manuelletherapie 2017; 21(03): 97
DOI: 10.1055/s-0043-111170
Gasteditorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gasteditorial

Peter U. Brucker
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Publication Date:
19 July 2017 (online)

Return-to-Sports nach Verletzungen an der oberen Extremität – wie erfolgreich umsetzen?

In den täglichen medizinischen Tätigkeiten ist es das Ziel, den Patienten unter den Vorgaben des Gesundheitssystems bestmöglich zu versorgen. Ein optimales klinisches Ergebnis erfordert neben rationaler Diagnostik und konservativer oder operativer Therapie eine adäquate Nachbehandlung.

Viele Jahre basierte die Beurteilung orthopädischer Therapien ärztlicherseits auf den Befunden klinischer und bildgebender Untersuchungen. Deren Beurteilung am Bewegungsapparat posttraumatisch bzw. postoperativ fokussierte hierbei auf die Aspekte Reizzustand/-freiheit der betroffenen Region und umliegender Strukturen, aktive/passive Gelenkbeweglichkeit, Band- und Kapselstabilität sowie Gelenk- und periartikuläre Muskelumfänge. Bei unauffälligem subjektiven und objektiven Status wurde der Patient/Athlet wieder für sportliche Aktivitäten freigegeben. Allerdings sind diese Faktoren für die definitive Beurteilung einer Sportfähigkeit – unabhängig vom Level – nicht ausreichend für eine konklusive Evaluation. Bis vor wenigen Jahren wurde der funktionelle Status der verletzten Struktur/betreffenden Region und der gesamten Extremität sowie des muskuloskeletalen Gesamtsystems nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt. Hierbei besteht jedoch das Problem insuffizienter Muskelansteuerung, dadurch bedingter Dysbalancen und Fehlhaltungen.

Die entscheidende Frage lautet: Welcher Patient ist beim Return-to-Sports gefährdet? Bei den meisten Rezidiv-Verletzungen ist die primäre Verletzung der größte Risikofaktor für eine erneute Verletzung. Aufgrund des multifaktoriellen postoperativen Gesamtrisikos einer Rezidiv-Verletzung bedarf es einer differenzierten und mehrschichtigen Analyse, und zwar neben dem strukturellen und funktionellen Gelenkstatus auch der Muskelfunktion hinsichtlich deren Ansteuerungsqualität, Seit-zu-Seit-Symmetrie und Agonist-Antagonist-Ratio. Des Weiteren sind anthropometrische und funktionell-biomechanische Aspekte (z. B. Achsen-Malalignment, Bewegungseinschränkungen, Dyskinesien) zu beachten.

Für einige Verletzungen bzw. Pathologien an der unteren Extremität hat sich eine Return-to-Sports-Testung etabliert. So weit ist der (wissenschaftliche) Kenntnisstand an der oberen Extremität noch nicht fortgeschritten, allerdings sind auch hier Risikofaktoren für Rezidiv-Verletzungen bzw. wiederholte Überlastungsschäden bekannt. So stellt z.B. die fehlende Innenrotation (GIRD) bei Wurfsportlern einen relevanten Risikofaktor dar, und eine pathologisch ausgeprägte skapulothorakale Dyskinesie wirkt sich auf den gesamten Schultergürtel negativ aus.

Auch wenn eine hohe Evidenz für die Return-to-Sports-Testung an den oberen Extremitäten gemäß wissenschaftlicher Kriterien [1] bisher – noch – fehlt, werden deren funktionelle Testverfahren zukünftig nach wissenschaftlicher Validierung zunehmend Einzug in den klinischen Alltag finden. Ich hoffe, dass die folgenden Beiträge Sie nicht nur ansprechen, sondern auch Ihre Patienten für eine erfolgreiche Rückkehr in den Sport davon profitieren werden.

Peter Brucker

 
  • Literatur

  • 1 Brucker PU. Evidence-based vs. Eminence-based Medicine in der Orthopädie. Arthroskopie 2011; 24: 189-193