellungentransplantation dem der Einzellungentransplantation überlegen, sodass dieses Verfahren auch bei COPD-Patienten das Verfahren der Wahl darstellt [330]. Etwa 70 % der LTx weltweit wird bei COPD bilateral ausgeführt [326].

Das frühpostoperative Überleben nach LTx ist für Patienten mit einer COPD besser als für Patienten mit anderen Lungenerkrankungen [326]. Das Langzeit-Überleben (5-Jahres Überlebensrate 53 %) bleibt allerdings hinter dem von Patienten mit anderen Grunderkrankungen zurück, was sich insbesondere durch das fortgeschrittene Alter und die erhöhte Zahl an Komorbiditäten erklären lässt. Die Wiederaufnahme des Rauchens unter den Empfängern hat einen Anteil von 12 % [331]. Ebenfalls bedingt durch die dauerhafte Immunsuppression sind im Langzeitverlauf Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus und arterieller Hypertonus sehr häufige Komorbiditäten von LTx-Empfängern. 31 % der COPD-Patienten nach LTx sind wieder erwerbstätig [332].


Therapie der respiratorischen Insuffizienz

Die respiratorische Insuffizienz betrifft grundsätzlich die zwei Anteile des respiratorischen Systems ([Abb. 7]) [333] [334] [335] [336]:

  • Einschränkungen der Lunge (pulmonale Insuffizienz)

  • Einschränkungen der Atempumpe (ventilatorische Insuffizienz)

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Abb. 7 Pathophysiologie und Therapie der respiratorischen Insuffizienz auf Basis der Blutgasanalyse [336].

Die Heterogenität der COPD, die Unterschiedlichkeit bezüglich verschiedener Komorbiditäten und andere individuelle Faktoren erklären den Umstand, dass im fortgeschrittenen Stadium einer COPD die respiratorische Insuffizienz primär die Lunge und/oder die Atempumpe betreffen kann.

Die pulmonale Insuffizienz zeichnet sich blutgasanalytisch durch den Befund der respiratorischen Partialinsuffizienz aus. Therapeutisch kommt hier grundsätzlich die Sauerstofftherapie in Betracht. Eine ventilatorische Insuffizienz mit Hyperkapnie zeigt sich in der Blutgasanalyse als respiratorische Globalinsuffizienz. Entsprechend muss eine eingeschränkte Ventilation therapeutisch mit artifizieller Augmentierung der Ventilation, also mit künstlicher Beatmung, einhergehen [333] [334] [335] [336].

Eine respiratorische Insuffizienz kann akut, z. B. im Rahmen von Exazerbationen oder akuten Komorbiditäten (z. B. Myokardischämie, Lungenembolie u. a.) aber auch chronisch entstehen. Dabei können sowohl die pulmonale als auch die ventilatorische Insuffizienz akut und chronisch entstehen. Entsprechend ergeben sich 4 verschiedene Konstellationen:

  • akute pulmonale Insuffizienz

  • chronische pulmonale Insuffizienz

  • akute ventilatorische Insuffizienz

  • chronische ventilatorische Insuffizienz

Grundlage für die Therapie einer respiratorischen Insuffizienz sind zunächst die Optimierung und leitliniengerechte Therapie der Grunderkrankung bei chronischer respiratorischer Insuffizienz sowie die Behandlung der auslösenden Ursache im Falle einer akuten respiratorischen Insuffizienz. So muss bei einer chronischen respiratorischen Insuffizienz eine maximal mögliche bronchodilatative sowie ggf. antiinflammatorische Therapie durchgeführt werden. Bei akuter respiratorischer Insuffizienz steht zunächst die Behandlung z. B. eines bakteriellen Infektes oder einer Pneumonie, einer Lungenembolie, eines Pneumothorax, einer Myokardischämie sowie ggf. die Intensivierung einer antiinflammatorischen und/oder antiobstruktiven Therapie im Vordergrund. Im Weiteren kommen für jede der 4 genannten Entitäten spezifische Behandlungsmodalitäten in Betracht, wie im Folgenden aufgeführt.

6.3.4.1 Chronische pulmonale Insuffizienz

Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT) Die günstigen Effekte einer LTOT wurden 1967 detailliert beschrieben [337]. Die LTOT ist heute als Standardtherapie zur Behandlung der chronischen hypoxämischen (pulmonalen) respiratorischen Insuffizienz bei der COPD etabliert [337] [338] [339] [340]. Frühe Studien der frühen 1980er Jahre haben gezeigt, dass bei einer Anwendung der LTOT von mindestens 16 Stunden pro Tag das Langzeitüberleben verbessert werden kann [338] [341] [342]. Entsprechend sei hier auf die weiter gültigen Indikationskriterien der DGP-Leitlinien zur Sauerstofftherapie verwiesen ([Tab. 14]) [339] [340].

Tab. 14

Kriterien der Langzeit-Sauerstofftherapie LTOT [339].

Indikationen

PaO2 in Ruhe ≤ 55 mmHg

PaO2 in Ruhe 50 – 60 mmHg bei Cor pulmonale/Polyglobulie

PaO2 unter Belastung ≤ 55 mmHg oder Hypoxämie im Schlaf

Verschreibungskriterien

stabile Krankheit, optimale Therapie

Kontraindikationen

keine

Ziele

PaO2 ≥ 60 mmHg oder Anstieg um 10 mmHg

PaO2 ≥ 60 mmHg oder Belastbarkeit verbessert

Weiterhin bestand allerdings die Frage, ob nicht auch Patienten mit moderater Hypoxämie von einer LTOT profitieren können. In einer großen amerikanischen Studie [343] wurden zunächst Patienten mit moderater Hypoxämie (pulsoxymetrisch gemessene SaO2 zwischen 89 % und 93 %) eingeschlossen. Bei schleppender Rekrutierung wurden die Indikationskriterien im Verlauf der Studie erweitert und auch solche in die Studie eingeschlossen, die eine moderate belastungsabhängige Desaturation aufwiesen (6-Minuten-Gehtest: SaO2 > 80 % für > 5 Minuten und < 90 % für > 10 Sekunden). Als Ergebnis wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe (keine Sauerstoffzufuhr) kein Unterschied gefunden hinsichtlich der Zeit bis zur ersten Hospitalisation oder dem Tod. Außerdem bestanden keine Unterschiede hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, der Lungenfunktion und der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest. Auch wenn diese Studie erhebliche Schwächen aufweist (geändertes Studiendesign, keine regelhafte Durchführung von Blutgasanalysen) zeigt sie doch, dass Patienten mit mäßiggradiger Hypoxämie offensichtlich nicht von einer Langzeit-Sauerstofftherapie profitieren.

Trotz der klaren Datenlage zur Indikation einer LTOT bei schwerer chronischer hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz (PaO2 in Ruhe ≤ 55 mmHg) werfen jedoch die aktuellen Publikationen in Hinsicht auf die frühen Studiendaten neue Fragen auf [344]. So kann grundsätzlich hinterfragt werden, ob der etablierte Überlebensvorteil in Studien von vor über 35 Jahren auch heute noch Gültigkeit hat, wo viele Fortschritte in der Therapie der COPD auf anderen Bereichen erzielt worden sind. Bemerkenswert ist zudem die kürzliche Publikation der britischen Leitlinien im Jahr 2015 [344]. Diese Leitlinien sind im Vergleich zu den 2008 publizierten DGP-Leitlinien aktueller. Zwar besteht zwischen beiden Leitlinien Einigkeit hinsichtlich der klassischen Therapieindikation für eine LTOT bei COPD und chronischer hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz mit einem PaO2 von ≤ 55 mmHg. Aktuell konnten jedoch auch wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Leitlinien identifiziert werden, die insbesondere die Messmethodik der Hypoxämie und die Bedingungen einer Langzeit-Sauerstofftherapie bei körperlicher Belastung, nach COPD-Exazerbation und bei den Verlaufskontrollen sowie weitere Indikationsparameter und Kontraindikationen betreffen. Entsprechend hat eine kürzliche Publikation diese Unterschiede detektiert und bewertet [345]. Aus diesem Grund empfiehlt die aktuelle Leitlinie zur COPD, weitere Empfehlungen der DGP-Leitlinie zur Langzeit-Sauerstofftherapie mit Bezug auf die COPD zu integrieren, sollte hier zukünftig eine Neuformulierung vorliegen.

6.3.4.2 Chronische ventilatorische Insuffizienz

Außerklinische Beatmung Die Therapie der chronischen hyperkapnischen respiratorischen (ventilatorischen) Insuffizienz besteht in der außerklinischen Beatmung [336]. Das Ziel dieser Therapie umfasst damit physiologisch die mechanische Augmentierung des Tidalvolumens mit konsekutiver PaCO2-Abnahme sowie die atemmuskuläre Erholung, die der Atemmuskulatur im beatmungsfreien Intervall eine gesteigerte Funktionsreserve erlaubt. Entsprechend wird die außerklinische Beatmung als Langzeitbeatmung im intermittierenden Modus durchgeführt, wobei die Beatmungszeiten typischer Weise zwischen 6 und 8 Stunden, individuell aber auch länger, liegen [336]. Die außerklinische Beatmung wird vorzugsweise nicht invasiv, d. h. über Gesichtsmasken (NIV), durchgeführt, wobei der Patient selbständig die Maske an- und absetzen und das Beatmungsgerät ein- und ausschalten kann. Eine invasive Langzeitbeatmung über ein Tracheostoma wird ausschließlich in der Folge eines erfolglosen Weanings (erfolgslose Entwöhnung von einer invasiven Beatmung nach Akutbeatmung – Klasse IIIb nach DGP-Weaning-Leitlinie) durchgeführt [336] [346].

