Incontinentia pigmenti
B. Malisiewicz
Anamnese Die Vorstellung eines zwei Monate alten Mädchens erfolgte bei streifenförmigen Bläschen,
Plaques und warzigen Hyperkeratosen auf teils rötlichem Grund. Hautveränderungen seien
bereits kurz nach der Geburt aufgetreten. Laborchemisch lag eine Bluteosinophilie
vor. Ex domo erfolgte eine histologische Evaluation, die mit der Verdachtsdiagnose
einer Incontinentia pigmenti vereinbar war. Augen-, Zahn- oder ZNS-Anomalien wurden
bereits kinderärztlicherseits ausgeschlossen.
Befund Es zeigten sich entlang der Blaschko-Linien angeordnete erythematöse Papeln, Plaques,
sowie warzige Hyperkeratosen und Hyperpigmentierungen ([Abb. 1]). An den Füßen lagen Nageldystrophien vor ([Abb. 2]).
Abb. 1 Blaschkiform angeordnete erythematöse Papeln, Plaques und Hyperpigmentierungen im
Intimbereich sowie der unteren Extremität beidseits.
Abb. 2 Striär angeordnete, hyperkeratotisch-verrukiforme Plaques auf erythematösem Grund
an der rechten Großzehe und dem rechten Fußrücken. Zudem leichte Nageldystrophe an
der Großzehe.
Diagnostik Zur Diagnosesicherung erfolgte eine humangenetische Abklärung, die eine Mutation
im IKBKG-Gen mit einer Deletion im Exon 4-10 nachweisen konnte. Die Abklärung der
Mutter fiel unauffällig aus, sodass es sich hier um eine Neumutation handelte. Extrakutane
Manifestationen konnten bereits im Vorfeld ausgeschlossen werden.
Therapie Im entzündlichen Stadium erfolgte eine topische Behandlung mit mittelpotenten Steroiden
und rückfettenden antiseptischen Externa. Nach Abklingen der Entzündung war eine reine
Rückfettung mittels Unguentum emulsificans aquosum ausreichend. Weiterführende Nachsorgen zeigten eine normale Entwicklung ohne Anomalien.
Kommentar Die Incontinentia pigmenti ist eine sehr seltene, genetisch bedingte Erkrankung,
die bei 1 von 50 000 Geburten auftritt und fast ausschließlich Mädchen betrifft. Bis
auf seltene Ausnahmen (somatischer Mosaizismus, Klinefelter-Syndrom) ist diese Erkrankung
für männliche Individuen bereits pränatal tödlich. Ursächlich ist eine autosomal-dominante
Mutation im IKBKG-Gen (früher NEMO-Gen), das sich auf Chromosom Xq28 befindet. Zumeist
liegt eine Deletion im Exon 4-10 vor. Eine familiäre Häufung ist selten (10 – 25 %).
In 64 % handelt es sich um eine Neumutation. In erster Linie liegen kutane Symptome
vor, die sich entlang der Blaschko-Linien manifestieren. Hierbei verläuft die Erkrankung
in vier Stadien, wobei nicht jedes Stadium durchlaufen wird. Im ersten und entzündlichen
Stadium bestehen streifig angeordnete Bläschen oder Pusteln auf erythematösem Grund,
die häufig von einer Bluteosinophilie begleitet sind. Es folgt das zweite verruköse
Stadium mit warzenartigen Hyperkeratosen. Anschließend kommt es zur Ausbildung von
Hyperpigmentierungen (drittes Stadium). Im Erwachsenenalter entstehen streifenförmige
Hypopigmentierungen und Atrophien. Neben diesen Stadien kommt es in 50 % zu Haaranomalien
und vernarbenden Alopezien. Von besonderer Relevanz sind extrakutane Manifestationen.
Hierbei sind neben Zahnanomalien Augenanomalien mit Neovaskularisationen und ZNS-Anomalien
mit Krampfanfällen von besonderer Relevanz. Die Diagnose basiert auf dem klinischen
Bild und dem Nachweis der Mutation im IKBKG-Gen. Ist eine Mutationsanalyse nicht verfügbar,
kann die Diagnose anhand von Major- (kutane Stadien I – IV) und Minorkriterien (extrakutane
Befunde) gestellt werden. Hierbei müssen entweder ein Major- und Minorkriterium oder
mindestens zwei kutane Stadien vorliegen. Eine humangenetische Abklärung der Mutter
wird empfohlen. Die Therapie erfolgt multidisziplinär abhängig von der Signifikanz
der kutanen und extrakutanen Manifestationen. Kutan können im entzündlichen Stadien
topische Steroide appliziert werden. Bei Bläschen und Erosionen ist eine antiseptische
Therapie zur Vermeidung von Impetiginisationen sinnvoll. Prognostisch limitierend
ist das Vorliegen und das Ausmaß der extrakutanen Manifestationen. Sollten diese fehlen,
ist von einer normalen Lebenserwartung auszugehen.
Literatur
1 Minić S, Trpinac D, Obradović M. Incontinentia pigmenti diagnostic criteria update.
Clin Genet 2015; 85: 536 – 542
2 Kaya TI, Tursen U, Ikizoglu G. Therapeutic use of topical corticosteroids in the
vesiculobullous lesions of incontinentia pigmenti. Clin Exp Dermatol 2009; 34: 611 – 613
ANCA-negative eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg-Strauss-Syndrom)
ANCA-negative eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg-Strauss-Syndrom)
I. Kaluzki
Anamnese Eine 35-jährige Patientin stellte sich mit einem akuten Schub juckender, nicht flüchtiger,
seit sechs Monaten rezidivierend auftretender Hautveränderungen sowie akuter Luftnot
bei vor neun Monaten erstmanifestiertem Asthma bronchiale vor. Begleitend bestünden
regelmäßig febrile Temperaturen bis 39 °C. Unter systemischem Prednisolon komme es
stets zur Befundregredienz. Daneben umfasste die Hausmedikation Salbutamol, Montelukast,
Theophyllin und Fexofenadin. Seit Langem bestünden multiple Allergien u. a. auf diverse
Pollen und Nüsse sowie eine allergische Rhinopathie. Zudem wurde eine Raynaud-Symptomatik
geschildert und seit einem Jahr sei eine Mitralklappeninsuffizienz bekannt.
Befund Es fanden sich symmetrisch am Dekolleté und periumbilikal übergehend bis axillär,
zu den Armbeugeseiten und bis inguinal jeweils beidseits teils randbetonte, unregelmäßig
scharf begrenzte, erythematöse Maculae mit fließendem Übergang zu residuell hyperpigmentierten
Arealen, stellenweise imponierten urtikarielle Plaques ([
Abb. 3
]). Klinisch waren keine neurologischen Defizite feststellbar.
Abb. 3 Am Dekolleté übergehend bis axillär und auf die Armbeugeseiten beidseits teils randbetonte,
unregelmäßig scharf begrenzte, erythematöse Maculae mit fließendem Übergang zu residuell
hyperpigmentierten Arealen.
Diagnostik Die Dermatohistologie ergab eine nekrotisierende, eosinophilenreiche leukozytoklastische
Vaskulitis mit mehrkernigen Riesenzellen entsprechend granulomatösen Veränderungen.
Das Differenzialblutbild war normwertig ohne Eosinophilie, das Gesamt-IgE (890 U/ml)
deutlich erhöht, der ANCA-Status negativ, der 24 h-Sammelurin unauffällig. Im CT-Thorax
fand sich eine transiente pulmonale Verdichtung, die Bronchialschleimhaut erschien
bronchoskopisch gerötet, geschwollen und vergröbert, histologisch mit chronisch-entzündlicher
Begleitreaktion. Eine Weichteilschwellung aller Nasennebenhöhlen wurde tomografisch
dargestellt mit Nachweis einer akuten Sinusitis beider Kieferhöhlen. Bei myxomatös
veränderter Mitralklappe zeigte eine Kardio-MRT unter Prednisolon-Therapie keine akute
Herzbeteiligung. Die gastrointestinale Hohlraumdiagnostik ergab makroskopische und
mikroskopische Normalbefunde. In Zusammenschau der Befunde wurde die Diagnose einer
eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) entsprechend den ACR-Klassifikationskriterien
gestellt.
Therapie Bei führender pulmonaler Symptomatik wurde neben einer Anpassung der Inhalativa die
systemische Prednisolon-Dosis auf 50 mg erhöht, worunter es zur Besserung der pulmonalen
wie kutanen Beschwerden kam. Montelukast wurde wegen berichteter möglicher Krankheitstriggerung
abgesetzt. Eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin lehnte die Patientin ab. Bei schrittweiser
Prednisolon-Reduktion auf aktuell 15 mg zeigte sich 3 Monate später eine suffiziente
Symptomkontrolle.
Kommentar Die EGPA ist eine eosinophilenreiche, nekrotisierende Multisystem-Vaskulitis kleiner
bis mittelgroßer Gefäße mit Assoziation zu Asthma und Bluteosinophilie. Die in 40 %
auftretenden Hauterscheinungen sind vielgestaltig (kutane/subkutane Knoten, makulopapulöses
Exanthem, Petechien, Ulzerationen), jedoch bioptisch häufig diagnoseweisend. Typisch
ist eine Symptom-Chronologie aus langjährigen Allergie-/Asthmabeschwerden gefolgt
von Blut-/Gewebseosinophilie und schließlich diversen Vaskulitis-Manifestationen.
Unbehandelt verläuft die Erkrankung meistens letal. Die Standardtherapeutika umfassen
neben Glukokortikoiden Cyclophosphamid als Induktions- und Azathioprin als Erhaltungstherapie.
In ANCA-positiven Fällen konnte Rituximab erfolgreich eingesetzt werden. Interessant
ist in dem stark Asthma-assoziierten Patientenkollektiv eine beschriebene mögliche
Krankheitstriggerung durch Omalizumab – neben Montelukast.
Literatur
1 Churg J, Strauss L. Allergic granulomatosis, allergic angiitis, and periarteritis
nodosa. Am J Pathol 1951; 27: 277 – 301
2 Masi A, Hunder GG, Lie JT et al. The American College of Rheumatology 1990 criteria
for the classification of Churg-Strauss syndrome (allergic granulomatosis and angiitis).
