Aktuelle Dermatologie 2017; 43(08/09): 330-331
DOI: 10.1055/s-0043-110983
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Hässliches-Entlein“-Zeichen verbessert Melanom-Erkennung

Gaudy-Marqueste C. et al.
Ugly Duckling Sign as a Major Factor of Efficiency in Melanoma Detection.

JAMA Dermatol 2017;
153: 279-284
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Publication History

Publication Date:
31 August 2017 (online)

 

    Pigmentmale, die als offensichtlich anders auffallen als die übrigen Nävi derselben Person, werden als „hässliche Entlein“ oder Ugly Duckling Sign bezeichnet. Neben morphologischen Auffälligkeiten gelten diese als starker Hinweis auf maligne Veränderungen. In einer experimentellen Studie haben Gaudy-Marqueste et al. jetzt untersucht, welchen Beitrag die Analyse auf „hässliche Entlein“ zur Melanom-Diagnose leisten kann.


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    Die Wissenschaftler des Hôpital Timone in Marseille erfassten, mit welcher Spezifität Dermatologen Melanome aus einem Datensatz klinischer und dermatoskopischer Aufnahmen erkennen. Sie verglichen dabei die Methode des „hässlichen Entlein“ mit der Methode, morphologisch verdächtige Nävi zu identifizieren. Um beide Untersuchungen getrennt voneinander bewerten zu können, generierten sie einen Testdatensatz von 2089 digitalen Bildern von 80 Patienten (mittleres Alter 42 Jahre [19 – 80 Jahre]; 33 Männer, 47 Frauen), der 7 Patienten mit einem Melanom beinhaltete. Zusätzlich wählten sie dermatoskopische Aufnahmen von einer Untergruppe von 30 Patienten (mittleres Alter 40 Jahre [21 – 75 Jahre]; 12 Männer, 18 Frauen) aus. In zwei Experimenten bewerteten 9 erfahrene Dermatologen die Testdatensätze.

    Im ersten Experiment imitierten die Forscher die Situation einer Intra-Patienten-Vergleichs-Analyse (IPCA): Sie präsentierten den Ärzten die gesamten Aufnahmen aller Nävi jedes einzelnen Patienten, mit der Aufgabe, Ugly Duckling Nävi (UDN) zu erkennen. Im zweiten Experiment ein Jahr später zeigten sie alle Bilder des Datensatzes randomisiert jedem Dermatologen mit der Aufgabe, morphologisch verdächtige Nävi (MSN) zu identifizieren, für die sie eine Biopsie empfehlen würden.

    Von den 2089 klinischen Bildern der Pigmentmale von 80 Patienten (mediane Anzahl der Nävi pro Patient 26 [8 – 81]) und den 766 dermatoskopischen Bildern (mediane Anzahl der Nävi pro Patient 19 [8 – 81]) bezeichneten die 9 Dermatologen alle Melanome sowohl als UDN als auch als morphologisch verdächtige Nävi. Es zeigte sich jedoch eine starke Variabilität zwischen den Ärzten in der Anzahl der als UDN oder MSN eingestuften Male. Der mediane Wert der pro Patient als UDN bezeichneten Nävi war 0,8 (0,48 – 2,03, Durchschnitt 1,0) bei den klinischen Aufnahmen und 1,26 (1,00 – 2,06, Durchschnitt 1,4) bei den dermatoskopischen Aufnahmen. Die Tendenz der Ärzte, mehr oder weniger Nävi als UDN zu bezeichnen, zeigte sich unabhängig davon, ob sie klinische oder dermatoskopische Bilder analysierten. Die Dermatologen stimmten in ihrer Bezeichnung von Malen als UDN stärker überein, wenn sie makroskopische Aufnahmen beurteilten (mittlere paarweise Übereinstimmung 0,53 für makroskopische vs 0,50 für dermatoskopische Aufnahmen).

    Die Analyse von UDN führte zu einer höheren Genauigkeit als die auf einzelne Nävi fokussierte morphologische Analyse. Nur 41 der als MSN bezeichneten Nävi wurden auch als UDN eingestuft. Die Spezifität der IPCA für die Melanom-Diagnose lag bei 0,96 für klinische und 0,95 für dermatoskopische Bilder. Dagegen ergab die morphologische Analyse einzelner Nävi nur eine Spezifität von 0,88 bzw. 0,85. Durch die Kombination beider Untersuchungsmethoden konnte die Zahl der zur Biopsie ausgewählten Nävi um den Faktor 6,9 gesenkt werden, verglichen zur ausschließlichen Analyse einzelner Pigmentmale.

    Fazit

    Vermehrt durchgeführte Intra-Patienten-Vergleichs-Analysen (IPCA) zur Erkennung von „Hässlichen-Entlein“-Zeichen könnten laut der Autoren zu akkurateren Melanom-Diagnosen führen. Sie schlagen vor, die breitere Anwendung dieser Untersuchung durch Kampagnen und Schulungen von Medizinstudenten und praktischen Ärzten zu fördern. Zusätzlich könnten IPCA und das Ugly Duckling Sign in Computer-gestützte Diagnose-Systeme eingebracht werden, um genauere Analysen zu erreichen.

    Dr. Ellen Kilger, Tübingen


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