Die NIV für den Indikationsbereich der COPD war international lange kontrovers diskutiert, obwohl sie in Deutschland schon seit den 1990iger Jahren regelhaft Anwendung findet [336] [347] [348]. Diese Diskrepanz rekrutiert sich aus der wissenschaftlichen Datenlage, nach welcher Patienten mit restriktiven Erkrankungen (Thoraxwanderkrankungen, neuromuskuläre Erkrankungen, Adipositas-Hypoventilationssyndrom u. a.) wesentlich deutlicher von der Langzeit-NIV profitieren als Patienten mit einer Atemwegsobstruktion [336]. Allerdings konnte auch das physiologische Ziel einer PaCO2-Absenkung bei Patienten mit COPD in vielen früheren internationalen Studien nicht regelhaft erreicht werden, und auch das Langzeitüberleben war in diesen Arbeiten nicht relevant verlängert [347] [348] [349] [350] [351] [352] [353] [354]. Dies hat zum Einsatz der sog. High Intensity NIV geführt, welche das Ziel der maximalen PaCO2-Absenkung unter Verwendung wesentlich aggressiverer Beatmungsformen mit hohen Inspirationsdrücken verfolgt [336] [355] [356] [357] [358]. Unter dieser primär in Deutschland eingesetzten Beatmungsform konnte die Überlegenheit gegenüber den konventionellen Beatmungstechniken klar gezeigt werden [359], weshalb die Langzeit-NIV in Deutschland schon seit einigen Jahren empfohlen wird [336]. Zudem zeigen die neuen Studien einen klaren Überlebensvorteil für die NIV im Vergleich zur Standardtherapie ohne NIV bei Patienten mit stabiler hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz auf dem Boden einer COPD, wenn mit intensiver Beatmungstherapie eine signifikante PaCO2-Absenkung gelingt [360]. Kürzlich konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Prognose verbessert und die Rehospitalisation auch dann gesenkt werden können, wenn COPD-Patienten in der Folge einer Exazerbation mit Beatmungspflichtigkeit anschließend auf eine Langzeit-NIV eingeleitet werden, aber nur dann, wenn eine Hyperkapnie (PaCO2 > 53 mmHg) mindestens 2 Wochen nach Beendigung der Akutbeatmung fortbesteht [361] [362]. Aus diesem Grund gilt die Langzeit-NIV als etabliertes Therapieverfahren zur Behandlung einer chronischen ventilatorischen Insuffizienz [336].

Auch für die außerklinische Beatmung hat die DGP Leitlinien formuliert und Indikationsparameter formuliert [336]. Danach besteht eine Indikation für eine außerklinische Langzeit-NIV bei COPD, wenn eines der in  [Tab. 15] aufgeführten Indikationskriterien erfüllt ist.

Tab. 15

Kriterien für den Einsatz der chronischen nicht invasiven Beatmung.

  • chronische Tageshyperkapnie mit einem PaCO2 ≥ 50 mmHg

  • nächtliche Hyperkapnie mit PaCO2 ≥ 55 mmHg am frühen Morgen

  • milde Tageshyperkapnie mit PaCO2 von 46 – 50 mmHg und Anstieg des PtcCO2 (transkutan gemessener PCO2) von > 10 mmHg während des Schlafes oder mit einem PaCO2 von ≥ 55 mmHg am frühen Morgen

  • in der Folge einer akuten beatmungspflichtigen respiratorischen Azidose, wenn mindestens 14 Tage nach Beendigung der Akutbeatmung noch eine persistierende Hyperkapnie (PaCO2 > 53 mmHg) besteht

  • nach prolongiertem Weaning, wenn eine Dekanülierung nur mithilfe der NIV möglich ist und diese zur Kontrolle der Symptome und zur Vermeidung einer Hyperkapnie langfristig, also auch nach stationärer Entlassung, notwendig ist (Weaning-Kategorie III b)



6.4 Monitoring des Verlaufs

Zur Erfassung des Verlaufs der Erkrankung und für die Evaluation von Therapieeffekten sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich. Bei den jeweiligen Vorstellungen sollen Symptome (z. B. CAT) sowie zwischenzeitlich erfolgte Exazerbationen erfragt und die Lungenfunktion geprüft werden. Weiter sollen Komplikationen und Komorbiditäten identifiziert werden. Besonderer Wert ist darauf zu legen, noch rauchende Patienten auf die Gefahren des Rauchens hinzuweisen und ihnen Rauchentwöhnungsprogramme anzubieten. Neben der üblichen Lungenfunktionsdiagnostik ist bei Patienten mit höheren Schweregraden der Erkrankung der Gasaustausch zu prüfen – in Ruhe und ggf. auch unter Belastung. Wenn übliche medikamentöse und nicht medikamentöse Therapieverfahren ausgereizt und der Patient weiter hochgradig symptomatisch ist, ist eine spezielle CT-Bildgebung mit dem Ziel, die Eignung des Patienten für interventionelle Verfahren zu prüfen, zu erwägen.

Bezüglich der Pharmakotherapie sollten folgende Punkte geprüft werden:

  • Leitlinienkonformität der Medikation,

  • Dosis der verordneten Medikamente,

  • Therapieadhärenz,

  • Inhalationstechnik,

  • Wirksamkeit der Behandlung,

  • Nebenwirkungen.

Selbstmanagementprogramme haben bislang zumindest in einem allgemeinmedizinischen Umfeld keine überzeugenden Resultate erbracht [363]. Zukünftig werden zunehmend E-Health-Konzepte eine Rolle spielen, die bisher aber noch nicht ausreichend geprüft sind.



7 Management der Exazerbationen

Empfehlungen und Statements

E25 Bei mangelndem Therapieansprechen sollen differenzialdiagnostische Überlegungen angestellt werden.

E26 Bei Exazerbation sollen bevorzugt kurzwirksame inhalative Bronchodilatatoren zur Akuttherapie eingesetzt werden.

E27 Bei klinisch schwerer Exazerbation sollen systemische Kortikosteroide eingesetzt werden, wobei die Therapiedauer auf 5 Tage und die Dosis auf 50 mg Prednisolonäquivalent/d begrenzt ist.

E28 Theophyllin sollte bei akuten Exazerbationen nicht gegeben werden.

E29 Antibiotika sollten nur bei klinischen Hinweisen auf eine bakterielle Infektion gegeben werden.

E30 Bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz soll mit Sauerstoff behandelt werden. Bei fraglicher oder bekannter Hyperkapnie soll eine kontrollierte Sauerstofftherapie zum Einsatz kommen (Ziel-SaO2 91 bis 92 %).

E31 Bei schwerer hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz soll primär mit High-Flow-Sauerstoff behandelt werden. Die akute NIV soll in erfahrenen Zentren als Alternative zur Verfügung stehen.

E32 Bei akuter hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz mit respiratorischer Azidose (pH < 7,35) soll mittels NIV zusätzlich zur Standardtherapie behandelt werden. Extrakorporale CO2-Eliminationsverfahren sollen nur in ausgewiesenen Zentren nach strenger Indikationsstellung im Rahmen wissenschaftlicher Studien zum Einsatz kommen.

E33 Bei klinischer Instabilität oder Nichtansprechen auf die ambulante Therapie soll eine Hospitalisierung erfolgen.

7.1 Definition

Die COPD-Exazerbation ist definiert als eine akute, über mindestens 2 Tage anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptome mit der Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie. Der akuten Exazerbation liegen eine entzündlich bedingte vermehrte Bronchokonstriktion und/oder Schleimproduktion mit Überblähung zugrunde. Klinisch kann diese durch eine Zunahme der Dyspnoe, des Hustens, des Sputumvolumens und der Sputumpurulenz gekennzeichnet sein. Es ist von hoher Bedeutung, eine Exazerbation von einer dekompensierten Herzinsuffizienz, einem akuten Koronarsyndrom bzw. einer Lungenarterienembolie differenzialdiagnostisch abzugrenzen und eine Pneumonie sowie einen Pneumothorax auszuschließen. Exazerbationen wirken sich negativ auf die Lebensqualität, auf die Progression der COPD und auf die Krankheitskosten (Hospitalisierung) aus.

Bei Patienten mit leichtgradigen akuten Exazerbationen sind laborchemische und mikrobiologische Untersuchungen entbehrlich. Hingegen sollte bei Patienten, die stationär aufgenommen werden müssen, immer eine Labordiagnostik unter Einschuß von inflammatorischen Parametern und eine Sputumuntersuchung erfolgen. Zudem sollte eine Röntgen-Thoraxaufnahme durchgeführt werden. Unter den inflammatorischen Parametern ist CRP Standard; das Procalcitonin sollte nur dann zusätzlich bestimmt werden, wenn dieses im Rahmen eines Algorithmus der Indikation zur antimikrobiellen Therapie oder zur Therapiezeitbegrenzung Verwendung findet.

Schweregrad der Exazerbation GOLD klassifiziert den Schweregrad der Exazerbation auf der Basis der Inanspruchnahme des Gesundheitswesens durch den Patienten (sogenannte „Health Care Utilization = HCU“):

  • Leichte Exazerbationen:

    Eine leichte Exazerbation wird nur mit zusätzlichen Gaben von kurzwirksamen Bronchodilatatoren vom Patienten selbst behandelt und wird oft dem behandelnden Arzt vom Patienten nicht berichtet [364] [365].

  • Mittelschwere Exazerbationen:

    Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass der behandelnde Arzt darüber hinaus ein systemisches Glukokortikosteroid und/oder ein Antibiotikum verordnet.

  • Schwere Exazerbationen:

    Diese liegen dann vor, wenn eine stationäre Behandlung erfolgt [366]. Diese Klassifikation wird auch in pharmakologischen Studien angewendet. Es wird dabei in Kauf genommen, dass die Hospitalisationsrate in den europäischen Ländern um das Zehnfache variiert [6].