Arthr Rheum 1990; 33: 1094 – 1100
3 Hauser T, Mahr A, Metzler C et al. The leucotriene receptor antagonist montelukast
and the risk of Churg-Strauss syndrome: A case-crossover study. Thorax 2008; 63: 677 – 682
4 Nazir S, Tachamo N, Fareedy SB et al. Omalizumab-associated eosinophilic granulomatosis
with polyangiitis (Churg-Strauss syndrome). Ann Allergy Asthma Immunol 2017; 118:
372 – 374
Fumarsäureester-Therapie bei Melkersson-Rosenthal-Syndrom
Fumarsäureester-Therapie bei Melkersson-Rosenthal-Syndrom
G. Hauck
Anamnese Es stellte sich ein 53-jähriger Patient mit einer zunehmenden Schwellung der rechten
Gesichtshälfte vor. Diese würde progredient seit Mai 2016 bestehen. Außer schmerzhaftem
Druckgefühl würden keine Beschwerden bestehen. Der Patient war bereits bei den Kollegen
der HNO vorstellig gewesen, die eine Parotitis ausgeschlossen haben.
Befund Es zeigte sich eine flächige Schwellung in der rechten Gesichtshälfte, vor allem
an der rechten Wange bis infraorbital reichend ([
Abb. 4
]). Enoral war ebenfalls eine leichte Schwellung (buccal rechts) zu tasten. Begleitend
fand sich ein leichtes Erythem an der rechten Wange, nicht überwärmt, keine Sensibilitätsstörungen.
Eine Lingua plicata lag nicht vor.
Abb. 4 Flächige, rötliche Schwellung der rechten Gesichtshälfte, vor allem an der rechten
Wange bis infraorbital reichend.
Diagnostik Serologisch zeigten sich keine Entzündungszeichen. Auch waren keine autoimmunen Antikörper,
Hinweise auf Sarkoidose oder Borrelien zu finden. Histologisch zeigte sich unter unaffektierter
Epidermis eine konfluierende Entzündung mit epitheloidzelligen Granulomen mit vereinzelt
Riesenzellbildung. Der Befund zeigt sich vereinbar mit einer granulomatösen Dermatitis,
klinisch als Pareiitis granulomatosa (Melkersson-Rosenthal-Syndrom).
Therapie und Verlauf Ambulant wurde bereits eine systemische Behandlung mit Prednisolon 40 mg über 4 Wochen
ohne Besserung durchgeführt. Daraufhin erfolgte nach der Erstvorstellung bei uns eine
weitere Systemtherapie über 3 Monate mit Minozyclin 100 mg begleitet von Ketotifen
2 × 2 g und Ibuprofen 600 mg 2 × tgl. Hierunter zeigte sich ebenfalls keine Befundänderung.
Nach Antrag an die Krankenkasse wurde eine „Off-Label“-Behandlung mit Fumarsäureestern
eingeleitet, die nach einer insgesamt 6-monatigen Therapie zu einer Befundbesserung
und Linderung der Schmerzsymptomatik im Gesicht führte. Nach dem Absetzen kam es in
den drei Folgemonaten zu keinem Rezidiv.
Kommentar Das Melkersson-Rosenthal-Syndrom ist eine granunlomatöse Erkrankung, die mit dem
Symptomkomplex aus begleitendem Ödem, teilweise Fazialisparese und Lingua plicata
einhergeht. Es wurde erstmals 1928 beschrieben, mit weiterhin unbekannter Ätiologie.
Beschrieben sind Assoziationen zu M. Crohn und zur Sarkoidose. Häufig verläuft die
Erkrankung mono- oder oligosymptomatisch, was die Diagnosestellung oft schwierig gestaltet.
Das Vorliegen nur eines Symptomes (meist als unilaterale granulomhaltige Dermatitis
mit begleitendem Ödem) ist ausreichend zur Sicherung der Diagnose. Das Vorliegen einer
Symptomtriade ist eher selten. Zugelassene Therapien gibt es bisher nicht, beschriebene
Therapieerfolge finden sich mit Steroiden, aber auch mit Fumarsäureestern, Clofazimin,
Hydroxychloroquin und Azathioprin. Als Ultima Ratio ist bei Lippenbeteiligung eine
operative Verkleinerung möglich. Die Erkrankung ist häufig therapierefraktär und besteht
als chronisch persistierender Befund.
Literatur
1 Kanerva M, Moilanen K, Virolainen S et al. Melkersson-Rosenthal syndrome. Otolaryngol
Head Neck Surg 2008; 138: 246 – 251
2 Critchlow WA, Chang D. Cheilitis granulomatosa: a review. Head Neck Pathol 2014;
8: 209 – 213
3 Leão JC, Hodgson T, Scully C, Porter S. Review article: orofacial granulomatosis.
Aliment Pharmacol Ther 2004; 20: 1019 – 1027
Metastasiertes Merkelzellkarzinom unter Therapie mit PD1-Antikörper
Metastasiertes Merkelzellkarzinom unter Therapie mit PD1-Antikörper
F. Angeletti
Anamnese Eine 73-jährige Patientin stellte sich aufgrund einer neu aufgetretenen Schwellung
der linken Axilla ärztlich vor. Allgemeinsymptome bestanden nicht. Eine Punktion der
Läsion erbrachte den Nachweis lymphogener Metastasen eines Merkelzellkarzinoms. Die
Patientin wurde zur weiteren Behandlung in die Dermatologie verwiesen.
Befund Es zeigten sich am linken Oberarm mehrere derbe, subkutane Knoten. In der linken
Axilla befand sich ein nicht verschieblicher Konglomerattumor.
Diagnostik Eine ganzheitliche Untersuchung der Haut wurde vorgenommen. Hierbei konnte kein Primärtumor
diagnostiziert werden. Probebiopsien wurden aus Knoten des Oberarms entnommen. Histologisch
zeigten sich Metastasen eines Merkelzellkarzinoms. Ein Staging wurde durchgeführt.
Es zeigten sich lymphogene und kutane Filiae ([Abb. 5]).
Abb. 5 a Exemplarische kutane Merkelzellkarzinommetastase im CT (s. Pfeil). b Nach 10 Monaten Therapie mit PD1-AK.
Therapie und Verlauf Bei metastasiertem Merkelzellkarzinom war eine operative Sanierung aufgrund des Operationsausmaßes
nicht sinnvoll. Eine palliative Radiatio wurde durchgeführt und eine Systemtherapie
mit liposomal verkapseltem Doxorubicin eingeleitet. Im weiteren Verlauf zeigte sich
ein Progress der Erkrankung. Nach interdisziplinärem Tumorboardbeschluss wurde eine
„Off-Label“-Therapie mit dem PD1-Antikörper Pembrolizumab eingeleitet. Bereits nach
wenigen Wochen zeigte sich ein gutes Gesamtansprechen ([Abb. 5]). Seither besteht über den Zeitraum von einem Jahr eine „stable disease“ Situation.
Kommentar Beim Merkelzellkarzinom handelt es sich um einen seltenen, aggressiven Hauttumor
neuroendokrinen Ursprungs. Die primäre Exzision mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm
sollte angestrebt werden. Im nicht metastasierten Stadium wird eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie
empfohlen. Bei positivem Befund sollte eine radikale Lymphadenektomie der entsprechenden
Region vollzogen und eine anschließende adjuvante Radiatio erwogen werden. Im metastasierten
Stadium können mittels Chemotherapie initial gute Ansprechraten erzielt werden. Allerdings
ist hierbei das Langzeitansprechen limitiert. Neue Optionen bietet die Anwendung von
PD1/PD-L1-Antikörpern. Eine Überexpression des PD1-Liganden konnte im Merkelzellkarzinom
nachgewiesen werden. Klinische Studien zeigen Ansprechraten von bis zu 56 % und deuten
langfristig auf eine Rolle von PD1/PDL-1-Antikörpern in der First-line-Behandlung
hin. Im laufenden Jahr wird ein PD-L1-Antikörper zur Therapie des Merkelzellkarzinoms
in Deutschland zugelassen werden.
Literatur
1 Nghiem PT, Bhatia S, Lipson EJ et al. PD-1 Blockade with Pembrolizumab in Advanced
Merkel-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2016; 374: 2542 – 2552
2 Terheyden P, Becker JC. New developments in the biology and the treatment of metastatic
Merkel cell carcinoma. Curr Opin Oncol 2017; 29: 221 – 226
3 Lipson EJ, Vincent JG, Loyo M et al. PD-L1 Expression in the Merkel Cell Carcinoma
Microenvironment: Association with Inflammation, Merkel Cell Polyomavirus, and Overall
Survival. Cancer Immunol Res 2013; 1: 54 – 63
Therapie eines riesigen metastasierten Basalzellkarzinoms
Therapie eines riesigen metastasierten Basalzellkarzinoms
M. Jäger
Anamnese Es erfolgte die stationäre Aufnahme einer 52-jährigen Patientin, die sich zunächst
notfallmäßig aufgrund einer ausgeprägten Schwäche und Abgeschlagenheit in unserer
internistischen Notaufnahme vorstellte. Die Patientin berichtete über zwei große Hauttumoren,
die ihr vor 3 Jahren erstmals aufgefallen seien. Trotz Größenprogredienz habe sie
diese in der Zwischenzeit lediglich verbunden. In der jüngsten Vergangenheit haben
die Tumoren rezidivierend geblutet, was jedoch zu keiner ärztlichen Vorstellung geführt
habe. Die beschriebene Schwäche und Abgeschlagenheit konnte auf eine Anämie mit einem
Hb-Wert von 3,2 g/dl zurückgeführt werden. Anderweitige Blutungsquellen konnten ausgeschlossen
werden.
Befund In der dermatologischen Untersuchung konnten multiple malignomsuspekte Hautveränderungen
beobachtet werden. Darunter ein zirka 20 × 25 cm großer, ulzerierender Tumor mit stellenweise
erhabenem Randwall im Sinne eines Ulcus rodens am Rücken sowie ein etwa 10 × 10 cm
großer, exophytisch wachsender Knoten prästernal ([Abb. 6 a], [Abb. 7 a]).
Abb. 6 Rücken: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.
Abb. 7 Brust: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.
Diagnostik Wir führten ein Tumormapping in Form multipler Probebiopsien durch. Die feingewebliche
Untersuchung der Bioptate erbrachte den Nachweis eines sklerodermiformen Basalzellkarzinoms.