  • Sehr schwere Exazerbationen:

    Die Autoren dieser Leitlinie schlagen zusätzlich vor, als sehr schwere Exazerbationen solche Ereingnisse zu bezeichnen, bei denen eine intensivierte Therapie auf einer Intensivstation oder einer Intermediate Care Unit als erforderlich angesehen wird.

Häufig, jedoch nicht immer, korrespondiert der Schweregrad der COPD mit dem der akuten Exazerbation. So können auch Patienten mit leichteren Formen der Erkrankung schwere Exazerbationen und umgekehrt Patienten mit höhergradiger COPD leichtgradige Exazerbationen entwickeln.

Kriterien für eine Hospitalisierung umfassen:

  • schwere Dyspnoe

  • schlechter Allgemeinzustand

  • rasch progrediente Symptomatik

  • Bewusstseinstrübung

  • Zunahme der Ödeme

  • instabile Komorbidität(en)

  • Versagen der ambulanten Therapie

  • Fehlen einer adäquaten häuslichen Versorgung

Kriterien für eine intensivierte Therapie sind:

  • schwere Dyspnoe, nicht korrigierbar durch Akuttherapie

  • persistierende Hypoxämie (PaO2 < 55 mmHg) trotz Sauerstoffgabe

  • progrediente Hyperkapnie mit respiratorischer Azidose (pH < 7,35)

  • Kreislaufinsuffizienz


7.2 Medikamentöse Therapie

7.2.1 Bronchodilatatoren

Für die Akuttherapie der Exazerbationen sollen sowohl ambulant als auch stationär an erster Stelle kurzwirksame Bronchodilatatoren eingesetzt werden. Belastbare Daten zur optimalen Inhalationstherapie bei akuter Exazerbation liegen nicht vor. Dabei können SABAs alleine oder in Kombination mit SAMAs eingesetzt werden. Grundsätzlich können verschiedene Inhalationssysteme Anwendung finden. Vernebler können dann bevorzugt werden, wenn die Patienten wegen Kurzatmigkeit aus dem Dosieraerosol nicht effektiv inhalieren können.

Es werden folgende Dosierungen empfohlen:

Kurzwirksame Beta-2-Sympathomimetika (SABA), initial 100 – 200 µg eines Dosier-Aerosols bzw. Pulverinhalators, sind die bevorzugten Bronchodilatatoren in der Therapie der akuten Exazerbation der COPD. Bei unzureichender Besserung innerhalb von 10 – 15 min können erneut 2 Hübe inhaliert werden und zusätzlich Anticholinergika (SAMA) höher dosiert verabreicht werden mit initial 250 – 500 µg Ipratropiumbromid, z. B. über Vernebler.

Die Dauertherapie mit LAMAs, LABAs und ggf. ICS sollte in der bisherigen Dosierung auch in der Exazerbation fortgeführt werden.


7.2.2 Kortikosteroide

Systemische Steroide verkürzen die Dauer der Exazerbation und verbessern die Lungenfunktion (gemäß FEV1). Weitere gesicherte Effekte sind die Verbesserung der Oxygenierung, eine Senkung des Risikos eines Therapieversagens, und die Verkürzung der Hospitalisationsdauer [152]. Die Vorteile der systemischen Steroidgabe wurden für ambulante Patienten [367] [368], in der Notaufnahme versorgte Patienten [369], hospitalisierte [370] und invasiv beatmete Patienten [371] gleichermaßen gezeigt.

Empfohlene Dosierung, Applikation und Dauer der Therapie: Es wird eine tägliche Dosis von 40 mg Prednisolon-Äquivalent oral für 5 Tage empfohlen. 50 mg sollten nicht überschritten werden. Eine neuere Untersuchung belegt zusammen mit einer Metaanalyse die Wirksamkeit bei einer Therapiedauer von 5 Tagen [372] [373]. Allerdings muss individuell entschieden werden, ob diese Therapiedauer im Einzelfall ausreichend ist. Eine intravenöse Applikation ist der oralen nicht überlegen [374]. Hohe intravenöse Dosen sind mäßigen oralen Dosierungen in keinem Endpunkt überlegen, führen aber häufiger zu Hyperglykämien [375]. Eine inhalative Gabe kann bei ambulanten Patienten alternativ erwogen werden [376] [377] [378]. Allerdings ist dabei die erforderliche Inhalationsdosis mit täglich 1280 µg bis 8000 µg Budesonid so hoch, dass der Vorteil der inhalativen Applikation begrenzt ist.


7.2.3 Theophyllin

Wegen des ungünstigen Wirkungs-/Nebenwirkungs-Verhältnisses sollte Theophyllin in der Akuttherapie nicht eingesetzt werden, nachdem in einer kontrollierten Studie kein relevanter Vorteil für Patienten mit einer akuten Exazerbation nachgewiesen werden konnte [379]. Angesichts der zudem bestehenden geringen therapeutischen Breite des Theophyllins und weniger toxischer Alternativen hat Theophyllin keinen Platz mehr in der Therapie der akuten Exazerbation. Bei Patienten, die auf eine orale Theophyllindauertherapie eingestellt waren, kann über die Fortsetzung dieser Therapie individuell entschieden werden.


7.2.4 Antibiotika

Antibiotika sind bei Patienten mit mittelgradiger Exazerbation und purulentem Sputum bei höheren Schweregraden der COPD sowie bei Patienten mit schwerer Exazerbation und purulentem Sputum indiziert. Bei Patienten mit sehr schwerer Exazerbation kommt eine antibiotische Therapie auch bei Fällen ohne purulentes Sputum in Betracht.

Patienten mit stabiler COPD weisen in ca. 25 % der Fälle eine bakterielle Kolonisation auf. Bevorzugt werden abhängig vom Ausmaß der Lungenfunktionseinschränkung Haemophilus influenzae und parainfluenzae, Streptococcus pneumoniae und Moraxella catharralis, aber auch Staphylococcus aureus, Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa gefunden [380]. Die Keimlast ist zuweilen außerordentlich hoch [381]. In der Phase der akuten Exazerbation finden sich bakterielle Erreger in bis zu 50 % der Fälle [380]. Dabei kann es sich um dieselben oder neu erworbene Erreger handeln. Auf Speziesebene identische Erreger können dennoch neue Stämme repräsentieren [382].

Die ätiologische Bedeutung der bakteriellen Isolate für die akute Exazerbation ist unverändert unsicher. Zweifellos liegen einer akuten Exazerbation am häufigsten virale Erreger zugrunde. Bakterielle Erreger können dabei Kolonisationserreger sein oder Superinfektionen bedeuten. Lange Zeit stellte die Winnipeg-Studie als methodisch beste randomisierte placebokontrollierte Studie die Grundlage für die Indikation zur antibiotischen Therapie von Patienten mit akuter Exazerbation dar [383]. Eine Metaanalyse von 1995 fand einen geringen Vorteil für die antibiotische Therapie, wobei der Winnipeg-Studie das gesamte Gewicht zugunsten dieser zufiel [384].

Aktuell liegen seit Anfang 1990 sechs randomisierte placebokontrollierte Studien vor, davon vier aus dem ambulanten Bereich, eine aus dem stationären und eine aus dem intensivstationären Setting. Alle drei Studien aus dem ambulanten Bereich mit leichtgradigen Exazerbationen finden keinen Vorteil für Antibiotika [385] [386] [387], eine mit leicht- bis mittelschweren Exazerbationen findet einen Vorteil hinsichtlich der Heilungsrate an Tagen 9 – 11 für Amoxicillin-Clavulansäure von im Mittel 14,2 % und eine längere Zeit bis zur nächsten Exazerbation [388]. Die Studie im stationären Setting zeigte für Doxycyclin eine im Mittel 8 % höhere Heilungsrate an Tag 10, keinen Unterschied aber an Tag 30 [389]. Die Studie aus dem intensivstationären Setting ergab eine erhebliche Reduktion der Krankenhaus-Letalität sowie eine kürzere Beatmungsdauer sowie Krankenhausverweildauer unter Ofloxacin [390]. Diese Studie weist eine Fülle von methodischen Fehlern auf und wurde in einer Zeit ohne NIV durchgeführt, sodass sie nicht geeignet erscheint, zur Begründung einer antimikrobiellen Therapie beizutragen. Im Übrigen belegen ältere Daten einer kleinen Zahl invasiv beatmeter Patienten ohne Keimnachweis mittels geschützter Bürste (PSB), dass ein Verzicht auf eine antibiotische Therapie nicht mit einem schlechteren Ausgang verbunden war [391].

Ähnlich wie die Winnipeg-Studie ist die letztgenannte Studie jedoch bestimmend für neuere Metaanalysen geworden. Nahezu alle Effekte, die in den Metaanalysen von Ram et al [392] und Quon et al. [393] zugunsten der Antibiotika-Therapie gefunden wurden, erhalten ihr Gewicht durch die Studie von Nouira et al [390]. Zwischenzeitlich wurde die Metaanalyse von Ram et al. von 2006 [392] auch zurückgezogen [394]. Die aktuellste Metaanalyse [395] erbrachte in neueren Studien im ambulanten Bereich keinen Vorteil für Antibiotika, im stationären Bereich eine Reduktion des Risikos für Rezidive um 23 %. Auch in dieser beziehen sich alle Befunde zum intensivstationären Setting auf die Studie von Nouira et al. [390].

In Anbetracht der weitgehend ungeklärten Wirksamkeit der Antibiotika aus kontrollierten Studien wurde die Bestimmung von Procalcitonin (PCT) als Kriterium für die Indikation zur Antibiotikatherapie vorgeschlagen [396]. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass über vordefinierte Trennwerte für PCT die Rate der Indikationen zur antibiotischen Therapie gegenüber der Standardtherapie ohne kurz- oder langfristige Nachteile von 72 auf 40 % gesenkt werden konnte. Allerdings zeigen die Daten keinen Zusammenhang der Anthonisen-Kriterien mit den PCT-Werten, sodass unklar bleibt, was das PCT in dieser Studie tatsächlich angezeigt hat. Darüber hinaus handelt es sich um eine nicht preiswerte und dem Patienten erklärungsbedürftige Strategie. Zusammen mit der mangelnden raschen Verfügbarkeit des PCT-Tests dürfte dies einer breiten Implementierung dieses Vorgehens im Wege stehen.

Schon die Winnipeg-Studie hatte einen Vorteil für Antibiotika nur bei Patienten mit einer mittel- bis schwergradigen COPD und mindestens 2 von 3 Kriterien aus eitrigem Sputum, vermehrter Sputummenge und Dyspnoe gefunden. Neuere Untersuchungen belegen, dass dem Kriterium des eitrigen Sputums die beste Prädiktion für kulturell bakteriell positive Sputa zukommt [397] [398]. Allerdings zeigen andere Daten eine geringe Spezifität des eitrigen Sputums [399] sowie keine überzeugende Assoziation zur Keimlast [400]. Dennoch erscheint eine Indikationsstellung über das eitrige Sputum als der aktuell verlässlichste klinische Prädiktor für das Vorliegen bakterieller Erreger [399] [401]. Über den Wert des CRP liegen widersprüchliche Daten vor. Während einige Arbeiten einen CRP-Wert ab 4 mg/dL [402] bzw. ab 1,9 mg/dL [403] als prädiktiv für bakterielle Erreger gefunden haben, konnten andere keinen Trennwert definieren [399]. Andere Autoren haben das CRP als prädiktiv für virale bzw. viral-bakterielle Infektionen gefunden [404].

Auf die potenziellen Kollateralschäden v. a. einer wiederholten und prolongierten Antibiotikagabe soll ausdrücklich hingewiesen werden. Trotz erstaunlich geringer Beachtung darf nicht übersehen werden, dass Antibiotika bei COPD-Patienten mit einem erhöhten Risiko für den Erwerb einer Kolonisation durch P. aeruginosa assoziiert sind [405]. Daher muss die erste Regel in der Indikationsstellung für Antibiotika lauten, diese kritisch durchzuführen.

Indikation zur Antibiotikatherapie Nach aktueller Datenlage sollte eine Antibiotikatherapie Patienten mit akuter Exazerbation und klinischen Hinweisen auf eine bakterielle Infektion vorbehalten bleiben. Das Vorliegen eines purulenten Sputums ist dabei aktuell das beste Kriterium. Ein solches sollte idealerweise anhand einer Farbskala identifiziert werden, zumindest jedoch die gelblich-grünliche Farbe des Sputums durch den Augenschein validiert werden [397]. Alternativ kann eine Indikationsstellung nach PCT erfolgen [396].

Die Evidenz für einen Vorteil einer antibiotischen Therapie von Patienten mit ambulant behandelbarer akuter Exazerbation ist sehr gering. Eine solche sollten nur Patienten mit purulentem Sputum und mittel- bis schwergradiger COPD erhalten. Ob Patienten mit sehr schwerer akuter Exazerbation (im Wesentlichen solche mit ventilatorischer Insuffizienz) auch ohne purulentes Sputum von Antibiotika profitieren, ist aktuell unklar. Die Indikation muss daher individuell entschieden werden. Die Empfehlungen finden sich in der [Abb. 8] zusammengefasst.

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Abb. 8 Differenzialindikation der antibotischen Therapie der akuten Exazerbation. AB = Antibiotika.

Auswahl und Dauer der antibiotischen Therapie Mittel der Wahl sind in der kalkulierten Therapie im Regelfall Amoxicillin bzw. (in Abhängigkeit von der lokalen Rate an β-Laktamasebildnern von H. influenzae) Amoxicillin/Clavulansäure. Alternativ können bei mittelgradigen Exazerbationen Makrolide oder Doxycyclin, bei schwer- bis sehr schwergradigen Exazerbationen Chinolone (Moxifloxacin; Levofloxacin) gegeben werden. Die antibiotische Therapie sollte regelhaft über 5 – 7 Tage angewendet werden [406] [407] [408] [409]. Die meisten stabilen Patienten sind mit 5 Tagen Antibiotika ausreichend behandelt. Auch bei bronchialen Infektionen mit P. aeruginosa ist ein Vorteil einer längerdauernden Therapie über 7 Tage hinaus nicht belegt.

Es gibt keine Belege für eine klinische Überlegenheit von sog. neueren Substanzen (Chinolone) gegenüber älteren (Penicilline, Makrolide, Tetracycline, Cotrimoxazol) [410] [411]. Makrolide weisen allerdings eine Wirkschwäche gegenüber Haemophilus influenzae auf, hier scheinen Penicilline und Chinolone hinsichtlich der Eradikationsrate überlegen [411] [412].

Relevante Resistenzen sind in Deutschland bei S. pneumoniae selten bzw. nicht relevant. MRSA sind extrem seltene Erreger der akuten Exazerbation. H. influenzae weist zunehmend Resistenzen gegen Ampicillin/β-Laktamasehemmer vom Typ Beta-Lactamase negativ Ampicillin resistent (BLNAR) auf, die klinische Bedeutung dieser Resistenz ist noch ungeklärt. M. catharralis sind regelhaft β-Laktamasebildner. Die Bedeutung von Resistenzen bei Enterobakterien für Patienten mit akuter Exazerbation ist nicht definiert. P. aeruginosa bedürfen immer der gezielten Therapie nach Antibiogramm.

Eine kalkulierte Therapie von P. aeruginosa (ggf. sogar als intravenöse antipseudomonale Kombinationstherapie) ist in keinem Schweregrad regelhaft erforderlich, auch nicht, wenn Risikofaktoren für P. aeruginosa vorliegen; über eine solche kann vielmehr individuell entschieden werden. Dies liegt darin begründet, dass der bakteriellen bronchialen Infektion im Gegensatz zur Pneumonie keine Exzess-Letalität im Falle einer initial inadäquaten antimikrobiellen Therapie zukommt. Eine solche kalkulierte Therapie ist daher nur dann regelhaft indiziert, wenn die Differenzierung zu einer Pneumonie zunächst nicht eindeutig möglich ist.

Eine intravenöse Therapie ist nur bei Patienten mit Unfähigkeit zur Einnahme oraler Medikamente, Resorptionsstörungen oder schwergradigen akuten Exazerbationen erforderlich. Nach Vorliegen der mikrobiologischen Ergebnisse (Kultur, Resistogramm) muss eine entsprechende Adjustierung (Eskalation oder Deeskalation) erfolgen. Patienten mit rezidivierenden akuten Exazerbationen und purulentem Sputum können wiederholte Antibiotikakurse erhalten. Wiederholte Antibiotikagaben mit derselben Substanzklasse innerhalb von einem Zeitraum von 3 Monaten implizieren ein erhöhtes Risiko der Resistenzbildung. In diesen Fällen ist daher eine Rotation innerhalb von Substanzklassen zu erwägen (z. B. von Penicillin über Makrolid zu Chinolon).

Zusätzliche Maßnahmen bei der Behandlung akuter Exazerbationen im Krankenhaus Im Krankenhaus wird der Schweregrad der Exazerbation anhand der Symptome, der arteriellen Blutgase und des Röntgenbildes der Thoraxorgane bestimmt. Zusätzlich müssen die Suche nach den Ursachen der Exazerbation und die Diagnostik etwaiger Begleitkrankheiten unter Einschluss von EKG-Registrierung und Laborstatus rasch erfolgen. Bei respiratorischer Insuffizienz ist die Sauerstoffgabe über eine Nasensonde bzw. Atemmaske sofort einzuleiten.

Ziel der Sauerstofftherapie ist eine adäquate Oxygenierung mit arteriellen PaO2-Werten von mehr als 60 mmHg bzw. einer Sauerstoffsättigung von mehr als 90 %. Eine Kontrolle zur Beurteilung des Erfolges und zur Überprüfung einer unter Sauerstoffgabe auftretenden CO2-Retention kann bereits nach 20 Minuten durchgeführt und sollte im Verlauf erfolgen. Unter stationären Bedingungen mit Kontrolle der Herzfrequenz können kurzwirksame Beta-2-Sympathomimetika höher dosiert und auch parenteral appliziert werden, bei fehlender Besserung mit Anticholinergika und ggf. auch mit Theophyllin kombiniert werden.

Diuretika sind bei peripheren Ödemen und erhöhtem Jugularvenendruck indiziert. Für die Initialtherapie ist die Gabe von 40 mg Furosemid i. v. empfehlenswert. Die Flüssigkeitsbilanz ist sorgfältig zu überwachen. Eine leicht zu trinkende orale Zusatzernährung oder die Ernährung über eine Magensonde können notwendig werden, wenn der Patient infolge ausgeprägter Atemnot keine Nahrung zu sich nimmt. Bei respiratorischer Insuffizienz, immobilisierten Patienten, bei Patienten mit Polyglobulie, Dehydratation, bei Zeichen der chronisch venösen Insuffizienz und/oder thromboembolischen Erkrankungen sollte eine Heparinisierung erfolgen, wobei niedermolekulare Heparine wie Standardheparine einsetzbar sind.