Zusätzlich führten wir ein Staging mittels CT-Thorax/Abdomen und MR-Schädel durch.
Dabei kamen multiple bipulmonale Filiae, malignomsuspekte Lymphknoten im Oberbauch
und retroperitoneal sowie eine osteolytische Metastase des linken Os ilium zur Darstellung.
Eine empfohlene bioptische Sicherung einer Metastase zur Klärung der Tumorentität
wurde von der Patientin abgelehnt.
Therapie und Verlauf Bei Inoperabilität leiteten wir eine Therapie mit Vismodegib 150 mg/d ein. Oben beschriebene
Tumoren zeigen sich unter der Therapie regredient ([Abb. 6 b], [Abb. 7 b]), in den radiologischen Kontrollen konnte im Verlauf ein gemischtes Ansprechen der
Metastasen nachgewiesen werden. Typische Nebenwirkungen der Behandlung mit Vismodegib
waren nicht zu beobachten. Mittlerweile ist die Patientin ca. 11 Monate unter Therapie
und die kutanen Tumore weiter regredient.
Kommentar Trotz ihrer leichten Zugänglichkeit als Hauttumore und ihres langsamen Wachstums,
können immer wieder Basalzellkarzinome stattlicher Größe beobachtet werden. Diese
in der englischen Literatur als „neglected tumors“ beschriebenen Tumoren stellen eine
große Herausforderung für den Behandler dar. Gründe für dieses Phänomen sind vielgestaltig,
so fürchten einige Betroffene die Diagnose und Behandlung oder aber haben sich schlichtweg
an den langsam wachsenden Tumor gewöhnt. Vismodegib stellt das erste für die Behandlung
fortgeschrittener oder metastasierter Basalzellkarzinome zugelassene Medikament dar.
Seine Wirkung entfaltet es durch Hemmung des für die Pathogenese des Basalzellkarzinoms
relevanten Sonic-Hedgehog-Signalwegs. Die Therapieadhärenz wird maßgeblich durch das
Auftreten belastender Nebenwirkungen bestimmt, dazu gehören vor allem Muskelkrämpfe,
Haarausfall und Geschmacksstörungen. Für Patienten wie in unserem geschilderten Fall
ist Vismodegib die einzige wirklich effektive verfügbare Therapieoption, die ein längerfristiges
Überleben der Patienten ermöglicht.
Literatur
1 Varga E, Korom I, Raskó Z et al. Neglected Basal Cell Carcinomas in the 21st Century.
J Skin Cancer 2011; 2011: 392151
2 Silapunt S, Chen L, Migden, Michael R. Hedgehog pathway inhibition in advanced basal
cell carcinoma: latest evidence and clinical usefulness. Ther Adv Med Oncol 2016;
8: 375 – 382
Sandbox-Dermatitis
K. Gebauer
Anamnese Der 6-jährige Junge stellte sich mit seit zirka einem Jahr juckenden, kleinen, hypopigmentierten
Papeln an den Ellenbogen, den Knien, den Handrücken sowie am Nacken vor. Der Juckreiz
war sehr störend. Die bisher durchgeführte Therapie mit Basodexan hatte anamnestisch
zu keiner Besserung geführt. Allergien waren nicht bekannt und in der Familienanamnese
zeigte sich kein Hinweis auf eine atopische Diathese.
Befund Es fanden sich an beiden Ellenbogen, Knien, Handrücken und Nacken multiple, 1 – 3 mm
große, flache, lichenoide, hypopigmentierte bis hellrote Papeln ([Abb. 8]). An den Handrücken sowie am Nacken zeigten sich zudem milde Kratzexkoriationen.
Abb. 8 Multiple, 1 – 3 mm große, flache, lichenoide, hypopigmentierte bis hellrote Papeln
an beiden Handrücken mit milden Kratzexkoriationen.
Diagnostik Die Diagnose der Sandbox-Dermatitis wurde klinisch gestellt.
Therapie und Verlauf Unter einer kurzfristigen antientzündlichen Therapie mit einer 1 %-Hydrocortisoncreme
zeigte sich zunächst keine Besserung. Nach Umstellung der Lokaltherapie auf 0,03 %-Tacrolimussalbe
für 3 Wochen mit einem anschließenden proaktiven Therapiekonzept kam es zu einer deutlichen
Befundregredienz.
Kommentar Die Sandbox-Dermatitis ist eine seltene Erkrankung im Kindesalter. Die genauen Zahlen
sind unklar, da die Erkrankung wahrscheinlich unterdiagnostiziert ist. Die erstmalige
Beschreibung geht auf das Jahr 1956 zurück, seitdem haben sich eine Vielzahl von Synonymen
wie „Dermatitis papulosa juveniles“ oder „Friktionale lichenoide Dermatitis“ ergeben.
Betroffen sind vor allem Jungen im Alter zwischen 4 – 12 Jahren. Die charakteristischen
Hautveränderungen treten bevorzugt in den Sommermonaten an den Prädilektionsstellen
wie Handrücken, Knien und Ellenbogen auf, wobei oftmals Juckreiz besteht. Pathogenetisch
wird das häufige Reiben von rauen Materialien wie Sand sowie eine atopische Diathese
als prädisponierender Faktor kontrovers diskutiert. In der Studie von Sardana et al.
wiesen zirka die Hälfte der Patienten eine atopische Diathese auf. Aufgrund der Häufung
in den Sommermonaten scheint auch eine UV-Exposition einen Einfluss zu haben. Differenzialdiagnostisch
sind Erkrankungen wie beispielsweise der Lichen nitidus oder der Lichen planopilaris
abzugrenzen. Bedeutsam ist, die Sorge der Eltern ernst zu nehmen und diese über die
Harmlosigkeit und den variablen Verlauf der Erkrankung aufzuklären. Häufig ist die
Erkrankung selbstlimitierend und heilt innerhalb von 6 – 9 Wochen ab. Sie zeigt jedoch
eine hohe Rezidivrate vor allem in den Sommermonaten, zudem sind Einzelfälle beschrieben,
die das ganze Jahr persistieren. Therapeutisch bewirken oftmals harnstoffhaltige Externa
eine deutliche Besserung, im entzündlichen Zustand können kurzfristig niedrig konzentrierte
externe Kortikosteroide oder topische Calcineurininhibitoren eingesetzt werden.
Literatur
1 Sardana K, Goel K, Garg VK et al. Is frictional lichenoid dermatitis a minor variant
of atopic dermatitis or a photodermatosis. Indian J Dermatol 2015; 60: 66 – 73
2 Fölster-Holst R, Kiene P, Brodersen JP et al. Dermatitis papulosa juvenilis. Hautarzt
1996; 47: 129 – 31
3 Sutton RL. Summertime pityriasis of the elbow and knee. In: Sutton RL Jr, editor. Diseases
of the Skin. 2nd ed. St Louis: Mosby; 1956: 898
Reaktive Angioendotheliomatose
Reaktive Angioendotheliomatose
P. Kleimann
Anamnese Die Patientin stellte sich mit seit mehreren Monaten bestehenden symptomlosen, lividen,
figurierten Erythemen an Stamm und Extremitäten vor. In der Vorgeschichte war ein
Mamma-Karzinom links mit Z. n. OP und Radiato bekannt. Zum Zeitpunkt der konsiliarischen
Vorstellung war die Patientin wegen rezidivierender Fieberschübe und einer bekannten
rheumatoiden Arthritis in der Rheumatologie in Behandlung.
Befund An der linken Mamma sowie am Abdomen, am Rücken, den Schultern, den Oberarmen und
Oberschenkeln fanden sich bizarr konfigurierte, livide, nicht wegdrückbare Erytheme
([Abb. 9 a]).
Abb. 9 a Oberarm links: bizarr konfigurierte, livide, nicht wegdrückbare Erytheme. b Histologie: innerhalb der Gefäße Endothelproliferationen und schaumige Zellen, welche
die Lumina okkludierten (H & E-Färbung).
Diagnostik Zur weiteren Einordnung des Befundes wurde eine Biopsie entnommen. Im histologischen
Befund kamen innerhalb der Gefäße Endothelproliferationen und schaumige Zellen, welche
die Lumina okkludierten, zur Darstellung. Fokal Thrombosierung der Gefäße und intraluminale
Fibrinablagerungen. Des Weiteren Rekanalisierungsphänomene und Hämorrhagien. Die Gefäßwände
waren von Lymphozyten durchsetzt ([Abb. 9 b]).
Diagnose Reaktive Angioendotheliomatose.
Kommentar Die reaktive Angioendotheliomatose stellt eine seltene, benigne, selbst-limitierende
Erkrankung mit intravaskulärer Proliferation endothelialer Zellen dar. Diese wird
als Reaktion auf unterschiedliche Auslöser interpretiert. Infrage kommen hier Infektionen
wie Tuberkulose oder eine bakterielle Endokarditis sowie auch systemische Erkrankungen
wie Kryoglobulinämie, chronisch lymphatische Leukämie und rheumatoide Arthritis. Das
klinische Bild ist variantenreich und reicht von flachen, lividen Erythemen bis hin
zu Plaques und Knoten, die teils ulzeriert sein können. Diese können an Stamm und
Extremitäten lokalisiert sein und aus wenigen bis multiplen, disseminierten Läsionen
bestehen. Wichtige klinische Differenzialdiagnosen stellen das Kaposi-Sarkom, Angiosarkom
sowie Skleroderm, Morphea oder die Calciphylaxie dar. Histologisch sollte die Differenzialdiagnose
einer malignen Angioendotheliomatose, welche ein intravaskuläres Lymphom darstellt,
ausgeschlossen werden. Der Begriff der Angioendotheliomatose ist hier verwirrend,
da es sich dabei nicht um eine Endothelproliferation, sondern um eine lymphoproliferative
Erkrankung handelt. Entscheidend sind hier die immunhistochemischen Färbungen. Die
reaktive Angioendotheliomatose kann spontan bzw. unter Therapie der Grunderkrankung
regredient verlaufen. In der Literatur werden Behandlungsversuche mit topischen sowie
systemischen Steroiden, Radiatio und Laser beschrieben. Im Vordergrund sollte die
Therapie der auslösenden Grunderkrankung stehen. Im Falle unserer Patientin wurde
die Angioendotheliomatose auf die bekannte rheumatoide Arthritis zurückgeführt. Auf
eine Behandlung wurde bei asymptomatischem Befund im Einvernehmen mit der Patientin
verzichtet.