7.3 Nicht medikamentöse Therapie der akuten pulmonalen Insuffizienz

Die Therapie der akuten pulmonalen Insuffizienz besteht primär in der Erhöhung der inspiratorischen Sauerstofffraktion (FiO2) und damit in der Sauerstoffgabe.

7.3.1 Sauerstoff

Eine Sauerstoffgabe kann grundsätzlich über Nasenbrillen oder Gesichtsmasken erfolgen. Gesichtsmasken verfolgen das Ziel einer Reservoir-Erhöhung, was höhere FiO2-Konzentrationen erlaubt, insbesondere bei Verwendung eines zusätzlich angehängten Nicht-Rückatembeutels.

Unter Sauerstoffinsufflation besteht aber immer auch die Gefahr, dass es bei koexistenter Einschränkung der Atempumpfunktion zu einem PaCO2-Anstieg kommt. Vor diesem Hintergrund ist bereits vor über 50 Jahren der Begriff der „kontrollierten Sauerstofftherapie“ (controlled oxygen therapy) eingeführt worden [413]. In diesem Sinne wird eine Oxygenierung angestrebt, welche den Patienten aus dem kritischen Gefahrenbereich der Hypoxämie heraushebt, aber den Atemantrieb nicht maximal unterdrückt. Dies gelingt entweder über die Zufuhr einer definierten FiO2 (in der Regel 28 % [414]) über entsprechende ventilgesteuerte Sauerstoffmasken (Venturi-Maske). Alternativ wird bei einer kontrollierten Sauerstofftherapie via Monitoring eine Sauerstoffsättigung zwischen 91 und 92 % angestrebt und damit die Sauerstoffzufuhr ebenfalls so begrenzt, dass der Atemantrieb nicht zu sehr reduziert wird. Studiendaten zeigen hier, dass auch Patienten mit akuter respiratorischer Insuffizienz und Hyperkapnie in der Regel keinen wesentlichen und klinisch relevanten PaCO2-Anstieg entwickeln [415].


7.3.2 High-Flow-Sauerstoff

Unter einer High-Flow-Sauerstoffgabe wird ein befeuchtetes und erwärmtes Luft-Sauerstoff-Gemisch über Nasenkanülen mit einer hohen Flussrate von 20 – 60 Liter/min appliziert [416]. Dabei kann die FiO2 variiert werden. Die hohen Flussraten bedingen eine geringgradige Erhöhung des Druckes in den oberen Atemwegen, typischerweise zwischen 1,5 und 7,5 cmH2O. Die Folge ist auch eine gewisse Auswaschung von CO2, weshalb unter einer High-Flow-Sauerstoffgabe auch unter hoher FiO2-Einstellung kein Anstieg, sondern eher ein tendenzieller Abfall des PaCO2 und auch eine Abnahme der Atemarbeit erzielt werden können [416]. Die Erwärmung (37 Grad Celsius) sowie die Befeuchtung (Wassergehalt von 44 mg H2O/ml) bedingen außerdem eine gute Verträglichkeit ohne Austrocknung und Entzündung der Schleimhäute.

Eine aktuelle Studie konnte die Überlegenheit der High-Flow-Sauerstoffgabe gegenüber der konventionellen Sauerstoffgabe und auch gegenüber der nicht invasiven Beatmung (NIV) bei Patienten mit rein hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz darlegen [417]. Als Ursache der respiratorischen Insuffizienz bestand bei den Studienpatienten in erster Linie eine Pneumonie, nicht notwendigerweise aber auf dem Boden einer COPD. Dennoch konnte in der Studie eindrucksvoll gezeigt werden, dass unter High-Flow-Sauerstoffgabe die Intubationsrate am geringsten war, insbesondere bei schwerer respiratorischer Insuffizienz mit einem Horovitz-Quotienten (PaO2/FiO2) von < 200 mmHg. Auch wenn die High-Flow-Sauerstoffgabe noch mit wenigen Studiendaten untermauert ist, wird sie bereits jetzt bei schwerer respiratorischer Insuffizienz der konventionellen Sauerstofftherapie vorgezogen [418].


7.3.3 Nicht invasive Beatmung (NIV)

Bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz kann eine nicht invasive Beatmung den Gasaustausch verbessern [419]. Sie kann entsprechend zur Vermeidung einer Intubation bei schwerer hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz zum Einsatz kommen. Physiologisch besteht das Ziel in einer Rekrutierung von Alveolen mit der Folge einer Verbesserung des Ventilations-/Perfusionsverhältnisses [420]. Voraussetzung hierfür ist allerdings die kontinuierliche Anwendung der NIV, da auch ein kurzes Pausieren der positiven Druckanwendung innerhalb kurzer Zeit zu einem alveolären De-Rekruitment mit der Folge einer akuten respiratorischen Verschlechterung führen kann. Die NIV-Erfolgsrate bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz ist jedoch deutlich niedriger als bei einem akuten hyperkapnischen respiratorischen Versagen. Entsprechend sollte die NIV bei dieser Indikation bei ausgewählten Patienten in ausgewiesenen Zentren erfolgen, die viel Erfahrung mit dem Umgang mit der NIV bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz haben. Bezüglich der Wichtigkeit von Indikationskriterien, Kontraindikationen, Auflagen für das Monitoring, Abbruchkriterien und logistischen Voraussetzungen sei auf die aktuelle Fassung der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) zur Anwendung der NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz hingewiesen [420].

Wie oben beschrieben, ist die High-Flow-Sauerstoffgabe allerdings der NIV bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz zumindest in einer großen Studie überlegen gewesen [417]. Zusätzlich muss von einer besseren Toleranz ausgegangen werden. Aus diesen Gründen sollte die High-Flow-Sauerstoffgabe bei akutem hypoxämischen respiratorischem Versagen als primäres Therapieverfahren angesehen werden, obwohl noch weitere Studiendaten zu erheben sind und die NIV in einem erfahrenen Zentrum weiterhin als Alternative gelten kann.



7.4 Nicht medikamentöse Therapie der akuten ventilatorischen Insuffizienz

Als Therapiemaßnahme erster Wahl bei respiratorischer Azidose im Rahmen einer hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz wird die NIV angesehen.

7.4.1 Nicht invasive Beatmung (NIV) und invasive Beatmung

Es gilt als wissenschaftlich belegt, dass durch einen frühzeitigen Einsatz der NIV zusätzlich zur Standardtherapie die Intubationsrate sowie die Komplikationsrate gesenkt, die Krankenhaus-aufenthaltsdauer verkürzt und die Prognose verbessert werden können [420] [421] [422]. Die besten Erfolge sind für den pH-Bereich 7,35 bis 7,20 etabliert, wobei auch Patienten mit schwerstgradiger respiratorischer Azidose (pH < 7,20) in erfahrenen Zentren von einer NIV profitieren können [420] [422]. Auch hier sei bezüglich der weiteren Indikationsstellung, der Kontraindikationen, der Abbruchkriterien, des notwendigen Monitorings und weiterer logistischer Voraussetzungen auf die entsprechende Leitlinie der DGP verwiesen [420].

Trotz der positiven Studienlage kommt es im klinischen Alltag immer wieder zu einem NIV-Versagen. Dabei wird zwischen dem frühen NIV-Versagen innerhalb der ersten Stunden und einem späten NIV-Versagen, welches auch Tage nach zunächst erfolgreicher NIV-Einleitung erfolgen kann, unterschieden [421] [423] [424]. Ein NIV-Versagen mit konsekutiver Intubation geht mit eingeschränkter Prognose einher, insbesondere bei einem späten NIV-Versagen [423] [424] [425]. Dabei zeigen epidemiologische Daten, dass die Prognose bei NIV-Versagen sogar schlechter ist als bei primärer Intubation [425]. Aus diesem Grund bedarf es eines engmaschigen Monitorings mit dem Ziel, den Zeitpunkt der Intubation nicht unnötig hinauszuzögern, da die Intubation des Patienten und die sich anschließende invasive Beatmung bei NIV-Versagen oder Unmöglichkeit der NIV aus anderen Gründen nach wie vor etablierte Methoden darstellen.


7.4.2 Extrakorporale CO2-Elimination

Aufgrund verbesserter technischer Möglichkeiten und auch im Zuge erster positiver Studienergebnisse ist es insbesondere in den letzten Jahren in Deutschland zu einem sprunghaften Anstieg des Gebrauchs extrakorporaler Verfahren auf den Intensivstationen gekommen [426]. Hier stehen zunächst Verfahren zur extrakorporalen Oxygenierung (insbesondere bei einem ARDS), aber auch zur extrakorporalen CO2-Elimination zur Verfügung [426] [427]. Vorteile für die extrakorporale CO2-Elimination sind insbesondere für die COPD beschrieben. Hier kann das Verfahren sowohl zur Vermeidung einer Intubation bei drohendem NIV-Versagen als auch zur Verkürzung der Dauer einer invasiven Beatmung nach stattgehabter Intubation stattfinden [428] [429] [430]. Grundsätzlich stehen arteriovenöse Verfahren, die den körpereigenen Druckgradienten zwischen arteriellem und venösem System nutzen, sowie pumpengetriebene venovenöse Verfahren zur Verfügung [427]. Erste Studien zeigen in der Tat Vorteile für diese extrakorporalen Verfahren auch hinsichtlich der Intubationsvermeidung [428] [429] [430]. Allerdings werden sowohl geräteseitige Komplikationen (insbesondere das Clotting) als auch patientenseitige Komplikationen (insbesondere Blutungen) beschrieben [427]. Vor diesen Hintergründen kann eine breite Anwendung extrakorporaler Verfahren zur CO2-Elimination nicht empfohlen werden. Das Therapieverfahren ist aber vielversprechend und sollte primär an erfahrenen Zentren vor allen Dingen im Rahmen wissenschaftlicher Studien zum Einsatz kommen [427] [431].