Literatur
1 McMenamin ME, Fletcher CDM. Reactive Angioendotheliomatosis: A Study of 15 Cases
Demonstrating a Wide Clinicopathologic Spectrum. Am J Surg Pathol 2002; 26: 685 – 697
2 Lazova R, Slater C, Scott G. Reactive Angioendotheliomatosis: Case Report and Review
oft he Literature. Am J Dermatopathol 1996; 18: 63 – 69
3 Cerroni L, Garbe C, Metze D et al. Histopathologie der Haut. 2. Auflage. Berlin:
Springer; 2016
Anhaltendes Therapieansprechen durch Elektrochemotherapie bei lokal metastasiertem
malignem Melanom der Kopfhaut: mehr als ein palliativer Ansatz?
Anhaltendes Therapieansprechen durch Elektrochemotherapie bei lokal metastasiertem
malignem Melanom der Kopfhaut: mehr als ein palliativer Ansatz?
J. Kleemann
Anamnese Die Vorstellung des 79-jährigen Patienten erfolgte bei R1-reseziertem, ulzeriertem,
malignem Melanom der Kopfhaut, Tumordicke 6,5 mm (T4b), erstdiagnostiziert im April
2014. In den initialen Staging-Untersuchungen zeigten sich multiple metastasensuspekte
Raumforderungen frontal und parietal am Kapillitium ([Abb. 10 a]), jedoch kein Hinweis auf Lymphknoten- oder Fernmetastasen.
Abb. 10 CT Schädel 3D-Rekonstruktion prä- (a) und post- (b) interventionell: a Darstellung multipler Metastasen frontal und parietal am Kapillitium. b Befund nach Elektrochemotherapie mit kompletter Remission (März 2015).
Befund In der klinischen Untersuchung zeigte sich fronto-parietal eine reizlose, krustig
belegte Narbe. In der Umgebung tasteten sich disseminiert verteilt einzelne kleinste
Knoten.
Diagnostik Es folgte die mikrografisch-kontrollierte Nachexzision des R1-exzidierten Primärtumors
und die exemplarische Exzision einer kutanen Metastase parietal zur Diagnosesicherung
der Metastasierung.
Therapie und Verlauf Bei disseminiertem Verteilungsmuster der Tumoren über das gesamte Kapillitium, multiplen
internistischen Vorerkrankungen und fortgeschrittenem Lebensalter entschieden wir
uns gemeinsam mit dem Patienten gegen ein erneutes chirurgisches Vorgehen. Eine mögliche
systemische Tumortherapie wurde seitens des Patienten abgelehnt, sodass wir uns zur
Durchführung einer palliativen Elektrochemotherapie entschieden. Im September 2014
erfolgte eine erste Elektrochemotherapie des Kapillitiums mit Bleomycin (15 mg/m2 Körperoberfläche). Diese führte zu einem gemischten Tumoransprechen mit teils regredienten,
teils einzelnen neuen Metastasen parietal und frontal (Dezember 2014). Nach erneutem
Therapiezyklus in Januar 2015 zeigte sich im folgenden Staging (März 2015) eine komplette
Remission ohne Hinweis auf neue Metastasen. Bis zum aktuellen Zeitpunkt, 29 Monate
nach Behandlung, besteht weiterhin kein Hinweis auf ein lokales Tumorrezidiv oder
eine Fernmetastasierung ([Abb. 10 b]).
Kommentar Der präsentierte Fall demonstriert die erfolgreiche Anwendung einer Elektrochemotherapie
mit Bleomycin bei lokal metastasiertem malignem Melanom der Kopfhaut. Bei Tumoren
mit großer Flächenausdehnung oder disseminiertem lokalen Metastasierungsmuster am
Kapilitium ist bei einem operativen Verfahren mit großen Wunddefekten und schwierigen
Verschlüssen zu rechnen, was in manchen Situationen wie Multimorbidität und/oder sehr
hohem Alter nur eingeschränkt durchführbar ist. In dieser Situation bietet die Elektrochemotherapie
ein effektives und sicheres Behandlungsverfahren mit guter Lebensqualität. Das demonstrierte
sehr gute komplette Langzeitansprechen unseres Patienten deckt sich mit Daten aus
der Literatur, bei der das Langzeitansprechen zwischen 21,6 % und 46,7 % beschrieben
wird.
Literatur
1 Caracò C, Mozzillo N, Marone U et al. Long-lasting response to electrochemotherapy
in melanoma patients with cutaneous metastasis. BMC Cancer 2013; 1: 13 – 564
2 Ricotti F, Ciuliodiru K, Cataldi I et al. Electrochemotherapy: an effective local
treatment of cutaneous and subcutaneous melanoma metastases. Dermatol Ther 2014; 27:
148 – 152
3 Angeletti F, Meissner M, Kaufmann R et al. Elektrochemotherapie – Möglichkeiten
lokaler Tumorkontrolle. Akt Dermatol 2016; 42: 510 – 514
Onkolytische Virustherapie – Talimogene laherparepvec: Ein zusätzliches Werkzeug in
der modernen Therapie des malignen Melanoms
Onkolytische Virustherapie – Talimogene laherparepvec: Ein zusätzliches Werkzeug in
der modernen Therapie des malignen Melanoms
J. Kleemann
Anamnese Im Rahmen der Tumornachsorge präsentierte sich im Oktober 2016 ein 86-jähriger Patient
mit superfiziell spreitendem malignem Melanom am linken Unterschenkel, Tumordicke
1,8 mm, erstdiagnostiziert im September 2013. Nach erfolgter Nachexzision mit 1 cm
Sicherheitsabstand im September 2013 wurde im August 2014 ein Lokalrezidiv sowie im
Januar 2016 eine In-transit-Metastase am linken Unterschenkel reseziert. Bei Vorstellung
berichtete der Patient, ihm seien seit einigen Wochen neue Knoten am linken Unterschenkel
aufgefallen.
Befund Es zeigten sich disseminiert verteilt am gesamt linken Unterschenkel multiple (25),
teils hautfarbene, teils erythematöse, wenig verschiebliche oberflächliche Knoten
([Abb. 11 a]).
Abb. 11 Behandlungsverlauf vor dem 1. Zyklus (a) und vor dem letzten Zyklus (b).
Diagnostik Sonografisch zeigten sich diese echoarm und somit hochgradig metastasensuspekt. MR
Schädel und CT Thorax zeigten einen altersentsprechenden Normalbefund.
Therapie und Verlauf Aufgrund des komplexen Verteilungsmusters und der damit betroffenen großen Fläche
war ein chirurgisches Vorgehen nicht möglich, sodass wir uns zu einer Therapie mit
Talimogene laherparepvec (T-VEC) entschieden. Der Patient erhielt von November 2016
bis Januar 2017 fünf Behandlungszyklen. Klinisch zeigte sich im Januar 2017 ein komplettes
Tumoransprechen, das sich im durchgeführten Staging mittels Sonografie und MRT der
unteren Extremität bestätigte. Die komplette Remission ist bis zum aktuellen Zeitpunkt
anhaltend ([Abb. 11 b]).
Kommentar Bei T-VEC handelt es sich um ein genetisch verändertes Herpes-simplex-Virus (HSV-1),
das intraläsional injiziert wird. Der dargestellte Fall demonstriert ein sehr effektives
lokales Ansprechen der Therapie mit guten Langzeitresultaten und damit einer effektiven
und nebenwirkungsarmen Alternative in der Therapie des lokal metastasierten malignen
Melanoms. Die genetischen Modifikationen des HSV-1 führen zum einen zur Tumorspezifität,
bei der die Replikation in gesunden Zellen vermindert wird und gleichzeitig eine vermehrte
Replikation in den Tumorzellen zu einer verbesserten Antigenpräsentation und Tumorlyse
führt. Zusätzlich findet sich ein immunogener, systemischer Effekt durch die Freisetzung
von GM-CSF mit konsekutiver Aktivierung von dendritischen Zellen und damit verbesserter
Antigenpräsentation.
Literatur
1 Liu BL, Robinson M, Han ZQ et al. ICP34.5 deleted herpes simplex virus with enhanced
oncolytic, immune stimulating, and anti-tumour properties. Gene Ther 2003; 10: 292 – 303
2 Kaufman HL, Bines SD. OPTIM trial: a Phase III trial of an oncolytic herpes virus
encoding GM-CSF for unresectable stage III or IV melanoma. Future Oncol 2010; 6: 941 – 949
Therapie einer großflächigen Lentigo maligna des linken Augenwinkels mit Imiquimod
Therapie einer großflächigen Lentigo maligna des linken Augenwinkels mit Imiquimod
A. Valipour
Anamnese Ein 87-jähriger Patient stellte sich mit V. a. ein Rezidiv eines Lentigo-maligna-Melanoms
(LMM) des linken Augenwinkels vor. Erstmalig sei die Erkrankung vor ca. 15 Jahren
diagnostiziert und operativ versorgt worden. Im Verlauf hätten sich bereits vor fünf
und zwei Jahren Rezidive gezeigt, wobei in beiden Fällen eine R0-Resektion erfolgt
sei. Zudem hätte sich der Patient vor vier Jahren einer Radiatio mittels eines Dermopan-Gerätes
(Gesamtdosis 72 Gray) unterzogen.
Untersuchungsbefund Am linken Augenober- und -unterlid sowie periorbital links bis zur linken Regio zygomatica
reichend zeigt sich eine unscharf begrenzte, bizarr geformte, ca. 5 × 2 cm messende,
hellbraune bzw. stellenweise weißliche Makula ([Abb. 12 a]).
Abb. 12 Lentigo maligna (a) vor Therapie mit Imiquimod und (b) nach Therapie.
Diagnostik Wir führten eine Probebiopsie der Haut durch, welche ein LMM sichern konnte.