7.5 Prävention von weiteren Exazerbationen

Im Rahmen einer Exazerbation ist zu prüfen, ob der Patient die für ihn adäquaten medikamentösen und nicht medikamentösen Therapien erhält, um die Entwicklung einer weiteren Exazerbation zu verhindern. In der [Tab. 16] sind alle Maßnahmen aufgeführt, für die in Studien signifikante Effekte auf Exazerbationen gezeigt werden konnte. Die entsprechenden Literaturzitate finden sich in Kapitel 5.

Tab. 16

Interventionen mit signifikanten Auswirkungen auf das Exazerbationsrisiko.

Interventionsart

Intervention

Bronchodilatatoren

LABAs

LAMAs

LAMA/LABA

Therapien mit Kortikosteroiden

LABA/ICS

LAMA/LABA/ICS

antientzündlich (ohne Steroide)

Roflumilast

Antiinfektiva

Influenzavakzine

Langzeitgabe von Makroliden

Mukoregulatoren

N-Acetylcystein

Carbocistein

Cineol

Verschiedenes

Rauchentwöhnung

Patientenschulung

Rehabilitation

Lungenvolumenreduktion


7.6 Follow-Up-Untersuchungen nach Exazerbationen

Die ersten Wochen nach einer höhergradigen Exazerbation, insbesondere wenn die Patienten wegen der Exazerbation hospitalisiert werden mussten, stellen eine vulnerable Phase dar. So wurde gezeigt, dass mehr als 30 % der Patienten mit einer im Krankenhaus behandelten Exazerbation in den ersten 90 Tagen wieder mit der gleichen Diagnose ins Krankenhaus aufgenommen werden [432]. Darüber hinaus sind Patienten in den ersten Wochen nach einer Exazerbation durch kardiovaskuläre Ereignisse gefährdet [433]. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht geboten, dass Patienten in den ersten 4 Wochen nach einer Exazerbation reevaluiert werden.

Empfehlungen für Follow-Up-Untersuchungen in den Wochen 1 bis 4 nach einer Exazerbation:

  • Evaluation der klinischen Situation (evt. mit Labor- und Lungenfunktionsuntersuchungen) inklusive Komorbiditäten

  • Überprüfung der Therapie für COPD und Komorbiditäten

  • Überprüfung der Inhalationstechnik

  • Exazerbationsmedikation (systemische Kortikosteroide, Antibiotika) abgesetzt?

  • Evaluation der Notwendigkeit einer LTOT

Gegebenenfalls sollte eine weitere Reevaluation 12 – 16 Wochen nach Exazerbation erfolgen.



8 Komorbiditäten bei COPD

Empfehlungen und Statements

E34 Komorbiditäten der COPD sollten proaktiv diagnostiziert und leitliniengerecht therapiert werden.

S12 Die Mehrzahl der Patienten verstirbt nicht an der COPD, sondern an kardiovaskulären Erkrankungen und am Lungenkarzinom.

S13 Eine abschließende Aussage zum Lungenkarzinomscreening bei Patienten mit COPD kann derzeit nicht getroffen werden.

8.1 Häufigkeit und klinische Relevanz von Komorbiditäten

Die COPD ist häufig mit Begleiterkrankungen vergesellschaftet [434]. Diese Komorbiditäten oder auch systemischen Manifestationen der COPD nehmen signifikant Einfluss auf die Morbidität und Mortalität der Patienten [91] [192]. Ätiologisch wird das gehäufte Auftreten von Komorbiditäten bei Patienten mit COPD durch das Rauchen, körperliche Inaktivität, chronische Entzündungsreaktionen und vorzeitige Alterungsmechanismen erklärt [435] [436]. Allerdings sind kausale Zusammenhänge zwischen COPD und Komorbiditäten bisher nur ungenügend untersucht, und das gemeinsame Auftreten könnte auch Ausdruck einer allgemeinen chronischen Entzündungsreaktion sein [437]. Komorbiditäten sollten proaktiv diagnostiziert werden, da anamnestische Angaben häufig nicht genügen [438]. Die Behandlung der Komorbiditäten richtet sich nach den Therapieempfehlungen der jeweiligen Fachgesellschaften [36].


8.2 Kardiovaskuläre Erkrankungen

COPD ist mit einem 2,5-fach höheren Gesamtrisiko für alle kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert, wobei die häufigsten Entitäten (koronare Herzerkrankung mit und ohne stattgehabten Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, peripher-arterielle Verschlusskrankheit) jeweils ungefähr das gleiche Risiko aufweisen [439]. Für die zerebrovaskulären Erkrankungen hingegen ist das Risiko eines gehäuften Auftretens bei COPD-Patienten gegenüber Kontrollkollektiven nur tendenziell erhöht [439] und das Risiko eines Schlaganfalls nicht unabhängig vom Rauchen [440].

Insgesamt ist davon auszugehen, dass COPD-Patienten signifikant zu der kardiovaskulären Mortalität, die die globale Todesfallstatistik anführt, beitragen. So beträgt der Anteil kardiovaskulärer Erkrankungen an der Gesamtmortalität von Patienten mit COPD etwa 20 % [441]. Insbesondere in den leichteren Stadien der COPD sind kardiovaskuläre Erkrankungen eine der führenden Todesursachen [192]. So ist das Risiko zu versterben bei Patienten mit moderater Atemwegsobstruktion und kardiovaskulären Erkrankungen höher als das Risiko von Patienten mit schwerer COPD ohne kardiovaskuläre Erkrankungen [442]. Unabhängig vom Rauchstatus haben Patienten mit COPD und weiteren etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren wie arterieller Hypertonie und/oder Diabetes mellitus immer ein höheres Risiko zu versterben als Patienten im gleichen Schweregrad ohne diese Risikofaktoren [442]. Die Zeit während und nach einer Exazerbation erhöht das Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse deutlich und wird als eine sehr vulnerable Periode angesehen [443]. Verschiedene entzündlich-prothrombotische Prozesse könnten für diese zeitlichen Zusammenhänge verantwortlich sein [443].

Therapeutisch wird in der Behandlung der kardiovaskulären Erkrankungen nicht unterschieden zwischen Patienten mit COPD und primär kardiovaskulären Patienten ohne COPD [36]. Diese Einschätzung basiert nicht zuletzt auf verschiedenen retrospektiven Analysen, die klare Überlebensvorteile von Patienten mit COPD unter etablierten kardiovaskulären Therapiemodalitäten (z. B. Statine) aufzeigen [444] [445] und schließt explizit die kardioselektiven Beta-Blocker mit ein [446] [447]. Prospektive Studien zur kardiovaskulären Therapie von Patienten mit COPD fehlen. Eine kürzlich durchgeführte Studie zur präventiven Gabe von Simvastatin in der Verhinderung von Exazerbationen von Patienten mit COPD war für die Fragestellung der kardiovaskulären Protektion nicht hilfreich, weil Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil und einer entsprechenden Indikation für Statine von der Studienteilnahme ausgeschlossen blieben [448].

Eine begleitende Herzinsuffizienz wird häufig bei Patienten mit COPD diagnostiziert [449]. Ätiologisch wurde dies bisher immer der hohen Prävalenz einer ischämischen oder hypertensiven Herzerkrankung, sowie in den höheren Schweregraden einer in der Regel leichteren Form der sekundären pulmonalen Hypertonie zugeordnet [449]. Jüngere Daten zeigen einen Zusammenhang zwischen Lungenüberblähung, reduzierter Herzfüllung und vermindertem Schlag- bzw. Herzzeitvolumen auf [450] [451]. Sowohl eine pharmakologische als auch eine chirurgische lungenentblähende Therapie haben hier zu einer verbesserten Herzfüllung geführt [452] [453]. Eine spezifische Therapie der sekundären pulmonalen Hypertonie von Patienten mit COPD sollte außerhalb von klinischen Studien und ggfs. individualisierten Heilversuchen derzeit nicht durchgeführt werden, da eine entsprechende Therapie in kleineren Studien häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen und einer schlechteren Oxygenierung führte [454] [455]. Hier steht die konsequente Therapie der Grunderkrankung mit Raucherentwöhnung, intensivierter Bronchodilatation und Sauerstofftherapie im Vordergrund [456].


8.3 Lungenkarzinom

Die COPD ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines Lungenkarzinoms. Verschiedenen Untersuchungen zufolge ist das Risiko 2- bis 6-mal höher als bei rauchenden Kontrollkollektiven [436]. Ein besonderes Risikokollektiv scheinen COPD-Patienten mit einem Alter von mehr als als 60 Jahren, mehr als 60 Packungsjahren, einem Body-Mass-Index von weniger als 25 kg/m2 und Lungenemphysem zu sein [457]. Lungenkarzinome wiederum sind eine der führenden Todesursachen von Patienten mit COPD [91] [192] [441], insbesondere in den leichteren Stadien [192]. Bis zu 50 % der Todesfälle können hier auf Lungenkarzinome zurückgeführt werden [441]. Die Therapie des Lungenkarzinoms unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Therapie bei Patienten ohne COPD mit der Ausnahme, dass die chirurgische Resektion und damit potenziell kurative Therapie von resektablen Tumoren bei eingeschränkter Lungenfunktion nicht immer möglich ist. Insgesamt ist die Prognose von Patienten mit Lungenkarzinom und COPD schlechter als die Prognose von Lungenkarzinom-Patienten ohne COPD [458].