Therapie und Verlauf Nach Exzision des LMM-Anteils verblieb weiterhin eine großflächige Lentigo maligna
(LM). Es erfolgte daraufhin eine interdisziplinäre Besprechung des Casus unter Einbeziehung
von Ophthalmologen und Strahlentherapeuten. Aufgrund der anatomischen Lokalisation
konnte eine weitere Operation nur unter Inkaufnahme von ausgeprägten postoperativen
Komplikationen für das Auge angeboten werden. Bei Z. n. Radiatio erschien eine erneute
Bestrahlung nicht zielführend. Nach einer Literaturrecherche bzgl. weiterer Therapieoptionen
wurde gemäß der partizipativen Entscheidungsfindung ein „Off-Label“-Therapieversuch
mit Imiquimod 5 %-Creme initiiert. Insgesamt wurde die Therapie für vier Monate, zwischenzeitlich
einmal täglich, appliziert. Hierunter konnte eine histologisch bestätigte Remission
erreicht werden ([Abb. 12 b]).
Kommentar Der LM sind gelegentlich anatomisch bedingt therapeutische Grenzen bzgl. einer chirurgischen
Intervention gesetzt bzw. der Eingriff bei hohem Alter und Multimorbidität nicht möglich.
Insbesondere periorbitale Läsionen bzw. die Affektion der Augenlider stellen eine
Herausforderung für den behandelnden Arzt dar. Hier ist ein interdisziplinäres Vorgehen
indiziert. Eine Therapiealternative ist die Radiatio, wobei jedoch auch hier dosislimitierende
Situationen erreicht werden können. In diesen Fällen kann die „Off-Label“-Verordnung
von Imiquimod 5 % diskutiert werden, welche bisher erfolgreich bei der Lentigo maligna
eingesetzt wurde. Entscheidend bei dieser Therapie ist ein im Vergleich zu einer aktinischen
Keratose längeres Therapieintervall von mindestens vier Monaten. Ebenfalls sollte
die Therapiefrequenz auf bis zu einmal tgl. modifiziert werden, um eine adäquate Inflammationsreaktion
zu erreichen. Eine Therapieadhärenz vorausgesetzt, sind bei initial aussichtslosen
Befunden gute Therapieergebnisse möglich.
Literatur
1 O’Neill J, Ayers D, Kenealy J. Periocular lentigo maligna treated with imiquimod.
The Journal of dermatological treatment 2011; 22: 109 – 112
2 Tio D, van der Woude J, Prinsen CAC et al. A systematic review on the role of imiquimod
in lentigo maligna and lentigo maligna melanoma: need for standardization of treatment
schedule and outcome measures. JEADV 2017; 31: 616 – 624
Ausgeprägtes genitales Lymphödem bei einem Teenager als extraintestinale Manifestation
eines M. Crohn
Ausgeprägtes genitales Lymphödem bei einem Teenager als extraintestinale Manifestation
eines M. Crohn
K. Weid
Anamnese Eine 15-jährige Patientin stellte sich aufgrund eines ausgeprägten chronischen Lymphödems
der Labia majora mit tiefen Rhagaden im Randbereich und perianal vor. Das Lymphödem
bestünde seit 4 Jahren. Es wurde bisher mit Lymphdrainage sowie einer Kompressionshose
behandelt. Im Verlauf wäre es zu starker Ekzem- und Rhagadenbildung gekommen. Verschiedene
Lokaltherapien und Antibiosen führten zu keiner Besserung der Symptomatik.
Befund Es zeigte sich eine massive Schwellung der großen Schamlippen mit lateral befindlichen
tiefen Rhagaden ([Abb. 13]). Perianal zeigte sich eine scharf begrenzte Rötung und eine Fissur bei 6 Uhr in
SSL.
Abb. 13 Genitales Lymphödem der Labia majora.
Diagnostik Im Aufnahmelabor fiel eine mikrozytäre, hypochrome Anämie auf.
Zudem lag die Patientin mit Größe und Gewicht deutlich unter dem Altersdurchschnitt.
Zudem bestand eine Pubertas tarda. Erst in einer gezielten Nachfrage wurde von rezidivierenden
Durchfällen berichtet. Eine nachfolgend durchgeführte MRT-Diagnostik zeigte eine langstreckige
Wandverdickung des Rektums und eine rektovaginale Fistel.
Therapie und Verlauf Lokal behandelten wir ergänzend zur Kompressionstherapie mit Tannolact-Sitzbädern
sowie Epipevisone- und Epi-Pevaryl-Creme im Wechsel. In pädiatrischer Rücksprache
stellten wir die Diagnose eines M. Crohn mit Kolonbefall und extraintestinaler Manifestation
im genitalen Bereich. Die Patientin erhielt eine kombinierte Antibiose mit Metronidazol
und Ciprofloxacin. Eine Therapie mit Infliximab wurde eingeleitet. Hierunter kam es
zur Besserung der genitalen Symptome. Im Verlauf erfolgte die operative Sanierung
der Fistel.
Kommentar Der sogenannte „metastatische“ M. Crohn ist selten und geht den gastrointestinalen
Symptomen häufig Monate voraus. Dies fällt vor allem bei Kindern mit perioralen und
anogenitalen Läsionen auf. Prädisponiert sind junge Erwachsene und Crohn-Patienten
mit Kolonbefall. Eine Korrelation zwischen Krankheitsaktivität von Darm- und Hautläsionen
konnte bisher nicht gezeigt werden. Histologisch zeigen sich in etwa 40 % der Fälle
nicht-verkäsende Granulome und mehrkernige Riesenzellen. Aufgrund vielgestaltiger
Ausprägungsformen und möglichem Beginn vor dem Auftreten gastrointestinaler Symptome
stellt die Diagnosefindung eine Herausforderung dar.
Therapeutisch kommen lokale Steroide und systemisch Metronidazol sowie verschiedene
Immunsuppressiva, in schweren Fällen sogar TNF-alpha-Inhibitoren, zum Einsatz.
Literatur
1 Kurtzman DJB, Jones T, Lian F. Metastatic Crohn’s disease: A review and approach
to therapy. J Am Acad Dermatol 2014; 71: 804 – 813
2 Kontzi M, Reifenberger J, Homey B. Metastatischer Morbus Crohn – Atypische Manifestation.
Hautarzt 2010; 61: 281 – 284
3 Corbett SL, Walsh CM, Spitzer RF. Vulvar inflammation as the only clinical manifestation
of Crohn disease in an 8-year-old girl. Pediatrics 2010; 125: 1518 – 1522
Angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie
Angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie
S. Y. Becker-Weimann
Anamnese Die Vorstellung der 53-jährigen Patientin erfolgte bei Verschlechterung einer vorbekannten
angiolymphoiden Hyperplasie mit Eosinophilie mit ästhetisch störenden Knötchen im
Gesichtsbereich. Die Erstdiagnose erfolgte vor 15 Jahren durch eine histologische
Sicherung. Beschwerden im Sinne von Schmerzen oder Juckreiz wurden verneint.
Untersuchungsbefund Es fanden sich am Nasenabhang links, nasolabial links und an der linken Wange ca.
10 z. T. solitäre, z. T. gruppiert stehende, symptomlose, erythematöse, feste Papeln
und Knoten bis 6 mm Größe mit glatter Oberfläche ([Abb. 14]).
Abb. 14 Vor Therapie.
Diagnostik Die bei der Erstdiagnose ex domo entnommene Histologie zeigte eine Gefäßproliferation
aus teils dicht beieinanderliegenden Kapillaren mit epitheloiden Endothelien sowie
fibrosiertes Stroma und begleitendes, kräftiges, lymphozytäres Entzündungsinfiltrat
mit reichlich eosinophilen Granulozyten. Insgesamt war der histologische Befund gut
vereinbar mit einer angiolymphoiden Hyperplasie mit Eosinophilie. Aufgrund des eindeutigen
klinischen Befundes mit entsprechender Vorhistologie verzichteten wir auf eine weitere
Probeentnahme.
Therapie und Verlauf Exemplarische Therapieversuche in kleinen Arealen wurden mit CO2-, Dioden-Laser und Stickstoffvereisung mittels Kryosonde durchgeführt. Hierbei zeigte
sich das beste Ergebnis durch die Kombinationstherapie von CO2-Laserabtragung und Stickstoffvereisung, sodass wir uns gemeinsam mit der Patientin
für die Fortführung dieser Kombinationstherapie entschieden. Bereits nach der 1. Behandlung
konnte eine deutliche Besserung des Lokalbefundes erreicht werden.
Kommentar Die angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie (ALHE) ist eine seltene Erkrankung
mit unbekannter Ätiologie, die als benigne vaskuläre Neoplasie klassifiziert wird.
Die ALHE tritt häufig bei Frauen zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr im Kopf-Hals-Bereich
auf, seltener in anderen Körperregionen. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung liegen
keine Daten zur Prävalenz vor. Klinisch ist sie durch unilateral lokalisierte, mehrere
symptomlose oder leicht juckende, solitäre oder gruppiert stehende, erythematöse Papeln
und Nodi gekennzeichnet. Eine Eosinophilie im Differenzialblutbild wird in 10 – 20 %
der Fälle beobachtet. Histologisch ist ALHE durch vermehrte Gefäße mit proliferierenden,
epitheloiden Endothelzellen in der Dermis und zytoplasmatischen Vakulolen charakterisiert.
Des Weiteren besteht ein diffuses lymphozytäres Infiltrat mit zahlreichen eosinophilen
Granulozyten.
Bisher wurden z. B. chirurgische Exzision, Lasertherapie mittels CO2-, Farbstoff-, Argon-, Nd-YAG-Laser, Kryotherapie sowie Radiatio als mögliche Therapieoptionen
diskutiert. Als weitere therapeutische Möglichkeiten wurden intraläsionale und systemische
Kortikosteroide sowie läsionale Anwendung von Interferon-α, Imiquimod und Zytostatika
beschrieben. Da es sich bei AHLE um eine seltene Entität handelt, liegen jedoch keine
kontrollierten klinischen Studien vor.
Literatur
1 Buder K, Ruppert S, Trautmann A. Angiolymphoid hyperplasia with eosinophilia and
Kimura’s disease – a clinical and histopathological comparison. J Dtsch Dermatol Ges
2014; 12: 224 – 228
2 Kadurina MI, Dimitrov BC. Angiolymphoid hyperplasia with eosinophilia: successful
treatment with the Nd:YAG laser. J Cosmet Laser Ther 2007; 9: 107 – 111
Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom
Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom
L. Meister
Anamnese Der 60-jährige Patient wurde vorstellig mit seit der Kindheit bestehenden, rezidivierend
auch blutenden lila-blauen Knoten am gesamten Körper.
Befund Es fanden sich am gesamten Integument bläulich- bis lividfarbene Knoten mit einem
maximalen Durchmesser von 1,5 × 2 cm ([Abb. 15]).
Abb. 15 Bläulich- bis lividfarbene Knoten im Bereich des gesamten Integuments.
Diagnostik Eine Sonografie des Abdomens, eine Gastroskopie und Koloskopie zeigten sich ohne
pathologischen Befund. Die Histologie aus einem Knoten zeigte zahlreiche lakunenartige
Gefäße mit schmalem Endothel.
Therapie Zunächst wurden exemplarisch einzelne Knoten mit der Elektroschlinge abgetragen,
andere mittels CO2-Laser und einzelne Knoten mittels Stempelkryotherapie behandelt. Die großen Knoten
an den Armen wurden nach durchgeführter MR-Angiografie zum Ausschluss von größeren
Gefäßmalformationen exzidiert.
Nach Abheilung zeigte sich das beste Ansprechen auf die Stempelkyrobehandlung, sodass
im Verlauf sukzessive weitere Knoten mittels Stempelkryotherapie (2 × 10 Sekunden)
erfolgreich behandelt wurden.
Kommentar Das Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom (BRBNS) ist eine seltene Erkrankung (etwa 200
Fälle in der Weltliteratur beschrieben). Die genaue Pathogenese ist unbekannt.
Es tritt in der Regel sporadisch auf, jedoch ist in der Literatur auch ein autosomal-dominantes
Auftreten beschrieben. Gekennzeichnet ist das BRBNS durch bereits in der Kindheit
auftretende vaskuläre Malformation, die im Verlauf an Größe zunehmen. Sie manifestieren
sich hauptsächlich an der Haut sowie im Gastrointestinaltrakt. Hier kann es zu gastrointestinalen
Blutungen kommen, weshalb bei Diagnosestellung ein Test auf okkultes Blut im Stuhl
bzw. eine Gastrokoloskopie empfohlen wird. Einzelne Fälle von Gefäßmalformationen
im ZNS sind beschrieben. Bei ausgeprägten Befunden an den Akren kann es zu orthopädischen
Malformationen und Beeinträchtigungen in der Bewegungsfreiheit kommen. Überwiegend
kommt es jedoch zu blanden Verläufen.
Zur Behandlung der kutanen Läsionen eignen sich ablative Techniken (Laser, Elektroschlinge),
chirurgische Exzisionen, Sklerosierungsbehandlungen sowie, wie im vorliegenden Fall
gezeigt, die Behandlung mittels Stempelkryotherapie.
Literatur
1 Kaur T, Singh S. Blue rubber bleb nevus syndrome: a case report. Indian J Dermatol 2014;
59: 98 – 99
2 Ballieux F, Boon LM, Vikkula M. Blue bleb rubber nevus syndrome. Handb Clin Neurol 2015;
132: 223 – 230
Großflächige Skalpnekrosen bei Riesenzellarteriitis
Großflächige Skalpnekrosen bei Riesenzellarteriitis
L. Meister
Anamnese Der 75-jährige Patient wurde uns vorgestellt mit großflächiger, schmerzhafter Kopfhautnekrose
bei zusätzlichen Hyperästhesien des Gesichtes und Kopfes, Visusminderung rechts sowie
bereits durch Nekrosektomie entfernte rechtsseitige Zungennekrose.
Befund Am Kapillitium fand sich eine großflächige, scharf bizarr begrenzte, schwarze Nekroseplatte
([Abb. 16 a]).
Abb. 16 a Kapillitium mit großflächiger, scharf und bizarr begrenzter, schwarzer Nekroseplatte;
b zerebrale Angiografie mit Darstellung des Verschlusses der rechten A. temporalis.
Diagnostik In der farbkodierten Dopplersonografie zeigten sich ein Halo-Zeichen und eine diastolische
Flussreduktion der rechten A. temporalis. In der zerebralen Angiografie zeigte sich
ein Verschluss der A. temporalis rechts sowie Kaliber-reduzierte Gefäße der A. temporalis
links und der A. occipitalis rechts ([Abb. 16 b]). Die Blutsenkungsgeschwindigkeit war normwertig, das CRP war leicht erhöht. Auf
eine Biopsie der A. temporialis wurde im vorliegenden Fall verzichtet. Weitere größere
Gefäße waren nicht betroffen.
Therapie Der Patient erhielt eine Therapie mit Prednisolon 100 mg p. o. täglich, Methotrexat
15 mg p. o. einmal wöchentlich sowie ASS 100 mg p. o.
Nach durchgeführtem CT-Schädel ohne Nachweis einer Knochennekrose erfolgte die großzügige
Nekrosektomie in Intubationsnarkose. Im betroffenen Gebiet waren sämtliche Schichten
der Kopfhaut einschließlich des Periosts betroffen. Aufgrund der Größe des Defekts
war eine Deckung mittels Latissmimus-dorsi-Lappen angedacht, jedoch wegen der multiplen
Begleiterkrankungen, der sehr schlechten Gefäßversorgung und des reduzierten Allgemeinzustandes
verworfen worden. Folgend erhielt der Patient regelmäßige feuchte Wundverbände. Der
Patient verstarb wenige Monate nach Vorstellung.
Kommentar Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist eine granulomatöse Vaskulitis, die durch den bevorzugten
Befall von extrakraniellen Arterien des Kopfes (z. B. A. temporalis und A. ophthalmica)
charakterisiert ist. Nach den Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology
(ACR) kann die Diagnose für die Riesenzellarteriitis bei Vorliegen von mindestens
drei der folgenden Kriterien gestellt werden:
-
Alter bei Erkrankungsbeginn mindestens 50 Jahre;
-
Neuauftreten lokalisierter Kopfschmerzen;
-
lokaler Druckschmerz oder abgeschwächte Pulsation einer Temporalarterie
-
BSG-Beschleunigung von über 50 mm/Stunde;
-
bioptischer Nachweis (meist mit Nachweis von Riesenzellen).
Skalpnekrosen sind eine seltene Komplikation der RZA. Der simultane Befall der den
Temporalbereich versorgenden Arterien sowie unzureichend ausgebildete Kollateralen
scheinen die Voraussetzung für die Entwicklung von Hautnekrosen zu sein. Die Therapie
der Wahl bei der RZA ist die Gabe von systemischen Glukokortikoiden. Zur Verringerung
der kumulativen Steroidmenge bzw. der Rezidivfrequenz wird auch der frühzeitige Beginn
einer Therapie mit Methotrexat empfohlen. In Addition zur Steroidtherapie sollte Acetylsalicylsäure
in niedriger Dosierung (100 mg/Tag) verabreicht werden.
Literatur
1 Valesky EM, Vranes S et al. Bitemporal scalp necrosis: a very rare manifestation
of giant cell arteritis. Z Rheumatol 2012; 71: 806 – 809
2 Luger A, Wuketich S. Scalp necrosis in temporal giant cell arteritis. Derm Wochenschr
1967; 153: 89 – 98
Ausgeprägtes Kontaktekzem nach topischer Imiquimod-Therapie
Ausgeprägtes Kontaktekzem nach topischer Imiquimod-Therapie
G. Mengi
Anamnese Ein 61-jähriger Patient stellte sich uns mit einer ausgeprägten Ekzemreaktion im
Stirnbereich vor. Der Patient berichtete, dass ihm eine Therapie mit Imiquimod 3,75 %
zur Behandlung multipler aktinischer Keratosen (AK) verordnet worden sei. Nach drei
Tagen Behandlung war eine ausgeprägte Lokalreaktion entstanden, die zunächst als erwartungsgemäße
Reaktion auf die Lokaltherapie gewertet worden sei. Bei weiterer Progredienz wurde
die Therapie am 9. Tag abgesetzt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung in unserer Ambulanz
äußerte der Patient neben der optischen Beeinträchtigung vor allem Beschwerden in
Form von brennenden Dysästhesien. Eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten erfolgte
nur zum Ausgleich einer Hypothyreose mit Levothyroxin. Weitere Grunderkrankungen lagen
nicht vor.
Befund Im Bereich der gesamten Stirn stellte sich eine scharf begrenzte, erythematöse Plaque
mit ausgeprägter gelblicher Verkrustung und teilweise nässenden Erosionen dar ([Abb. 17]). Zudem zeigte sich eine mäßige Schwellung der oberen Gesichtshälfte. Das übrige
Integument stellte sich altersgemäß unauffällig dar.
Abb. 17 Scharf begrenzte, erythematöse Plaque mit ausgeprägter gelblicher Verkrustung und
teilweise nässenden Erosionen im Bereich der Stirn.
Diagnostik Im Hautabstrich zeigten sich lediglich Keime der normalen Hautflora.
Therapie und Verlauf Initial erfolgte die topische Behandlung mit 2 % Fusidinsäure und 0,1 % Betamethason-Creme
zweimal täglich. Bereits zwei Tage nach Beginn der antiinflammatorischen Lokaltherapie
stellte sich die Krustenbildung deutlich regredient dar.
Im Verlauf konnte unter der Therapie eine narbenlose Abheilung erzielt werden. Auch
die initial zu behandelnden aktinischen Keratosen waren 3 Monate nach Abheilung des
ausgeprägten Ekzems nicht mehr nachweisbar.
Kommentar Imiquimod 3,75 %-Creme ist zur Flächentherapie von aktinischen Keratosen zugelassen
und eine effektive Therapieoption. Die Substanz ist eine Toll-like-Rezeptor-7- und
-8-Aktivator und stimuliert das Immunsystem, indem es beispielsweise zur vermehrten
Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen führt. Neben der gewünschten lokalen
Immunantwort sind als Nebenwirkungen Lokalreaktionen mit erosiven, brennenden Ekzemen
beschrieben, die in seltenen Fällen auch sehr stark ausgeprägt und teilweise ulzerierend
verlaufen können. Studien konnten diesbezüglich jedoch nachweisen, dass die Stärke
der Lokalreaktion mit dem Ansprechen der Therapie korreliert. In dem vorliegeden Fall
konnten multiple aktinische Keratosen bereits mit einer 9-tägigen topischen Imiquimod-Therapie
adäquat behandelt werden. Bei sehr starker Lokalreaktion sollte die Therapie unterbrochen
und der weitere Heilungsverlauf abgewartet werden. Möglicherweise ist eine weitere
Therapie der aktinischen Keratosen bei sehr starker Lokalreaktion dann nicht mehr
notwendig.