In den letzten Jahren ist zunehmend das Screening für Lungenkarzinome mit Niedrigdosis-Computertomografie in Hochrisikopopulationen in den Fokus gerückt. In einer großangelegten Studie in den USA konnte bei einem Risikokollektiv von 53 445 Rauchern oder Ex-Rauchern (nicht länger als 15 Jahre Beendigung des Rauchens bei Beginn des Screenings) mit mehr als 30 Packungsjahren in einem Alter von 55 bis 74 Jahren eine lungenkarzinomspezifische relative Mortalitätssenkung um 20 % gezeigt werden [459]. Eine weitere Analyse in einer Subgruppe von 18 714 Studienteilnehmern mit durchgeführter Spirometrie ergab, dass es bei den 6436 Teilnehmern mit spirometrischer COPD gegenüber den Teilnehmern ohne Atemwegsobstruktion nur wenig Überdiagnosen und einen Trend zu den frühen Stadien gab, allerdings stehen die Mortalitätsdaten hier noch aus [460]. Eine Post-hoc-Analyse einer dänischen Screeningstudie für Lungenkarzinom konnte keine statistisch signifikante Reduktion der Lungenkrebsmortalität bei Teilnehmern mit COPD aufweisen [461]. Für Deutschland wird derzeit ein flächendeckendes Screening von Risikopopulationen nicht empfohlen, da die Risiken der praktischen Umsetzbarkeit in weniger erfahrenen Zentren und das Risiko der kumulativen Strahlendosis nicht hinreichend geklärt sind [462]. Diese Punkte treffen derzeit grundsätzlich auch auf Patienten mit COPD zu, zumal Überlebensvorteile bisher nicht für Patienten mit COPD gezeigt werden konnten.


8.4 Osteoporose

Circa ein Drittel der Patienten mit COPD haben eine Osteoporose [463]. Die Prävalenz nimmt mit dem Schweregrad zu. Entsprechend sind das Ausmaß der Lungenüberblähung bzw. der Emphysemschweregrad prädiktive Faktoren [464]. Zudem sind Patienten mit einem niedrigen BMI, niedriger fettfreier Masse (auch bei normalen BMI) und dauerhafter systemischer Kortikosteroidtherapie besonders gefährdet [463]. Analog der Allgemeinbevölkerung haben Frauen möglicherweise eine höhere Prävalenz als Männer [463]. Die Therapie mit ICS konnte bisher nicht sicher in den Zusammenhang mit einem Abbau der Knochendichte gestellt werden [133]. Therapeutisch wird nicht unterschieden zwischen Osteoporose-Patienten mit und ohne COPD.


8.5 Muskeldysfunktion

Eine Muskeldysfunktion der Extremitätenmuskulatur mit Abnahme der Muskelmasse wird als eine der systemischen Konsequenzen der Erkrankung angesehen [465]. Neben anderen Faktoren scheint die körperliche Inaktivität hier eine Schlüsselrolle zu spielen [465]. So ist der jährliche Verlust an Muskelmasse 5-mal höher bei Patienten, die körperlich sehr inaktiv sind [466]. Daher wird dem Muskeltraining und der regelmäßigen körperlichen Aktivität eine außerordentliche Bedeutung in der Therapie beigemessen [465].


8.6 Metabolisches Syndrom/Diabetes

In den Industrieländern haben circa 50 % der Patienten mit COPD ein begleitendes metabolisches Syndrom [467] [468] [469]. Anhand des klinischen Risikoprofils (Dyslipidämie, arterielle Hypertonie und Insulinresistenz bzw. Diabetes) und der höheren systemischen Inflammation ist zu vermuten, dass die COPD-Patienten mit metabolischem Syndrom ein höheres kardiovaskuläres Risiko haben als COPD-Patienten ohne metabolisches Syndrom. Eine prospektive Komorbiditäten-Studie bei COPD wird hier weitere Erkenntnisse bringen [470].


8.7 Mentale Erkrankungen

Angst und Depression kommen häufig bei Patienten mit COPD vor. Luftnot, fehlende Belastbarkeit und Einschränkungen im Alltag führen zu vermindertem Selbstwertgefühl und sozialer Isolation. Insbesondere der multimodalen pneumologischen Rehabilitation kommt hier eine entscheidende Rolle in der Therapie zu [471]. Aktuelle randomisierte, placebokontrollierte Studien zur medikamentösen antidepressiven Therapie von Patienten mit COPD liegen nicht vor [471]. Daher wird bei entsprechender Indikation zur medikamentösen Therapie derzeit nicht unterschieden zwischen depressiven Patienten mit oder ohne COPD.



9 Arbeitsmedizinische Aspekte

Empfehlungen und Statements

E35 Berufliche Noxen können eine COPD verursachen, deshalb soll bei jedem Patienten mit einer COPD in der Arbeitsanamnese nach langjähriger hoher beruflicher Exposition gegenüber anorganischen Stäuben, organischen Stäuben und irritativ wirkenden Gasen, Dämpfen sowie Rauchen gefragt werden.

9.1 Bronchitis und COPD durch arbeitsbedingte Einwirkungen

International ist die „berufsbedingte Bronchitis“ (occupational bronchitis) ein feststehender Begriff und wird als Folge einer Exposition gegenüber irritativ wirkenden Dämpfen, Stäuben, Gasen und Rauchen am Arbeitsplatz angesehen. Der Tätigkeits-attributable, also ursächlich arbeitsbedingte, Anteil durch Einatmung von Schadstoffen am Arbeitsplatz an der COPD bei Nichtrauchern wird auf 31 % geschätzt [472]. Bei Nichtrauchern ist die berufliche Exposition gegenüber solchen Noxen mit einem mehr als verdreifachtem Risiko für die Entwicklung einer COPD verbunden [473]. Bei Rauchern ist dieser Anteil schwieriger quantifizierbar. Als gefährdend für eine COPD sind unter anderem Tätigkeiten mit langjähriger hoher beruflicher Exposition gegenüber a) anorganischen Stäuben, b) organischen Stäuben, und c) irritativ wirksamen Gasen anzusehen (siehe [Tab. 17, ]Übersicht bei [474]).

Tab. 17

Tätigkeiten mit langjähriger hoher beruflicher Exposition (Beispiele).

anorganische Stäube

[475] [476] [477]

  • Bergbautätigkeiten (Kohle, Quarz)

  • Tunnelbauer

  • Metallschmelzprozesse

  • Koksofenarbeiter

  • Asphaltarbeiter

  • Zementarbeiter

  • Schweißer

  • Kadmiumarbeiter

  • Passivrauchexponierte (Gastronomie)

  • Personen mit beruflicher Exposition gegenüber Dieselmotoremissionen

organische Stäube

[476] [478] [479]

  • landwirtschaftliche Tätigkeiten (Schweine- und Putenmast, seltener Milchviehwirtschaft)

  • Textilindustrie, Arbeiten mit Rohbaumwolle (u. a. mit Endotoxinexposition)

  • Arbeiten mit Flachs, Jute (u. a. mit Endotoxinexposition)

  • Arbeiten in der Getreideverladung (u. a. mit Endotoxinexposition)

  • Arbeiten mit Exposition gegenüber Holzstäuben (Hartholz)

irritativ wirksame Gase [476] [480]

  • Ozon

  • Schwefeldioxid

  • Chlorgas, Ammoniak, Alkohole, Formaldehyd

Die beruflich verursachte chronische (nicht obstruktive) Bronchitis kann als Vorstufe einer COPD und damit als Hinweis auf eine vermehrte Exposition gegenüber Irritantien des Atemtraktes angesehen werden.


9.2 Bronchitis und COPD im Unfall- und Berufskrankheitenrecht

Die alleinige Bronchitis ohne obstruktive Lungenfunktionseinschränkung erfüllt in Deutschland nicht die unfallversicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 oder 2 des Sozialgesetzbuchs (SGB) VII. Analoges gilt für Österreich mit § 177 und Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG).

Die Anerkennung einer COPD als Berufskrankheit ist in Deutschland im Wesentlichen unter den BK-Nummern 4302, 1315 und 4111 möglich, wobei unter den erstgenannten beiden Nummern der asthmatische Phänotyp gegenüber dem COPD-Phänotyp im Vordergrund steht. In Österreich wird dies im Wesentlichen unter der BK 41 abzuhandeln sein. Im Unterschied zu Deutschland ist in Österreich die Anerkennung der COPD als Berufskrankheit nicht zwingend an die Aufgabe der Tätigkeit gebunden, allerdings an einen objektiven Nachweis einer Leistungsminderung von Atmung oder Kreislauf.

  • Möglichkeiten, die COPD zu subsumieren, in der deutschen Liste der Berufskrankheiten vom 22. 12. 2014

    • BK-Nr. 4302
      „Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegs-erkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.“

    • BK-Nr. 1315
      „Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.“

    • BK-Nr. 4111
      „Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m³) × Jahre].“

  • Möglichkeiten, die COPD zu subsumieren, in der österreichischen Liste der Berufskrankheiten vom 01. 01. 2014

    • BK-Nr. 41
      „Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lunge mit objektivem Nachweis einer Leistungsminderung von Atmung und Kreislauf.“

Nach epidemiologischen Studien werden bei Beschäftigungen mit langjähriger Untertage-Tätigkeit im Steinkohlenbergbau Erkrankungen an chronischer obstruktiver Bronchitis oder Lungenemphysem signifikant gehäuft angetroffen. Dies trifft auch zu, wenn radiologische Zeichen einer eindeutigen Silikose nicht vorliegen. Es gelang bei dieser Personengruppe, eine eindeutige Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen Einatmen der Staubmenge und der Häufigkeit des Auftretens von chronischer obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem nachzuweisen. Zur Prüfung des Vorliegens der entsprechenden deutschen Berufskrankheit 4111 bedarf es der Errechnung der kumulativen Feinstaubdosis, in Österreich ist dies entbehrlich. Die Dokumentation der Staubexposition im deutschen Steinkohlenbergbau ist seit den 60er Jahren praktisch lückenlos, sodass nachvollziehbare individuelle Abschätzungen der kumulativen Feinstaubdosis möglich sind. Die kumulative Feinstaubdosis ergibt sich aus der Feinstaubkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz in mg/m³ multipliziert mit der Anzahl der Expositionsjahre, bezogen auf jährlich 220 gefahrene Schichten zu je 8 Stunden Dauer.