Literatur
1 Gupta G. Lmax and imiquimod 3.75 % in daily clinical practice. J Eur Acad Dermatol
Venereol 2015; 29 (Suppl 1): 15 – 18
2 Hanna E, Abadi R, Abbas O. Imiquimod in dermatology: an overview. Int J Dermatol
2016; 55: 831 – 844
3 Swanson N, Abramovits W, Berman B et al. Imiquimod 2.5 % and 3.75 % for the treatment
of actinic keratoses: results of two placebo-controlled studies of daily application
to the face and balding scalp for two 2-week cycles. J Am Acad Dermatol 2010; 62:
582 – 590
Spontanheilung eines CD30-positiven, ALK-negativen, anaplastisch-großzelligen Lymphoms
am rechten Oberlid
Spontanheilung eines CD30-positiven, ALK-negativen, anaplastisch-großzelligen Lymphoms
am rechten Oberlid
K. Hempel
Anamnese Die Vorstellung des 39-jährigen Patienten erfolgte aufgrund einer seit über fünf
Wochen progredienten, therapierefraktären, ulzerierten Plaque am rechten Oberlid.
Initial sei lediglich eine kleine Rissverletzung bemerkt worden. Ophtalmologisch war
ein Wunddebridement durchgeführt worden, was aber eher zu einer Verschlechterung als
zu einer Verbesserung geführt habe.
Untersuchungsbefund Am rechten Oberlid fand sich eine horinzontal verlaufende, 2 × 1 cm große, derbe
Plaque mit polyzyklischem erhabenem Rand und zentraler, teils nekrotisierender Ulzeration
([Abb. 18]). Umgebend präsentierte sich eine deutliche erythemo-ödematöse Schwellung des gesamten
rechten Oberlides.
Abb. 18 Ödematöses, gerötetes, rechtes Oberlid mit ca. 2 × 1 cm großer, ulzerierter, derber
Plaque.
Diagnostik Histologisch zeigten sich dichte Infiltrate aus Lymphozyten, Makrophagen und vereinzelten
neutrophilen Granulozyten sowie zahlreichen eosinophilen Granulozyten. Die immunhistochemische
Zusatzuntersuchung präsentierte CD30-positive, ALK-negative, anaplastische, großzellige
T-Zellen.
In der Lymphknoten-Sonografie, im Immunstatus-Labor, CT-Thorax/Abdomen und in der
Knochmarkpunktion fand sich kein Hinweis auf eine Lymphom-Manifestation.
Therapie und Verlauf In der interdiziplinären dermatologischen Tumorkonferenz wurde eine Radiatio des
Herdes empfohlen. Bei zunehmender spontaner Abheilung wurde in einer gemeinsamen Entscheidung
mit dem Patienten vorerst auf eine Radiatio verzichtet. Nach drei Monaten war der
Herd komplett abgeheilt. Eine erneute Probebiopsie zeigte nur reaktive Veränderungen
ohne Vorhandensein des vorbekannten anaplastischen, großzelligen, kutanen Lymphoms.
Kommentar Das CD30-positive, primär kutane, anaplastisch-großzellige Lymphom (PcALCL) ist ein
Subtyp des kutanen T-Zell-Lymphoms und histologisch durch große, atypische CD30+-T-Zellen
charakterisiert. Klinisch präsentieren sich rötliche Knoten oder Plaques mit vornehmlicher
Lokalisation am Stamm und den Extremitäten vor allem bei älteren Männern, welche etwa
doppelt so häufig wie Frauen betroffen sind.
Die Erkrankung schreitet selten zu einer Systembeteiligung voran und die Prognose
ist quoad vitam sehr gut. In der Regel werden Therapiekonzepte mittels Radiatio, Exzision
oder lokaler Steroidinjektion gewählt. In unserem Fall war initial eine Radiatio geplant.
Es kam jedoch zur deutlichen Regression des Tumors mit kompletter Abheilung. Subgruppen
der Patienten mit PcALCL zeigen selten auch eine Spontanremission wie in unserem Fall.
Literatur
1 Kaffenberger BH, Kartono Winardi F, Frederickson J et al. Periocular Cutaneous Anaplastic
Large Cell Lymphoma Clearance with Brentuximab Vedotin. J Clin Aesthet Dermatol 2013;
6: 29 – 31
2 Chao-Lo MP, King-Ismael D, Lopez RA. Primary cutaneous CD30+ anaplastic large cell
lymphoma: report of a rare case. J Dermatol Case Rep 2008; 2: 31 – 34
3 Sasaki K, Sugaya M, Fujita H, et al. A case of primary cutaneous anaplastic large
cell lymphoma with variant anaplastic lymphoma kinase translocation. Br J Dermatol
2004; 150: 1205 – 1207
Idiopathische Mucinosis follicularis
Idiopathische Mucinosis follicularis
T. Linke
Anamnese Die 15-jährige Patientin berichtete über seit zwei Monaten bestehende Hautveränderungen
an der Stirn. Zu einer initialen Rötung wären im Verlauf Juckreiz, Schuppung und stellenweiser
Haarausfall einer Augenbraue hinzugetreten.
Befund Bei der Erstvorstellung fand sich über der rechten Augenbraue eine 5,5 × 2,5 cm große,
über der linken Augenbraue eine 5,5 × 3,5 cm große, scharf begrenzte, blassrote Plaque
mit ringförmiger Abblassung des Randbereiches und flächiger feinlamellärer Schuppung.
An der linken lateralen Augenbraue zeigte sich ein Haarverlust ([Abb. 19]). Das restliche Integument war ohne nennenswerte Pathologika.
Abb. 19 Über beiden Augenbrauen scharf begrenzte, blassrote Plaques mit ringförmiger Abblassung
des Randbereiches und flächiger, feinlamellärer Schuppung. Teilverlust der linken
Augenbraue.
Diagnostik Klinisch stellten wir den Verdacht auf eine Tinea faciei, differenzialdiagnostisch
kamen ein Pseudolymphom sowie eine Kontaktdermatitis in Betracht. Bei klinisch nicht
eindeutig einzuordnendem Befund wurden eine Probeexzision, die Entnahme eines Schuppenpräparates
sowie die mykologische Untersuchung eines Augenbrauenhaars durchgeführt. Dermatophyten
konnten nicht nachgewiesen werden. Histologisch ergab sich die Diagnose Mucinosis
follicularis. Einen Hinweis auf ein zugrundeliegendes T-Zell-Lymphom gab es nicht.
Therapie und Verlauf Eine Therapie mit einem lokalem Calcineurininhibitor morgens und einem lokalem Steroid
abends führte schließlich zur Abheilung der Befunde. Da Auslassversuche zu einer raschen
Verschlechterung des Hautbildes führten, wurde eine proaktive Therapie mit 0,1 %-Tacrolimussalbe
fortgeführt, unter der sich langfristig ein stabiler Hautbefund einstellte.
Kommentar Die Erkrankung tritt isoliert idiopathisch oder im Rahmen einer Grunderkrankung wie
der Mycosis fungoides auf. Ursächlich sind Muzinablagerungen in der äußeren Haarwurzelscheide
und den Talgdrüsen. Bei der sekundären Form steht die Therapie der Grunderkrankung
im Vordergrund. Hier ist neben der Mycosis fungoides auch an andere Grunderkrankungen
zu denken wie an den Lupus erythematodes, Leukämien oder auch an die Sarkoidose. Ein
evidenzbasierter Behandlungsstandard für die idiopathische Form existiert derzeit
nicht. In Einzelfällen wurden variable Behandlungserfolge mit dem Einsatz von Kortikosteroiden,
Dapson, Minocyclin, Indometacin, Interferonen, Isotretinoin, UVA1-Phototherapie und
Hydroxychloroquin erzielt. Es finden sich auch Fallberichte erfolgreicher Anwendungen
von topischen Calcineurininhibitoren.
Literatur
1 Kim KR, Lee JY, Kim MK et al. Successful treatment of recalcitrant primary follicular
mucinosis with indomethacin and low-dose intralesional interferon alpha. Ann Dermatol
2009; 21: 285 – 287
2 Kluk J, Krassilnik N, McBride SR. Follicular mucinosis treated with topical 0.1 %
tacrolimus ointment. Clin Exp Dermatol 2014; 39: 216 – 234
3 Gorpelioglu C, Sarifakioglu E, Bayrak R. A case of follicular mucinosis treated
successfully with pimecrolimus. Clin Exp Dermatol 2008; 34: 86 – 87
Weizenbierunverträglichkeit – Mehr als nur eine Histaminintoleranz?
Weizenbierunverträglichkeit – Mehr als nur eine Histaminintoleranz?
I. Hrgovic
Anamnese Wir berichten über einen 50-jährigen Patienten, der seit Jahren unmittelbar nach
Genuss von Weizenbier Juckreiz am gesamten Körper und eine Flush-Symptomatik am Gesicht
entwickelte. Weitere Biersorten und Weizenprodukte (Pils, Lagerbier) vertrage der
Patient problemlos. Anstrengungsabhängige anaphylaktische Reaktionen wurden nicht
bemerkt. Bei klinischen V. a. Histaminintoleranz stellte sich der Patient zur allergologischen
Abklärung vor.
Diagnostik Die Pricktestungen auf Kristall- und Hefeweizen waren positiv, während auf Rotwein,
Lagerbier, Hopfen, Hefe, Gerste, Weizenmehl und Natriumdisulfit keine Typ-I-Sensibilisierungen
nachgewiesen werden konnten ([Abb. 20]). Im Blut zeigten sich ein erhöhtes Gesamt-IgE von 374 U/ml, erhöhte IgE-Werte gegenüber
Gerste (14,5 kU/l, Klasse III) sowie normwertige IgE-Werte gegenüber Hopfen, Weizen,
Mais, Hefe und den Rekombinanten rTria a14/19 aus Weizen. Nach Zusammenschau aller
Befunde konnten wir die Diagnose einer klinisch relevanten Typ-I-Sensibilisierung
gegenüber Weizenbier stellen.
Abb. 20 Pricktestung auf Biersorten und Getreide.
Kommentar Die Entwicklung von Typ-I-Allergien gegenüber Biersorten ist sehr selten. In der
englischsprachigen Literatur sind bisher 11 Fälle einer echten Typ-I-Bierallergie
und nur ein Fall einer Weizenbierallergie beschrieben worden. Die bedeutendsten Allergene
für die Entwicklung allergischer Reaktionen gegenüber Bier sind vor allem Hopfen,
Gerste, Hefe, Weizen und Malz. Insbesondere scheint Malz ein entscheidendes Allergen
zu sein. So konnten diverse IgE-bindende Proteine in Malz identifiziert werden, die
u. a. eine Kreuzreaktivität gegenüber Pfirsichen und Äpfeln aufweisen. Im Rahmen des
Brauprozesses wird Malz aus Gerste oder Weizen durch Mälzung hergestellt. Durch diesen
Prozess werden verstärkt verschiedene Enzyme gebildet (wie z. B. Proteinasen und Amylasen).
Weizenmalz findet sich vor allem in obergärigen Bieren (z. B. Weizenbier, Kölsch),
während Gerstenmalz in den vom Patienten vertragenen untergärigen Bieren (z. B. Lagerbier,
Pils) verwendet wird. Dies könnte auch eine Erklärung für die bestehende Verträglichkeit
gegenüber Weizenmehlprodukten sein. Dieser Fall veranschaulicht, dass auch bei bestehenden
V. a. Histaminintoleranz eine weiterführende allergologische Abklärung überraschende
Diagnosen aufdecken kann.
Literatur
1 Bansal RA, Tadros S, Bansal AS. Beer, Cider, and Wine Allergy. Case Reports Immunol
2017; 2017: 7958924
2 Figueredo E, Quirce S, del Amo A et al. Beer-induced anaphylaxis: identification
of allergens. Allergy 1999; 54: 630 – 634
3 Herzinger T, Kick G, Ludolph-Hauser D et al. Anaphylaxis to wheat beer. Ann Allergy
Asthma Immunol 2004; 92: 673 – 675
4 Quercia O, Zoccatelli G, Stefanini GF. Allergy to beer in LTP-sensitized patients:
beers are not all the same. Allergy 2012; 67: 1186 – 1189
‚Subcutaneous non-absorbable polypropylene (SNAP)‘-Nähte bei der operativen Entfernung
kongenitaler Naevi
‚Subcutaneous non-absorbable polypropylene (SNAP)‘-Nähte bei der operativen Entfernung
kongenitaler Naevi
F. Angeletti
Anamnese Bei der 9-jährigen Patientin bestand seit Geburt ein kongenitaler Naevus des linken
Unterschenkels. Dieser hatte über die Jahre ein größenproportionales Wachstum gezeigt
und sich morphologisch nicht verändert.
Befund Es fand sich am linken Unterschenkel eine 10 × 7 cm messende, braune Makula mit überwiegend
homogener Pigmentierung und einzelnen, dunkler pigmentierten Arealen.
Diagnostik Es wurde die klinische Diagnose eines kongenitalen Naevuszellnaevus gestellt.
Therapie Es erfolgten insgesamt 11 Teilexzisionen in 3 – 4-monatigen Abständen bis zur vollständigen
Entfernung. Im Rahmen der ersten 7 Exzisionen erfolgte der zweischichtige Wundverschluss
mittels resorbierbaren Subkutanfäden und nicht resorbierbaren Hautfäden. Die Narben
zeigten immer wieder Dehiszenzen, sodass in den Folgeoperationen die Anteile an reseziertem
Naevus geringer waren als erwünscht. Um eine höhere Stabilität der Narbe zu gewährleisten,
wurden für die folgenden Eingriffe subkutane, nicht resorbierbare Polypropylen (SNAP)-Nähte
verwendet ([Abb. 21 a, b]). Es traten keine Narbendehiszenzen mehr auf. Fremdkörperreaktionen wurden nicht
beobachtet, sodass auch für die letzte Teilexzision SNAP-Nähte verwendet wurden. Abschließend
zeigte sich ein gutes kosmetisches Ergebnis ohne Narbendehiszenz ([Abb. 21 c]). Histologisch bestätigte sich die Diagnose eines kongenitalen Naevuszellnaevus.
Abb. 21 Kongenitaler Naevus, Unterschenkel links: a während 9. Teilexzision mit sichtbaren SNAP-Nähten; b nach Verschluss; c nach 11 Teilexzisionen.
Kommentar Beim kongenitalen melanozytären Naevus handelt es sich um eine pränatal angelegte,
benigne, melanozytäre Hautveränderung, die in unterschiedlicher Größe und Gestalt
auftreten kann. Bei großen Befunden besteht neben der kosmetischen Beeinträchtigung
ein erhöhtes Melanomrisiko. Daher wird die Exzision empfohlen. Meist sind mehrere
Teilexzisionen notwendig. Wunddehiszenzen und hypertophe Narben können dazu führen,
dass der Naevus postoperativ seine Ausgangsgröße wiedererlangt und eine Vielzahl von
Exzisionen notwendig sind. Der Einsatz sogenannter SNAP-Nähte reduziert aufgrund der
hohen Reißfestigkeit das Risiko von Narbendehiszenzen und ersetzt den Einsatz von
Wundexpandern. Fremdkörperreaktionen sind aufgrund der zeitnahen Entfernung des Materials
bei jeder weiteren Exzision sehr selten. Bei guter Verträglichkeit ist die Anwendung
auch für die finale Operation möglich. Durch den Einsatz von SNAP-Nähten bei der Behandlung
kongenitaler Naevi kann die Zahl der Eingriffe, besonders in anatomisch anspruchsvollen
Regionen, reduziert und ein gutes kosmetisches Ergebnis erzielt werden.
Literatur
1 Meissner M, Valesky EM, Kaufmann R. Subcutaneous non-absorbable polypropylene (SNAP)
sutures in serial excision of congenital naevi: A new time-saving technique reducing
dehiscence with optimized aesthetic results. JEADV 2016; 30: 533 – 535
2 Tomida M, Nakano K, Matsuura S et al. Comparative examination of subcutaneous tissue
reaction to high molecular materials in medical use. Eur J Med Res 2011; 16: 249 – 252
Der „double hatchet flap“ am Kapillitium
Der „double hatchet flap“ am Kapillitium
S. Bechstein
Einleitung Bedingt durch die hohe Sonnenexposition kommen insbesondere im Bereich der Kopfhaut
häufig Hauttumoren vor. Der Verschluss von Skalpdefekten stellt aufgrund der mangelnden
Elastizität und zusätzlicher aktinischer Schädigung der Haut eine besondere dermatochirurgische
Herausforderung dar. An dieser Stelle möchten wir den „double hatchet flap“, erstmalig
von Emmet 1977 beschrieben, als alternative Verschlusstechnik zu den klassischen Verfahren
an der Kopfhaut vorstellen.
Technik Das Prinzip des Verschlusses ist die Verwendung zweier gegenläufiger „axtförmiger
(hatchet)“ Lappen, die bis auf das Periost subgaleal mobilisiert werden ([Abb. 22 a, b]). Die Länge der Lappen sollte mindestens das 1,5-Fache der Größe des Primärdefektes
betragen. Um eine adäquate Vaskularisation zu gewährleisten, sollte der Stiel des
Lappens mindestens den Durchmesser des Defektradius’ erreichen. Nach der gegenläufigen
Rotation werden die Lappen mit versenkten Galea- und Einzelknopfnähten über dem Primärdefekt
und die Hebedefekte mittels VY-Plastik verschlossen ([Abb. 22 c]).
Abb. 22 a Anzeichnung der Schnittführung; b Lappen nach subgalealer Mobilisation; c Verschluss des Hebedefekts mittels VY-Plastik; d 5 Jahre postoperativ.
Kommentar Zu den Verschlussmöglichkeiten an der Kopfhaut gehören neben der Sekundärheilung
zahlreiche Standardverfahren der Dermatochirurgie wie zum Beispiel die Dehnungsplastik,
lokale Lappenplastiken und die Hauttransplantationen. Dies sind alles gute, etablierte
Methoden, haben aber auch ihre Nachteile. Der Primärverschluss stellt bei kleinen
Defekten die Methode der Wahl dar, ist aber bei Defekten > 2,5 cm Durchmesser oftmals
nicht mehr durchführbar. Hauttransplantationen bieten bei erhaltenem Periost einen
einfachen Verschluss, es bedarf jedoch eines weiteren Defekts zur Hautgewinnung und
postoperativ entsteht ein haarloses Areal, was häufig ästhetisch nicht ansprechend
ist. Bei Verschiebe-Rotationslappenplastiken am Kopf sind die Schnitte und die Mobilisationsflächen
auch bei kleineren Defekten häufig sehr groß. Die Sekundärheilung ist eine Verschlussalternative
mit langen Heilungszeiten und eignet sich vor allem bei sehr betagten Patienten. Der
„double hatchet flap“ stellt eine einfache und schnell durchführbare plastische Rekonstruktionstechnik
dar. Er kann als eine Variation des gegenläufigen Doppelrotationslappens mit „back
cut“ gesehen werden. Bei korrekter Durchführung ist er mit einer geringen Morbidität
assoziiert. Bei der Lappenkonstruktion muss eine ausreichend breite Lappenbasis gewählt
werden, da sonst ein erhöhtes Risiko der Lappennekrose besteht. Zusammenfassend stellt
die hier beschriebene Lappenplastik eine gute Alternative zu den Standardverschlusstechniken
dar, mit der selbst größere Defekte am Skalp (4 – 6 cm) mit einem ästhetisch zufriedenstellenden
Ergebnis einfach und schnell verschlossen werden können ([Abb. 22 d]).
Literatur
1 Schultheis K, Kaufmann R, Meissner M. Double hatched flap as an alternative closure
of scalp defects J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13: 73 – 75
2 Sowerby LJ, Taylor SM, Moore CC. The double hatchet flap: a workhorse in head and
neck local flap reconstruction. Arch Facial Plast Surg 2010; 12: 198 – 201
3 Meissner M, Kaufmann R. Dermatosurgery in the elderly. Hautarzt 2016; 67: 153 – 159
4 Meissner M, Kaufmann R. Surgical wounds of the scalp. Methods of closure. Hautarzt
2011; 62: 354 – 361