Weiterhin kann eine COPD-Begleiterkrankung eine Pneumokoniose sein, also eine Lungenveränderung durch eingeatmeten (vorrangig quarzhaltigen) Staub. Hier kommen in Deutschland die BK-Nummern 4101 (ggfs. 4102), in Österreich die BK-Nr. 26 infrage.

Sofern die entsprechenden unfallversichungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, sind die funktionsanalytisch nachweisbaren obstruktiven Folgezustände unter der jeweils für die Substanz zutreffenden BK-Nummer zu entschädigen.  [Tab. 18] enthält die hier vorrangig infrage kommenden BK-Nummern nach deutschem Recht in der Fassung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 01. 08. 2017 sowie nach österreichischem Recht in der Fassung vom 01. 01. 2014.

Tab. 18

Beispiele möglicher Auslöser von Erkrankungen der Atemwege und Lunge, bei denen im weiteren Sinne obstruktive Ventilationsstörungen vorkommen können.

Auslöser

BK-Nummer (D)

BK-Nummer (Ö)

Chrom

1103

 8

Vanadium

1107

50

Fluor

1308

ggfs. 41

Quarz

4101, 4102

26

Asbest

4103

27

Aluminium

4106

28

Nickel

4109

49

Steinkohlengrubenstäube unter Tage

4111

ggfs. 41

Verschimmeltes Heu, Stroh, Pilze

4201

43

Rohbaumwolle, -flachs, -hanf

4202

44

Eine Bronchitis kann Folge eines Arbeitsunfalles sein, z. B. nach lokalisierten Entzündungen, Kontusion, Verletzung der großen Atemwege, Inhalationsintoxikation oder nach unfallbedingten neurologischen Erkrankungen.

Sofern haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität aus unfallversicherungsrechtlicher und gutachterlicher Sicht bejaht werden und ggf. (in Deutschland, nicht jedoch in Österreich) die gefährdende Tätigkeit aufgegeben ist (Deutschland: BK 4302, 1315), ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom Gutachter einzuschätzen. Diese richtet sich nach anamnestischen, klinischen und funktionsanalytischen Kenngrößen. Von wesentlicher Bedeutung ist die Längsschnittbeurteilung der Erkrankung, d. h. es ist in aller Regel erforderlich, auf früher erstellte Originalbefunde zurückzugreifen. Die zwischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Unfallversicherung konsentierte Reichenhaller Empfehlung hat deutlich zur flächendeckenden Qualitätsverbesserung in der Begutachtung auch der COPD als Berufskrankheit beigetragen [481].


9.3 Diagnosestellung und Beurteilung des Kausalzusammenhangs im Einzelfall (siehe [474])

Die Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung muss im Vollbeweis gesichert sein. Wichtig ist die Dokumentation einer bronchialen Obstruktion noch vor Beginn einer medikamentösen Therapie. Die Obstruktion ist charakterisiert durch die Verminderung des Quotienten von FEV1/FVC (im gleichen Atemmanöver gemessen). Die Diagnose eines Lungenemphysems ist schwieriger zu stellen und erfordert oft eine Computertomografie des Thorax, für die Emphysemdiagnostik bei der BK 4111 wird noch die Konsensempfehlung [482] herangezogen.

Bei begründetem Verdacht auf eine Berufskrankheit ist eine Verdachtsanzeige erforderlich. Sofern ein Erkrankter nie geraucht hat und somit die häufigste außerberufliche Ursache einer COPD wegfällt, fällt es oft leicht, die arbeitsbedingten Expositionen als krankheitsursächlich zu benennen. Bei Rauchern und Ex-Rauchern mit gleichzeitiger beruflicher Exposition gegenüber Auslösern einer COPD (z. B. bei rauchenden Schweißern) wird hingegen vielfach fälschlich der berufliche Anteil gar nicht bedacht, sodass Meldungen des Verdachts einer Berufskrankheit bei Rauchern mit einer COPD häufig fälschlich unterbleiben. Die detaillierte Aufarbeitung der konkurrierenden Expositionen wird oft nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenhangsbegutachtung möglich sein. Hier muss der Gutachter prüfen, ob alle relevanten Fakten ausreichend ermittelt wurden. Wegen der kumulativen Wirkung irritativer und toxischer Stoffe hinsichtlich der Entstehung einer Berufskrankheit COPD ist die Vollständigkeit der Ermittlung besonders wichtig. Der zeitliche Verlauf zwischen Expositionsbeginn und dem Auftreten der Beschwerden ist ebenfalls zu berücksichtigen. Für Einzelheiten der Kausalitätsbeurteilung bei der COPD sei auf die Reichenhaller Empfehlung [481] verwiesen. Der in Deutschland für die Anerkennung einer BK 4302 (noch) erforderliche Unterlassungszwang erfordert besonderes Fingerspitzengefühl hinsichtlich der wünschenswerten Erhaltung des Arbeitsplatzes unter verbesserten Expositionsbedingungen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach der Reichenhaller Empfehlung, in deren neuester Version [481] die therapeutischen Unterschiede zwischen Asthma und COPD Eingang gefunden haben.


9.4 COPD im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht

Hinsichtlich des gutachterlichen Vorgehens im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht sei in Deutschland auf die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) verwiesen, in Österreich wird der Grad der Behinderung aufgrund der Richtsatzverordnung ermittelt.


9.5 Prävention am Arbeitsplatz

Zur Prävention arbeitsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen sei auf die entsprechende interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin verwiesen [483].

Als allgemeinen Staubgrenzwert hat die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Konzentration der alveolengängigen Fraktion (A-Fraktion) für granuläre biobeständige Stäube (GBS) von 0,3 mg/m³, bezogen auf eine Dichte der Stäube von 1 g/cm³, und eine Konzentration des einatembaren Anteils (E-Fraktion) von 4 mg/m³ festgesetzt. Überschreitungen sind für die E-Fraktion zulässig, wobei die Höhe der zulässigen Überschreitungen das Zweifache des genannten allgemeinen Staubgrenzwertes nicht übertreffen sollte. In Österreich beträgt der MAK-Wert für biologisch „inerte“ Schwebstoffe 10 g/m³ für die einatembare Fraktion und 5 mg/m³ für die alveolengängige Fraktion als Tagesmittelwert. Als Kurzzeitwert (15 min) wird das Zweifache dieser Werte zugelassen. Der Kurzzeitwert darf innerhalb von 8 Stunden höchstens 2-mal erreicht werden.

Die Einhaltung des allgemeinen Staubgrenzwertes soll unspezifische Wirkungen auf die Atemorgane verhindern. Er ist anzuwenden für schwer lösliche oder unlösliche Stäube, die nicht anderweitig reguliert sind, oder für Mischstäube. Bei Einhaltung des Allgemeinen Staubgrenzwertes ist mit einer Gesundheitsgefährdung nur dann nicht zu rechnen, wenn sichergestellt ist, dass keine zusätzlichen stoffspezifischen toxischen Wirkungen des Staubes zu erwarten sind.

Hinsichtlich gasförmiger Schadstoffe, die geeignet sind, obstruktive Atemwegserkrankungen auszulösen, schützt nach heutigem Wissensstand die Einhaltung aktuell wissenschaftlich begründeter Grenzwerte (MAK-Werte), die meist als Arbeitsplatzgrenzwerte vom Gesetzgeber übernommen werden, vor der Entstehung solcher Atemwegserkrankungen. Wichtig ist dabei, darauf zu achten, dass auch die vorgegebene Begrenzung der Expositionsspitzen eingehalten wird.




Interessenkonflikt

Eine Übersicht der Interessenkonflikte findet sich im Internet unter http://www.awmf.org; AWMF-Registernummer 020-006.

* Verabschiedet von den Vorständen der beteiligten Fachgesellschaften am 24. 01. 2018.



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Claus Vogelmeier
Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie
Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg
Baldingerstraße
35043 Marburg


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Abb. 1 COPD: Einteilung in die Gruppen A, B, C und D.
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Abb. 2 Der CAT-Fragebogen. Quelle: © 2009 GlaxoSmithKline. Alle Rechte vorbehalten.
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Abb. 3 Diagnostik der COPD. *Es ist unwahrscheinlich, aber grundsätzlich möglich, dass bei normaler Spirometrie in der Bodyplethysmografie unauffällige Befunde erhoben werden, sich in der DLCO-Messung aber ein deutlich verminderter Wert ergibt. Das kann zum einen Ausdruck eines Emphysems sein, andererseits können z. B. auch interstitielle Lungenerkrankungen, eine kardiale Grunderkrankung oder eine pulmonale Hypertonie ein derartiges Bild machen. Eine restriktive Lungenerkrankung sollte bei normalen Tiffeneau-Index und erniedrigter TLC in der Bodyplethysmografie bzw. auch erniedrigter DLCO erwogen werden.
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Abb. 4 Stufentherapie bei COPD.
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Abb. 5 Management rauchender COPD-Patienten [193].
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Abb. 6 Differenzialindikatoren für interventionelle Behandlungsoptionen des schweren Lungenemphysems.
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Abb. 7 Pathophysiologie und Therapie der respiratorischen Insuffizienz auf Basis der Blutgasanalyse [336].
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Abb. 8 Differenzialindikation der antibotischen Therapie der akuten Exazerbation. AB = Antibiotika.